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Einmal Autoboss spielen

Mhhh, sollte ich mir Sorgen machen? Gerade habe ich die erste Runde des neuen Online-Spiels „CEO2“ der Allianz-Versicherung und des WWF gespielt. Es ist ein Strategie-Spiel der besonders realistischen Art. Der Spieler  versetzt sich in die Lage eines Vorstandsvorsitzenden und muss Investitionsentscheidungen fällen. Er kann aus vier Industrien wählen (Versicherungen, Auto, Chemie und Energie). Sein Ziel: in den nächsten 20 Jahren den Profit maximieren und zugleich Klimaschutz betreiben – was sonst.

Ich spiele Daimler-Chef Dieter Zetsche und habe mich für die Autoindustrie entschieden. Ganz schön kniffelig: Soll ich lieber ein Kostensenkungsprogramm durchziehen oder teure Hybridwagen entwickeln lassen?  Ich entscheide mich für Hybridwagen und ein bisschen Lobbying für einheitliche Emissionsstandards in Berlin.

Das Ergebnis: Dickes Lob vom Investor – pah, ich sei ein Naturtalent. Der Aktienkurs liegt bei 136 Euro (die Skala reicht gerade einmal bis 150 Euro). Auch der Wissenschaftler und die Kundschaft sind zufrieden. Was mir nur wirklich Sorgen macht: Die Umweltschützerin senkt den Daumen. Ich solle doch bitteschön emissionsarme Modelle entwickeln. Der Hybrid reichte ihr wohl nicht aus.

Okay, nächstes Jahrzehnt, nächste Chance. Ich setze auf den Ein-Liter-Hybrid – da kenn ich mich ja nun ein bisschen aus -, lasse  Leichtbauweisen entwickeln und mache ein bisschen grüne PR. Dumm nur, dass es plötzlich Lithium-Knappheit gibt, das macht meine Hybridsparte doch teuer. Langfristig aber hat sich die Investition offenbar gelohnt. Ich habe den Aktienkurs um 128 Euro gesteigert und auch noch die CO2-Emissionen um 54 Prozent gesenkt. Ziel erreicht! Mein Gott, und alle sind mir mir zufrieden, egal ob Investor, Forscher, Kunde und sogar die zickige Umweltschützerin.

Macht Spaß, für zehn Minuten mal ein erfolgreicher, grüner Autoboss zu sein. Ich bin gespannt auf Ihre Spielberichte…

 

E.on hilft RWE bei der Laufzeitverlängerung

Er ist das Sorgenkind von RWE, der Atommeiler Biblis. Nach dem aktuellen Atomgesetz müsste er in einigen Monaten wohl vom Netz gehen. Doch seit Schwarz-Gelb an der Macht ist, lockt die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke. Weil sich die Gespräche darüber allerdings hinziehen – ebenso wie das Energieszenario, das die Bundesregierung vorlegen will – hat RWE jetzt zu einem Trick gegriffen:

Der Konzern ersteht von seinem Konkurrenten E.On ein Stromkontingent für 4,8 Terrawattstunden. Es stammt aus dem 2003 stillgelegten E.on-Meiler in Stade. Damit kann ein Atomkraftwerk mit einer Kapazität von 1200 Megawatt rund sechs Monate arbeiten. Für RWE die optimale Lösung, wie das Unternehmen gestern in einer Pressemitteilung bekannt gab:

„Damit stellt das Unternehmen sicher, dass vor dem Vorliegen des Energiekonzeptes und einer im Koalitionsvertrag angelegten Rücknahme der Laufzeitverkürzung keine Fakten geschaffen werden.“

Einen Preis gaben die beiden Unternehmen nicht bekannt, aber E.on wird sich die kostbaren Terrawattstunden sicher gut bezahlen lassen. Auch der Energiekonzern EnBW hatte schließlich wegen seines Meilers Neckarwestheim Interesse an dem Stade-Kontingent gezeigt – am Ende aber nicht zugeschlagen, weil es sich wohl als zu teuer entpuppte.

Für die Energiekonzerne ist die Laufzeitverlängerung inzwischen zu einem riskanten Spiel geworden. Neben RWE hat auch EnBW die Leistung seines Meilers Neckarwestheim reduziert, um den Zeitpunkt des Abschaltens hinauszuzögern. Doch bis die Bundesregierung ein Energieszenario vorgelegt hat, können noch Monate vergehen.

Und selbst dann ist es der Ausstieg vom Atomausstieg noch nicht klar: Nach der gestrigen Landtagswahl in NRW wackelt auch die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat. Der müsste, so sieht es zumindest das federführende Bundesumweltministerium, ebenfalls einer Laufzeitverlängerung zustimmen. SPD und Grüne haben bereits bekannt gegeben, dass sie da nicht mitspielen werden.

 

Wind versus Atom – Zinsen und CO2-Preis entscheiden

Ich gestehe, als ich die Überschrift las, wollte ich die neuste Studie der Internationalen Energie Agentur zur Seite legen: Projected Cost of Generating Electricity – puh, das klingt nach hartem Stoff. Aber der Inhalt ist doch interessant. Die Studie vergleicht die wichtigsten Energieträger Atom, Kohle, Gas und Erneuerbare Energien und fragt: Wieviel kostet es jeweils, eine Megawattstunde Strom herzustellen? 200 Kraftwerke weltweit hat sie dafür verglichen.

Pah, sagen Sie vielleicht: Die Erneuerbaren haben doch sicherlich am Ende die Nase vorn. Am Anfang hat man hohe Investitionskosten in ein Windrad oder eine Solarzelle. Aber „in the long run“ spart man sich den Einkauf von teurer Kohle oder Gas – und das macht sie wettbewerbsfähig.

Die Studie kommt zu einem anderen Schluss: Die Technologien lassen sich nicht so einfach gegeneinander ausspielen. Denn zwei Faktoren beeinflussen das Kostenkalkül: Wie hoch sind die Zinsen und wie hoch ist der Preis für eine Tonne Kohlendioxid?

Die IEA hat zwei Szenarien durchrechnen lassen. Für beide unterstellt sie einen CO2-Preis von 30 US-Dollar (aktuell liegt er bei umgerechnet etwa 17 Dollar). Im ersten Szenario unterstellt sie einen niedrigen Zinssatz von fünf Prozent. In diesem Fall sind Technologien wie Atomkraft und Kohlekraftwerke mit der Abscheidung von Kohlendioxid (CCS) am günstigsten – kaum überraschend, schließlich gehören sie auch zu den kapitalintensivsten Technologien.

Im zweiten Szenario unterstellt die IEA einen Zinssatz von zehn Prozent. Sich Geld zu beschaffen, kostet also mehr. In diesem Fall stellen einfache Kohlekraftwerke ohne CCS und Gasturbinen am günstigsten Energie bereit.

Bei den erneuerbaren Energien – die Studie schaut sich vor allem Windanlagen an Land an – ist die IEA etwas zurückhaltend. Hier käme es sehr auf die örtlichen Begebenheiten an. Allerdings attestiert sie in einigen Regionen Wind- und Wasserkraft schon heute die Wettbewerbsfähigkeit.

Was ist nun von der Studie zu halten? Interessant ist, dass sie explizit sagt, dass kein Energieträger grundsätzlich einen Vorteil hat. Auffällig ist allerdings, wie sehr sich die Studie doch mit Atom- und Kohlekraft auseinandersetzt und sich vor allem mit deren Wettbewerbsfähigkeit beschäftigt. Vielleicht aber auch nicht überrschend. Die Atomsparte der OECD hat ebenfalls an der Studie mitgearbeitet. Und unter den beratenden Experten findet sich viel Know-How aus dem Bereich konventioneller Energie und der Atombranche, wenig allerdings aus der Ökostrombranche.

 

Arizona scheut plötzlich den CO2-Handel

Bislang gibt es in den USA ja noch kein Energie-und Klimaschutzgesetz auf Bundesebene – das Gesetzvorhaben, das unter anderem einen bundesweiten Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten einführen will, hängt zurzeit im Senat fest.

Vor drei Jahren sind allerdings einige Bundesstaaten vorgeprescht: Sie gründeten die Western Climate Initiative und wollten auf regionaler Ebene einen Emissionshandel etablieren. In zwei Jahren sollte das System starten.

Aber nun bekommen offensichtlich die ersten Staaten kalte Füße: Arizona – sogar einer der Gründungsstaaten – erklärte, nicht mehr am verpflichtenden Handel mitzumachen. „Wettbewerbsverzerrende Gründe“ nennt Gouverneurin Jan Brewer, Republikanerin. Arizonas Wirtschaft und Arbeitsplätze seien in Gefahr. Wie Dow Jones meldet, haben nur vier der 11 Bundesstaaten und kanadischen Provinzen, die zu der Initiative gehören, bislang Gesetz für den Emissionshandelssystem verabschiedet: Kalifornien, British Columbia, Ontario und Quebec. Mitgliedsstaaten wie Utah sollen ebenfalls zögern.

Für die Klimaschutzbestrebungen der USA wäre das fatal: Gerade nach dem Scheitern des Weltklimagipfels in Kopenhagen sind viele Fachleute desillusioniert, dass die USA überhaupt noch ein bundesweites Klimaschutzgesetz in diesem Jahr verabschieden. Ihre Hoffnung richtet sich daher auf lokale Bewegungen.  „Grassroot-„-Klimaschutz sozusagen. Mit Arizona haben diese Hoffnungen einen Dämpfer bekommen.

 

Nike macht Öko-Patente öffentlich

Was Turnschuhgigant Nike und zehn andere Unternehmen vergangene Woche auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos vorgestellt haben, klingt erstaunlich: Die Firmen wollen eine Auswahl an Patenten öffentlich machen, um die Entwicklung von „grünen“ und klimafreundlicheren Produkten voranzubringen. Dafür haben sie die neue Internetseite „GreenXChange“ vorgestellt. Nike will dort etwa das Patent für ein umweltfreundlicheres Schuhgummi veröffentlichen, das 96 Prozent weniger Giftstoffe enthält als die übliche Turnschuhsohle. Insgesamt gibt der US-Konzern 400 Öko-Patente zur Forschung frei.

Und warum machen die das? Ganz einfach: Es geht um Patente, die nicht unbedingt einen Wettbewerbsvorteil bieten. Wer seine neue Ideen für eine umweltfreundliche Verpackung teilt oder sie einkaufen kann, hat Zeit, sich um die Entwicklung anderer Patente zu kümmern. Die Initiative will helfen, dass zwei Unternehmen nicht parallel an neuen, giftfreien Turnschuhsohlen forschen.

Aber ob die Rechnung aufgeht? Schließlich könnte es sich sehr wohl irgendwann als Vorteil  herausstellen, dass der eine Turnschuh umweltfreundlicher produziert wurde und der andere nicht. Das liegt an uns Kunden. Mal schauen, ob Nike und die anderen Firmen ihren Schritt nicht irgendwann bereuen werden…