Nun ist es also wieder soweit: Nach der bitteren 0:1-Niederlage gegen Hertha BSC Berlin stellen sie beim HSV zum wiederholten Male in dieser Saison die Trainerfrage. Joe Zinnbauer selbst sagte nach dem Spiel zwar, er verspüre von Seiten der Vereinsführung volle Rückendeckung. Wirklich überzeugend klang der 44-Jährige dabei jedoch nicht.
Das lag vielleicht auch daran, dass Zinnbauers Vorgesetzter, HSV-Sportdirektor Peter Knäbel, nur wenige Augenblicke zuvor ein Interview gegeben hatte, in dem er sich geradezu dagegen wehrte, dem Trainer öffentlich sein Vertrauen auszusprechen. „Es gibt keine Tabus“, sagte der 48-Jährige. Das heißt so viel wie: Wir wissen, dass das ganze Land uns auslachen wird, wenn wir schon wieder den Trainer auswechseln, aber was sollen wir denn bitte tun?
Dabei hatte das Spiel gegen den direkten Konkurrenten so vielversprechend angefangen. Besonders in der Anfangsviertelstunde machte der HSV einen guten Eindruck und erspielte sich mehrere, wenn auch nicht hochkarätige Torchancen. Innenverteidiger Cleber und Ivica Olic scheiterten jeweils mit dem Kopf, das 1:0 schien gegen extrem schwache Berliner trotzdem nur eine Frage der Zeit zu sein.
Doch je länger das Spiel andauerte, desto weniger schienen die HSV-Spieler an einen Sieg zu glauben. Hamburger Torchancen waren in der zweiten Spielhälfte Mangelware. Das lag zum einen daran, dass die Berliner in der Zwischenzeit besser ins Spiel gefunden hatten. Zum anderen wuchs beim HSV spürbar die Angst davor, im eigenen Stadion ausgekontert zu werden, weshalb sich die Hamburger Offensivbemühungen in der Folge auf ein Minimum beschränkten.
Als die Berliner in der 84. Minute auch noch 1:0 in Führung gingen, wusste jeder im Stadion: Das war´s. Es überraschte mich daher kaum, dass viele Fans direkt nach dem Gegentreffer in Richtung Ausgang strömten. Obwohl es nur 0:1 stand, und obwohl noch knapp zehn Minuten zu spielen waren.
Joe Zinnbauer hatte das Duell gegen Berlin im Vorfeld als „Sechs-Punkte-Spiel“ bezeichnet. Damit wollte er die Bedeutung dieser Partie unterstreichen. Seine Mannschaft wirkte aber zu keinem Zeitpunkt so, als hätte sie tatsächlich begriffen, was die Stunde geschlagen hat.
Als Fan regt mich das auf. Nicht die Tatsache, dass Zinnbauer offensichtlich nicht mehr zu seinen Spielern durchdringt. Sondern dass die HSV-Spieler scheinbar immer noch jemanden brauchen, der ihnen erklärt, wie ernst die Lage ist. Ich hätte absolut kein Problem damit, wenn der Verein jeden einzelnen Spielervertrag auflösen würde – und zwar sofort. Soll doch die zweite Mannschaft stattdessen spielen.
Die HSV-Verantwortlichen werden natürlich keine Spieler entlassen. Es wird aller Voraussicht nach Joe Zinnbauer treffen. Am Sonntag soll es eine Entscheidung geben.
Ob ein erneuter Trainerwechsel den Abstieg des HSV noch aufhalten kann, bleibt abzuwarten. Ich habe meine Zweifel.