Auf diesen HSV ist einfach Verlass: Nach dem überzeugenden 2:0-Sieg gegen Schalke 04 am vergangenen Wochenende demonstrierten die Hamburger im Hinspiel der Relegation eindrucksvoll, warum sie nun schon zum zweiten Mal in Folge an eben jener Relegation teilnehmen müssen. Oder sollte ich doch lieber „dürfen“ sagen? Die gestrige Leistung hatte nämlich absolut nichts mit Erstligafußball zu tun, und der Verein kann mehr als froh sein, dass er es irgendwie immer wieder schafft, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.
Das frühe Gegentor hat den HSV ohne Frage geschockt. Bereits in der 4. Minute stand es 0:1, und spätestens da dürfte dann auch der letzte HSV-Spieler begriffen haben, dass die Relegation kein Selbstläufer wird. Der HSV war dann auch sehr bemüht darum, das Spiel zu gestalten, aber wer diese Saison ein wenig mitverfolgt hat, weiß, dass Fußball spielen nicht unbedingt die Stärke dieses HSVs ist. Kombiniert man das fußballerische Unvermögen der Hamburger mit der puren Angst vor dem Versagen, kriegt man genau den Fußball geliefert, den der HSV gegen Karlsruhe gespielt hat: den Fußball eines Absteigers.
Man muss fairerweise sagen, dass der Druck, der auf den Hamburgern lastete und immer noch lastet, um ein Vielfaches höher ist als der der Karlsruher. Karlsruhe kann vieles gewinnen. Hamburg kann alles verlieren. Die einen können zu Aufstiegshelden werden, die anderen zu historischen Versagern.
Wer selber mal Fußball gespielt hat, weiß, wie entscheidend der Kopf sein kann. Und gestern erschien es mir fast so, als würde die Angst den HSV lähmen. Ich kenne Seniorenmannschaften, bei denen das Umschalten von Defensive auf Offensive schneller funktioniert, als das gestern beim HSV der Fall gewesen ist.
Am Ende muss der HSV mit dem 1:1 mehr als zufrieden sein. Er hat zwar über weite Strecken das Spiel gemacht, wenn man das so sagen darf. Aber die guten, die gefährlichen Aktionen hatte der KSC. Zum Beispiel in der 52. Minute, als die Karlsruher innerhalb weniger Sekunden gleich zwei Mal die Querlatte getroffen haben. Ein 2:0 schien zu diesem Zeitpunkt wesentlich wahrscheinlicher als der Ausgleich.
In der 73. Minute war es dann aber tatsächlich so weit: Tor für den HSV. Quasi aus dem Nichts. Der Torschütze: Ivo Iličević. Das ist kein Zufall. Der 28-Jährige Iličević, den sie beim HSV schon fast aussortiert hatten, war wie schon gegen Schalke der beste Mann bei den Hamburgern. Über seine linke Seite sorgt der schnelle Flügelflitzer immer wieder für Gefahr, aber leider wird er von seinen Mitspielern viel zu selten in Szene gesetzt. Stattdessen versucht der HSV es immer wieder durch die Mitte. Ich hoffe, dass sich das im Rückspiel ändern wird.
Fürs Erste ist es noch mal gut gegangen für den HSV. Das 1:1 ist zwar sicherlich keine optimale Ausgangslage für das Rückspiel, trotzdem ist noch alles drin für Hamburg. Der HSV kann auswärts gegen den KSC ein Tor schießen und er kann auch in Karlsruhe gewinnen. Traurig genug, dass ich das extra erwähnen muss. Wenn der HSV aber so spielt wie im Hinspiel, dann ist der Abstieg die logische, die verdiente Konsequenz. Es reicht auf Dauer nicht aus, sich auf sein eigenes Glück zu verlassen und auf das Unvermögen der anderen zu hoffen.