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FC St. Pauli

Lieber mit einer Notelf antreten

 

Magisch gegen Favoriten, Versager gegen Abstiegsgefährdete: Das Team des FC St. Pauli hat sein Stigma weg. Schafft Trainer Lienen die Wende?

Meist trifft es hoch favorisierte Mannschaften, wie Bayern München im legendären Weltpokalsiegerbesiegerspiel, aber auch aktuelle Favoriten wie RB Leipzig verheddern sich in den beinahe fühlbaren Resonanzwellen, die St. Pauli erzeugen kann. Zuletzt vor zwei Wochen schien das Tor von Robin Himmelmann wie verhext, als ob dort gravimetrische Verzerrungen dafür sorgten, dass die Schüsse und Kopfbälle der überlegenen Leipziger einfach nicht ins Tor fliegen konnten.

Diese Magie hat aber ihren Preis. Dem FC St. Pauli versagt sie regelmäßig ihren Dienst, wenn es gegen abstiegsgefährdete Vereine geht. So wie beim letzten Heimspiel gegen den FSV Frankfurt, ein Team und ein Verein, bei dem mir außer dem Attribut „nett“ nicht viel mehr einfällt. Immer besser als sein Tabellenplatz und nie zu unterschätzen. Denn hier wirkt das St.-Pauli-Wunder nicht.

So gesehen stellt das 1:3 gegen Frankfurt eine Art selbsterfüllende Prophezeiung dar, denn ehrlicherweise war uns langjährigen Stadiongängern vor dem Spiel klar, dass es nach dem „epischen Fight“ (Ewald Lienen) gegen die Leipziger schwer werden würde, die Kraft aufzubringen, Frankfurt nicht insgeheim zu unterschätzen.

Es sprach also alles für eine Auswärtsniederlage, als das Spiel gegen den MSV Duisburg anstand. Auf dem Papier eine klare Sache: Der Tabellenvierte spielte gegen das Schlusslicht. Aus St.-Paulianischer Sicht also Alarmstufe Rot!

Glücklicherweise verbanden sich die aktuell grassierende Grippewelle und ein außergewöhnliches Verletzungspech zu einem entscheidenden Faktor. Ewald Lienen fielen so viele Spieler aus – der Ersatzersatz in der Innenverteidigung, Bernd Nehrig, sogar erst beim Aufwärmen –, dass bis auf Enis Alushi, Marc Rzatkowski, Lennart Thy und Christopher Buchtmann alle Positionen neu besetzt werden mussten. Schlagartig wurde der Favorit seines Stigmas beraubt. Aus dem Aufstiegsaspiranten wurde eine zusammengewürfelte Notelf.

Am Ende machte Marc Rzatkowski den Unterschied – und es blieb noch genügend frei flottierende Restmagie übrig, um unserem Pechvogel im Sturm, John Verhoek, zu seinem langersehnten ersten Tor 2016 zu verhelfen. Ewald Lienen, so meine Einschätzung, wird als Zauberer vom Millerntor in die Geschichte eingehen, wenn ihm so ein Schnippchen noch einmal gelingt.