Der Hauptbahnhof soll sauberer und sicherer werden. Gute Idee – aber das kann nur der erste Schritt sein.
Mehr Sicherheitsleute, größere Mülleimer, häufigere Reinigung, verschiedene Umbauarbeiten – der Hauptbahnhof soll ordentlicher werden, hat der zuständige Bezirksamtschef Falko Droßmann (SPD) verkündet. Das ist zweifelsfrei eine unterstützenswerte Idee. Doch bekämpft die in der Innenpolitik bis heute traumatisierte SPD damit wieder einmal nur ein Symptom, anstatt das Problem zu lösen.
Der Hauptbahnhof ist in der Hamburger Politik ein Ort mit hoher symbolischer Kraft. Vor 15 Jahren schaffte es der damalige Amtsrichter Ronald Schill, mit den Zuständen am Bahnhof und im angrenzenden St. Georg die SPD (und ihren Innensenator Olaf Scholz) aus der Regierung zu jagen. Seither ist die SPD darauf bedacht, selbst für Sicherheit und Ordnung zu stehen.
Ein Aufschrei in der Presse genügt, dann wird angepackt: Als im Sommer die Beschwerden über halbstarke Jugendliche und migrantische Krawallmacher am Jungfernstieg laut wurden, schickte der Senat sofort Polizisten und ließ Flutlichtmasten installieren – obwohl die Polizei zuvor betont hatte, dass es dort eigentlich kein Problem gebe. Nachdem sich zuletzt Berichte über Verwahrlosung am und um den Hauptbahnhof häuften, soll nun Trinkern und Obdachlosen der Aufenthalt dort »weniger angenehm« gemacht werden, kündigte Droßmann an – obwohl auch hier die Polizei kein objektives Kriminalitätsproblem sieht.
Zweifelsohne ist es als Passant nicht angenehm, mit den sozialen Verwerfungen unserer Stadt konfrontiert zu werden. Schon gar nicht an prominenten Orten wie dem Jungfernstieg oder dem Hauptbahnhof. Die CDU spricht von Visitenkarten der Stadt und betont, diese müssten sauber und sicher sein. Die SPD folgt der Logik: Aus den Augen, aus dem Sinn. Aber nur weil Problemjugendliche und Obdachlose aus dem Sichtfeld verschwinden, sind sie nicht weg.
Obdachlose verbringen ihre Zeit nicht am Hauptbahnhof, weil es dort so angenehm ist, sondern weil es für sie rational ist. Es ist dort warm, täglich kommen 500.000 Passanten vorbei, die potenziell etwas Geld spenden könnten, es gibt 24 Stunden Alkohol. Außerdem ist der Bahnhof ein natürlicher Treffpunkt, wenn die Notunterkünfte tagsüber geschlossen sind.
Den Anschein von Sicherheit und Ordnung zu erzeugen ist ein erster Schritt. Das Problem zu lösen und den Obdachlosen Alternativen zu bieten ist sehr viel komplizierter – und teurer.