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Schule

Weniger sind mehr

Die Lehrer unterrichten heute weniger Schüler pro Klasse? Stimmt. Aber durch die Inklusion ist die Arbeit trotzdem gewachsen.

Wer in Hamburger Schulen nach der aktuell größten Herausforderung fragt, hört immer wieder ein Wort: Inklusion. Kinder aller Leistungsstufen gemeinsam zu unterrichten, inklusive jenen mit Behinderungen, Sprach- und Lernschwierigkeiten oder psychischen Problemen, gilt unter pädagogischen Theoretikern als höchste Form des Unterrichts – und bei vielen Praktikern wahlweise als unmöglich oder unter derzeitigen Bedingungen als mindestens sehr schwierig.

Es ist daher keine Überraschung, dass die Volksinitiative »Gute Inklusion« bereits nach sechs Wochen die erforderlichen 10 000 Unterschriften gesammelt hat. Für die Schulbehörde und die Koalition aus SPD und Grünen sollte der schnelle Erfolg eine Aufforderung sein, die Sorgen aus den Schulen ernster zu nehmen. Weiter„Weniger sind mehr“

 

Schule

Fehler im System

Die Hamburger Elternkammer fordert drahtloses Internet in allen Klassen. Ein Pilotprojekt zeigt: Der entscheidende Mangel liegt woanders.

In allen Klassenzimmern soll WLAN eingerichtet werden, und jeder Schüler an weiterführenden Schulen soll Zugang zum Internet bekommen. Das fordert die Elternkammer. Und allein diese Forderung zeigt, wie weit die Hamburger Schulen der Realität der digitalen Welt hinterherhinken, in der inzwischen fast jeder Jugendliche ein Smartphone mit mobilem Internet besitzt. Leider ist die Technik noch das kleinste und womöglich am einfachsten zu lösende Problem bei der Digitalisierung der Schulen.

Programmieren zu können ist inzwischen in so vielen Berufen ein Muss, dass Kinder damit möglichst früh in Kontakt kommen sollten. Wer in seiner Freizeit im Netz surft, muss außerdem lernen, glaubwürdige Informationen zu erkennen, Quellen zu reflektieren, Betrugsversuche zu entlarven und souverän mit den eigenen Daten umzugehen. Das ist weitgehend Konsens, auch in Hamburg.
Jeder Schüler muss hier einen Medienpass machen und lernt dabei die Chancen und Gefahren etwa von Computerspielen oder Sozialen Netzwerken kennen. Hamburg, so scheint es, steht bei der Digitalisierung der Schulen recht gut da: Die Telekom-Stiftung sieht die Stadt in einer Studie in der Topgruppe der Bundesländer. Der Senat ist stolz, dass es schon heute in jedem Unterrichtsraum einen Internetanschluss gibt, außerdem verweist er auf 4000 interaktive Tafeln und mehr als 30.000 Computer an den Schulen. (Zum Vergleich: Es gibt 190.000 Schüler.) Und nun soll im kommenden Schuljahr an allen weiterführenden Schulen WLAN eingerichtet werden. Zunächst für die Lehrer, aber mittelfristig wird auch der Zugang für Schüler geprüft, so kündigte es die Behörde als Reaktion auf die Forderung der Elternkammer an. Weiter„Fehler im System“

 

Mit Haushaltszahlen blenden

SPD und Grüne zeigen sich spendabel. Ist das der Anfang vom Ende der Sparpolitik?

Wer wollte da noch meckern? Sanierung öffentlicher Toiletten und Spielplätze. Kostenlose Ferienbetreuung für Kinder von Hartz-IV-Empfängern. Mehr Mitarbeiter für den Datenschutzbeauftragten. Einstellung neuer Verfassungsschützer zur Überwachung des Internets. Zusätzliche Verwaltungsrichter und Staatsanwälte. Die Feuerwehr bekommt neue Schutzanzüge, die Privattheater erhalten mehr Geld. Am Hauptbahnhof soll eine neue Obdachlosenbetreuung entstehen, und sogar die Bezirke dürfen sich über mehr Unterstützung freuen.“

„Wir investieren in ein sicheres, solidarisches und lebenswertes Hamburg“, verkündeten die Regierungsfraktionen SPD und Grüne am Montag. Nach Trumps Wahlsieg in Amerika sei nun auch in Hamburg Bürgernähe gefragt. Bürgernähe in Form eines Präsentkorbs im Wert von 42 Millionen Euro. Das überrascht einigermaßen. In den vergangenen Jahren hieß es immer, die Stadt müsse wegen der bald drohenden Schuldenbremse eisern sparen. Weiter„Mit Haushaltszahlen blenden“

 

Obdachlosigkeit

Zug und Ordnung

Der Hauptbahnhof soll sauberer und sicherer werden. Gute Idee – aber das kann nur der erste Schritt sein.

Mehr Sicherheitsleute, größere Mülleimer, häufigere Reinigung, verschiedene Umbauarbeiten – der Hauptbahnhof soll ordentlicher werden, hat der zuständige Bezirksamtschef Falko Droßmann (SPD) verkündet. Das ist zweifelsfrei eine unterstützenswerte Idee. Doch bekämpft die in der Innenpolitik bis heute traumatisierte SPD damit wieder einmal nur ein Symptom, anstatt das Problem zu lösen. Weiter„Zug und Ordnung“

 

Flüchtlinge

Es ist noch nicht alles wieder gut!

Zuletzt konnte man in Hamburg den Eindruck gewinnen, die Flüchtlingskrise sei vorbei. Eine gefährliche Illusion.

In den vergangenen Wochen klang es manchmal fast so, als sei es nun vorbei. Zwischen 60 und 90 Flüchtlinge kommen derzeit täglich in Hamburg an, sehr wenige im Vergleich zu den Zahlen im Herbst, als in mancher Nacht 600 Neuankömmlinge untergebracht werden mussten. Was für ein Gefühl der Erleichterung!

Die umstrittenen Großsiedlungen für Flüchtlinge? Braucht man vielleicht gar nicht mehr. Die eingeplanten Millionen? Könnte man doch auch anders ausgeben. Flüchtlingskrise, war da was? Leider ja. Und leider ist es auch noch nicht vorbei. Die Erleichterung ist eine Illusion – mit einer großen Gefahr: Sie macht vergessen, wie groß die Herausforderung nach wie vor ist.

Das zeigt sich in einer Nachricht vom Wochenende: In Bergedorf musste ein ehemaliger Baumarkt mit 600 Flüchtlingen evakuiert werden, weil die Behörden fürchteten, dort könnten sich im Trinkwasser gefährliche Bakterien angesiedelt haben. Immer noch leben mehr als 17.500 Flüchtlinge in provisorischen Erstaufnahmen, 7.000 davon in ehemaligen Gewerbehallen und Baumärkten. Dort sind je Hunderte Menschen untergebracht, getrennt nur durch Stellwände. Selbst Senatsmitglieder räumen ein, dass die Zustände dort bedenklich seien. Insider überrascht es nicht, dass nun ein Baumarkt wegen gravierender hygienischer Mängel geschlossen werden musste.

Aber das ist noch nicht einmal das größte Problem. Eigentlich sollen die Flüchtlinge nur kurze Zeit in den Erstaufnahmen bleiben. Viele leben inzwischen aber seit einem halben Jahr oder länger in den Provisorien. Kinder werden dort, wenn überhaupt, eher betreut als unterrichtet. Erwachsene verbringen ihre Zeit oft einfach nur mit Warten.

Wer sich gegen den Bau von Folgeunterkünften wehrt, wer glaubt, alles sei mit dem Schließen der Balkanroute erledigt, sollte sich klarmachen: Jeder Tag in einer Erstaufnahme ist ein verlorener Tag für die Integration. Die Herausforderung hat erst begonnen.