Angesichts der unterirdisch niedrigen Erwartungen war das Spiel des HSV gegen die Bayern gar nicht mal so schlecht. Es gibt sogar positive Lehren aus der 0:5-Pleite.
Fangen wir mit dem Positiven an: Die neuen HSV-Trikots sind schön. Vielleicht sogar die schönsten Trikots der ganzen Liga. Und das ist nicht mal ironisch gemeint. Sie sind wirklich schön. Sehr schön. Schöner ist eigentlich nur noch unser Trainer.
Und jetzt zum Wesentlichen: Der Fußball, den der HSV spielt, ist schlecht. Wahrscheinlich sogar der schlechteste der Liga. Früher habe ich HSV-Spiele im Videotext-Liveticker verfolgt, und konnte trotzdem mehr Spielkultur erkennen.
Natürlich hat niemand erwartet, dass der HSV gegen Bayern München eine Chance hat, geschweige denn drei Punkte holt. Dementsprechend verlief die Tipprunde vor dem Spiel. 6:0, 6:1, 7:2 und 3:0 für Bayern haben meine Kumpels und ich getippt. Was muss ein Verein angerichtet haben, dass selbst die eigenen Fans keinerlei Vertrauen mehr in die eigene Mannschaft haben? Fragen Sie einfach irgendeinen HSV-Fan. Er wird Ihnen darauf wahrscheinlich mehr Antworten geben können, als der HSV in dieser Saison Tore schießen wird.
Dafür, dass die Erwartungen an den HSV bereits vor dem Spiel so niedrig waren, war der Auftritt gegen die Bayern gar nicht mal so schlecht. Zumindest bis zum 0:1. Ausnahmsweise hatte der HSV nämlich einen Matchplan, der sogar für Außenstehende zu erkennen war: Bloß nicht schon wieder blamieren, muss offensichtlich die Ansage von Trainer Bruno Labbadia gewesen sein.
Fast hätte der HSV es sogar geschafft, ohne Gegentor in die Halbzeit zu gehen, aber nach einer knappen halben Stunde hat die Mannschaft gezeigt, warum eine Bundesligasaison in Hamburg 36 Spiele hat. Völlig unbedrängt konnte Bayerns Innenverteidiger Benatia nach einem Freistoß einnicken. Verdient war die Bayern-Führung zu jenem Zeitpunkt ohne Frage. Aber sie war mindestens genauso unnötig.
Interessant war es, zu beobachten, wie der HSV auf diesen Rückstand reagiert: gar nicht. Die Hamburger standen weiter hinten drin und versuchten nur, das Schlimmste zu verhindern. Als sie in der zweiten Halbzeit dann doch versuchten, sich wie ein Bundesligist zu benehmen, bekamen sie direkt die Quittung. Wobei diese mit 0:5 sogar noch verhältnismäßig niedrig ausfiel.
Auch wenn der Ausgang der Partie vorhersehbar war, und auch wenn die Bayern nicht der Maßstab für den HSV sein dürfen: Ein paar Lehren kann man trotzdem aus der gestrigen Partie ziehen. Erstens: Die Abwehr des HSV ist eine einzige Baustelle. HW4 ist zwar nicht mehr da, aber dank Neuzugang Emir Spahić wäre das fast nicht aufgefallen.
Es gibt auch positive Erkenntnisse: Der HSV hat endlich einen Stürmer, der Fußball spielen kann. Das soll nicht heißen, dass Pierre-Michel Lasogga kein guter Stürmer ist. Aber sobald er mehr als drei Meter mit dem Ball laufen sollte, war er bislang stets überfordert. Konterfußball ist dann nur sehr schwierig auszuführen. Eine Mannschaft, die sich wie der HSV die ganze Zeit hinten vor seinen Gegnern versteckt, muss aber in der Lage sein, schnell umzuschalten. Ich war anfangs zwar nicht so recht überzeugt, aber nach dem Spiel gestern glaube ich, dass der HSV mit Sven Schipplock einen guten Transfer getätigt hat. Der Ex-Hoffenheimer ist gerannt, hat früh attackiert, und dadurch auch die eine oder andere Gelbe Karte für die Bayern provoziert. Ein Tor beziehungsweise aufs Tor hat er zwar nicht geschossen, aber das kann ja noch kommen.
Für den HSV geht es jetzt darum, diesen ersten Spieltag so schnell wie möglich abzuhaken und einen kompletten Fehlstart zu verhindern. Die nächste Chance bietet sich am Samstag gegen den VfB Stuttgart.