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Sergejs Erben

Desolat oder genial?

 

Der HSV hat gegen die Bayern – mal wieder – eine herbe Niederlage hinnehmen müssen: Null zu acht hieß es am Ende. Möglicherweise steckt dahinter aber ein genialer Plan.

Der HSV kann froh sein. Das mag nach der 0:8-Niederlage gegen die Bayern zunächst komisch klingen, doch die höchste Niederlage in der Vereinsgeschichte hätte noch wesentlich höher ausfallen können, wenn die Bayern nicht – zum wiederholten Male – Gnade hätten walten lassen: Bereits in der 57. Spielminute wechselte Bayern-Trainer Carlo Ancelotti den dreifachen Torschützen Robert Lewandowski aus. Wenn die Bayern wirklich gewollt hätten, wären auch elf oder zwölf Tore möglich gewesen.

Nun haben wahrscheinlich eh die wenigsten damit gerechnet, dass der HSV gegen Bayern gewinnen würde, noch dazu in München. Aber die Art und Weise, wie sich der HSV präsentiert hat, wirft einmal mehr die Frage auf, wie es um die mentale Stärke der HSV-Spieler bestellt ist. In München wirkte die Mannschaft von Markus Gisdol nicht wie ein Team, das sich im Aufwind befindet, sondern eher wie eine Truppe, die den Glauben an sich selbst verloren hat. „Wir haben mit einem Schlag den Ruf kaputt gemacht, den wir in den letzten vier Spielen aufgebaut haben“, sagte Verteidiger Mergim Mavraj nach dem Spiel. Und er hat recht.

Natürlich hat der HSV mit Verletzungen zu kämpfen: Mit Innenverteidiger Kyriakos Papadopoulos und Stürmer Bobby, der zwar auf der Bank, aber nicht fit war, fehlen dem HSV gleich zwei Schlüsselspieler. Das kann aber keine Erklärung, und erst recht keine Entschuldigung für diese desolate Leistung sein.

Die HSV-Spieler wissen, dass sie es verbockt haben. Und sie wissen auch, dass sie es sich mit ihren Fans in dieser wichtigen Phase der Saison nicht verscherzen dürfen. Nach der 2:9-Niederlage gegen die Bayern vor vier Jahren veranstaltete der HSV ein Grillfest, um sich bei den Anhängern zu entschuldigen. Und dieses Mal? „Das wird es so sicherlich nicht mehr geben. Das war schon damals eine Lachnummer“, sagte René Adler nach dem Spiel.

Vielleicht steckt hinter der 0:8-Niederlage von München aber auch ein genialer Plan von HSV-Trainer Gisdol. Möglicherweise hat er seine Spieler angesichts der Überlegenheit der Bayern aufgefordert, möglichst wenig Aufwand zu betrieben, um die Kräfte für das Pokal-Viertelfinale am Mittwoch gegen Mönchengladbach zu schonen. Vielleicht sollen sich die Gladbacher in Sicherheit wähnen, bevor sie von einem ausgeruhten HSV aus dem Wettbewerb geschossen werden. Dann wäre der HSV schon im DFB-Pokal-Halbfinale und nur noch einen Sieg vom europäischen Wettbewerb entfernt. Falls Sie sich gerade fragen, ob das mein Ernst ist: Nein. Ich mag nur nicht mehr an das Spiel von gestern denken.