Unser HSV-Kolumnist rät dem FC St. Pauli zu mehr Gelassenheit. Ständig über Stadtduelle in der Ersten Liga zu fantasieren kann nicht gesund sein.
Ich wünsche den Fans des FC St. Pauli – also denjenigen, die tatsächlich wegen des Fußballs Pauli-Anhänger sind –, dass sie endlich erkennen, wen sie unterstützen: einen Zweitligaclub, dem alle paar Jahre mal der Ausflug in die Bundesliga gelingt, nur um dort dann gleich wieder feststellen zu müssen, dass es für die Großen nicht reicht.
Ich schreibe das ohne jede Häme. Das mag unglaubwürdig erscheinen, weil ich als HSV-Fan sofort verdächtig bin, ein Pauli-Hasser zu sein. Das bin ich aber nicht, im Gegenteil: Wenn St. Pauli spielt, fiebere ich als Hamburger mit. Ich kenne viele HSV-Fans, bei denen das genauso ist. Ich schreibe das, weil ich weiß, wie belastend es sein kann, sich über Jahre hinweg etwas vorzumachen.
Seit ich den Gedanken, im Volksparkstadion zeitnah wieder Europa-League-Partien zu sehen, vor etwa drei Jahren aus meinem Kopf verdrängt habe, kann ich die Spiele des HSV viel unbeschwerter genießen. Und meine Europa-Gedanken, liebe Pauli-Fans, sind eure Aufstiegsgedanken. Um das zu verstehen, muss man sich nur mal die ersten drei Spiele eures Vereins angucken.
Zum Auftakt der Zweitliga-Saison reiste der FC St. Pauli zum VfB Stuttgart. Die Stuttgarter haben vergangene Saison noch in der ersten Bundesliga gespielt und waren daher ein guter Gradmesser für die Erstligatauglichkeit des Kiezclubs. St. Pauli ging mit 1:0 in Führung, versäumte es aber, ein weiteres Tor zu erzielen. Am Ende gewann Stuttgart noch mit 2:1.
Auch das zweite Saisonspiel, zu Hause gegen Eintracht Braunschweig, endete mit einer Niederlage (0:2). Ein Kumpel, der aus irgendeinem Grund Bayer-Fan ist, sprach nach seinem ersten Besuch am Millerntor vom schlechtesten Fußball, den er je gesehen habe. Und die St.-Pauli-Fans, die ihn mitgezerrt hatten? Die sprachen auf einmal nicht mehr vom Auf-, sondern vom Abstiegskampf.
Dann kam der DFB-Pokal. St. Pauli traf in der ersten Runde auf den viertklassigen VfB Lübeck und gewann souverän mit 3:0. Und umgehend war in vielen Zeitungen von einem gelungenen Neustart die Rede. Auch meine lieben Pauli-Freunde schwebten plötzlich wieder auf Wolke sieben und fingen an, über Derbys im nächsten Jahr zu fantasieren.
Dieses ständige Umschwenken vom einen Extrem ins andere kann nicht gesund sein. Macht euch nicht so viele Gedanken! Findet euch damit ab, dass es in den kommenden Jahren nur zu einem Derby kommen wird, wenn sich der HSV zu einem Freundschaftsspiel bereit erklärt – oder wenn uns die Lostrommel im Pokal zusammenbringt. Erwartet nicht so viel, dann werdet ihr auch nicht enttäuscht. Mir hat das in den vergangenen Jahren sehr geholfen.
Lesen sie hier, was unser FC-St.-Pauli-Kolumnist Urs Willmann dem HSV für die neue Saison wünscht.