Hinten stümperhaft, dafür vorne effektiv: Der HSV gewinnt gegen den VfB Stuttgart – und sorgt bei unserem Autor so schon nach zwei Spieltagen für Glücksgefühle.
Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal schreiben würde, aber Sky-Experte Lothar Matthäus hat es auf den Punkt gebracht: Klar könne man dem HSV nach jedem Sieg Glück unterstellen. Glück müsse man sich aber auch erarbeiten. Gegen zunächst klar bessere Stuttgarter hat der HSV genau das gemacht: Er hat bis zur letzten Minute gekämpft und 3:2 gewonnen. Glücklich, aber verdient.
Wie schon im Pokal gegen Jena hat der HSV auch gegen Stuttgart zweimal einen Rückstand aufgeholt. Das 2:2 schoss Stürmer Pierre-Michel Lasogga in der 84. und der Siegtreffer durch Innenverteidiger Johan Djourou fiel erst in der 89. Spielminute. Mag ja sein, dass der HSV fußballerisch zum unteren Drittel der Bundesliga gehört. In Sachen Einstellung und Moral spielt diese Mannschaft aber auch weiterhin ganz oben mit.
Um auf lange Sicht erfolgreich zu sein, reichen Kampf und Wille jedoch nicht aus. HSV-Trainer Bruno Labbadia hat seit seiner Rückkehr zum Ende der vergangenen Saison einen hervorragenden Job gemacht. Aber Labbadia weiß auch, dass der Sieg gegen Stuttgart kein Grund ist, sich auszuruhen. „Wir haben einen knallharten Weg vor uns. Aber jeder Sieg hilft uns“, sagte der HSV-Trainer nach dem Spiel.
Was auch helfen würde, wären weniger Gegentore. Es sind gerade einmal zwei Spiele absolviert, und der HSV hat bereits sieben Gegentreffer kassiert. So viele wie kein anderer Verein. Erschreckend ist aber nicht nur die Anzahl der Gegentore, sondern vor allem die Art und Weise, wie diese zustande kommen.
Beim 0:1 hatte HSV-Verteidiger Emir Spahić genau zwei Möglichkeiten: Den Pass abfangen oder den Gegenspieler ablaufen und am Torschuss hindern. Spahić entschied sich für Option 1, grätschte aber am Ball vorbei. Dieser landete bei Stuttgarts Daniel Ginczek. Der VfB-Stürmer zog am am Boden liegenden Spahić vorbei und schoss das Tor zum 0:1.
Natürlich wäre es falsch, Spahić nun die alleinige Schuld am Gegentreffer zu geben, aber die Kunst des Verteidigens besteht zu einem Großteil darin, innerhalb kürzester Zeit die richtige Entscheidung zu treffen. Und die HSV-Verteidiger treffen momentan einfach zu viele falsche Entscheidungen. Hier muss Labbadia sich etwas einfallen lassen.
Dafür läuft es im HSV-Angriff wesentlich besser als noch in der vergangenen Saison. Drei Tore in einem Spiel, und das auch noch aus dem Spiel heraus, nicht nach einem Freistoß oder einer Ecke. Den größten Anteil an der neuen Torgefahr des HSV hat Flügelstürmer Ivo Iličević. Die Formkurve des 28-Jährigen zeigte schon zum Ende der vergangenen Saison nach oben, und bisher konnte Iličević seine gute Form bestätigen: Er rennt, schlägt Flanken, bereitet Tore vor und schießt selbst welche, so wie beim 1:1-Ausgleichstreffer gegen Stuttgart.
Matchwinner war aber ein anderer: Pierre-Michel Lasogga. Erst schoss der eingewechselte Stürmer in der 84. Minute den 2:2-Ausgleich, dann bereitet er in der 89. Minute auch noch den Siegtreffer durch HSV-Kapitän Johan Djourou vor. Es scheint, als würde die neue Konkurrenz im HSV-Sturm Lasogga gut bekommen. Wenn er sich dauerhaft gegen Neuzugang Sven Schipplock durchsetzen will, muss Lasogga kontinuierlich solche Leistungen bringen. Für die Mannschaft kann der Konkurrenzkampf im Sturm Gold wert sein.
Alles in allem scheinen Bruno Labbadia und der HSV auf dem richtigen Weg zu sein. Bis zur Tabellenspitze sind es nur drei Punkte. Auch wenn erst zwei Spiele gespielt sind: Als HSV-Fan verschafft einem das ein kleines Glücksgefühl – zumindest für eine Woche.