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Ist das der neue HSV?

 

„Der neue HSV“, entfuhr es Sky-Kommentator Wolf-Christoph Fuss nach dem 3:0-Treffer durch Nicolai Müller. Tatsächlich erinnerte beim Auswärtssieg in Mönchengladbach wenig an den erbärmlichen HSV der vergangenen Jahre: Die Hamburger attackierten den Gegner früh, hatten (zumindest in der Anfangsphase) viel Ballbesitz, und wussten mit diesem sogar etwas anzufangen. Das Wichtigste: Sie haben gewonnen. Auswärts. Und vor allem souverän.

Aber ist das wirklich schon der neue HSV? Wie kann eine Mannschaft sich innerhalb so kurzer Zeit so stark verändern? Auf der Suche nach Antworten hilft ein Blick auf den gestrigen Gegner. Borussia Mönchengladbach hat die vergangene Saison auf Platz drei abgeschlossen und spielt dieses Jahr in der Champions League. Aber im Moment ist der Club mit null Punkten aus vier Spielen und einer Tordifferenz von 2:11 Tabellenletzter.

Das liegt sicher auch daran, dass die beiden wichtigsten Spieler des Vorjahres, Max Kruse und Christoph Kramer, den Verein verlassen haben. Vor allem liegt es aber daran, dass den Gladbacher Spielern das Selbstvertrauen gänzlich abhandengekommen zu sein scheint.

Beim HSV ist es genau andersherum: Die Lachnummer der vergangenen Wochen, Monate und Jahre tritt mit breiter Brust auf und möchte wieder ernst genommen werden. Und tatsächlich ist sie auf einem guten Weg, den verloren gegangenen Respekt zurückzugewinnen. Das liegt zu einem Großteil an der hervorragenden Arbeit von Trainer Bruno Labbadia.

Die Abwehr um Kapitän Johan Djourou macht inzwischen einen relativ soliden Eindruck, und haarsträubende Aussetzer gehören nicht mehr zum Alltag. Das Mittelfeld um Lewis Holtby wirkt strukturiert, und vorne strahlt die Mannschaft endlich wieder Torgefahr aus: Sieben Tore nach vier Spielen klingt zwar nicht besonders spektakulär, doch wenn man bedenkt, dass der HSV in der vergangenen Saison zum selben Zeitpunkt kein einziges Tor geschossen hatte, ist das schon ganz ordentlich.

Bei allen positiven Entwicklungen, die momentan beim HSV zu beobachten sind, fällt es vielen Hamburgern naturgemäß extrem schwer, nicht ständig auf die Europacup-Plätze zu schielen. Aber für solche Träumereien ist es natürlich noch viel zu früh. Der 3:0-Sieg gegen Mönchengladbach ist nämlich eher auf die Schwäche des Gegners als auf die eigene Stärke zurückzuführen. Dem 1:0 durch Pierre-Michel Lasogga ging ein katastrophaler Fehlpass der Gladbacher voraus, und beim 3:0 reichte ein langer Pass von HSV-Torwart Jaroslav Drobný, um die gesamte Gladbacher Hintermannschaft auszuhebeln. Freuen ist erlaubt, aber bloß nicht wieder abheben.

Wahrscheinlich ist es noch zu früh, um vom „neuen HSV“ zu sprechen. Aber es ist ein anderer HSV. Ein besserer.