Beim Spiel gegen den Karlsruher SC war der FC St. Pauli schon nach 20 Minuten geschlagen. Ausgerechnet der ehemalige St. Paulianer Rouwen Hennings, bei St. Pauli aussortiert und inzwischen beim KSC zum Topscorer gereift, ließ sich die Kiezkicker beim 2:0 (19. Minute, nach dem Blitztor in der 3.) so fühlen wie die Fortunen aus Düsseldorf am Ostermontag. So schnell kann geliehenes Glück verpuffen.
So viele Zettel hat Ewald Lienen lange nicht mehr vollgeschrieben, wie in der ersten Halbzeit im altehrwürdigen Wildpark, und vielleicht hat er sich ja Rouwen Hennings heimlich in die eigene Elf gewünscht. Seine Mannschaft spielte nicht schlecht, hatte gegen die eingespielte Aufstiegslust des Gastgebers aber nichts zuzusetzen. In diesem Spiel, ohne die Unterstützung von Flutlicht und Magie am Millerntor, bekamen die FC-Kicker von Minute eins an keinen Zugriff auf das Spiel, dabei hätten sie gegenüber dem 4:0 am Millerntor „im Abwehrverhalten noch eine Schüppe drauf“ legen müssen, erkannte Chefkritzler Lienen nach dem Spiel.
Ich habe das Spiel am AFM-Radio verfolgt, dem als Sehbehinderten-Radio gestarteten Webradio des FC St. Pauli, das mich immer dorthin begleitet, wo ich keinen Fernsehempfang habe. Wer am Freitag genau hinsah, der konnte beobachten, wie am Ostsee-Strand nahe Kiel, ein einsamer Spaziergänger konsterniert auf die See starrte und hin und wieder laut „Schiete“ rief. Laboe gegenüber war nur schemenhaft zu erkennen. Der warme Frühlingshauch, den der Wind aus Westen heranblies, traf auf die winterkalte Ostsee. Ein Bild, das mir das ganze Wochenende nicht aus dem Kopf ging: Das rettende Ufer, es ist zu erkennen. Es bleibt zu hoffen, dass schnell ein weiteres Hoch über das heimische Millerntor zieht, idealerweise am kommenden Freitag gegen den 1. FC Nürnberg. Damit sich die Kälte aus den Knochen der Jungs endgültig verabschiedet.
Anders als gegen den KSC, wo Ewald Lienen seinen Spielern vorher haarklein vorturnte, wo die Stärken ihrer Gegner liegen, sollte er gegen den nächsten Gegner vielleicht seine Zettel beiseitelegen und einfach mal raushauen: „Macht euch nicht in die Hosen, die können nix.“