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Handelskammer Hamburg

Stilles Kämmerlein

 

Die Handelskammer arbeitet an einer Zukunftsstrategie. Zu der könnte künftig wieder mehr Verschwiegenheit gehören.

So dröge der Titel ist, so brisant ist der Inhalt. Teilprojekt 3, Prozesse und Verfahren – eine solche Bezeichnung kann sich nur ausdenken, wer keine unnötige Aufmerksamkeit erregen will. Sie wäre aber nötig. Das »Teilprojekt 3« ist Teil einer Zukunftsvision der Hamburger Handelskammer, und die »Prozesse und Verfahren« betreffen unter anderem den Umgang mit internen Kritikern. Spitz formuliert: Die Urheber der Vorschläge, die ihrerseits Teil eines umfassenden Reformkonzepts mit dem Neusprechtitel Agenda HK350plus sind, wollen die innere Opposition in der Handelskammer zum Schweigen bringen.

Seit diesem Jahr sitzen die Mitglieder des kammerkritischen Bündnisses »Die Kammer sind wir« im Plenum. Sie fordern, die Kammer solle transparenter, demokratischer werden. Das gefällt nicht allen in der 350 Jahre alten Institution.

Ein vertrauliches Ergebnisprotokoll vom »Teilprojekt 3«, das der ZEIT vorliegt, sieht nun mehrere Änderungen in Satzung und Wahlordnung vor. Manche davon sind gut und sinnvoll, andere sind, nennen wir es: interessant. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Kammer in ihrer Zukunftsagenda den Punkt »Infragestellung von Institutionen« als eine ihrer großen Herausforderungen formuliert hat.

Vorgeschlagen wird zum Beispiel, die Verschwiegenheitspflicht zu verschärfen, in der Kammer würde man es wahrscheinlich konkretisieren nennen. Bislang nämlich umfasst dieser Paragraf 4 der Satzung nur zwei Sätze – verschwiegen war man ohnehin. Jedenfalls bis das Kritikerbündnis in das Kammerparlament einzog und sich so gar nicht hanseatisch diskret verhielt: Die Rebellen bloggten über die Plenarsitzungen, brachten interne Dokumente an die Öffentlichkeit und forderten, bislang vergeblich, das Gehalt des Hauptgeschäftführers offenzulegen. Infragestellung von Institutionen? Genau das. Man darf bezweifeln, dass mehr Verschwiegenheit das Problem löst.

Damit die Satzungsänderung kein stumpfes Schwert bleibt, werden auch Strafen vorgeschlagen: Wer sich nicht an die Satzung hält, soll von den Plenarsitzungen – und damit von wichtigen Abstimmungen – ausgeschlossen werden. All diese Vorschläge sind wie dazu geschaffen, das Kritikerbündnis mundtot zu machen. Außerdem aber sind sie weniger eine Antwort auf die Frage, wie die Handelskammer zukunftsfähig wird, als vielmehr ein Versuch, den Status quo zu erhalten.

Es muss nun nicht genauso kommen. Während über alle anderen Projektvorschläge der Reformagenda in der Sitzung am 12. Dezember abgestimmt wird, bleibt »Teilprojekt 3« außen vor. Noch werde der Vorschlag mit der Rechtsaufsicht abgestimmt, die brauche mehr Zeit, heißt es intern. Gut möglich, dass die Rechtsaufsicht, nämlich die Wirtschaftsbehörde, so lange braucht, weil man dort schon ahnt, dass ein derartiger Beschluss wieder für Unruhe sorgen könnte. Und die will vor den Wahlen keiner.