Das Berliner Verwaltungsgericht hält es für erlaubt, bei einer Demonstration in Berlin für die Hizbollah zu werben. Am Mittwoch wurde einer entsprechenden Klage stattgegeben. Der „Deutsche Friedensrat“ hatte im August 2006 zusammen mit zwei palästinensischen Organisationen eine Demonstration gegen den Libanon-Krieg in Berlin angemeldet.
Der Berliner Polizeipräsident hatte die Demo unter der Auflage genehmigt, dass keine Symbole der Hizbollah oder Bildnisse des Generalsekretärs Nasrallah gezeigt würden.
Nun fällt ihm das Verwaltungsgericht in den Rücken:
Wer für die Hizbollah während der Libanonkrieges Partei ergreife, entscheide sich bloss für einen „Beteiligten einer kriegerischen Auseinandersetzung“. Dies sei eine legitime Meinungsäußerung. Sind die Hisbollah-Sympathisanten also ganz gewöhnliche Schlachtenbummler? Was die Richter nicht erwähnen, ist der Unterschied zwischen jemandem, der sich für die Hisbollah entscheidet – und jemandem, der sich für ein Team in einem Europacup-Endspiel entscheidet. Die Hisbollah strebt die Auslöschung ihres Gegners an. Spielt es wirklich keine Rolle, dass Hizbollah Israels Existenzrecht bestreitet und für die Vernichtung der „zionistischen Entität“ eintritt? Der Polizeipräsident hatte recht mit seiner Auflage: Eine Stellungnahme gegen den Libanonkrieg ist legitim, aber sie muss sich von einer Unterstützung der Hizbollah-Terroristen unterscheiden. (Dass Hizbollah nicht nur in Terrorismus macht, sondern auch soziale Dienste, Medien und dergleichen unterhält, ändert nichts daran, dass sie eine Terrororganisation ist.)
Wissen die Richter das nicht? Man ist fassungslos.
Hier ein Potpourri der Reden von Hizbollah-Chef Nasrallah, in denen er die „Märtyrer-Operationen“ als „schnellsten Weg zu Allah“ lobt:
Hier der Wortlaut der Pressemitteilung des Berliner Verwaltungsgerichts:
Der Kläger meldete zusammen mit zwei palästinensischen Organisationen für den 12. August 2006 eine Demonstration zum Thema „Stoppt den Krieg gegen Libanon und Palästina“ an. Mit Bescheid vom 10. August 2006 verbot der Polizeipräsident als Versammlungsbehörde während der Demonstration jedes Werben für die Hizbollah. Es wurde untersagt, Kennzeichen, Symbole oder Embleme dieser Organisation oder Bildnisse des Generalsekretärs der Hizbollah Nasrallah zu zeigen.
Die vom Kläger gegen diese Auflage nachträglich erhobene Klage hatte Erfolg. Zur Begründung hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin ausgeführt:
Entgegen der Auffassung des Polizeipräsidenten sei das Zeigen der von ihm untersagten Symbole bzw. Bilder auf einer Demonstration während des Libanonkriegs als Parteinahme für einen der Beteiligten der kriegerischen Auseinandersetzung zu verstehen, die unter den durch Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes garantierten Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit falle. Der Polizeipräsident hätte das Zeigen der Bilder und Symbole daher nur dann untersagen dürfen, wenn dies strafbar gewesen wäre. Das könne das Gericht aber nicht feststellen.
Die in dem Zeigen der untersagten Symbole und Bilder liegende – für sich gesehen rechtlich nicht zu beanstandende – Parteinahme könne nicht dahingehend verstanden werden, dass mit ihr jede Äußerung oder Handlung der Hizbollah oder ihres Generalsekretärs gut geheißen oder unterstützt werde. Deshalb sei das Zeigen der Symbole und Bilder der Hizbollah und ihres Generalsekretärs nicht als Verstoß gegen Strafgesetze (Aufforderung oder Billigung von Straftaten) zu werten.
Die in der Parteinahme lediglich zum Ausdruck kommende Unterstützung der Hizbollah als solche sei aber – auch nach Auffassung des Polizeipräsidenten – nicht strafbar, weil sie nicht als ausländische terroristische Vereinigung eingestuft sei.