Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Der Einflussagent: Was Gerhard Schröder wirklich am Iran interessiert

 

Und noch etwas Kleines aus der Zeit von morgen:
Wollen jetzt nicht alle mit den Iranern reden? Sogar Obama? Warum regen sich dann alle über Gerhard Schröders Wochenendtrip nach Teheran auf? Oder distanzieren sich vorsichtig, wie das Auswärtige Amt: Nein, abgestimmt habe der Ex-Kanzler seinen Iranbesuch nicht. »Angezeigt« habe er seine Reiseabsichten bloß, wie üblich.
Gerhard Schröder sei »weder auf Wunsch noch auf Anregung, noch etwa mit Nachrichten« des Außenministers unterwegs gewesen, heißt es in Berlin. Er habe lediglich, wie alle Elder Statesmen auf heiklen Reisen, ein umfangreiches Briefing über den Stand der bilateralen Beziehungen zur Vorbereitung erhalten. Von einem Plausch mit Mahmud Ahmadineschad hat man ihn offenbar nicht abhalten können, wie die Fotos vom Sonntag zeigten.
Schröder hätte den notorischen Israelhasser nicht treffen sollen, grummelt es in Regierungskreisen. Doch immerhin hat er ja Klartext geredet: Es mache »keinen Sinn«, die historische Tatsache des Judenmords zu leugnen.
Aber Schröder war wohl nicht nach Teheran gekommen, um Ahmadineschad über die Schoah zu belehren. Russischen Medien war es eine Erwähnung wert, dass sein Besuch mit konkurrierenden Gesprächen zwischen der EU und Iran über die geplante Nabucco-Pipeline zusammenfiel, die an Russland vorbei Gas aus Zentralasien (und eines Tages vielleicht aus Iran) nach Europa bringen soll. Die Zeitung Kommersant kommentiert seine Iranreise: »Gasproms Einflussagent in Teheran eingetroffen«. Einflussagent – kein schönes Wort, auch wenn es durchaus lobend gemeint ist: Schröder, vermutet Kommersant, könnte »als langjähriger Freund Russlands« versuchen, die Iraner von Gasproms Südpipeline (South Stream) zu überzeugen, der Konkurrenz zu Europas Nabucco-Projekt. Die Russen sind von Letzterem nicht begeistert, weil es Europa unabhängiger vom Monopolisten Gasprom machen würde. Iran müsste freilich aufhören, an der Bombe zu basteln und Israel zu bedrohen, damit es Gas nach Europa liefern könnte – ganz egal, durch welche Pipeline.