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Neue jüdische Lobby: Besatzung und Siedlungen sind „moralische Fehler“

 

Dies ist ein bemerkenswerter Satz: „Systematic support of Israeli government policy is dangerous and does not serve the true interests of the state of Israel.“
Die systematische Unterstützung der israelischen Regierungspolitik ist gefährlich und dient nicht den wahren Interessen des Staates Israel.
Wer schreibt dies? Eine neue jüdische Lobbyorganisation names JCall, die es nicht länger den etablierten Lobbyisten überlassen will, die jüdische Stimme gegenüber den europäischen Institutionen zu sein.
Weiter heißt es in dem Manifest:

„Wir stellen fest, dass die Existenz Israels erneut gefährdet ist. Die Gefährdung von außen ist nicht zu unterschätzen, doch ist diese nicht die einzige Gefahr. Eine Gefährdung liegt auch in der Besatzung und in dem Auf- und Ausbau der Siedlungen im Westjordanland und in den arabischen Vierteln Ost-Jerusalems, die ein moralischer Fehler und ein politischer Irrtum sind und die u. a. zu dem inakzeptablen Vorgang der Delegitimierung Israels als Staat führen.“

Daher fordern die bisher 3666 Unterzeichner:

„1. Die Zukunft Israels bedingt notwendigerweise die Schaffung des Friedens mit dem palästinensischen Volk und die Gründung eines palästinensischen Staates gemäß dem Prinzip « zwei Staaten für zwei Völker ». Wir alle sind uns dessen bewusst, dass dieses Anliegen dringend ist. Bald wird Israel sich mit zwei katastrophalen Alternativen konfrontiert sehen: Entweder werden die Juden eine Minderheit in ihrem eigenen Land sein oder es wird im Lande ein Regime entstehen, das Israel beschämen und die Gefahr eines Bürgerkrieges heraufbeschwören wird.
2. Es ist daher von größter Wichtigkeit, dass die Europäische Union gemeinsam mit den Vereinigten Staaten von Amerika Druck auf beide Parteien ausübt und ihnen hilft, eine vernünftige und schnelle Regelung des israelisch-palästinensischen Konflikts zu erreichen. Trägt doch Europa angesichts seiner Geschichte die Verantwortung für diese Weltregion.“

Es haben bereits einige der entschiedensten Unterstützer Israels unter den französischen Intellektuellen unterzeichnet – Alain Finkielkraut und Bernard-Henri Lévy. Auch Daniel Cohn-Bendit ist mit von der Partie. (Haaretz-Bericht hier.)

Als Vorbild für diese neue Form der kritischen Israelunterstützung kann man JStreet in den USA ansehen. Anders als JStreet, die in einer überwältigend israelfreundlichen Öffentlichkeit agiert, findet sich JCall in Europa in einer Situation vor, in der Israelkritik sehr verbreitet ist (und nicht immer aus den reinsten Motiven geübt wird). Man kann die Initiative als einen Versuch sehen, sich weder von der israelischen Seite noch von der Warte der reflexhaften Israelkritiker vereinnahmen zu lassen.

JCall hat den offenen Brief am gestrigen Sonntag dem europäischen Parlament zugestellt. Das ist etwas Neues: Juden fordern Europa auf, Israel wegen der Siedlungspolitik unter Druck zu setzen – und sie tun dies aus Loyalität zu Isarel und der zionistischen Idee eines lebensfähigen jüdischen Staates inmitten seiner Nachbarn.