2009 ist das Internationale Jahr der Astronomie – der Sternkunde. In einer Ausstellung in Oberhausen ist von diesem Donnerstag an der Mond zu Gast
Von Katrin Hörnlein
Ein bisschen ist es so, als habe jemand den Mond in eine Konservenbüchse gesteckt: Der Gasometer in Oberhausen, ein stillgelegter Industrieturm, sieht aus wie eine gewaltige Dose. Nun hängt im Inneren an einem dicken Stahlseil ein Modell des Mondes von der Decke herab. Die Stoffkugel hat einen Umfang von fast 80 Metern. Man brauchte etwa 50 Erwachsene, die sich im Kreis an den Händen halten, um die Kugel zu umschließen. Das gigantische Mondmodell ist Teil der Ausstellung Sternstunden – Wunder des Sonnensystems, die vom 2. April 2009 bis zum 10. Januar 2010 zu sehen ist.
Der Mond in der Ausstellung ist ein großer Stoffballon. Darauf sind die Berge und Täler des Himmelskörpers gedruckt. Er wird mit computergesteuerten Strahlern so beleuchtet, dass es aussieht, als gäbe es auf der Oberfläche des Ballons richtige Berge. In Wirklichkeit ist sie ganz glatt. Weil der Raum drumherum dunkel ist, hat man den Eindruck, in einen Nachthimmel zu schauen. Allerdings kommen wir dem wahren Mond nie so nah wie dem künstlichen. Der hängt in der Ausstellung etwa neun Meter über den Köpfen der Besucher.
Im Weltall umrundet der Mond die Erde in knapp einem Monat einmal. Er selbst strahlt kein Licht aus, sondern wird von der Sonne beleuchtet. Im Laufe seiner Erdumrundung sehen wir deshalb verschiedene Mondphasen. Je nachdem, wie viel Licht von der Sonne auf den Mond trifft, erscheint er uns als Sichel, als Vollmond – oder er ist ganz verborgen, dann spricht man von »Neumond«. All das wird in der Ausstellung mit der Beleuchtung nachgestellt – im Schnelldurchlauf. In 15 Minuten erlebt man einen Monat. Und man kann den Mond von allen Seiten sehen. Das ist etwas ganz Besonderes, denn wenn wir den Himmelskörper von der Erde aus betrachten, sehen wir immer nur dieselbe Seite.
Die Idee zu der ungewöhnlichen Ausstellung hatte der Fotograf Wolfgang Volz. Er fand den Mond immer unheimlich schön: »Es gab so viele Abende, an denen ich ihn mit offenem Mund angeschaut habe, weil er so toll ist!« In der Ausstellung geht es um unser gesamtes Sonnensystem. Man kann sich dort alte Fernrohre ansehen, moderne Geräte von Weltraumforschern und Fotos aus dem All. Auch Modelle der Planeten unseres Sonnensystems werden gezeigt, aber sie sind viel kleiner als der Ballonmond. Er ist der Mittelpunkt der Ausstellung – auch weil der Mond der Erde am nächsten ist.
Seit Tausenden von Jahren sind die Menschen von ihm fasziniert. Schon in der Antike träumten sie davon, irgendwann zum Mond zu reisen. 1969 – also vor 40 Jahren – betrat schließlich der erste Mensch den Himmelskörper. Millionen Leute saßen an ihren Fernsehgeräten und sahen zu, als der Astronaut Neil Armstrong mit einem kleinen Hüpfer aus seinem Raumschiff stieg. In Schauergeschichten hat der Mond die Macht, Menschen in Werwölfe zu verwandeln, immer dann, wenn er voll am Himmel zu sehen ist. Wie gut also, dass der Mond in Oberhausen ein Kunstwerk ist!
Ihn haben keine magischen Kräfte entstehen lassen, sondern die Arbeit vieler Helfer in den vergangenen fünf Monaten. Ballonbauer haben gerechnet und Modelle gebaut. Die Hülle durfte ja nicht schlaff oder beulig von der Decke hängen. Ein Gebläse pustet nun Luft in ihr Inneres, zusätzlich sind Leinen gespannt, um die Mondform zu erhalten.
Dann kam die Gestaltung. Der Mond im All hat Gebirge und Krater. Von der Erde sehen wir dies als helle und dunkle Stellen. Deshalb ist auch der Ballon hell und dunkel bedruckt. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt half dabei. Über 1000 Einzelfotos des Mondes wurden zu einem Bild zusammengefügt. Ein riesiges Puzzlespiel!
Das zusammengepuzzelte Bild wurde auf Stoff gedruckt. Damit am Ende eine Kugel daraus genäht werden konnte, wurde der Ballon aus 53 einzelnen Teilen zusammengesetzt. Die Näherinnen verschwanden mitsamt ihren Maschinen fast zwischen den meterlangen Stoffbahnen.
Als der Mond im Februar in Oberhausen ankam, war von den Stoffmassen nichts mehr zu sehen. In nur einer Tasche lag ordentlich gefaltet die Stoffhülle. Die Ballonbauer breiteten sie vorsichtig aus und gingen nur auf Socken darüber, um nichts zu beschädigen. Hundert Meter über ihren Köpfen kletterten derweil Männer zwischen den Dachbalken herum. Hier oben ist das Stahlseil befestigt, das den Ballon hält. Aus dieser Höhe sah der Stoffhaufen wie ein schmutziges und zerknülltes Bettlaken aus.
Doch mit dem Luftgebläse kam Form in den Ballon. Und als der Stoffmond in voller Größe erstrahlte, war selbst der Erfinder von seinem Werk überrascht. »Das hat mich total umgehauen«, erzählt Volz. »Ich habe es mir jahrelang vorgestellt, und dann ist es endlich fertig. Ich stand darunter und dachte nur: Wahnsinn!«
Man muss aber erst einmal einen Ort finden, an dem man einen solch riesigen Ball aufhängen kann. Im Gasometer in Oberhausen wurde früher Gas für die Industrie gespeichert. Als er nicht mehr gebraucht wurde, wandelte man den fast 120 Meter hohen Turm in einen gigantischen Ausstellungsraum um. »Mond und Gasometer passen perfekt zusammen«, findet Wolfgang Volz. »Denn der Mond ist nur toll, wenn er groß ist. Und im Gasometer müssen die Sachen groß sein, damit sie überhaupt wirken.«
Wenn die Ausstellung im Januar 2010 endet, wird sich der Ballon wieder ganz klein machen. In eine normale Konservenbüchse wird er zwar nicht passen, aber in eine Tasche.
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