Von Linda Meister (12 Jahre)
Das Landschulheim hätte so schön sein können, wenn nicht dieses Wesen und sein Koffer aufgetaucht wären. Halt! Zuerst muss ich mich vorstellen. Ich bin Lotta. Ich liebe Indianer und Kartentricks. Außerdem habe ich einen winzig kleinen Hund namens Kläff, und die drei besten Freunde der Welt. Aber nun zur Geschichte.Alles fing damit an, dass unsere Klasse, die 6b, vorhatte, ins Landschulheim zu fahren. Ich und meine Freunde Chilli, Kuno und Andi waren begeistert. Unser Bus sollte am Montag abfahren. Ich war sehr aufgeregt und freute mich wahnsinnig. So wahnsinnig, dass ich am Vorabend erst sehr spät in einen tiefen Schlaf sank. Durch ein lautes Klopfen wurde ich wach. Als ich die Augen aufschlug, stand Chilli vor mir und rief ganz verdattert: „Du liegst ja noch im Bett! Auf geht’s! Wir müssen los!“ Oh nein, ich hatte verschlafen. In Windeseile zog ich mich an, schnappte meinen Rucksack, rannte in die Küche zu Mama, der ich ein „Tschüss!“ zurief, und nach draußen, wo meine Freunde warteten. „Nun aber schnell!“, rief Kuno. Wir legten so schnell es ging den Weg zur Schule zurück. „Wir schaffen es noch!“, rief ich siegessicher.
Plötzlich wurde ich hart zu Boden gestoßen. „Was soll das?“, fauchte ich. Andi war gestolpert und gegen mich geprallt. Schnell richtete ich mich auf. In dem Moment bog der Bus, der ins Landschulheim fuhr, am Ende der Straße um die Ecke und fuhr davon. Mit vor Schreck geweiteten Augen starrten wir dem Bus nach. Es bestand keine Hoffnung, dass unser Fehlen bemerkt wurde. Denn unser Lehrer war sehr chaotisch und vergaß dauernd, wer alles in seiner Klasse war. Außerdem war unsere Klasse sehr groß. Unsere Mitschüler würden es auch nicht ungewöhnlich finden, denn bei uns fehlten oft Schüler unentschuldigt. Die anderen machten traurige Gesichter. „Macht euch nichts draus“, meinte ich, um sie aufzuheitern. Doch ich wusste, dass ich nicht überzeugend klang. Ich selbst war ziemlich bedrückt, denn ich war schuld daran, dass wir den Bus verpasst hatten.
„Wie wär’s, wenn wir uns einfach einen schönen Tag in Neustadt machen?“, schlug ich vor. Neustadt ist die Stadt, in der wir wohnen und zur Schule gehen. Die anderen nickten und wir gingen los. Nach einer Weile gelangten wir zu einem Schrottplatz. Wir sahen einige alte Autos und ein altes Sofa. Plötzlich entdeckte ich hinter einem Kühlschrank, dem die Tür ausgefallen war, einen riesigen Koffer. Begeistert rannte ich darauf zu. „Schaut euch diesen Koffer an!“
Staunend betrachteten wir ihn. „Man könnte prima damit spielen“, meinte Chilli. „Aber er ist voller Bücher“, gab Kuno zu bedenken. „Ja und? Wir passen trotzdem rein. Nur das muss raus“, erwiderte ich und packte etwas Dreckiges, Haariges mit den Fingerspitzen und warf es weg. Dann hüpften wir alle in den Koffer.
„Wir stellen uns vor, dass er fliegt!“, schlug Kuno vor. Wir stimmten begeistert zu. Wir schlossen die Augen. Dann schrie ich laut auf. Auch von den anderen kam ein aufgeregter Laut. Ich riss die Augen auf. Wir schwebten tatsächlich in der Luft! Plötzlich hörte ich ein Jaulen aus meinem Rucksack. Ich zog den Reißverschluss auf. Kläff, mein Minihund, sprang heraus und versteckte sich unter meinem Pullover.
In diesem Augenblick gab es einen Knall und der Koffer landete hart auf dem Boden. Das dreckige, haarige Ding, das ich zuvor heraus geworfen hatte, kam auf uns zu. Jetzt, da es aufrecht vor uns stand, konnte ich seine Stielaugen und seinen buschigen Schnurrbart erkennen.
„Wer oder was bist du“, stammelte ich. „Das ist nicht wichtig!“, schnauzte mich das Wesen an. Seine bedrohlich funkelnden Augen ließen mich verstummen. Es schaute verächtlich in die Runde und knurrte. „Wie kommt ihr Rotzlöffel dazu, mich aus meinem Koffer zu werfen?“
Ich wollte mich entschuldigen, doch das Wesen fuhr fort: „Ist eigentlich egal. Hauptsache, ihr könnt mir helfen. Also spitzt die Ohren! Jemand hat an verschiedenen Stellen der Welt Bücher gestohlen. Mir und meinem Koffer ist es gelungen, die Bücher aufzuspüren. Nun müssen sie zurück gebracht und der Täter muss entlarvt werden, damit so etwas nicht wieder passiert.“
„Toll, ein echter Kriminalfall!“, rief Chilli begeistert. Sie liebt Detektive und Kriminalfälle. „Sei still!“, blaffte das Wesen, „Also, wir müssen in verschiedene Länder reisen und die Bücher zurück bringen. Ich bin übrigens Wolli, der Schnurrschneck. Noch Fragen?“
Mit weit aufgerissenen Augen starrten wir das Wesen an. „Was steht ihr herum und glotzt dumm? Ab in den Koffer!“, fuhr es uns an. Es packte meinen Arm und riss kräftig daran, so dass ich in den Koffer stolperte. Die anderen folgten mir und der Koffer hob ab.
Nach einigen Minuten und ein paar Flugmetern fand ich meine Sprache wieder. „Das können sie nicht machen! Ich will nicht mit. Sie sind so unfreundlich!“ Das Wesen grinste gemein. „Und du denkst, wir halten extra für dich an? Das kannst du vergessen. Koffer, schalt einen Gang höher!“, rief es. „Wir wollen auch nicht mit!“, riefen die anderen wütend. „Das hättet ihr euch früher überlegen müssen“, erwiderte das Wesen. „Koffer, beschleunige auf 100 km/h!“, zischte es und schnippte mit den Fingern. Der Koffer wurde rasend schnell. Ich war so empört, dass ich kein Wort heraus brachte. Plötzlich hörte ich ein Winseln und Kläff kroch aus meinem Pulli hervor. Mit eingezogenem Schwanz tappte er über mein Knie und begann zu jaulen. Das Wesen warf ihm einen ärgerlichen Blick zu und schnippte mit den Fingern. Kläff verstummte auf der Stelle, begann mit dem Schwanz zu wedeln und spazierte fröhlich über mein Bein. „Wie haben Sie das gemacht?“, fragte ich fasziniert. „Ich bin ein Zauberwesen, sonst würde doch der Koffer nicht fliegen!“ Das Wesen klang plötzlich viel netter.
Inzwischen war schon eine lange Zeit vergangen und der Koffer wurde immer schneller. „Bald dürften wir China erreichen“, gab Wolli bekannt. „China!“, rief Chilli begeistert, deren Urgroßeltern in China gelebt hatten. „Ja, Peking ist unsere erste Station“, erklärte der Schnurrschneck. „Wir sind aber ziemlich in Zeitdruck“, fuhr er fort. „In einer Woche müssen wir zurück sein.“ In dem Moment fiel mir eine wichtige Frage ein. „Warum nehmen Sie uns überhaupt auf Ihre Reise mit?“ Der Schnurrschneck druckste herum. „Es ist einfach zu langweilig allein.“ Dann befahl er in energischem Tonfall: „Schlaft jetzt ein wenig, es ist schon spät. Wenn wir in Peking sind, wecke ich euch.“
Laute Stimmen und Autolärm weckten mich. Ich schlug die Augen auf und merkte, dass ich noch immer in dem fliegenden Koffer lag und nicht träumte. Meine Freunde waren auch wach und beobachteten gebannt, wie wir immer weitet“ auf eine riesige Stadt zuflogen. „Darf ich vorstellen?“, sagte Wolli. „Peking!“ Plötzlich entdeckte ich eine riesige Menschenmenge. Als wir näher kamen, hörte ich, was sie schrieen: „Wir wollen unsere Bücher zurück!“ Natürlich schrieen sie das auf Chinesisch und ich verstand kein Wort. Doch Wolli, der angeblich 50 Sprachen beherrscht, übersetzte.
„Das trifft sich gut, denn wir bringen sie zurück!“, rief Chilli total begeistert. Wolli reichte Kuno einen Bogen und einen Pfeil, der an einer Schnur hing. „Schieß auf den Kirchturm da!“, befahl er. Ich war verblüfft. Doch dann erkannte ich einen Saugnapf am Ende des Pfeils. Kuno hatte den Kirchturm getroffen und ich begriff, dass er dafür gedacht war, dass der Koffer nicht weiter nach vorne flog. Wolli packte ein Buch mit einer chinesischen Aufschrift und schleuderte es in die Tiefe. „Los, helft mir!“, rief er fröhlich. Wir begannen, die chinesischen Bücher“ hinunter zu werfen. Die Rufe der Menschen unter uns verstummten bei dem Bücherregen. Dann begannen sie, laut zu jubeln. Nachdem das letzte Buch gefallen war, zog Kuno den Pfeil zurück und wir flogen in die entgegen gesetzte Richtung davon.
„Wohin geht es jetzt?“, wollte Andi wissen. „Auf eine Insel in der Karibik“, antwortete Wolli. Andi bekam riesige Augen. Die bekam er immer, wenn ihn etwas an Piraten erinnerte. Er war nämlich ein riesiger Piratenfan. Wolli lächelte. „Jetzt solltet Ihr wieder schlafen, wir sind schon fast zwei Tage unterwegs.“ Diesmal schlief ich sehr schnell ein.
Plötzlich gab es einen heftigen Ruck, der mich beinahe aus dem Koffer geworfen hätte. Ich riss die Augen auf. Gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie ein rundes, schwarzes Ding auf uns zugeschossen kam. „Eine Kanonenkugel“, kreischte Andi. Verzweifelt versuchte Wolli, den Koffer mit einem Schnippen zum Ausweichen zu bringen. Es gelang ihm. Ich jubelte auf, doch in diesem Augenblick schlug der Koffer einen Salto und stürzte unkontrolliert in die Tiefe. Wir alle schrieen und auch Kläff jaulte auf. Wir rasten durch die Wolkendecke und entdeckten unter uns das blaue Meer und einen braunen Punkt. Als wir immer weiter auf den Punkt zu sausten, erkannte ich ein riesiges Schiff mit schwarzen Segeln und einem weißen Totenkopf. „Piraten!“, schrie ich voller Panik. „Das trifft sich bestens!“, rief Wolli glücklich. „Was?“, brüllte ich entsetzt. Ich konnte nur noch sehen, wie Wolli mit den Fingern schnippte, bevor ich lautes Geschrei hörte und wir auf dem Piratenschiff landeten. Wir waren von grimmig dreinblickenden und mit Säbeln bewaffneten Seeräubern umgeben. Ein riesiger Mann mit einem riesigen Hut drängte sich nach vorne. Es bestand kein Zweifel, dass er der Anführer war. Er beachtete uns mit einem abfälligen Blick und gab seinen gespannt wartenden Kollegen ein Zeichen. Er fuhr sich mit dem Daumen über die Kehle. Mir gefror das Blut in den Adern und ich schrie auf: „Haaalt!“ Ich riss ein Piratenbuch aus dem Koffer und warf es dem Anführer hin. Er stutzte und brüllte den anderen, die sich auf uns stürzen wollten, einen Befehl zu. Sie erstarrten. Der Kapitän nahm das Buch und ließ einen Freudenschrei vernehmen. Ich holte schnell die anderen Piratenbücher aus dem Koffer und Wolli half mir dabei. Der Kapitän wurde mit jedem Buch glücklicher und als wir alle Bücher abgeladen hatten, war er so glücklich, dass er Andi seinen Hut schenkte.
Dann flogen wir weiter. Wir waren schon sehr weit nach Westen geschwebt. Auf meine Frage, wohin es nun ginge, antwortete Wolli gelassen: „Na, nach Nordamerika, zu den Indianern.“ Indianer! Ich schnappte nach Luft. „Habt ihr etwa Angst?“, fragte Wolli. „Angst? Pah!“, rief ich empört. „Ich liebe Indianer!“
Wir flogen weiter. Nach einer Ewigkeit, wie es mir vorkam, entdeckte ich etwas, das mein Herz schneller schlagen ließ. Unter uns befanden sich viele Zelte. Kuno packte den Pfeil, zielte und schoss. „Oh nein!“, rief Wolli. Der Pfeil hatte eins der Zelte getroffen, das zusammen krachte. Wir landeten so schnell wie möglich, sprangen mit den Indianerbüchern zu dem eingestürzten Zelt und sahen uns den Schaden an. Plötzlich kam ein Mann mit Federkopfschmuck auf uns zu. Das musste der Häuptling sein. Er starrte uns böse an. „Was habt ihr getan?“, murmelte er in schwer verständlichem Englisch. Ich versuchte, ihm mit Indianerzeichensprache, die ich aus einem Buch kannte, klar zu machen, dass es ein Versehen gewesen war. Doch er schien nicht zu begreifen. Verzweifelt hielt ich ihm das Indianerbuch unter die Nase. Sein Gesicht hellte sich auf. Andere Indianer kamen herbeigelaufen. Sie brachen in Jubelgeschrei aus, als sie erkannten, dass wir ihre Bücher brachten.
Nachdem wir alle Bücher zurückgegeben hatten, packte mich der Häuptling am Arm, zog mich zu einem Zelt und deutete auf ein geflecktes Pony. Ich begriff nicht. Was wollte er von mir? Der Indianer zeigte erst auf das Pony und dann auf mich. Er wollte mir das Pony schenken! Der Indianer schnappte den Strick, der dem Pony um den Hals hing, und drückte ihn mir in die Hand. Das Tier kam fröhlich auf mich zugetrottet und stupste mich an. Bereitwillig folgte es mir zum Koffer. Ich fragte Wolli: „Wie sollen wir es mitnehmen? Es ist viel zu groß!“ „Kein Problem“, grinste Wolli. Er schnippte mit den Fingern und das Pony schrumpfte, bis es etwa so klein wie Kläff war. Das Pony, das ich Stupsi nannte, hüpfte wiehernd in den Koffer und wir rasten in die Lüfte. Bald danach fielen mir die Augen zu.
Nach einer Weile bekam ich einen Tropfen Wasser ins Gesicht und fuhr hoch. „Was zum Kuckuck ist das?“ Es regnete. Die anderen waren ebenfalls wach. Kläff und Stupsi verkrochen sich unter meinem Pulli. Wolli sah sehr besorgt aus. „Das Leder saugt sich mit Wasser voll und der Koffer wird immer schwerer. Dann reicht meine Zauberkraft nicht mehr.“ Obwohl wir so schnell wie möglich flogen, sank der Koffer immer tiefer. „Ich kann nicht mehr“, rief Wolli, „macht euch bereit zum Absturz!“
Wir stürzten nach unten. Auf einmal erkannte ich etwas Blaues unter uns. Wasser! „Macht den Deckel zu!“, brüllte ich entsetzt. Gerade noch rechtzeitig knallten Kuno und Andi den Deckel zu und platsch, waren wir im Wasser gelandet. Ich wollte den Deckel aufstoßen, doch er ließ sich nicht öffnen. Voller Panik schlugen wir auf den Deckel ein. Aber er bewegte sich nicht einen Millimeter. Da fielen mir Wollis Zauberkräfte ein. Ich drehte mich zu ihm um und wurde starr vor Schreck. Wolli lag auf dem Boden und rührte sich nicht. Sollte unsere schöne Reise ein so grausames Ende nehmen?
Plötzlich wurde der Koffer von einem kräftigen Schlag getroffen und aus dem Wasser geschleudert. Der Deckel brach auf, als er auf einen harten Stein schlug. Wir sprangen heraus. Wir waren auf einer Felsklippe am Rande eines riesigen Sees gelandet. Hinter mir hörte ich ein Stöhnen. Wolli war aufgewacht. Überglücklich half ich ihm auf die Beine. Plötzlich packte Kuno meinen Arm und deutete mit offenem Mund und aufgerissenen Augen auf den See. Ein riesiger Kopf ragte aus dem See. Das Wesen richtete seine riesigen gelben Augen auf uns. Es war ein Seeungeheuer! Kuno riss seine Kamera hervor und schoss zehn Bilder. Dann sprangen wir zurück in den Koffer und flogen davon. Wolli erklärte, er sei ohnmächtig durch Überzauberung geworden. Aber er versicherte, dass er wieder vollkommen fit war. Auf die Frage, wo wir gerade waren, antwortete er grinsend: „Was würdet ihr sagen, wenn ich euch verrate, dass das eben Nessi war?“ „Das Monster von Loch Ness, natürlich!“, rief Kuno begeistert. „Wir sind in Schottland.“ Kuno war ein riesiger Fan von Fabelwesen. Plötzlich sahen wir eine kleine Stadt. Ein idealer Ort für die Abgabe der englischen Bücher. Andi kam auf die Idee, sie durch den Kamin der Bücherei zu schütten. Das taten wir.
Nun hatten wir alle Bücher zurück gebracht und etwas Tolles erlebt. Stolz machten wir uns auf den Rückweg. Kuno bewunderte seine Fotos, Andi seinen Hut, und ich sah Stupsi und Kläff beim Spielen zu. Alle waren glücklich. Nur Chilli schien ein wenig traurig zu sein. „Was ist los?“, fragte Wolli. „Na ja“, antwortete Chilli, „alle haben ihr Andenken. Nur ich bin leer ausgegangen.“ „Das haben wir gleich“, tröstete sie Wolli und griff tief in den Koffer. Er fischte ein kleines chinesisches Buch heraus und drückte es Chilli in die Hand. „Es ist ein Krimi. Möchtest du ihn?“ Chilli war begeistert und steckte das Buch wie einen Schatz in ihre Jackentasche.
Nach vielen, vielen Stunden erkannten wir endlich wieder die vertrauten Dächer von Neustadt. Wir hatten etwas Bauchweh, da wir uns die ganze Woche von Süßigkeiten und Limonade aus unserem Reiseproviant für das Landschulheim ernährt hatten. Doch alles in allem waren wir sehr zufrieden mit uns. Wir hatten der Welt die Bücher wieder gebracht! Als wir sicher auf dem Schrottplatz gelandet waren, nahm Chilli ihr Buch heraus und blätterte darin. Plötzlich stieß sie ein Maskierter von hinten um, schnappte das Buch und rannte los. „Haltet ihn, das ist der Bücherdieb!“, rief Wolli.
Wir rannten los. Doch der Mann war schneller als wir. Ich wollte schon aufgeben, als Kläff und Stupsi auf ihren winzigen Beinen den Dieb einholten und es schafften, ihn zu Fall zu bringen. Chilli riss dem Mann die Maske vom Gesicht und ich fiel beinahe in Ohnmacht. Vor uns lag unser Lehrer! Jawohl, unser dusseliger, vergesslicher Lehrer.
„Das hätte ich nie von Ihnen gedacht!“, rief Chilli und riss ihm das Buch aus der Hand. „Warum haben Sie der Welt die Bücher gestohlen?“, fragte ich empört. Der Lehrer schwieg. „Antworten Sie, antworten Sie sofort!“, rief ich voller Wut, „oder ich hetze Ihnen Kläff auf den Hals.“
Der Lehrer lächelte spöttisch. Dann stieg ein irres Flackern in seine Augen auf und er begann langsam und deutlich zu sprechen: „Ich wollte der Schlauste auf der ganzen Welt sein. Damit die anderen nicht mehr lesen und daraus schlau werden können, habe ich die Bücher gestohlen und euch vorgespielt, so dumm zu sein. Auf die Klassenfahrt habe ich deshalb eine andere Lehrerin geschickt. Alles hat gepasst. Nur ihr seid dazwischen gekommen!“ Er verstummte. Starr vor Entrüstung blickten wir auf ihn herab. Wolli trat zu uns und fragte: „Geben sie zu, dass sie einen Fehler gemacht haben?“ „Fehler? Wieso Fehler? Ich habe alles richtig gemacht“, brüllte der Lehrer. Wolli lächelte böse und sagte dann: „Ich nehme ihn ins Internationale Zauberwesen-Gefängnis mit. Wenn er nach drei Tagen seinen Fehler nicht zugegeben hat, schicke ich euch einen anderen, besseren Lehrer.“ Wir grinsten alle. Und ich sagte: „Lass dir mit dem Lehrer ruhig mehr Zeit.“ Wolli zog den Lehrer am Ohr und schubste ihn in den Koffer. Dann hoben sie ab. Wir winkten Wolli nach, bis er verschwunden war.
Dann gingen wir zu unserer Schule, wo wir unsere Schulkameraden trafen, die gerade aus dem Landschulheim zurückkamen. Sofort bestürmten sie uns mit Fragen. „Wo wart ihr denn? Unser Lehrer war auch nicht da. Mensch, ihr habt vielleicht was verpasst!“ Wir lachten. Sie wussten ja nicht, was wir erlebt hatten.