Mutige Kämpfer oder streitsüchtige Krieger? Über die Ritter des Mittelalters gibt es viele abenteuerliche Geschichten
Edel, mutig und stark – diese Vorstellung haben viele Menschen von den Rittern des Mittelalters, so wie es auch in dem Film „Der Brief für den König“ dargestellt wird. Und tatsächlich sollten diese Männer tugendhaft und höflich sein, die Schwachen schützen und sich fair gegenüber ihren Feinden verhalten. Aber glänzend wie ihre Rüstungen waren sie dann doch nicht immer. Die edlen Herren lieferten sich gern Streitigkeiten mit den Nachbarn, und Machtkämpfe endeten mit abgebrannten Feldern oder ausgeraubten Dörfern. Vor allem aber waren Ritter eins – Krieger zu Pferd im Dienst ihres Königs oder Fürsten. So tauchten sie im 8. Jahrhundert auf, also vor rund 1300 Jahren. Ihre Glanzzeit erlebten sie im 12. Jahrhundert.
Die wichtigsten Waffen waren Schwert und Lanze. Die konnte der Ritter auch bei vollem Galopp schwingen und gegen den Gegner richten. Das Schwert war Waffe und eine Art Abzeichen in einem. Je besser das Material, je kostbarer die Verzierung, desto reicher und mächtiger sein Träger. Weil aber selbst die Krieger damals nicht allein auf die schützende Hand Gottes vertrauten, trugen sie Kettenhemden, Rüstungen und Helme. Solch eine Ritterkluft war richtig schwer, sie wog bis zu 30 Kilo. Geschmeidig bewegen konnte der Kämpfer sich darin nicht. Aber er glänzte in seinem Metallgewand bei Turnieren. Damit vertrieben sich die Ritter die Zeit, wenn sie gerade mal nicht in einen Krieg zogen. Die Ritter maßen sich zum Beispiel in Geschicklichkeitswettbewerben, ritten mit Lanzen aufeinander los und oder lieferten sich wahre Massenschlachten (wobei immer wieder Ritter zu Tode kamen). Es galt, Ruhm und Ehre zu erlangen und oft auch ein ordentliches Preisgeld. Außerdem konnte man als verwegener Kämpfer prima die Burgdamen beeindrucken.
In den Krieg ziehen und sein Leben riskieren, teure Waffen, Rüstungen und wertvolle Schlachtrösser kaufen – als Gegenleistung bekamen die Ritter von ihrem König oder Fürsten ein Lehen, geliehenes Land. Sie wurden Herr über Dörfer, deren Bewohner für sie arbeiten mussten. So kam der Ritter zu Geld und konnte jederzeit seinem Herrn in den Krieg folgen.
Viele Jungen träumten damals davon, Ritter zu werden. Allerdings musste man dafür (fast immer) adelig sein, und die Ausbildung war ganz schön hart. Als Sechs- oder Siebenjährige verließen die Kinder ihre Familie, um auf die Burg eines Ritters zu gehen. Dort wurden sie zunächst zu Pagen ausgebildet. Sie bedienten bei Tisch, übten reiten und mit dem Holzschwert kämpfen. Und sie mussten sich gut benehmen. Das war bei Hofe sehr wichtig. Mit etwa 14 Jahren wurden sie zu Knappen, einer Art Lehrling des Ritters. Vor allem aber mussten die Knappen ihrem Herrn überallhin folgen (auch in den Krieg) und ihm dienen: beim Anziehen der Rüstung helfen, die Waffen reichen und ihn vom Schlachtfeld retten, wenn er im Kampf verwundet wurde.
War der Ritter mit seinem Knappen zufrieden, durfte dieser mit etwa 21 Jahren selbst Ritter werden – vorausgesetzt, seine Familie hatte genug Geld, um seine Ausrüstung und sein Pferd zu bezahlen. Feierlich wurde bei der sogenannten Schwertleite der Schild überreicht und das Schwert umgebunden. In einigen Regionen war auch der Ritterschlag üblich.
Sosehr sie bewundert und gefürchtet wurden, die Zeit der gerüsteten Krieger währte nicht ewig. Gegen englische Truppen, die vermehrt mit Langbögen schossen, hatten die schwerfälligen Reiter keine Chance. Und als die ersten Feuerwaffen aufkamen, war die Kampftechnik der Ritter endgültig veraltet. Im 16. Jahrhundert wurden sie nicht mehr gebraucht. Bis heute geblieben sind ihre Rüstungen, die teils verrostet auf alten Burgen herumstehen.
Katrin Hörnlein