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Sommerferienlesefutter: Mädchenzeit im Dritten Reich

 

© Fischer Schatzinsel

Habt Ihr mal Eure Urgroßeltern gefragt, wie es war, im Dritten Reich, dem Deutschland Hitlers, groß zu werden? Oder Eure Großeltern? Ob Euer Urgroßvater in der Hitlerjugend war? Als Teil des Volkssturms am Ende des Krieges noch kämpfen musste? Und Eure Großmütter: Erzählen sie davon, dass sieoder ihre Mütter – wie viele Mädchen auch – im Bund Deutscher Mädel (BDM) aktiv waren und bedingungslos daran glaubten, dass Adolf Hitler ein großartiger Mann ist, den man verehren muss?

Viele Deutsche waren im Dritten Reich mehr oder weniger einverstanden mit dem, was Hitler und seine Parteigenossen taten und planten. Auch mit den Gesetzen gegen die Juden in der deutschen Bevölkerung. Und viele haben ihre Kinder genau in diesem Bewusstsein erzogen, dass Deutsche etwas Besseres sind als andere Völker. Das Buch „Vaters Befehl oder ein deutsches Mädel“ erzählt sehr anschaulich vom Leben der 15-jährigen Paula in Münster. Der Vater ist strenger Parteigenosse, seine Kinder selbstverständlich im BDM und der Hitlerjugend. Und Paula ist ehrgeizig, steigt in der Hierarchie des BDM auf. Ganz zum Stolz des Vaters und der Mutter, die das gesamte Familienleben den Vorstellungen der Nationalsozialisten unterworfen haben.

Paula schwärmt für alles was Hitler sagt und plant und ist große Verfechterin seiner Politik. Dass Schulkameradinnen nicht mehr in die Schule kommen, weil sie Jüdinnen sind, findet sich nicht falsch. Auch als ihre Familie von einem kleinen Haus in eine prächtige Villa umziehen kann, aus der die Vorbesitzer noch nicht einmal ihre Möbel mitgenommen haben, kommen ihre keine Zweifel. Erst als ihre enge Freundin Mathilda verschwindet, beginnt sie abseits des Erlaubten nachzudenken. Als sie herausfindet, dass ihr geliebter Vater maßgeblich an der Deportation von Juden beteiligt ist, gerät ihr Weltbild endgültig ins Wanken. Wie kann einer, der zu der eigenen Familie so lieb und fürsorglich ist, zu anderen so grausam sein?

Das Buch ist gut, weil es sich so selbstverständlich und leicht – vor allem in den ersten Kapiteln – liest. Und es beantwortet viele Fragen, die Ihr vielleicht Euren Ur-Großeltern nicht mehr stellen könnt oder auf die Ihr keine Antwort bekommen werdet. Keine leichte Kost für die großen Ferien, aber als wichtiger Teil der deutschen Geschichte sehr lesenswert.

Elisabeth Zöller
Vaters Befehl oder ein deutsches Mädel
Fischer Schatzinsel
12,99 Euro, ab 12 Jahren