Christoph Niemann erklärt, dass jede Maschine so etwas wie ein Herz haben muss
Von Catalina Schroeder
Ein Junge und ein Mädchen entdecken die Welt. Sie laufen eine Straße entlang und sehen einen Lastwagen, sie sitzen am Wasser und sehen einen Frachter, sie liegen an einer Brücke, darüber fährt eine Dampflok. Überall Fahrzeuge, die sich fortbewegen. Da liegt die Frage nahe, die das Mädchen bei jedem Gefährt stellt: »Wie funktioniert das?« Wie fliegt zum Beispiel ein Flugzeug? Was treibt eine Dampfwalze an, und wie arbeitet ein Bagger?
Der Illustrator Christoph Niemann lässt den Jungen antworten – nicht technisch, sondern fantastisch-verrückt. Das Flugzeug fliegt natürlich, weil Vögel darin kräftig mit den Flügeln schlagen! Wie löscht ein Feuerwehrauto einen Brand? Ist doch klar – drinnen liegt ein Elefant, der im hohen Bogen Wasser aus seinem Rüssel spritzt! Und wie bewegt sich die große, schwere Dampfwalze vorwärts? Na, im Innern hockt ein Papagei, der zwei dicke Bären so sehr kitzelt, dass sie sich vor Lachen hin und her werfen und so die Walzen antreiben.
Niemann ist ein Meister darin, mit wenigen Mitteln große Geschichten zu erzählen. Mit klaren Farben und Formen gestaltet er die Doppelseiten, immer zwei hinterfragen und erklären ein Gefährt: Das Flugzeug fliegt vor einem blauen Himmel, unten auf der Wiese stehen die Kinder und staunen. Auf der nächsten Doppelseite zoomt Niemann das Flugzeug heran und zeigt es als große schwarze Silhouette. Darin flattern die Vögel, deren Gesichtern man ansieht, dass ihre ungewöhnliche Aufgabe sie zwar ganz schön fordert, ihnen aber auch Spaß macht.
Logische Erklärungen aus der Erwachsenenwelt haben in diesem Buch keinen Platz. Umso mehr Raum hat der Betrachter für eigene Ideen. Würde das Flugzeug auch mit Luftballons im Bauch fliegen? Könnten statt der Bären nicht auch zwei hüpfende Kängurus die Walze bewegen? Zum Weiterspinnen hat Niemann noch mehr Fahrzeuge – und eine Ampel – auf die Vorsatzblätter gesetzt.
Die Entdeckungstour der Kinder endet schließlich mit einem nur scheinbar aberwitzigen Einfall. Als das Mädchen fragt, wie denn ein Fahrrad funktioniere, fällt ihrem Begleiter nichts mehr ein. Dem Mädchen sehr wohl. Es steigt auf – und fährt davon.
Bilderbücher begleiten uns durch unsere Kindheit. Manche holen wir nach langer Zeit wieder hervor, um sie mit Kindern und Enkelkindern anzuschauen. Nach solchen Perlen – Klassikern und neuen Titeln – haben wir gesucht. Jede Woche stellen wir zwei Titel der neuen ZEIT-Edition vor.
1. Eric Carle: Die kleine Maus sucht einen Freund
2. Ernst Jandl/Norman Junge: fünfter sein
3. Christoph Niemann: So funktioniert das!
4. Leo Lionni: Das kleine Blau und das kleine Gelb
5. Ole Könnecke: Das große Buch der Bilder und Wörter
6. Gunilla Bergström: Gute Nacht, Willi Wiberg
7. Ali Mitgutsch: Rundherum in meiner Stadt
8. Wolf Erlbruch/ Rafik Schami: Das ist kein Papagei!
9. Hildegard Müller: Der Cowboy
10. Peggy Rathmann: Gute Nacht, Gorilla
11. Jorge Bucay/Gusti: Wie der Elefant die Freiheit fand
12. Janosch: Oh, wie schön ist Panama
Die komplette Bücherschatzkiste mit zwölf Bilderbüchern gibt es für 99,95 Euro im ZEIT Shop. Der Reinerlös geht an die Stiftung Lesen.