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KinderZEIT Bilderbuchschatz (6): Der Antiheld

 

Gunilla Bergström/ Verlag Friedrich Oetinger
Gunilla Bergström/ Verlag Friedrich Oetinger

Gunilla Bergströms Willi Wiberg ist der normalste Junge der Welt – gerade das macht ihn auf dieser so beliebt

Von Magdalena Hamm

Willi Wiberg ist vier Jahre alt und meistens nett. Er kann aber auch ungezogen sein, so wie heute Abend. Willi will nicht ins Bett und denkt sich jede Menge Vorwände aus, die ihn vom Schlafen abhalten: Die Zähne muss er noch putzen, Durst hat er auch – ups! Jetzt hat er den Saft auf sein Bett gekleckert. Also neu beziehen, noch mal schnell Pipi machen, und wo ist eigentlich sein Teddy? Papa Wiberg geht jedem Wunsch seines Sohnes mit Engelsgeduld nach, bis er selbst so müde ist, dass er bei der Teddysuche unterm Wohnzimmersofa einfach einschläft.

Die schwedische Autorin und Illustratorin Gunilla Bergström erzählt in ihren Willi-Wiberg-Bilderbüchern seit 1972 kleine Geschichten aus dem Alltag. Mehr als 20 Bände gibt es inzwischen, die in fast 30 Sprachen übersetzt wurden. Gute Nacht, Willi Wiberg war die erste Geschichte aus der Reihe, die in Deutschland erschien. Im schwedischen Original heißt Willi Wiberg übrigens Alfons Åberg, im englischsprachigen Raum ist er Alfie Atkins.

Willi Wiberg ist auf der ganzen Welt beliebt, und das, obwohl der kleine Junge im Kratzepulli keine großen Abenteuer erlebt. Er kämpft nicht gegen Drachen, rettet keine Prinzessinnen, er ist nicht besonders stark oder klug. Er ist ein stinknormaler Junge, der mit seinem liebevollen, immerzu Pfeife rauchenden Vater in einer Kleinstadt lebt, die überall auf der Welt sein könnte.

»Die Wirklichkeit ist märchenhaft genug«, sagte die Autorin einmal, »jeder Tag bietet Neues, Kinder wissen das am besten.« Und so geht Willi mit der Neugier und Naivität eines Vierjährigen die wirklich wichtigen Fragen des Lebens an: Wie bindet man eine Schleife? Gibt es Gespenster? Ist es okay, mit Mädchen zu spielen, auch wenn die anderen Jungs darüber lachen?

Der echte Alltag zeigt sich an mancher Stelle auch in den Illustrationen von Gunilla Bergström mit ihren großen Flächen und klaren Farben: Sie fotografiert Küchenhandtücher oder Vorhänge und fügt die Fotos wie beiläufig in ihre Zeichnungen ein.

Lakonisch, einfach und gerade daher so charmant ist auch ihre Sprache. Als Willi seinen schlafenden Vater entdeckt, legt er ihm eine Decke über. »Jetzt will er nicht mehr rufen. Ein Papa, der schläft, kann ja nichts mehr bringen. Und rufen macht nur Spaß, wenn dann jemand kommt, findet Willi.« Wo er recht hat, hat er recht.

bilderbuchschatz

Bilderbücher begleiten uns durch unsere Kindheit. Manche holen wir nach langer Zeit wieder hervor, um sie mit Kindern und Enkelkindern anzuschauen. Nach solchen Perlen – Klassikern und neuen Titeln – haben wir gesucht. Jede Woche stellen wir zwei Titel der neuen ZEIT-Edition vor.

1. Eric Carle: Die kleine Maus sucht einen Freund

2. Ernst Jandl/Norman Junge: fünfter sein

3. Christoph Niemann: So funktioniert das!

4. Leo Lionni: Das kleine Blau und das kleine Gelb

5. Ole Könnecke: Das große Buch der Bilder und Wörter

6. Gunilla Bergström: Gute Nacht, Willi Wiberg

7. Ali Mitgutsch: Rundherum in meiner Stadt

8. Wolf Erlbruch/ Rafik Schami: Das ist kein Papagei!

9. Hildegard Müller: Der Cowboy

10. Peggy Rathmann: Gute Nacht, Gorilla

11. Jorge Bucay/Gusti: Wie der Elefant die Freiheit fand

12. Janosch: Oh, wie schön ist Panama

Die komplette Bücherschatzkiste mit zwölf Bilderbüchern gibt es für 99,95 Euro im ZEIT Shop. Der Reinerlös geht an die Stiftung Lesen.