Mondscheinkinder leiden an einer seltenen Hautkrankheit und müssen jeden Sonnenstrahl sorgfältig vermeiden
Der kleine Paul öffnet das Fenster, lehnt sich hinaus in den Sonnenschein und spritzt mit seiner Wasserpistole zwei Mädchen nass, die im Hof spielen. Du kleines Ekel, denkt man vielleicht, wenn man diese Szene des Films Mondscheinkinder ansieht. Doch den größten Schaden von seinem Streich trägt Paul selbst davon. Seine Schwester muss ihm die Hände verbinden, denn schon nach den wenigen Minuten, die Pauls Arme dem Sonnenlicht ausgesetzt waren, ist seine Haut verletzt. Jeder Sonnenstrahl ist gefährlich für ihn.
Die Krankheit, an der der Junge Paul im Film leidet, gibt es wirklich. Mondscheinkrankheit sagen einige dazu, weil die Betroffenen nur im Mondschein sicher hinaus an die frische Luft gehen können. Fachleute nennen sie Xeroderma Pigmentosum – oder kurz XP.
XP ist eine seltene Hautkrankheit, die vererbt wird. Man kann sich also nicht daran anstecken, wie die Mitschülerinnen von Pauls Schwester Lisa im Film denken. Wenn sogenannte UV-Strahlen, die im Sonnenlicht enthalten sind, auf die Haut des Erkrankten treffen, schafft dessen Körper es nicht, sich gegen sie zu schützen. Die Haut wird angegriffen, ähnlich wie bei einem Sonnenbrand, nur viel, viel stärker. Oft bekommen XP-Kranke sofort richtige Brandblasen und Wunden. Weil die geschädigten Hautzellen sich nicht selbst heilen können, wie es normalerweise geschehen würde, entsteht oft Hautkrebs. Die kranken Stellen müssen dann möglichst schnell in einer Operation herausgeschnitten werden.
Was aussieht wie Sommersprossen oder wie ein Muttermal, kann in kurzer Zeit ein gefährlicher Tumor werden. Deshalb müssen Menschen, die an der Mondscheinkrankheit leiden, sich regelmäßig und ganz genau untersuchen lassen. Und oft müssen schon Kinder immer wieder neue Operationen durchstehen. Außerdem müssen sie sich besonders gut schützen, damit ihre Haut erst gar nicht verletzt wird. An die Fenster ihrer Wohnung, ihres Autos und selbst von Klassenräumen kleben sie Folien, die die gefährlichen UVStrahlen des Sonnenlichts nicht durchlassen.
Wie Paul im Film verlassen einige von ihnen tagsüber nicht die Wohnung oder das Zimmer. In den USA ist es üblich, dass Mondscheinkinder erst nachts hinausgehen, in Europa ist das etwas anders. Hier sagen die Familien mit erkrankten Kindern eher: „Mitmachen, so viel es geht!“, und lassen die Kinder auch nachmittags in die Sonne. Natürlich werden sie dafür mit spezieller Schutzkleidung ausgerüstet.
Es gibt Kleidung, deren Stoff besonders eng gewebt ist und der so vor den UV-Strahlen schützt. Dazu tragen die Erkrankten einen Kopfschutz, eine Art Bienenzüchterhut mit Schutzfolie vor dem Gesicht, und immer Handschuhe – auch im Hochsommer.
So angezogen, können Mondscheinkinder auch tagsüber hinausgehen, unbeschadet
zur Schule gelangen und mit anderen draußen spielen. Ganz wichtig ist, dass sie sich immer wieder mit starker Sonnenschutzcreme einreiben, vor allem im Gesicht, am Hals und am Nacken.
Ein Mittel gegen die Krankheit gibt es bisher nicht. Aber trotzdem sterben nicht alle XP-Kranken so jung wie Paul im Film. Es gibt auch Jugendliche und Erwachsene, die mit der Mondscheinkrankheit leben. Was ihnen hilft, ist, wenn ihre Mitschüler sie nicht wie Aussätzige behandeln. Sie sind zwar anders, können vielleicht nicht mit durch die Sonne toben, aber Freunde haben und mitspielen wollen sie trotzdem. Und vielleicht macht es gemeinsam im Dunkeln ja doppelt so viel Spaß!
Katrin Hörnlein