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Der ewige Krieg in den Kivus

 

Wohl nirgendwo sonst im Kongo hatten die Menschen so viele Hoffnungen in die Präsidentschaftswahlen gesetzt wie in den beiden Kivu-Provinzen. Denn nirgendwo sonst hatten die beiden Kriege im Land so viel Verheerung angerichtet. Am 29. Oktober jährt sich zum ersten Mal die Präsidentenwahl, aus der Joseph Kabila nach einigen nicht nur verbalen Konfrontationen mit Widersacher Jean-Pierre Bemba als Sieger hervorging. Aber die Hoffnung auf Frieden und Neuanfang wurde im Osten des Landes bitter enttäuscht.

Vor allem Nord-Kivu kommt nicht zur Ruhe, wo sich seit Monaten Kämpfer des Tutsi-Generals Laurent Nkunda mit Einheiten der kongolesischen Armee (FARDC) und den Hutu-Milizen der FDLR (Demokratische Front zur Befreiung Ruandas) liefern. Bei letzteren handelt es sich um durchaus noch schlagkräftige Reste jener Interahamwe, die 1994 den Völkermord an den Tutsi in Ruanda verübten und danach über die Grenze in den Ost-Kongo geflohen sind.

In ihrem jüngsten Bericht „Renewed Crisis in North Kivu“ dokumentiert die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ sehr klar und eindringlich die Hintergründe dieses Konflikts und die verheerenden Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung. Männer, Frauen und Kinder werden wahllos massakriert, ihr Besitz geplündert, Kinder werden als Soldaten rekrutiert und die Zahl der Vergewaltigungen – ohnehin schon ein Riesenprobelm in der Region – ist offenbar weiter gestiegen.

In den vergangenen Wochen haben auch hochrangige UN-Vertreter auf die massive Gewalt gegen Frauen in beiden Kivu-Provinzen hingewiesen. Tatsächlich registrieren Hilfsorganisationen wie „Ärzte ohne Grenzen“ einen deutlichen Anstieg von zum Teil schwer verletzten Vergewaltigungsopfern. Auch die beiden Krankenhäuser in der Region, die sich auf die Behandlung von vergewaltigten Frauen und Männern spezialisiert haben, das Panzi-Hospital in Bukavu und die Klinik der Organisation DOCS in Goma, sind offenbar überlaufen.
Die Blauhelm-Truppen der UN, die derzeit in höchst heikler Auslegung ihres Mandats die marodierende Armee gegen Rebellen unterstützt, hat außerhalb der größeren Städte wenig zum Schutz der Zivilbevölkerung beizutragen. In Süd-Kivu bieten Blauhelme nachts wenigstens etwas Schutz für die terrorisierte Bevölkerung: Sie stellen sich mit ihren Panzerfahrzeugen in Waldlichtungen auf und lassen die Scheinwerfer an, in deren Lichtkegel dann hunderte von Dorfbewohnern die Nacht verbringen.
Ein Ende der Kämpfe im Norden ist momentan nicht abzusehen – und so bleibt für’s erste nur die ernüchternde Feststellung, dass (halbwegs) erfolgreiche Wahlen noch lange keinen Frieden bringen.