Gestern Mittag, wir sitzen in der Avenue Sana, Bezirk Bandalungwa, im Schatten eines Baumes, lassen das Straßenleben von Kinshasa an uns vorbeiziehen: Die Cambistas, die Geldwechsler, die Rucksäcke voller gebündelter Scheine zu ihren Holztischen am Straßenrand schleppen, im Stadt-Jargon „Wall Street“ genannt. Die Pousse-Pousseurs, die Berge von Auspufftöpfen, Reissäcken, oder ausgeweideten Waschmaschinen in verbeulten Karren vor sich her schieben. Die Hand-und Fußpfleger, Halbwüchsige mit Sonnenbrillen und Baseballmützen wie Rap-Stars, die wieselflink vor gelangweilten Damen niederknien, für einen halben Dollar eine Pediküre verabreichen oder für anderthalb Dollar künstliche Fingernägel anbringen.
Und die Straßensänger. Auftritt Poso Kosambila, 56, Kugelbauch, Zahnlücke, ein tiefschwarzes, verknittertes Gesicht wie ein australischer Ureinwohner, dazu schwarzer Cowboyhut und eine Gitarre, die nur unwesentlich jünger sein dürfte als er. Poso singt uns das Lied vom kleinen Matumona, der nicht glauben wollte, dass sein Vater zaubern kann. Papa nimmt dem Kleinen seine Erdnüsse weg, verfüttert sie an das Huhn, das, satt und schläfrig, von der Schlange gefressen wird. Die wird kurz darauf Beute des Krokodils. Das Krokodil erfreut sich nicht lange an seinem vollen Magen, denn Papa ist ein guter Jäger, erlegt das Krokodil, schneidet den Bauch auf, findet die Schlange, in der Schlange das Huhn, im Huhn die Erdnüsse, die er dem Bengel zurückgibt. Der hört nun endlich auf zu heulen. Und glaubt ganz fest an die Zauberkraft des Papa.
So ein Ständchen kostet 500 kongolesische Francs, weniger als einen Dollar. Und Poso Kosambila ist jeden Cent wert!
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