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Hillary in Afrika

 

Politikerinnen in Afrika brauchen ein dickes Fell. Das gilt auch für ausländische Ministerinnen auf Besuch. Hillary Clinton befindet sich derzeit auf einer Mammut-Tour durch sieben Länder südlich der Sahara. In Kenia bot ein Lokalpolitiker 40 Ziegen und 20 Kühe für ihre Tochter Chelsea – als Zweitfrau. In Kinshasa forderte man sie bei einer Fragestunde mit Studenten auf, die Ansichten ihres Gatten Bill zu den Problemen des Kongo wiederzugeben. Madame Secretary was not amused. „Mein Mann ist nicht der Außenminister. Ich bin die Außenministerin.“

Zumindest die gastgebenden Staats-und Regierungschefs dürften das begriffen haben. Kenia, Südafrika, Nigeria, Angola und die Demokratische Republik Kongo erlebten eine amerikanische Außenministerin, die ihre Doktrin der smart power recht beeindruckend vorführte. Salopp formuliert besagt die Strategie der „klugen Macht“ gegenüber Afrika: ‚Hallo, Amerika nimmt den Kontinent ernst – als potenzielle Wirtschaftsmacht, als potenziellen Sicherheitspartner. Amerika braucht und will afrikanische Rohstoffe. Aber Amerika ist nicht China, das bei seinen Geschäften in Afrika weder Menschenrechte noch Korruption anspricht.’

Und so mussten sich die Gastgeber einiges anhören: Kenias Regierung bekam einen öffentlichen Rüffel für ihre Weigerung, die Drahtzieher des Bürgerkriegs im Januar 2008 zur Verantwortung zu ziehen; Südafrikas Jacob Zuma wurde eindringlichst aufgefordert, eine härtere Gangart gegen Zimbabwes Robert Mugabe einzulegen; Kongos Präsident Joseph Kabila hatte offenbar eine keineswegs harmonische Diskussion mit Clinton über die verheerende sexuelle Gewalt im Osten des Landes, für die vor allem seine Armee verantwortlich ist. In Angola, dessen Erdöl die USA brauchen, schloss Clinton ein Handelsabkommen ab und gab ganz forsch der Presse bekannt, dass ihr notorisch demokratiescheuer Gastgeber José Eduardo dos Santos „baldmöglichst“ Wahlen abhalten wolle.

Und Nigerias Führung musste schon vor der Ankunft Clintons vernehmen, dass Washington das westafrikanische Land als das „wichtigste südlich der Sahara“ ansieht. Und als „das korrupteste“.
Alles nur Rhetorik? Natürlich ist das alles erst mal nur Rhetorik. Aber die Rhetorik von Menschenrechten und good governance, kann ein politisches Klima schaffen, in dem Reformwillige bestärkt werden. Nicht mehr und nicht weniger hat Hillary Clinton jetzt geleistet.

Barack Obama hatte wenige Wochen zuvor mit seiner ersten Afrika-Reise den Boden bereit, wobei sein Auftritt in Ghana eher unter die Rubrik „Afrika-findet-seinen-Superstar“ fiel. Hillary kam nun mit ihrer smart power und klug gewählten, diplomatischen Provokationen hinterher.

Nirgendwo wurde das deutlicher als im Kongo. So ungeschminkt wie kein anderer Staatsgast hat Clinton die erbärmliche Bilanz der kongolesischen Regierung benannt – angefangen von der Korruption bis hin zur Epidemie der sexuellen Gewalt und der anhaltenden Straflosigkeit für Vergewaltigunger. Die Regierung sei aus schwierigsten Bedingungen „nach mehreren Jahren des Krieges hervorgegangen“, sagte sie im Rundfunk. „Aber es gibt keine Ausreden mehr.“ Und weil die schärfste Kritik immer dann am besten wirkt, wenn man sich auch an die eigene Nase fasst, verlangte sie nicht nur von Staatspräsident Kabila mehr Einsatz, sondern auch von den Vereinten Nationen und den USA. 17 Millionen Dollar hat Clinton für den Kampf gegen sexuelle Gewalt zugesagt, was den Aufbau einer Sondereinheit der Polizei miteinschließen soll.

Diese Politik des gezielten Brüskierens funktioniert langfristig nur dann, wenn man moralische Rhetorik nicht durch politische und militärische Praxis konterkariert. Diese Lehre sollte die Obama-Administration nach Guantanamo und waterboarding begriffen haben. Nirgendwo lässt sie sich besser umsetzen als in Afrika, denn nirgendwo sonst haben die USA – unabhängig vom Obama-Bonus – noch so viel moralisches Kapital.

Das kann man ganz schnell verspielen. Äquatorial-Guinea, ein kleines Land an der westafrikanischen Küste, stand wohlweislich nicht auf der Reiseroute der amerikanischen Außenministerin. Äquatorial-Guinea hat außer viel Öl und Gas seit 30 Jahren auch einen der brutalsten Diktatoren zu bieten. Teodoro Obiang Nguemo heisst der Mann. Der mit Abstand größte Investor in dem kleinen Land sind die USA. Die amerikanische Außenministerin nannte Obiang bei einem Staatsbesuch in Washington „einen guten Freund“. Das ist jetzt drei Jahre her, und die Ministerin hieß damals noch Condoleeza Rice. Die Zeiten können sich ändern. Können. Bis 2015 wollen die USA 25 Prozent ihrer Ölimporte aus dem Afrika südlich der Sahara beziehen. Man darf gespannt sein, wie sich das mit der Doktrin der smart power vereinbaren lässt.