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Vom schwierigen Umgang mit dem Internet

 

Neue Kulturtechniken führen leicht zu Missverständnissen. Ein schönes Beispiel dafür liefert gerade die niedersächsische Polizei: „Die Entdeckung Deines Lebens“, steht als Slogan auf der Website des Freunde-Finder-Tools „aka-aki“, und das ist geradezu unheimlich treffend. Denn aka-aki, mit dessen Dienst man andere Nutzer in seiner Umgebung sehen und etwas über deren Interessen erfahren kann, hatte Besuch von der Polizei. Die wollte etwas mehr über einen der Nutzer erfahren. Eine Menge mehr. Glaubt man den Aussagen der Betreiber, wünschten die Beamten sich „wohl komplette Bewegungsprofile in Echtzeit“. Kostenlose Handy-Ortung also für Vergangenheit und Zukunft.

Das Vergehen des Betreffenden: Er hatte in einer „Statusmeldung“ auf seinem Profil seinen Unmut über die Welt geäußert. Wie bei anderen Netzwerken auch kann man bei akaaki in seine derzeitige Stimmung angeben und der Betreffende muss mieser Laune gewesen sein, hatte er doch sinngemäß alle Menschen auf der Welt zum Teufel gewünscht. Irgendjemand in Niedersachsen fühlte sich dadurch bedroht, erstattete Anzeige und traf auf einen Staatsanwalt, der sofort die Kavallerie losschickte und nun „wegen Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten“ ermittelt.

Die Leute von akaaki können nicht begreifen, wie eine solche Profilmeldung so missverstanden werden kann. Schließlich würde in solchen doch alles Mögliche geschrieben und selbstverständlich nie so ernst gemeint. Ihr Anwalt hält das Ganze sogar in zweierlei Hinsicht für dämlich: „Das war eine Statusmeldung in einem Sprich-mich-an-Tool, da hat offensichtlich jemand vergessen, das Zwinkerauge mitzulesen“, sagt Maximilian Conrad. Und er habe auch noch geglaubt, dank GPS im Mobiltelefon sei eine einwandfreie Identifizierung der Nutzer möglich. In einer Großstadt wie Berlin könne das aber schon mal schwierig werden, den einen der X Handybenutzer im Umkreis von zwanzig Metern zu finden, der gemeint ist.

Neben diesem, sagen wir, Unverständnis für neue kulturelle Ausdrucksformen, hat der Fall aber noch eine Dimension: Wenn die Polizei in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts jemanden finden wollte, klingelte sie an seiner Wohnungstür. Wenn derjenige dringend gesucht wurde, vielleicht auch noch an der Tür seiner Eltern und der seines Chefs. Fand man ihn dort nicht, wurde er zur Fahndung ausgeschrieben in der Hoffnung, irgendein Streifenpolizist werde ihn schon irgendwo entdecken. Heutzutage jedoch klingeln Polizisten nicht mehr auf gut Glück, sondern kommen offensichtlich lieber mit einem Durchsuchungsbeschluss zum sozialen Netzwerk Deines Vertrauens.

Abgesehen davon, dass aka-aki die geforderte Überwachung mit seinen Daten weder leisten kann noch will, ist es ein hübscher Trick der Beamten. Denn will die Polizei so etwas selbst machen, muss sie eine Hürde überwinden. Paragraf 100 der Strafprozessordnung erlaubt den Einsatz sogenannter IMSI-Catcher zum Finden und Überwachen von Mobiltelefonen nur bei Straftaten von „erheblicher Bedeutung“. In diesem Katalog steht zwar inzwischen einiges, Hehlerei, Computerbetrug oder Steuerhinterziehung beispielsweise, doch braucht es für den Richterbeschluss einen dringenden Tatverdacht. Dass der in diesem Fall gegeben war, kann bezweifelt werden.

Entweder ist der ermittelnde Staatsanwalt also ein technischer Tropf oder ein kreativer Kopf, der versucht, die Grenzen des Gesetzbuches zu dehnen. Beides lässt Schlimmes ahnen.