Mathias Döpfner hat also was gegen die iPhone-App von tagesschau.de und spannt dafür seine Zeitungen und die Bundesregierung ein. Verstehen kann ich das schon, Konkurrenz ist Mist, noch dazu gute. Verlogen ist die Debatte trotzdem.
Denn was heißt es, wenn der Chef des Springer-Konzerns – der sich allein um den Shareholder Value sorgt und nicht um fundierte Informationen für eine kritische Öffentlichkeit – warnt, eine Tagesschau-App gefährde das neue Geschäftsmodell der Medien? Es heißt in der Konsequenz, dass Mathias Döpfner öffentlich-rechtliche Angebote abschaffen will. Nicht nur im Netz, auch im Radio und im Fernsehen. Es heißt, dass er wünscht, dass der Markt allein das Thema Information regeln solle und damit, zynisch gesagt, die Informationsfreiheit beschneidet.
Das kann man fordern. Aber dann sollte man es bitte auch mit diesen Worten tun. Und nicht mit der Keule „tausende Arbeitsplätze“ kommen, die dadurch in der Verlagsbranche verloren gingen. Um die geht es bei dem Thema nicht.
Europa hat sich als Erfahrung aus der Vergangenheit für einen Sonderweg entschieden und im 20. Jahrhundert durch Gebühren finanzierte öffentlich-rechtliche Medien geschaffen. Sie gelten bis heute als der einzige Weg, Informationen so unabhängig wie möglich von politischen und wirtschaftlichen Einflüssen zu verbreiten.
Gut möglich jedoch, dass es bald einen weiteren Weg geben wird – dank des Internets und seiner technischen Vorraussetzungen. In Zukunft könnten auch verteilte Netzangebote diese weitgehende Unabhängigkeit garantieren. Wikipedia ist ein Beispiel dafür. Viele Menschen, die an einer Sache arbeiten, können im Mittel ein ziemlich neutrales Ergebnis produzieren. Das ist, wie die Debatten um Wikipedia zeigen, nicht leicht, aber möglich.
In der Zukunft wäre es damit vorstellbar, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu beerdigen. Die Idee, sich irgendwo neutral informieren zu können, würde aber ganz bestimmt nicht sterben. Sie würde sich nur ein neues Werkzeug suchen. Wahrscheinlich ein kooperatives, das auf der Möglichkeit basiert, dass jeder mitmachen kann.
Ob Mathias Döpfner diese Konsequenz seiner Forderung gefällt? Ich bezweifle es. Könnte ein solches Werkzeug doch noch viel mächtiger werden, als der öffentlich-rechtliche Rundfunk es jemals war. An Döpfners Stelle würde ich nicht zu sehr darauf dringen, ARD und ZDF klein zu machen. Andere Begehrlichkeiten könnten dadurch erst groß werden.