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Piraten aus Bequemlichkeit

 

Früher dauerte es maximal 30 Sekunden, sein Buch zu verleihen: Aus dem Regal nehmen, überreichen, fertig. Im digitalen Zeitalter ist das nicht mehr ganz so einfach. Und es reicht auch nicht, den USB-Stick in den Rechner des Freundes zu stöpseln, um das Buch auf dessen Festplatte zu spülen.

Denn eBook ist nicht gleich eBook. Jedes läuft nur mit einem bestimmten Programm. Deren Zahl aber erinnert an einen Blick ins Staubsaugerbeutel-Regal. Um ein Buch zu verleihen, muss der Freund das gleiche Programm haben, denn jedes ist selbstverständlich kopiergeschützt.

Sechs mal darf der Besitzer des Buches – und wissenschaftliche Bücher können auch digital schnell an die 50 Euro kosten – mit seinem Hab und Gut so verfahren. Dann ist die Zahl der maximal erlaubten Kopien erreicht. Wer je den Gedanken hatte, das gebrauchte Buch später auf dem Flohmarkt wieder loswerden zu wollen, kann sich das dank massiver Softwareprobleme getrost abschminken.

Eigentum sieht anders aus.

Kein Wunder, dass illegale Kopien gedeihen. Und zwar nicht unbedingt, weil der Kaufpreis gespart werden soll, sondern schlicht im Dienste der Bequemlichkeit – geknackte Kopien lassen sich tauschen.

Das Problem: Wenn die Tauschbörsen-Mechanismen erst mal gelernt sind, wird es den Buchhändlern schwer fallen, dies den Kunden wieder auszutreiben. Selbst wenn es sich die Verlagswelt später doch noch einmal anders überlegt mit dem restriktiven Kopierschutz. Erinnert sei nur an die Smashing Pumpkins-CD, die sich Fans scharenweise illegal im Netz besorgt haben, obwohl sie sogar kostenlos zum legalen Download bereit stand.

Ein bisschen Vertrauen täte gut. Denn im Gegensatz zu den jungen Wilden, die der Musikindustrie in den vergangenen Jahren heftig das Geschäft vermasselt haben, dürfte die Mehrheit der Bücherkäufer getrost einer Kundenkategorie angehören, die kriminelle Praktiken scheut und illegalen Tauschbörsen und technischen Hackereien eher kritisch gegenüber steht.

Kompliziertes Digital Rights Management ist aber nicht nur ein Misstrauensvotum. Es ruiniert auch den Vorteil des digitalen Konsums: den Komfort. Schließlich greift man zu einem eBook, weil man sich den Weg in die Bibliothek oder den Buchladen sparen will, weil man keine Lust hat, schweres Papier herumzuschleppen, weil man nicht tagelang auf seine Bestellung warten mag. Flinkes Click & Buy macht den Erfolg der Technik aus; einfache Programme und eine komfortable Abrechnung sind wichtige Erfolgsfaktoren im eCommerce. Und Ausleihen und Mitnehmen wichtig für den Lesespaß.

Amazons eBooks lassen sich zum Beispiel nur im restriktiven AZW-Format herunterladen und nur auf dem teuren Kindl oder mit entsprechender Software auf dem iPhone lesen. So langsam scheint sich der Gedanke durchzusetzen, dass man mit dem Versuch, Konkurrenten auszusperren, auch die Kunden gängelt: Im Moment gewinnt der “open e-book publishing standard (epub)” an Zuspruch. Sony beispielsweise hat gerade mit dem Sony-Reader auf epub umgestellt und die eigene Lösung aufgegeben.

Selbst für die Verlage wäre es günstiger. Bislang zumindest behaupten sie, durch eBooks lediglich Mehrkosten zu haben. Kein Wunder, bei dieser teuren Veröffentlichungsstrategie. Könnten sie ihre Bücher in einem einzigen Format veröffentlichen, würde endlich das Versprechen wahr, dass digitale Bücher nicht nur Papier sparen, sondern auch Geld.