„Die Verantwortung für die veröffentlichten Informationen muss beim Nutzer liegen“, sagt Richard Allan, Europalobbyist von Facebook im Interview mit stern.de. Er findet, die Quellen der Daten seien die Nutzer und nicht das Netzwerk.
Doch so einfach kann man sich nicht aus der Verantwortung stehlen.
Facebook ist Betreiber einer Plattform, deren Nutzer Daten über sich und andere preisgeben können. Wer eine solche Plattform betreibt, kann sich nicht darauf berufen, dass alle Verantwortung ausschließlich beim Nutzer liege. Wer einen Kinderspielplatz baut, muss für die Sicherheit der Spielgeräte sorgen. Wer wie die Polizei mit scharfen Waffen hantiert, muss sicherstellen, dass niemand sonst sie in die Finger bekommt. Verkehrssicherungspflicht heißt so etwas. Doch wer ein Soziales Netzwerk eröffnet, für den soll das nicht gelten, der muss keine Verantwortung übernehmen? Das kann und darf nicht sein.
Hier ein paar Beispiele:
– Facebook speichert Daten von Personen, die keinerlei Beziehung zu Facebook haben.
– Facebook möchte Standortdaten auch ohne Zustimmung erheben.
– Facebook hat mit einer Umstellung im Dezember die Datenschutzeinstellungen von Millionen Nutzern über den Haufen geworfen (und so Öffentlichkeit wider Willen hergestellt).
– Facebooks Standardeinstellungen sind extrem offen.
Nun geht es nicht darum, Menschen davor zu schützen, ihren digitalen Exhibitionismus auszuleben. Nur: das sollte jeder frei entscheiden können. Die extrem datenschutzfeindlichen Voreinstellungen bei Facebook sind verantwortungslos. Neue Nutzer können sich auf einer Plattform noch nicht auskennen. Sie müssen zuerst einmal geschützt werden, damit sie verstehen lernen können, was Öffentlichkeit auf solch einer Plattform bedeuten kann („privacy as a default“). Wenn Richard Allan sagt, dass man „mehr als alle anderen Internetfirmen getan [habe], um Nutzer aufzuklären“, dann ist das blanker Hohn. Das Gegenteil ist der Fall: Facebook lässt Menschen wissentlich ins offene Messer laufen.
Natürlich haben auch die Nutzer Verantwortung für das, was sie auf diesen Plattformen tun. Nur weil bei Sozialen Netzwerken ein Login-Button einen abgeschlossenen Raum suggeriert, heißt das noch lange nicht, dass man eine Zone außerhalb des Internets betreten würde. Jeder muss sich daher überlegen, welche Inhalte ins Netz gehören und welche nicht. Die Faustformeln dafür sind zwei einfache Fragen: Könnte ich damit leben, wenn dieser Inhalt am nächsten Morgen auf der Titelseite meiner Tageszeitung stehen oder im Fernsehen gesendet würde? Und ist dies eine Information, die jemand anderen betrifft? Im ersten Fall gehört es definitiv nicht ins Netz, im zweiten sollte zuvor zwingend eine Zustimmung eingeholt werden.
Privates muss privat bleiben, das ist auch eine Aufgabe der Nutzer. Aber wer vorsätzlich Menschen zur Aufgabe ihrer Privatsphäre verführt und dabei Recht bricht, darf nicht mit Nachsicht rechnen. Er wird seiner Verantwortung nicht gerecht.
Falk Lüke ist Referent für Verbraucherrechte in der digitalen Welt beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Der vzbv informiert über Rechte und Pflichten im Netz unter „Surfer haben Rechte„