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Zurück in die Vergangenheit

Die Wahlergebnisse der afghanischen Präsidentenwahlen sind noch nicht bekannt, und schon reklamieren die beiden Kontrahenten Hamid Karzai und Abdullah Abdullah den Wahlsieg für sich. Die Unabhängige Wahlkommission bemüht sich darum, die Streithähne zur Vernunft zu bringen. Erst am Dienstag werde eine vorläufiges Ergebnis vorliegen, sagt der stellvertretende Leiter der Wahlkommission. Doch das beruhigt die Gemüter nicht.

Die Auseinandersetzung zwischen Karzai und Abdullah ist ein böses Omen. Denn es könnte zu einem Machtkampf entlang ethnischer Linien kommen. Karzai ist Paschtune, Abdullah ist Tadschike und war eng mit dem tadschikischen Kriegsherren Shah Achmed Massud verbunden. (Abdullah wird als Tadschike solcher wahrgenommen, auch wenn sein Vater Paschtune war). Die Paschtunen und die Tadschiken haben sich während des afghanischen Bürgerkrieges bitter bekämpft. Ausserdem gilt Abdullah als Mann Indiens, was wieder um Pakistan beunruhigen und dazu verleiten dürfte, sich noch stärker in afghanische Angelegenheiten einzumischen. Damit läuft Afghanistan Gefahr, wieder in die neunziger Jahre zurückzufallen. Damals versank das Land in einen verheerenden Bürgerkrieg.

Ein Ergebnis davon kann man hier besichtigen.  

 

Friedhof afghanischer Flüchtlinge
Friedhof afghanischer Flüchtlinge im Camp Jelozai, Pakistan@Ulrich Ladurner, Jelozai, August 2009

 

Ermüdungserscheinungen

Viel Zeit bleibt US–Präsident Barack Obama nicht, um den Krieg in Afghanistan einen Wende zu geben. Nach neuesten Umfragen ist zum ersten Mal eine Mehrheit der Amerikaner für einen Abzug der Truppen aus Afghanistan. Auch eine Mehrheit der Briten (52%) denkt inzwischen, man müsse sich aus Afghanistan zurückziehen. Die Briten sind die engsten Verbündeten der USA in Afghanistan. In Deutschland ist die öffentliche Meinung eindeutig für einen Rückzug. Und nach und nach bröckelt auch auf höchster politischer Ebene die bislang geschlossene Front der Befürworter des Krieges.

Ohne den Rückhalt in den Heimatländern ist der Krieg in Afghanistan nicht zu gewinnen. Und Barack Obama wird es noch bitter bereuen, dass er sich den Afghanistankrieg im Gegensatz zum Irakkrieg zu eigen gemacht hat.

 

Wahlkommentar

Afghanistan wählt einen neuen Präsidenten. Das ist eine gute Nachricht, wenn man bedenkt, dass in diesem Land noch vor sieben Jahren die Taliban herrschten. Sie wollten weder von Menschenrechten noch vom Rechtsstaat oder Demokratie etwas wissen. Es gab unter der Herrschaft keine Wahl für die Afghanen. Nur Gehorsam oder den Tod. Insofern ist der heutige Tag ein Fortschritt.

Die schlechte Nachricht allerdings ist, dass diese Wahlen weder ganz fair noch ganz frei und auch nicht ganz geheim sein werden. Gut, sagen sich alle: Afghanistan ist eben Afghanistan und nicht Europa. Da dürfe man das nicht so streng sehen. Eine bisschen schummeln, das sei nicht schön, aber alles in allem eine lässliche Sünde.

Nun, das ist freilich eine Illusion… weiter geht es bei ZEIT online

 

Sterile Debatte

Es war zu erwarten: Einen Tag vor den Wahlen in Afghanistan entbrennt wieder die Debatte darueber, ob der Einsaz der Bundeswehr in Afghanistan eine Kriegseinsatz sei oder nicht. Das ist eine sterile Debatte. Sie ist ein Ergebnis der Ratlosigkeit.  In sieben Jahren hat die Bundesregierung es nicht geschafft, den Bundesbuergern den Einsatz in Afghanistan schlüssig zu erklaeren. Weil sie nicht wollte, weil sie nicht konnte, und wohl auch, weil es nicht möglich ist. Richtig ist in diesem Zusammenhang der Vorschlag des ehemaligen Verteidigungsministers Volker Ruehe, den Afghanistaneinsatz zum Wahlkampfthema zu machen. Das sollte Klärung bringen.

 

Die Wähler

Am 20. August wählen die Afghanen einen neuen Präsidenten. Es ist Zeit, ein paar Wähler vorzustellen

Body builder in Kundus
Abdul und Omar in einem Fitnessstudio in Kundus @Ulrich Ladurner, Kundus, August 2009

Wähler Kundus
Amir in Kundus @Ulrich Ladurner, Kundus, August 2009

Wähler in Kabul
Wahlveranstaltung in Kabul @Ulrich Ladurner, Kabul, August 2009

Wahlveranstaltung in Mazar-e-Sharif
Wahlveranstaltung in Mazar-e-Sharif @Ulrich Ladurner, Mazar-e-Sharif, August 2009

 

Söldner

Söldner ist ein belasteter Begriff – er suggierert das Menschen für Geld alles tun. Private Sicherheitsfirmen wehren sich deswegen dagegen als Söldnerheer bezeichnet zu werden. In ihre Selbstdarstellung sind sie Sicherheitsdienstleiser, die gegebene Aufträge nach Recht und Gesetz erfüllen. Manchmal geht natürlich etwas schief, wie am 16. September 2007 im Irak. Damals erschossen Leute der Sicherheitsfirma Blackwater 16 Iraker. Dieser Skandal machte zum ersten mal eine breitere Öffentlichkeit mit der Rolle der Sicherheitsfirmen im Irak bekannt. Es kam zu einer Anhörung im amerikanischen Kongress. Dabei wurde unter anderem klar, dass dei USA ihren Krieg im Irak ohne Sicherheitsfirmen gar nicht hätten führen können. Auf über 100.000 wurde die Zahl ihrer Mitarbeiter im Irak geschätzt. Wobei der Großteil der Mitarbeiter dieser Firmen Zivilisten sind. Darunter sind sehr viele Menschen aus der Dritten Welt, weil sie die billigsten Arbeitskräfte sind.

Auch der Krieg in Afghanistan ist ohne die Sicherheitsfirmen nicht zu führen. 70.000 Söldner soll es in Afghanistan geben. Und auch in Afghanistan ist ihre Arbeit nicht ohne Probleme. Es ist jedenfalls ein Thema, das weiterer Aufmerksamkeit bedarf.

 

Vor den Wahlen

Die Wie demokratisch ist Afghanistan? Die Präsidentenwahl ist ein Test, ob sich der Einsatz des Westens lohnt. Eine Reise zu Kriegsherren, Mullahs und Demokraten.  Meine Vorwahlgeschichte in DIE ZEIT

 

 

Verrückt nach Bollywood

In Afghanistan ist nicht der Westen die dominierende kulturelle Macht, sondern Indien. Den Beweis sehen Sie hier. Mein Fahrer schaut sich einen Bollywood Film an während wir durch den Tunnel am Salangpass fahren. Übrigens – der höchst gelegene Tunnel der Welt.

Salang
Film schauen am Salangpass @Ulrich Ladurner, Salang, August 2009

 

Deutsche Mythen

Der Politologe Herfried Münkler glaubt, dass Deutschland wieder Mythen braucht, um die Aufgaben zu bewältigen, die sich dem Land stellen. In einem Interview mit dem Spiegel bekennt er sich zum preussischen Wertekanon: „Es zeichnete sich durch Askese aus, Pflichtbewusstsein und die Bereitschaft der Eliten, etwas für ihr Land und den Staat zu tun: Ihm zu dienen, ohne zuerst an ihren eigenen Vorteil zu denken. Dieses Preußen brauchen wir.“

Ich frage mich angesichts von Münklers Sehnsucht nach Mythen im Namen von welchem Mythos wir den Einsatz in Afghanistan begründen wollen?  Die Diskussion ist es wert, geführt zu werden.

Build Afghanistan
Mauerinschrift in einem Vorort von Mazar @Ulrich Ladurner, Mazar-e-Sharif, August 2009

 

Gefährliches Kunduz

Kundus galt lange als eine der sichersten Gegenden Afghanistans. Seit zwei Jahren aber verschlechtert sich die Sicherheitslage. Auf dem Flughafen von Kundus sind 700 Bundeswehrsoldaten in einem Feldlager stationiert. Immer öfter werden sie in Feuergefechte verwickelt. Der Gouverneur der Provinz, Haji Omar, sagte zu mir im Gespräch, dass die Taliban aus Pakistan für die zunehmende Angriffe verantwortlich seien. Im Vorraum seines Büros sieht es jedenfalls nicht besonders beruhigend aus:

The Burka and the gun
Burka und Kalaschnikow in Kunduz @Ulrich Ladurner, August 2009 Kunduz