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Asymmetrische Rache

 

Gewaltige Wut. Tief sitzende Frustration. Anders ist die Heftigkeit nicht zu erklären. Nachdem WikiLeaks-Gründer Julian Assange juristisch nicht zu fassen war, richtete sich das Bedürfnis nach Vergeltung offenbar ausschließlich auf den mutmaßlichen WikiLeaks-Informanten. Anders sind die Eskalationen der US-Justiz und die wiederholten Verschärfungen der Haftbedingungen des ehemaligen Army-Gefreiten Bradley Manning nicht zu erklären.

Fast schon verzweifelt richtete Amnesty International gestern einen offenen Brief an US-Präsident Obama, um auf die untragbaren Zustände hinzuweisen. Die britische BBC stellt in einem langen Feature hartnäckig die Frage, ob Manning nicht schon längst vor Beginn des Prozesses vielfach bestraft ist.

Es scheint ganz so, als hätte sich die Weltmacht USA in Afghanistan und im Irak in asymmertrischen Kriegen verfangen und übertrage jetzt das Prinzip des Asymmetrie auf die eigene Strafverfolgung. In Guantanamo sitzen entrechtete Kombattanten und im Hochsicherheitstrakt eines Militärgefängnisses in Virginia sitzt der vermeintliche Whistleblower Manning. Er ist es, der als menschlicher Blitzableiter die aufgestauten Energien jetzt absorbieren muss. Etwas viel Asymmetrie für einen Rechtsstaat.