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25. November 2023 – Ausgabe 50 (Sonderausgabe Weltliteratur)

Leserbriefe allgemein zur Sonderausgabe Weltliteratur

Als Gernleserin bin ich für Ihre heutige Literaturausgabe mit den tollen Hinweisen auf ausgezeichnete Bücher sehr dankbar. Jetzt kommt das Aber: Ehemalige DDR – Autoren spielen keine Rolle, Ausnahme ist Christa Wolf mit einer kleinen Spalte über den „Geteilten Himmel“. (Vielleicht ist dafür ihre Enkelin, die bei Ihnen als Journalistin beschäftigt ist, der Grund?) Wenn Sie Strittmatter nicht mögen, auch nicht die Gedichte seiner Frau, dann sind Ihnen aber vielleicht die Namen Franz Fühmann, Stefan Heym, Stefan Hermlin, Heinz Knobloch, Sarah Kirsch, Hanns Cibulka, Werner Heiduczek, Günter de Bruyn, Jurek Becker ein Begriff, von denen keiner erwähnt wird, ebenso fehlen viele Gegenwartsautoren aus Osteuropa. Bis auf Swetlana Alexijewitsch habe ich weder die Ulitzkaja, noch Rasputin, die Grjasnowa, Solschenizyn, Kopelew und die wirklich lesenswerte Gusel Jachina u.a. entdeckt. Das gleiche Problem hat mich auch in dem Buch „Die Familien der anderen“ von Christine Westermann gestört, die Hunderte Bücher empfiehlt und nicht eines aus der ehemaligen DDR oder Osteuropa. Alle völlig unbekannt, gehören nicht zur Weltkultur, der Osten spielt keine Rolle.
Gudrun Perko

So sehr wie ich mich auf diese Sonderausgabe gefreut habe, so sehr wurde ich enttäuscht. Die Auswahl der Bücher ist nicht sehr originell, es sind halt (moderne wie alte) Klassiker. Auf Nummer sicher geht man mit diesen Werken, man macht nichts falsch, alle können sich auf diese Bücher einigen. Sehr, sehr schade.
Stephanie Lamping

Und wo ist „Kim“ oder die „Dschungelbücher“ von Rudyard Kipling? Da hätte sich bestimmt noch ein Platz unter den 1001 besten Büchern gefunden.
Jürgen Wagner

Ich habe letzte Woche Ihre Sonderausgabe erhalten. Ist es wirklich Ihr Ernst, dass Sie auf Seite drei einen Qualzuchthund in Großformat abbilden? Und dann auch noch zum „Thema Angst“? Ja, 70% der Hunde haben wahrscheinlich große Angst, weil sie keine Luft bekommen. Ein Großteil muss mehrfach operiert werden, um überhaupt ein annähernd ertragbares Leben führen zu können. Ein weiterer Teil hat wahrscheinlich Angst vor einem Augenvorfall. So nennt man das, wenn diesen Hunden die Augen aus dem Kopf fallen, weil sie nicht richtig in der Augenhöhle sitzen. Und Sie tragen jetzt ernsthaft absichtlich dazu bei, dass solche Hunde weiter produziert werden? Jetzt sitzen wieder Menschen vor dem Bild und finden den Hund ach so niedlich und das auch noch vor Weihnachten. Ich hätte mir mehr Verstand von den Redakteuren der Zeit gewünscht.
Antonia Gros

EINFACH GROSSARTIG, was Sie in der Literatur-Sonderausgabe vom Nov. 2023 zusammengestellt haben!!! Exzellent und bewegend!!!! DANKE!!! Ihre seit fünf Jahrzehnten treue Leserin.
Berta Walter-Hamza

Ich frag‘ Iris Radisch: Kannst du Franzmanns Großroman dazutun, wo ’n Vokal nicht vorkommt? (Kracht kann dann raus!)
Christoph Berger

Ich bin seit etwa 20 Jahren begeisterter Abonnent. Aber die Sonderausgabe zur Weltliteratur ist einfach nur
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Ganz großes Tennis! Vielen Dank!
Arne-Torben Voigts

Da steht man als Rentner am Zeitungsregal – sieht die Sonderausgabe für € 6,40 und denkt sich frei nach Gerhard Polt „braucht’s des?“ (auf Deutsch „ist das notwendig?“). Unbedingt, sagt der Verstand und man geht um € 6,40 ärmer aber sehr fröhlich im Herzen mit dieser Ausgabe unterm Arm nach Hause. Vielen Dank dafür.
Reinhard Mayer

Ich bin Ihre Abonnentin seit, ich meine, 1974. Bald fünfzigjähriges Jubiläum? Ich bin Leserin. Ich lese Ihre Rezensionen von Büchern für Erwachsene und kaufe danach Bücher für mich und lese diese. Ich als Leserin habe mich sehr über Ihre Sonderausgabe fürs Lesen gefreut. Ich bin Bücheroma. Ich lese Ihre Rezensionen von Büchern für Jugendliche, Kleinkinder, auch Bilderbücher und kaufe danach Bücher für meine Enkelkinder, die diese lesen. Ich als Bücheroma habe mich sehr entsetzt über Ihre Sonderausgabe, nirgends etwas drin über Bücher für Jugendliche, Kleinkinder, auch Bilderbücher! Nun spreche ich einen Fluch aus für Herausgeber und Chefredakteur und alle, die diese Idee für die Sonderausgabe ohne Bücher für Jugendliche, Kleinkinder, auch Bilderbücher durchgesetzt haben: Jede einzelne Person soll, noch sehr jung, allein auf einer Insel leben ohne Geschichten und ohne Bücher. Diese Menschen sollen dort voller Sehnsucht immer Ausschau halten nach dem Schiff mit den vielen Büchern. Es wird nicht kommen. Tausend Jahre lang. Danach soll in ihren Köpfen die Sehnsucht nie versiegen, aber die Kunst des Lesens soll für diese Personen vergessen sein. Mein Fluch wirke in Ihre Augen, in Ihre Ohren, in ihre Hände, in ihr Gehirn. FLUCH! Nun spreche ich einen Fluch aus für die ZEIT. Alle Kinder, die nach dem Erscheinen dieser Sonderausgabe ohne Bücher für Jugendliche, Kleinkinder, auch Bilderbücher bis zum Erscheinen der nächsten geboren werden, sollen niemals die ZEIT lesen. Mein Fluch wirke in Ihre Augen, in Ihre Ohren, in ihre Hände, in ihr Gehirn. FLUCH!
Renate Lang-Koetz

Beileibe kein Kommentar zur Auswahl! De gustibus …! Vielmehr Bedauern, dass die Frage der Übersetzung bei den meisten Werken fremder Zunge kein Thema war, entscheidet doch oft Stil und Chuzpe der Eindeutschung darüber, ob der Leser einnickt, vor Lachen zusammenbricht, oder Tränen der Selbsterkenntnis vergießt. Persönlicher Tipp: Bulgakows „Meister“-Roman ist in Alexandra Berlinas Übertragung nicht nur zum Wiehern komisch, sondern auch noch der preisgünstigste Einstieg für 7,95€ in die Welt russischer Satire!
Valentin Schwarz


Leserbriefe zu „Franz“ von Jens Jessen

zunächst einmal ein großes Dankeschön zu der Sonderausgabe „100 Bücher“, die alte Leseerinnerungen wiedererweckt und auf neue Lektüren neugierig macht! Doch warum die Autoren und Autorinnen beim Vornamen nennen? Auf mich wirkt das bloß anbiedernd, sogar etwas übergriffig, mit Kafka etwa auf Du – das geht nicht! Jens Jessen fasst sehr schön zusammen, was den Autor Kafka auszeichnet und einzigartig macht. Dennoch scheint mir verfehlt, von dessen „Furcht“ zu sprechen, „das eigene Glück zu wagen“. Denn dann wäre zunächst einmal zu klären, was „Glück“ für Kafka bedeutete. Wäre es die bürgerliche Ehe gewesen, die er zwar mehrmals anstrebte, aber letztlich nie einging? Oder hätte die Ehe nicht bloß die gesellschaftliche Konvention erfüllt, der sich Kafka durchaus verpflichtet fühlte, die er aber kaum mit Glücksvorstellungen verband? Wäre nicht vielmehr das Schreiben zu nennen, das Kafka mit eherner Notwendigkeit betrieb, das indessen auch (für uns sicherlich merkwürdige) Glücksempfindungen in ihm auslöste? Ein höchst ambivalentes Glücksgefühl, ohne Zweifel – aber eines, das ihm so unverzichtbar, so unvergleichbar war, wie es das in einer Ehe gebundene Lebensglück für ihn nie hätte werden können. Schreiben war ihm heilig, und eine profane Ehe (sowie eine damit verbundene bürgerliche Lebensführung) wäre nichts weniger als einem Sakrileg gleichgekommen.

So bleibt uns Kafka sehr, sehr fern, und auch ihn mit Vornamen anzureden bringt ihn uns keinen Deut näher.
Michael Knittel


Leserbrief zu „Albert“ von Iris Radisch

Ich wäre wirklich stark enttäuscht gewesen, wenn jemand anderes als Sie, Frau Radisch, über Camus‘ „Fremden“ geschrieben hätten. Ein echter Großschriftsteller von Weltrang! Sie wissen sicher, worauf ich anspiele. (Ich glaube nicht, dass der Bodensee da mithalten kann. Die Ironie muss ich ja wohl nicht extra kennzeichnen, höchstens für die Leser und Leserinnen im Blog.) Ich möchte gern auf die Comics von Jacques Ferrandez hinweisen, der nicht nur „L’Étranger“, sondern auch „L’hôte“ sehr gelungen umgesetzt hat. Vor allem in ersterem Band hat er ein paar Details hinzugefügt, die im Buch entweder nicht vorhanden waren oder an die ich mich nicht mehr erinnern konnte, die aber bei mir zu neuen Betrachtungen der Geschichte geführt haben. Seine „Suites Algériennes“ über die algerische Geschichte möchte ich auch empfehlen. Bisher habe ich nur den ersten Teil (1962-2019) gelesen und den Sammelband „Carnets d’Orient – Second cycle“, der davor spielt, aber die anderen Bücher von ihm über Algerien (er beschäftigt sich auch noch mit anderen Themen, aber meist steht doch der Maghreb im Mittelpunkt) kommen auch noch an die Reihe, als nächstes wahrscheinlich der Krimi „Alger la noire“. Ich mag auch Ferrandez‘ eher konventionelle und sehr realistische Zeichen- und Erzählweise. Es gibt ja auch experimentellere Comics, die mich aber oft überfordern. Die Verfilmung von „L’hóte“ als „Loin des hommes“ bzw. „Den Menschen so fern“ mit Viggo Mortensen und Reda Kateb in den Hauptrollen gefällt mir auch sehr gut. Dem Buch gemäß lakonisch vor passender Landschaft gespielt. Funktioniert auch als Krimi ganz gut, obwohl es nicht in erster Linie um Krimispannung geht, wenn dann eher um menschliche und politische Spannungen, um Misstrauen, Freundschaft und (Mit-)Menschlichkeit.
Thomas Manthey


Leserbrief zu „Homer“ von Sabine Rückert

DAS KOMMT NOCH DAZU. Mithu Sanyal schreibt: Homer war eine Frau, und verweist auf die Überzeugung von Samuel Butler, weil es in der Odyssee nur so von beeindruckenden weiblichen Figuren wimmelt. Nun denn: Homera – Lehrerin von Beruf – fragt: Sagt mal Kinder, wisst ihr eigentlich, weshalb der Polyphem den Odysseus nicht getroffen hat, als er mit dem Felsbrocken nach ihm warf?“ Da Mädchen intelligenter sind als Buben, antwortet ein Mädel: Polyphem hatte ja nur ein Auge und einäugig konnte er nicht perspektivisch sehen. Recht so sagt die Lehrerin und will im Unterricht fortfahren. Da jedoch Buben Besserwisser sind, meldet sich noch ein solcher: Aber Frau Lehrerin, war es denn nicht so, dass Odysseus den Polyphem zuvor mit einem glühenden Pfahl geblendet hatte? Die Lehrerin, schlauer als alle Buben und Mädel zusammen: Da hast du auch wieder recht, das kommt noch dazu.
Frank Müller-Thoma


Leserbrief zu „Michel“ von Bov Bjerg

Keine Überraschung, dass in der „neuen Bibliothek der Weltliteratur“ die „Essais“ von Montaigne zu den „100 besten Büchern“ gezählt werden: „Michel. Philosophieren heißt sterben zu lernen. Das schrieb Michel de Montaigne. Ein rätselhafter Satz, oder? von Björn Berg“ Hier stimmt nun gar nichts! Der Satz stammt nicht von Montaigne, der hier auf die ihm vertrauten Autoren Platon (Phaidon) und Cicero (Tusculanische Gespräche) verwiesen hätte. Aber die Pointe ist, dass Montaigne hier für etwas gelobt wird, von dessen Gegenteil er überzeugt war! Er hielt es gerade nicht mit den Philosophen, sondern mit den Bauern seiner Nachbarschaft. Im Essai III,12 „Über die Physiognomie“ lesen wir in der Übersetzung von Hans Stilett: „‚Das ganze Leben der Philosophen ist eine Vorbereitung auf den Tod.‘ Damit mögen sie sich brüsten, soviel sie wollen. Ich hingegen meine, dass der Tod zwar das Ende des Lebens ist, nicht aber dessen Ziel; zwar sein Schlusspunkt, seine äußerste Grenze, nicht aber sein Zweck.“ Und, kürzer noch, im selben Essay: „Falls ihr nicht zu sterben versteht – keine Angst! Die Natur wird euch, wenn es soweit ist, schon genau sagen, was ihr zu tun habt, und die Führung der Sache voll und ganz für euch übernehmen; grübelt also nicht darüber nach.“
Peter Giese