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27. Juli 2023 – Ausabe 32

Leserbriefe zu „Hart gegen radikal“ von Heinrich Wefing

Demokratieverständnis und Konzepte – Fehlanzeige? Bei der Debatte um den Umgang der anderen Parteien mit der AfD wird, wie so oft, das Kind mit dem Bade ausgeschüttet und Äpfel mit Birnen verglichen. Offenbar hat keiner ein durchgreifendes Rezept gegen die verfassungsfeindlich geprägte Partei, die ohne jegliche Lösungsansätze und Konzepte immer mehr an Zulauf gewinnt. Dass sowohl Regierung als auch Opposition ihr dabei immer wieder so unfassbar in die Hände spielen, ist eine ernste Gefahr für die Demokratie und ihre Glaubwürdigkeit. Schlecht vorbereitete Gesetze, Stellenschiebereien, offensichtliche Klientel- und Ideologiepolitik und die dadurch entstehenden unerträglichen, endlosen Streitereien der Regierung und das Lavieren der Oppositionsparteien, tragen dazu maßgeblich dazu bei.

Wenn als jüngstes Beispiel Fridrich März einen pragmatischen Umgang mit der AfD (mit dem demokratisch gewählten Vertreter) im kommunalen Bereich einräumt, so fallen sowohl seine eigne Partei als auch sämtliche andere Parteien über ihn her, als ob er ein widerliches Kapitalverbrechen begangen hätte. Wie aber, so frage ich mich, sollen Bürgermeister und Kreisräte mit einem demokratisch gewählten Landrat umgehen? Sie haben sich verpflichtet dem Gemeinwohl zu dienen – bringt dieser Landrat nun vernünftige Vorschläge sollen diese dann, wider besseres Wissen, verhindert werden? Sehen sie sich sonst an den Pranger gestellt und werden bezichtigt mit der AfD zusammen zu arbeiten? Wer ernsthaft, denkt dass so, Glaubwürdigkeit und Zustimmung wiedergewonnen werden kann, der liegt falsch. Die künstlich hochgespielte Aufregung darüber, spielt wieder der AfD in die Hände. Nur die Besinnung auf die eigentliche Aufgabe, gute Politik zum Wohle des Landes zu machen, dazu gehört auch hinzuhören und umzusetzen was die Leute bewegt und wollen kann Abhilfe schaffen. – Roland Raible

Vielen Dank an Heinrich Wefing für den kompetenten, gut verfassten Leitartikel „Hart gegen radikal“. Neben der globalen bzw. europäischen Perspektive schildern sie die Situation in Deutschland hinsichtlich der Zunahme des Rechtspopulismus und weisen vor allem der CDU eine wichtige Rolle im Kampf gegen Populismus, Fremden- und Demokratiefeindlichkeit in Deutschland zu. Indem sie ihr konservatives Profil schärft und ihr Vorsitzenden nicht ständig „Verbal danebenhaut“.

Sie haben einen Punkt, wenn sie schlussfolgern, dass die Alternative für Deutschland und andere rechtspopulistische Parteien eine Nachfrage bedienen. Menschen, die gegen jeglichen gesellschaftlichen Fortschritt sind und Angst vor Überfremdung bzw. Ressentiments gegenüber Fremden haben. Die sogenannten libertären Autoritären, die von den Autoren Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey in ihrem Buch „Gekränkte Freiheit“ toll beschrieben werden. Zwei Gedanken sind mir beim Lesen des Leitartikels jedoch aufgekommen.

  1. Nimmt man Menschen nicht zu sehr aus der Verantwortung, wenn man eine kritische Haltung zur Ukraine-Politik, Forderungen nach härteren Zuwanderungsregelungen und aversive Gefühle gegen gesellschaftliche Liberalisierung als Begründung der Wahl einer – z.T. als rechtsextrem eingestuften – Partei wie der AfD angibt? Müssen wir (Gesellschaft, Medien, Politik, Bildungseinrichtungen) nicht offener mit diesen Menschen sprechen bzw. härter mit ihnen verhandeln? Frustrationserlebnisse inklusive, wenn wir feststellen, dass wir einige dieser Menschen aufgrund von verfestigtem, verschwörungstheoretischem Gedankengut nicht mehr erreichen können. Dieses wird durch das Mobil machen in den sozialen Medien seitens Verschwörungstheoretiker und Rechtspopulisten oftmals noch befeuert. Haben wir dem als demokratische Zivilgesellschaft nicht mehr entgegenzusetzen?
  2. Ihren Grundgedanken, dass die CDU durch ein stärkeres konservatives Profil ihren Status als Volkspartei behalten und zum Schrumpfen der AfD beitragen könnte, teile ich. Als überzeugter Demokrat würde ich mich über eine solche Entwicklung auch freuen. Ich befürchte jedoch, dass die CDU trotz eines Friedrich Merz oder Herrn Linnemann Jahre brauchen wird, um wieder ihr konservatives Profil zu schärfen. 16 Jahre Merkel inklusive „Wir schaffen das“-Slogan haben die Partei verändert und – in Teilen – in die Mitte rücken lassen. Beim „nach-rechts-rückeln“ müssten also auch die „Merkelianer“ mitgenommen werden.

Im Großen und Ganzen haben sie mit dem Leitartikel einen Nerv getroffen. Die gesellschaftliche Mehrheit der Demokratiefreunde muss aus meiner Sicht bessere Wege finden, um den Zweiflern und Skeptikern die starken Werte der Demokratie wieder schmackhafter zu machen.

Das Abbiegen auf die Demokratie verachtende Spur darf den Unzufriedenen nicht mehr so einfach möglich sein. – Martin Beger

 

Genug ist genug! Unabhängig davon, dass in einer Demokratie auch die dümmste Meinung ihren legitimen Platz besitzt, sollte man in allen politischen und gesellschaftlichen Bereichen endlich damit aufhören, der inhaltsleeren AFD durch eine ständige Überbehütung unangemessene Geltung und Anerkennung zu verschaffen. Zutreffend spricht Wefing von einer rhetorischen Brandmauer. Mit Verlaub! Wer trägt dafür die Verantwortung und hat den eigentlich apolitischen Teil der Gesellschaft damit ermutigt, sich nach Jahrzehnten selbst auferlegter Scheu unsinnig zu zeigen und – verstörend – von der ZEIT als Autoritäten tituliert und anerkannt zu werden. Liebe Redaktion, auch ein redliches Bemühen um eine sachgerechte Analyse des wachsenden Rechtspopulismus sollte selbst nicht als rhetorische Brandmauer entlarvt werden können.

Jürgen Dressler

Dass der Leser der Zeit das noch erleben durfte. Gelegentlich schon als Parteiorgan der Grünen apostrophiert, folgt nun die Metamorphose zu mehr Konservatismus als Waffe gegen Rechtsaußen. Lebenselixier der AfD ist nun einmal der Flüchtlingszustrom. Deswegen das Gegenmodell zu den Grünen, die in ideologischer Verblendung noch immer auf Mulitkulti schwören und im Ökowahn gefangen sind. Der Strategiewechsel von Friedrich Merz war überfällig. Um erfolgreich zu sein, muss er aber endlich einen harten Schnitt zur Merkel-Ära ziehen, die die CDU inhaltlich entleert hat, aber noch immer in der Funktionärsriege fortlebt. Das Potential liegt bei den Nichtwählern, darunter verstörte CDU-Sympathisanten, die für schwarzgrün nichts übrig haben. Das weiß auch Wüst in NRW zu genau. Und dass Merz sich im ZDF-Interview hat aufs Glatteis führen lassen, ist vielleicht unprofessionell. Inhaltlich wird die Aussage aber erst in der (bewussten) Verkürzung skandalträchtig.

Christoph Schönberger

Ich habe gerade ein Buch gelesen, das mich sehr beeindruckt hat: Volker M. Heins/ Frank Wolff: Hinter Mauern. Die Autoren räumen mit dem Mythos auf, dass der Aufstieg der radikalen Kräfte dadurch gestoppt würde, dass man ihren Forderungen nachkommt: Mauern baut und Flüchtlinge mit Gewalt von den Grenzen Europas fernhält. Dieses Vorgehen funktioniert nicht, sagen sie, im Gegenteil! Denn um diese Praktik durchführen zu können, muss die Bevölkerung Europas für diese Politik gewonnen werden. Die Menschen Europas müssen bereit gemacht werden, irre Gelder in einen so genannten Grenzschutz zu stecken, und – vor allem – die Menschen, die sich bisher als liberal und christlich verstehen, müssen bereit gemacht werden, ihre liberalen und christlichen Grundsätze aufzugeben. Sie müssen darum an die grauenhaften Bilder gewöhnt werden: Boote mit Flüchtlingen, die zurück ins Meer getrieben werden, Leichen von Ertrunkenen, die an Land gespült wurden, Flüchtlinge, die von Grenzbeamten zurück über die Grenze geprügelt werden, Männer, Frauen und Kinder, die in überfüllten Lagern in Mangel und Dreck leben, Menschen, auch Kinder, die an der Grenze zwischen Polen und Belarus verhungern und erfrieren. Das sind grauenhafte Bilder, und die Politiker* innen, die fordern, diese Bilder „auszuhalten“, fordern dazu auf, gegen menschliches Leid abzustumpfen. Menschen aber, das ist psychologisch erwiesen, die ihr Mitgefühl verloren haben, haben keine Hemmungen mehr, in allen Bereichen mitleidlos gegen das vorzugehen, von dem sie meinen, dass es sie bedroht: Minderheiten, Flüchtlinge, Nicht- weiße, Homosexuelle und Transsexuelle. Die Mehrheit der Gesellschaft, die sich noch immer als freundlich und liberal versteht, wird sich in der Mehrheit nicht an Hetze und Gewalt beteiligen, aber sie wird dadurch, dass sie zunehmend abstumpft, die Hetze und Gewalt tolerieren oder drüber wegschauen, vor allem, wenn man ihr suggeriert, dass diese Gleichgültigkeit notwendig sei, um eine Zunahme der radikalen Kräfte zu verhindern. Das Gegenteil ist der Fall! sagen die Autoren Volker M. Heins und Frank Wolff: Wenn wir den radikalen Rechten nicht Menschlichkeit und Humanität entgegensetzen, nicht die Verpflichtung, die Menschenrechte auch dann einzuhalten, wenn die nicht opportun sind, – werden wir die radikalen Kräfte nicht aufhalten. Denn eine Gesellschaft, die keine verlässlichen Werte hat, kann den Menschen nicht das geben, was die in der Unsicherheit der gegenwärtigen Zeit, im Wirbel der Globalisierung und in der Angst vor Unfrieden und wirtschaftlichem Abstieg ersehnen: Halt, einen festen Grund, Zuversicht und Hoffnung. Die Aufgabe, diese Werte von Humanität und Christlichkeit zu mobilisieren, kann ich nicht als die Verantwortung einer einzigen Partei sehen, ich sehe diese Verantwortung bei allen Parteien, bei allen Organisationen, die sich als human, demokratisch und liberal verstehen, nicht zuletzt bei den christlichen Kirchen. – Ursel Heinz

Ich kann dem Artikel im Wesentlichen zustimmen, und bin auch darüber sehr froh, dass endlich mal jemand der Journalisten, in diese Richtung argumentiert. Was ich generell dazu anmerken will:

– Warum entsteht der Eindruck, das von den Mainstream-Medien (ob öffentlich-rechtliche Sender, Zeitungsjournalismus, etc.), „manipuliert wird und versucht, wird „den demokratischen Schein“ zu wahren“): Meiner Meinung nach, weil nicht genau genug recherchiert und im Prinzip hauptsächlich „Schwarz-weiß“ argumentiert wird (gutes Beispiel der Ukraine-Krieg, oder die AFD-Debatte, oder Transgender-Debatten, Klima…. oder, oder…) Bei den Gesprächsrunden ist es am offensichtlichsten, das versucht wird zu „manipulieren“, (evtl. wird dies als „Politik machen“ bzw. als „Argumentieren“ verstanden, obwohl das Verhältnis von „Gut und Böse“ meistens 75:25 oft 100:0 Prozent ist!) Oder bei den Nachrichten: von angenommen 100 „Schlechtigkeiten“ der „Bösen“ werden 130 berichtet, von den angenommen 30 „Schlechtigkeiten der Guten“, werden maximal 1-2 berichtet. (Damit ich verständlich mache, was ich meine) Ist es nur mangelnder Zeit geschuldet, das nicht sauber recherchiert wird? Die Menschen, die überzeugt werden sollen, verstehen vieles dann als Manipulation oder zumindest als „möglichen Versuch einer Manipulation“. Die meisten Menschen, die aktuell vielleicht zur AFD tendieren, sind keine „extreme Demokratieverächter“, sondern haben ein gesundes und gutes Gespür für „Wahrheit und Gerechtigkeit“ und verstehen vieles als Manipulation, was vielleicht als Austausch von Argumenten gemeint ist! Und leider fehlen Politiker, die es schon mal gab, die eher auf „Ausgleich bedacht waren“ und die „bürgerliche Mitte“ repräsentieren. Viele sind Selbstdarsteller, Machtpolitiker, Moralapostel oder ganz einfach nur aggressiv. Aggressivität oder „versteckte Aggressivität“ konnte bisher nur der AFD zugeschrieben werden, leider jetzt auch einigen Politikern der anderen Parteien. – Udo Siebert

Zu Ihrem Kommentar gäbe es viel zu schreiben. Ich glaube aber, viele AfD Wähler entscheiden sich für diese Partei, weil sie sich einfach nicht gehört fühlen. Ich denke z.B. nicht, dass alle AfD Wähler gegen LGBTQ Rechte sind. Ich denke nur, dass diese Ausschließlichkeit irritiert. Es gibt das LGBTQ Chorfestival (Ich dachte, im Chor singen alle zusammen, unabhängig von der sexuellen Orientierung) Zeitungsartikel über jeder CSD Parade, nicht nur über die in der eigenen Stadt oder den ganz großen, Briefe der Stadt München beginnen mit der Anrede „Guten Tag Heinrich Wefing“, weil nur das geschlechtsneutral ist, in der Stadtbibliothek lesen Dragqueens für Kinder vor und alleine die Frage, ob sichergestellt ist, dass es Dragqueens sind, die 4-jährige amüsieren und nicht überfordern, löst einen Shitstorm aus.

Oder das Thema Abtreibung. Ich war glücklicherweise nie damit konfrontiert. Und ich verstehe, dass es manchmal das Beste ist. Trotzdem sollte es doch erlaubt sein, Gedanken zu formulieren, die eine Abtreibung kritisch sehen. Wir haben in den USA gelebt als sich Trump vom Politclown erst zum Kandidaten und dann sogar zum Präsidenten entwickelt hat. Dort konnte man gut beobachten, wie viele Durchschnittsmenschen sich nicht mehr gehört oder vertreten fühlten, weil es gefühlt nur noch um Homoehen, Toiletten für mehr als nur Mann oder Frau, Abtreibung u. ä. ging.

Und die Medien tragen das Ihre dazu bei. Aus einem Bericht in der SZ ging kürzlich hervor, dass 80 % der Praktikanten bei den Medien Grün oder Links wählen. Eine andere Meinung kommt dann nicht mehr zum Tragen. Auch die Heute Show ist sehr einseitig, von Böhmermann ganz zu schweigen, trotz öffentlich -rechtlichen Rundfunk. Jede andere Meinung ist rechtsradikal und kann nur von einem AfD Wähler stammen. – Sabine Geissler

Diesen Leitartikel habe ich mit großem Interesse gelesen. Leider vermittelt er aus meiner Sicht ein unvollständiges Zeitbild. Darauf weise ich hier nachstehend hin. Eine „antielitäre“ Haltung sollte die Tugend jeder demokratischen Partei sein. Diese Haltung bedeutet, die herrschenden Meinungen zu hinterfragen und alternative Perspektiven zu betrachten, die von der herrschenden „Elite“ oft übersehen werden. Diese alternative Perspektive kann ich bei den rechten Parteien nicht erkennen. Sie bieten keine alternativen Lösungen aktueller Probleme an. Wird die Vorherrschaft linker und grüner Positionen in Medien und Universitäten nur „behauptet“ oder ist diese wirklich vorhanden? Dazu sollte sich die Öffentlichkeit einer unvoreingenommenen Debatte stellen.

Die „cancel culture“ ist kein Gerücht, sondern Wirklichkeit. Terror gegen unliebsame Vorträge, Gender-Empfehlungen an Universitäten und in öffentlichen Verwaltungen, obwohl die übergroße Mehrheit der Bürger das „Gendern“ ablehnt, zeigen auf, wer die repräsentative Demokratie missachtet.

Die gegenseitigen Beschimpfungen radikaler Gruppen und Vertreter der Politik sowie deren Anspruch auf die eigene „Alternativlosigkeit“ sind demokratiefeindlich. 152 Intellektuelle haben Für mehr Liberalismus in den Debatten plädiert. Wer fühlte sich davon angesprochen? Eine wirkliche Debatte über das Für und Wider habe ich nicht wahrgenommen. Für die Bundespolitik gibt es keine Überfremdung, kein Verlust der eigenen Identität, weder in Schulklassen mit überwiegend Kindern aus Familien der Asylberechtigten und der arbeitssuchenden Ausländer, oder in Wohngebieten mit überwiegender migrantischer Bevölkerung mit eigenen Regeln und eigenem Recht. Progressiv und „antiprogressiv“ sind persönliche Werturteile. Sie gehören m. E. nicht in eine sachliche Debatte.

R. Reiger

Der AfD-Gründer Hr. B. Lucke regte einen geografischen Währungsdiskurs an. Die Idee versickerte, da Fr. A. Merkel keine Alternative zu stabilen Finanzmärkten sah. Sie stabilisierte den Finanzmarkt nicht nachhaltig; sie verlagerte die Schuld nur auf eine höhere politische Ebene.

Im Bürgerdialog2012 schlug mr-market.info eine weitere Währungsreform vor, um Finanz- & Gütermarkt zu stabilisieren. Da Bürgervorschläge nach Klickzahlen umgesetzt wurden, fiel dieser Vorschlag durch: wen interessiert schon Wirtschaftswachstum, wenn für den Gütermarkt E = m*c², E konstant und E = 1 – (k/n) mit 0 < k < n. gilt? Prinzipiell stellen sich in einer wehrhaften Demokratie mehrere Fragen: Welchen Wert hat Demokratie? Gebe ich als Wähler meine Eigenverantwortung an der Urne ab? Welchen Wert hat wissenschaftliche Quintessenz gegenüber Mehrheiten? Wann und wie erfüllen Parteien ihren verfassungsgemäßen Auftrag? Wann und wie darf eine Kanzlerin ihre Richtlinienkompetenz abtreten?

Die fff-Bewegung regte ein härteres Vorgehen gegen den Klimawandel an. Das parlamentarische Fazit: „ein höherer Kohlenstoffpreis für Emissionen wäre sinnvoll, schadet aber den Wettbewerb“ offenbart die Dominanz vom Kapitalismus; vor Gott, vor dem Leben, vor den Allgemeinen Menschenrechten, vor naturwissenschaftlichen Einsichten und vor dem Menschen als Rechtssubjekt.

 Das parlamentarische Fazit gleicht der alttestamentarischen Erzählung von Abraham & Isaak, wo Abraham seinen Sohn Isaak opfern will – aber nicht einem Vater, der seinen Nachfolger zur eigenverantwortlichen Existenz erzieht. Wenn Nachfolger nicht Gehorsam sind, werden Nachfolger kriminalisiert. Und Nachfolger können durch Frauen produziert werden; so frei ist Mann.

 Der Kapitalismus ist ein politisches Gesellschaftssystem; und daher gestaltbar. Das Fundament der Wirtschaftstheorie ist die Währungsdefinition; und spaltet Ökonomie von Ökologie. Naturwissenschaftlich ist das Quatsch! – Matthias Loser

Narzissten, Egoisten und Demokratieleugner schießen wie Pilze aus europäischen, asiatischen und amerikanischen Böden. Leider sind sie oft geborene Verführer. Sie sind laut, übergriffig und im politischen Alltag angekommen. In Israel laufen die Versuche die unabhängige Justiz abzuschaffen. Ungarn und Polen sind schon ein paar Schritte weiter. Italien und Frankreich sowie Spanien steht jeweils ein Rechtsruck bevor. Was machen die Konservativen und Sozialdemokratischen Parteien in den genannten Ländern? Offensichtlich nicht genug, um mit eigenen Ideen und entsprechender Politik wirkungsvoll dagegen zu halten. Streit über Strategien untereinander sind da wenig hilfreich. In Deutschland bietet sich ein ebenso desaströses Bild. Der Erfolg in den Umfragen für die AfD ist erklärbar durch eine zerstrittene Ampelkoalition und eine CDU/CSU in der Opposition, die ihren Auftrag nicht erfüllt. Die Wähler die unzufrieden mit dieser Politik sind, sind die die keine Lösung ihrer Probleme im echten Leben sehen. Da reicht es dann Vorurteile zu schüren (Überfremdung, Geld und Wohnraum für Flüchtlinge, Enteignung durch das Heizgesetz und so weiter) ohne Alternativen aufzuzeigen, um „Protestwähler“ zu ködern. Die SPD und die CDU/CSU haben bisher die schwierige Lage nicht richtig erkannt und machen sich gegenseitig Vorwürfe. Da sind natürlich auch unsägliche Aussagen von Herrn Merz nicht hilfreich. („Herr Merz ist ein guter Vorsitzender der CDU bis er wieder den Mund aufmacht!“) Querelen in den eigenen Reihen verhindert sich Gedanken über eine sinnvolle Strategie gegen die erstarkte AfD zu machen. Entweder es gibt keine Zusammenarbeit mit der AfD oder die grundsätzliche Aussage ist nicht ernst gemeint. Als echte Konservative und christliche Volkspartei muss diese „Brandmauer“: „Niemals auf keiner Ebene mit der AfD gemeinsame Sache zu machen, klar sein und Bestand haben“.  Häme und mit den Fingern auf den politischen „Gegner“ wie durch SPD und Grüne erfolgt, treibt nur mehr Wähler in die Arme der AfD. Eine gemeinsame, abgestimmte Vorgehensweise aller demokratischen Kräfte (SPD, Grüne, FDP, CDU/CSU und Linke) wäre nötig, um den Höhenflug der AfD zu stoppen. Aber eine konstruktive Arbeit ist ja nicht mal in der Ampelregierung möglich (siehe „Heizungsgesetz“). Es ist an der Zeit für gemeinsame Werte gegen die Feinde der Demokratie ein Bündnis zu schließen und alsbald danach zu handeln. Die vertane Zeit läuft für die AfD. Die „Demokratie-Uhr“ zeigt fünf vor zwölf.

Felix Bicker

Heinrich Wefing sollte sich schon entscheiden, ob er von den „Konservativen“ spricht, die Umwelt und Artenvielfalt „bewahren“ und „erhalten“, oder ob er die CDU meint, die in den letzten fünfzig Jahren meistens regiert und in erster Linie die Automobilindustrie und den Wohlstand ihrer Klientel erhalten bzw. gefördert hat. Verlangt er ernsthaft von den Sozialen, Liberalen (nicht die heutige FDP) und Grünen, dass sie angesichts der drohenden ökologischen Katastrophe und des zunehmenden sozialen Ungleichgewichts aufhören sollen, die Verhinderungspolitik der „Christ“-Demokraten „anzugreifen“?

Stattdessen sollte er diese auffordern, die Klima- und Sozialpolitik der Ampelregierung nicht länger zu verunglimpfen. Es sind nicht nur die Entgleisungen von Friedrich Merz, die den Rechten in die Karten spielen. Solange ein Herr Söder die Grünen als Hauptfeind ausmacht und sein Vize sich „die Demokratie wiederholen will“, kann es kein Bündnis der Anständigen gegen die große Gefahr von Rechtsaußen geben. Heinrich Wefing hat nämlich in einem Recht: Wir brauchen eine einheitliche Front gegen die Antidemokraten (aber eben nicht unter der Führung von sogenannten „Konservativen“). – Sven Herfurth

Heinrich Wefing hat treffend geschrieben: „Das erfolgreichste Mittel gegen extreme Demokratieverächter sind selbstbewusste und kluge Konservative“. – Ich möchte dazugehören. Jedoch, ich bin weit über 80 Jahre alt und habe trotz des vorbildlichen Grundgesetzes GG das Vertrauen in die Politik und in die Medien verloren. Natürlich werde ich die Hoffnung nie aufgeben.

Dazu zwei Wissenschaftler, die m.E. vertrauenswürdig sind.

Prof. Rainer Mausfeld, Uni Kiel:  „… Demokratie bedeutet heute in Wirklichkeit eine Wahloligarchie ökonomischer und politischer Eliten, bei der zentrale Bereiche der …Gesellschaft, insbesondere die Wirtschaft, grundsätzlich jeder demokratischen Kontrolle und Rechenschaftspflicht entzogen sind …. Und Freiheit bedeutet heute vor allem die Freiheit der ökonomisch Mächtigen. … “ (Buch 2019 „Warum schweigen die Lämmer?“)

Prof. Jens Reich im DER SPIEGEL 14/1995:

„… Es muss möglich sein, der Legislative in den Hintern zu treten. Wirkliche Veränderung ist nicht möglich, wenn ständige Wahlkämpfe alles blockieren. … Wir brauchen neben dem Deutschen Bundestag einen Ökologischen Rat, der Verfassungsrang besitzt und in Überlebensfragen ein entscheidendes Wort mitzureden hat. Dieser Rat müsste Gesetzes-Initiativen im Bundestag starten und der Regierung Beschluss-Initiativen vorlegen dürfen. Er müsste ein Vetorecht besitzen und auch in der Lage sein, Gebote und Verbote auszusprechen. ….  auch dieser Klub, der schließlich den Lebensstil eines Volkes ändern soll, muss sich demokratisch legitimieren. Allerdings nicht alle vier Jahre. Der Rat müsste mindestens 10, vielleicht auch 15 Jahre ungestört arbeiten können. Sonst müssten die Räte, wie heute die Politiker, um ihre Posten fürchten, um Renten und alles, was an Privilegien da dran hängt. Die Selbstblockade würde weitergehen. …“

Ich frage mich: Könnte es sein, dass das deutsche Volk mit Überfluss/Luxus-Mobilität und -Konsum die derzeitigen demokratiefremden und übermächtigen Machtstrukturen in Deutschland erschaffen hat? Seit 1972 (Bericht Club of Rome) sogar wissentlich und freiwillig? – Volker Freiesleben

Es mag durchaus sein, dass es das erfolgreichste Mittel gegen Demokratieverächter ist, wenn kluge Konservative selbstbewusst auftreten. Und es mag auch durchaus sein, dass sich die anderen Parteien fragen sollten, ob sie wirklich die CDU bekämpfen wollen oder die zumindest in Teilen rechtsex-tremistische AfD. Wir haben es in der Tat weltweit mit einer ideologischen Kontinentalplatten-verschiebung zu tun und müssen weltweit registrieren, dass nicht Konservative, sondern plump rechts Stehende bei Wahlen für sich Erfolge verbuchen. Wer ein aufrechter demokratischer Konservativer ist, der wird das, was unter dem Stichwort Trumpismus in den USA abspielt, und das, was sich hierzulande zeigt, als große Gefahr wahrnehmen müssen und der muss konstatieren, dass es um nicht mehr und nicht weniger als um den Erhalt der demokratischen Strukturen geht, die von der AfD in einem „Kulturkampf“ diskreditiert und angegriffen werden. Doch wenn, um beim Beispiel Bundesrepublik zu bleiben, Strukturkonservative dabei sind, mit den Thesen der plump rechts Stehenden für sich zu werben, und eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht mehr gänzlich ausschließen, spätestens dann ist es höchste Zeit, außer dem für diese Demokratie existenziellen Kampf gegen die AfD auch die Christenunion zu bekämpfen. Die Brandmauer gegen rechts und damit gegen die AfD darf auf keinen Fall bröckeln, ebenso wie die notwendige Offensive gegen rechts und den braunen Mob. Hoffentlich ist es so, dass Friedrich Merz wegen seiner Anbiederungsversuche an die AfD, die vielfältiger sind als allein durch das hanebüchene ZDF-Sommerinterview bekannt geworden ist, den geschlossenen Widerstand derer, die zu den liberalen Kräften in der CDU zählen und einer demokratischen Zivilgesellschaft zu spüren bekommt. Diese Zivilgesellschaft, so meine ich als Sozialdemokrat, muss hellwach sein, wenn es zu verhindern gilt, dass die zweite deutsche Republik nicht ähnlich wie die erste endet und die Menschen, die in der Demokratie schlafen gehen, ein katastrophales Erwachen in der Diktatur erleben. Das wäre in der Tat verheerend und müsste dazu führen, dass sich viele Menschen, und das gilt zumindest auch für mich, überlegen müssten, dieses Land zu verlassen. Es ist richtig, dass gegen die Menschenfeinde und Menschenverächter und Demokratiefeinde ein harter Kurs gefahren werden muss. Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass in Artikel 18 unseres Grundgesetzes auch das Verfassungsgebot beinhaltet ist, dass jene bestimmte Grundrechte verwirken, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung arbeiten. Also keine Freiheit für die Feinde der Freiheit. Der Gang zum Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, zu den Richterinnen und Richtern in den roten Roben zwecks Verbot der AfD sollte in die ernsthaften Überlegungen der demokratischen Parteien so schnell wie möglich Eingang finden und aufgrund der realen Gefahr für diese Demokratie sehr schnell beschritten werden. Jede Stimme für die AfD ist eine Stimme für die Abwahl unseres hervorragenden Grundgesetzes. Ja, es geht um nicht mehr und nicht weniger als den Erhalt der Demokratie hierzulande. – Manfred Kirsch

Wo findet man noch einen Konservativen von echtem Schrot und Korn? Inzwischen sind doch alle Parteien auf den Zeitgeistzug aufgesprungen, unterscheiden sich allenfalls in der Radikalität ihrer Gegenwartsmoral! Geschlechter werden zur Disposition gestellt, Ehe und Familie sind Relikte aus vergangener Zeit, Erwachsene nicht staatstragend, sondern Arbeitskräfte und Wirtschaftsfaktoren, immer weniger Kinder sollen nicht unser Volk lebendig erhalten, sondern die kopfstehende Alterspyramide schultern und später finanzieren. Statt die Bürger zu mehr Kindern zu ermuntern, nimmt man kinderreiche Familien aus dem Süden auf und ist bass erstaunt, wenn sich in unseren Städten immer zahlreichere und größere Parallelgesellschaften entwickeln, in denen nicht eine neue Kultur erblüht, sondern Kriminalität grassiert!

Der Klang unserer Sprache wirkt durch Kunstpausen und Knacklaute disharmonisch, ihr Bild wird durch Morsezeichen und Anglizismen verunstaltet. Irgendwann landet sie sowieso auf der Müllhalde der Geschichte! Ihre Schönheit werden wir dann nur noch in alten Schwarten bewundern! Unsere Natur, die jede Partei schützen und bewahren will, wird in Wirklichkeit immer weiter zurückgedrängt und zubetoniert durch Straßenverbreiterung und -neubau, durch immer mehr Wohnraum, Windparks und Solaranlagen. All das natürlich zum Schutz des Klimas! Unsere Weltoffenheit wird von den Linken bewusst missverstanden als unbegrenzte Einwanderung aus allen Winkeln der Erde, unsere Liebe zu unserem Land von den Rechten zum Nationalismus überhöht! In welcher Partei soll nun ein Konservativer, der das Schützens- und Bewahrenswerte seiner Heimat erhalten will, einen passenden Platz finden? – Ulrich Pietsch

Verstörend wie Öffentlichkeit, Presse, Fernsehen und Politik in Deutschland nahezu gebannt die an Fahrt gewinnende AfD anstarren -wie das Kaninchen die zum Angriff bereite Schlange. Warum am ehesten die konservative CDU/CSU das erfolgreichste Gegenmittel zur Bekämpfung der AfD sein soll will einem nicht einleuchten. Warum sollen SPD, Grüne und FDP das nicht auch können? Speziell die SPD müsste aus ihrer Parteigeschichte unter Hitler einiges über faschistoide Gefahren gelernt haben. Die FDP als pseudoliberale Partei hält sich (scheinbar) vornehm zurück -man möchte sich nicht die Finger an der Schmuddel-Partei AfD schmutzig machen.

Was aber am meisten ängstigt, ist, dass die Deutschen anscheinend ihre eigene Geschichte unter der Hitlerdiktatur 1933-1945 hinter der politischen Realität einer rassistischen und rechtsextremen Partei verstecken wollen. Wie ist so etwas zu erklären? Die Hitler-Diktatur hat einen furchterregenden Schatten auf Deutschlands jüngere Geschichte geworfen -und er verschwindet nicht. In Europas Demokratien gibt es schon seit geraumer Zeit rechtspopulistische Strömungen, die sich verstärken. Aber kein europäisches Land ist mit seiner Vergangenheit so sehr wie die Deutschen durch die Jahrhundertverbrechen Judenvernichtung und 2.Weltkrieg unter der Herrschaft Hitlers belastet. Wie passt das zu dem Erfolg der AfD, die durchsetzt ist von Neonazis und Populisten, die es mühelos schaffen, neuen Wählern klarzumachen, dass mit Hitler war doch gar nicht so schlimm!

Diese Widersprüche sollten den meisten Deutschen eigentlich klar sein und besonders den Politikern von CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP, die bisher aber leider nur um den heißen Brei herumschlichen. Skandalös auch wie die AfD sich von Kriegsverbrecher Putin umwerben lässt und dabei mehr als geschmeichelt reagiert. Altkanzler Schröder (immer noch SPD) wäre in dieser Partei bestens aufgehoben!

Kommen wir zu dem politischen Phänomen Protestwähler. Das ist der Typ Wähler, dem anscheinend das politische Rückgrat fehlt. Er spekuliert, mit der Wahl der AfD anstelle der von ihm bisher bevorzugten etablierten Parteien eine politisch offene Rechnung begleichen zu können. Ohne zu bedenken, dass sich die Stimmenverhältnisse im Parlament dabei gefährlich verschieben. Und zwar so, dass Koalitionen immer schwieriger werden, da die Parteien prozentual zu stark schrumpfen und Zweier-Koalitionen unmöglich werden. Wie wenig Dreier-Koalitionen noch politisch taugen, zeigt die aktuelle Regierung. – Klaus Reisdorf

Mich wundert, dass in dem Artikel die Klimakrise und damit das wahrscheinlich größte Problem der Menschheit – meines Erachtens auch Deutschlands – nicht erwähnt wird, wohl aber Zuwanderung, Inflation und (Mangel an) Sicherheit. Das passt jedoch natürlich dazu, dass die Klimakrise von CDU/CSU/FDP/SPD kleingeredet und von der AfD sogar gänzlich geleugnet wird. Aber die Realität auszublenden oder zu leugnen ist keine gute Idee und keine gute Politik. Die CDU – und die anderen demokratischen Parteien – sollten den Menschen Mut machen und Lösungen für die zweifellos vorhandenen, aber nicht unüberwindbaren Probleme aufzeigen, nicht aber – wie die AfD – die Fakten leugnen und Falsches behaupten und eine vermeintlich bessere Vergangenheit, die es in Wahrheit nie gegeben hat, als Vorbild beschwören. Verunsicherung und Mangel an Zuversicht sind es, die der AfD die Wähler*innen zutreiben. Das soll freilich keine Entschuldigung für AfD-Wähler*innen sein, denn diese wissen in der Regel durchaus, dass die AfD eine destruktive und lügnerische Partei ist. Wer sie trotzdem wählt, handelt ganz bewusst böse. Als Protestwähler*in muss man nicht eine faschistische Partei wählen, auf den Wahlzetteln stehen genug andere Parteien, die nicht faschistisch sind. Die oben angesprochenen Lösungen für die vorhandenen Probleme sind bekannt, aber man muss für sie werben und die zu erwartenden materiellen und mentalen Gewinne verdeutlichen, statt vor den Investitionskosten zu warnen. Dieses Engagement vermisse ich bei CDU/CSU/FDP/SPD. Den Planeten vor der Plünderung und Zerstörung durch die jetzt lebenden Menschen zu bewahren, liegt im langfristigen Interesse der Menschheit und ist doch eigentlich sogar ein genuin konservatives Ziel, aber das Ziel von CDU/CSU/FDP/SPD ist wohl eher die Bewahrung oder sogar Steigerung des derzeitigen Konsumniveaus. – Ulrich Willmes

Rund 60 Millionen Menschen sind in Deutschland wahlberechtigt. Wenn 20 % von Ihnen die AfD wählen wollen, sind es 12 Millionen Menschen, das ist keine Kleinigkeit. Heinrich Wefing weiß das offensichtlich auch. Ohne die Politik der AfD in irgendeiner Form gutzuheißen und ihren Wählern die Absolution zu erteilen, analysiert er die Gründe, warum es so weit kommen konnte, vollkommen richtig. Dass die AfD bei den nächsten Bundestagswahlen (von Landtagswahlen ganz zu schweigen) die SPD überflügeln könnte, ist leider keine Utopie mehr, und so bitter das ist, die AfD kann zur Volkspartei werden. Hierzu braucht es einen starken Gegenpol, in Deutschland kann nur die CDU diese „Rolle“ übernehmen. Eine große Verantwortung und schwere Last.

Es ist an Friedrich Merz, die Zeichen der Zeit zu erkennen, und die politischen Ziele der CDU und seine Aussagen so zu präzisieren, dass sie nicht falsch verstanden werden können. Anscheinend hat er diese Gabe einfach nicht, die CDU wäre gut beraten, jetzt schon darüber nachzudenken, wer für die nächste Bundestagswahl ihr Kanzlerkandidat werden soll.  Nirgendwo steht geschrieben, dass dies zwingend der Vorsitzende sein muss. Angesichts der aktuellen politischen Lage in Deutschland sind persönliche Ambitionen eines CDU-Mannes so unangebracht wie taktische Attacken anderer Parteien gegen die CDU, denn aus eigener Kraft haben sie den Höhenflug der AfD nicht gestoppt und haben selbst keinen Plan, wie sie es könnten. – Regina Stock

Friedrich Merz haut verbal nicht daneben, er sagt die Wahrheit, lässt sich dann aber, auch von seinen eigenen Parteifreunden, zur „Entschuldigung“ bekehren, das ist das Verwerfliche daran. Heutzutage fürchtet jeder die Wahrheit offen auszusprechen, weil er sofort in die rechte Ecke geschoben wird. Nationales Denken, nicht völkisches, wurde uns in den letzten Jahrzehnten abgewöhnt, auch durch linke Presse. Aber die Mehrheit der Deutschen denkt anders als es sich darstellt, es traut sich nur niemand offen zu denken und zu reden, weil sofort ein Shitstorm folgt. Wenn wir nicht endlich die Probleme offen angehen, sie beim Namen nennen, werden mehr und mehr Menschen die AfD wählen. Und, dass sie die Oberhand bekommt, will wohl niemand. Das bedeutet, die CDU muss mit allen demokratischen Mitteln gestärkt werden, Friedrich Merz muss Unterstützung finden, sonst freut sich die AfD über ihre Zuwächse. – Elisabeth Sintermann

Wenn es mit den „selbstbewussten und klugen Konservativen“ mal so einfach wäre. Die braunen Eliten haben prächtig in der damaligen BRD Winterschlaf gehalten oder wurden z.B. als Funktionsträger gebraucht/ hofiert. Und kaum ist Deutschland wieder eins, schwappt diese braune Soße in den Osten und vereinigt sich mit den dort ebenso vorhandenen Ewiggestrigen und rekrutiert neue „Tölpel“, um das unheilvolle Werk fortzusetzen. Nein besser wäre nicht immer nur auf die eine oder die andere Seite einzudreschen, sondern das zerstörerische Wesen unserer kapitalistischen Gesellschaft zu benennen und es zu verändern! Ich fürchte nur, dass es dafür leider schon zu spät ist. – Thom Salecker

Überzeugend, aber Frage: was ist kluger zukunftsorientierter Konservativismus? Bislang haben die sogenannten bürgerlichen Parteien (Sozialdemokraten sind offenkundig keine Bürger?) ihre Wahlkämpfe bestritten, indem sie auf Verbots-, Steuererhöhungs- oder auf zu liberale Gesellschafts-politik der Gegenseite verwiesen haben. Das heißt: weiter so, keine Zumutungen für unsere Wählerschaft. Ist das klug, zukunftsorientiert konservativ? Das ist in manchen Aspekten der AFD ähnlich: Migration, nationale Identität, LGBTQ. Der von der AFD negierte Klimawandel wird von den Bürgerlichen wahrlich nicht energisch bekämpft, siehe Zumutungen. Die Bundesrepublik ist konservativ, um nicht zu sagen traditionsverhaftet. Man verweist immer wieder auf das christliche Menschenbild, der Katholizismus ist ein Hort des Existenten, Gewerkschaften streiten für Lohnerhöhungen oder Arbeitsplatzerhalt, aber nie für Neuerungen. Habeck sponsert Thyssen-Krupp bei grünem Stahl und Intel, beides nicht gerade Start-ups.

Wie zukunftsorientiert ist da das Ahlener Programm der CDU von 1947: „Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen.

Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein. Durch eine gemeinwirtschaftliche Ordnung soll das deutsche Volk eine Wirtschafts- und Sozialverfassung erhalten, die dem Recht und der Würde des Menschen entspricht, dem geistigen und materiellen Aufbau unseres Volkes dient und den inneren und äußeren Frieden sichert.“ Wenn dieses Konzept mit konkreten Maßnahmen und Projekten hinterlegt würde, wäre das durchaus kluger und zukunftsorientierter Konservativismus. Welche Persönlichkeiten der bürgerlichen Mitte könnten das selbstbewusst und glaubwürdig vertreten? Die derzeitige CDU-Spitze wohl kaum. – F. Kleiner

In seinem Bedrohungsszenario übertreibt der Leitartikler gewiss nicht. Weltweit stehen liberale Zivilgesellschaften und demokratische Errungenschaften im Schussfeld rechter, totalitärer Ideologen.  Logisch wäre eine Überschrift: „Hart gegen rechts“. Doch die Härte (welche genau?) soll dem Radikalen an sich gelten, und „selbstbewusste, gemäßigte(!) Konservative“ als Retter vor dem Untergang auftreten. Das ist doch reine Selbsttäuschung. Waren die Konservativen der deutschen Nachkriegszeit, von Adenauer bis Merkel, etwa radikal? Dieser Konservatismus von „Maß und Mitte“ hat doch jahrzehntelang entscheidend die bundesrepublikanische Wirklichkeit bestimmt! Und aus dieser gesellschaftlichen Lebensrealität heraus, mit seinem politisch-kulturellen Verständnis von Ordnung und Sicherheit, erwachsen nun die Demokratiefeinde einfach so? An eine Art Jungfernzeugung mag ich nicht glauben.

Diese „selbstbewussten, gemäßigten Konservativen“ waren vielleicht nie radikal genug. Und zwar darin, den drängenden Problemen der Moderne wirklich in die Augen zu schauen. Seit ewigen Zeiten versprechen sie Ordnung, Sicherheit und Wohlstand, und es besteht der dringende Verdacht, dass sich unter diesen Begriffen jeder vorstellen darf, was er will. Zur Not eben auch einen autoritären Ordner.

Statt eine unspezifische Angst vor dem „Radikalen“ zu bemühen, könnten die Ordnungs- und Sicherheitsvorstellungen sowie die Wohlstandserwartungen ganz konkret, vor dem Hintergrund der real existierenden Verhältnisse in der Welt, und mit dem Ziel der Stärkung einer liberalen Zivilgesellschaft, benannt werden. Dazu kann sich dann ein jeder positionieren, ohne sich vorher fragen zu müssen, ob er wohl der nebulösen Zuschreibung eines selbstbewussten Konservativen zuzurechnen sei. – Jürgen Pilz

Die AfD ist die einzige Partei im Bundestag und in den Landesparlamenten, die Grundwerte und -entscheidungen unseres politischen Systems infrage stellt. Ihre aktuellen Zustimmungswerte haben einen Stand erreicht, der Sorge machen muss. Die Suche nach den Gründen und Lösungen hat dementsprechend Hochkonjunktur. Für einen Hauptfehler der meisten Beiträge halte ich, dass die Existenz, die politischen Ziele und Losungen der AfD als ursächlich für ihren Bedeutungszuwachs gesehen werden. Den beklagten Hochlauf dieser Partei gibt es jedoch nur, weil ihre Ansichten zur Zeit von etwa 20 % der potentiellen Wähler geteilt werden. D.h., dort liegt das Problem. Warum können sich so viele Menschen vorstellen, mit der AfD zu sympathisieren?  Der Autor erkennt die Fragestellung durchaus, allerdings ohne sie substantiell zu erörtern und den dazu vorhandenen Diskussionsstand zu berücksichtigen. Er meint, die AfD würde eine Nachfrage bedienen. „Wen sonst sollten Menschen wählen, die etwa gegen mehr Zuwanderung sind …“ Seine Zauberformel lautet: „Das erfolgreichste Gegenmittel gegen rechts außen sind selbstbewusste und gemäßigte Konservative.“ Dafür, dass das funktionieren könnte, gibt es nicht den geringsten Anhaltspunkt, ganz abgesehen davon, dass die Union ebenfalls für weniger Zuwanderung ist und die Leute dennoch zur AfD gehen. Eigentlich ist es kein Geheimnis, wird aber von der Politik oft als solches behandelt. Große Teile der Bevölkerung haben einfach kein Vertrauen mehr in das Funktionieren unserer Demokratie. Eine stabile Demokratie ist daran gebunden, dass zwischen unten und oben, sozial und politisch eine ausgewogene Balance besteht. Dort, wo das -zunehmend- nicht gewährleistet wird, muss mit gesellschaftlichen Spannungen und Verwerfungen gerechnet werden. Die AfD ist als deren Ausdruck zu sehen. – Joachim Tischendorf

Über die Lage in den USA, Israel und Italien kann ich nichts sagen, aber in Deutschland und Frankreich findet sich ein großer Teil der Bevölkerung nicht mehr in der Politik wieder. Als in Frankreich die Benzinsteuern und das Rentenalter erhöht wurden, fürchteten gerade die Ärmeren um ihren Lebensstandard und sahen keine Alternative: Wer auf dem Land wohnt, braucht ein Auto, wer schwer körperlich arbeitet, ist froh, wenn er das Rentenalter von 60 Jahren erreicht. Auch in Deutschland wäre ein Verbot von Verbrenner PKWs und Gasheizungen für die ärmere Bevölkerung eine Katastrophe, und die endlosen LGBTQ Diskussionen helfen da wenig. – Peter Pielmeier

 

Der Umgang mit der AfD, insbesondere aber der Umgang der demokratischen Parteien untereinander ist inzwischen nur noch ärgerlich und einer parlamentarischen Demokratie nicht würdig.

Anstatt im notwendigen Gegensatz zu den Rechtspopulisten konstruktive und verbindliche Politik zu gestalten, verzwergen sich die Demokraten; fördern den Politikverdruss und päppeln damit nicht zuletzt die extremistischen Kräfte und Machtansprüche innerhalb der AfD. – Matthias Bartsch

Leserbriefe zum Titelthema „Russlands letzte Helden“ von Alice Bota et al.

Diesen Artikel habe ich heute Abend gelesen. Er kam als Empfehlung per Mail und ich finde ihn hervorragend. Ich habe schon viele gute und auch sehr gute Artikel in der Zeit gelesen, aber dieser ist einer, der mich während des Lesens beeindruckt und berührt hat. Er zeichnet ein anderes Bild der russischen Gesellschaft als das, was bspw. die russischen Medien zeigen wollen.

Es gibt politischen und zivilgesellschaftlichen Widerstand. Trotz drakonischer Strafen kämpfen diese Russen für eine bessere Zukunft, auch wenn sie diese vielleicht gar nicht mehr erleben werden. Ich empfinde es als berührend, wie oft im ‚Letzten Wort‘ von Russland und wie wenig von Putin gesprochen wurde. Viele sehen schon die Zeit nach Putin, auch wenn sie den Systemwechsel höchstwahrscheinlich aus dem Straflager verfolgen werden. Diesen Mut und diese Weitsicht finde ich beeindruckend. Ich hoffe, dass möglichst viele der hier Vorgestellten und ich selbst auch, das baldige Ende des Krieges sowie einen Systemwechsel in Russland hin zum Guten erleben werden.

Besonders schätze ich die Artikel von Alice Bota und Michael Thumann. Hier ist beiden mit Caterina Lobenstein ein wirklich beeindruckend guter Artikel gelungen. Bitte halten Sie bei Zeit weiter die gute Qualität des Journalismus hoch, gerade in Zeiten, in denen Fakten oft angezweifelt oder negiert werden. Ich werde Sie weiter unterstützen. Vielen Dank für Ihre gute Arbeit. – Paul Rentz

Ich bin zutiefst entsetzt über die unmenschlichen hohen Strafen und den Zuständen in den Straflagern Russlands. Um so mutiger sind die Aussagen von den Männern und Frauen, die in aller Offenheit ihre Meinungen vor den Gerichten kundtun, und damit für uns alle zugänglich sind. Dieser russische Präsident, der seine diktatorischen Fähigkeiten täglich zum Ausdruck bringt und die Menschen so zu einem absoluten Gehorsam zwingt ist in vielen Hinsichten mit Stalin zu vergleichen.

Ich danke der ZEIT für diesen Artikel !!! – Klaus-Dieter Michel

Selten hat mich ein Beitrag so berührt, wie das Dossier aus DIE ZEIT No.32. Die „Letzten Worte“ der Regimegegner senden einen Lichtstrahl aus den dunklen Kerkerzellen. Wer so viel Mut und Überzeugung, soviel Zuversicht und Liebe zum eigenen Land beweist, muss unterstützt werden. Diesen Menschen – und allen, die in Zukunft das gleiche Schicksal erwartet – muss Gehör verschafft werden. Bitte berichten Sie weiter von diesen Prozessen und übermitteln Sie uns die letzten Worte der Angeklagten. Für mein Russlandbild war dieses Dossier wichtiger als alle Artikel über Militärparaden, Rüstungsexporte oder Frontverläufe. Danke. – Thomas Meichle

Großen, Großen Dank an Alice Bota, Caterina Lobenstein und Michael Thumann für die Letzten Worte der Kriegs- und Regimegegner in Russland! Es sind lauter Goldklumpen, jedes einzelne Wort. Sie machen es möglich, an dieses Land, das von einem Schwerkriminellen regiert wird, in Hoffnung, statt nur in Verzweiflung zu denken. – Claudia Stursberg

Es ist einfach nur entsetzlich, wie hier Menschen willkürlich weggesperrt werden, nur weil sie sich zivilgesellschaftlich engagieren. Es macht einen fassungslos, zu sehen, dessen gewahr zu werden, dass im Russland des 21. Jahrhunderts immer noch solch schreckliche Zustände existieren. Russland, Terrain des Terrors. Wo Menschen klein gehalten werden & die Menschen sich längst daran gewöhnt haben, aus Angst vor Repressalien und Unterdrückung die Köpfe einzuziehen. Wo Menschen sich im Gegenzug für Sicherheit und Unversehrtheit selbst verraten, ihre Seele an den Teufel verkaufen und zu nachplappernden Untertanen verkümmern. Gerade darum ist es so gut und so richtig und so inspirierend, dass es nichtsdestotrotz immer noch eine Zahl von Menschen gibt, die bereit ist, für die Wahrheit und die Gerechtigkeit ihre Faust zu erheben. Diese Menschen haben nichts als den höchsten Respekt verdient! Auch die Zeit des Wladimir Putin wird eines Tages vergehen! – Michael Ayten

Danke! Danke! Danke! für das ‚Dossier‘ über ‚Russlands letzte Helden‘. Ich kann mich kaum erinnern, wann mich Texte so sehr berührt haben. Nach der Lektüre dieser Manifeste des Mutes und der Charakterstärke von Menschen im Widerstand gegen den Furor des Autoritarismus ist es schwer, eigene Worte zu finden. Nur diese als Frage: Kann es etwas geben, das einen als StaatsbürgerIn mehr darin bestärkt, an den vielen doch erheblichen Schwächen und Fehlern unserer eigenen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eben NICHT zu verzweifeln, sondern sich umso vehementer aktiv für unsere fundamentalen liberalen Werte einzusetzen, und jenen mitten unter uns, die diese mutwillig zerstören wollen, umso entschlossen entgegenzutreten? – Friedrich Michael Steger

Diese berührende Dokumentation ist ein Schatz: bewahrt ihn auf und bewacht ihn gut. Lasst Separata drucken und verteilt sie weit (auch an die Putin-Verehrer in der AfD). Was empfinden die Richter nach ihren Urteilen? Müssen sie sich übergeben vor Selbstekel oder sind sie stolz auf den Verrat an ihrer Profession? Es sind immer die Mitläufer, die Wegseher, die Leisetreter und Handlanger, die das Handeln von Diktatoren erst ermöglichen, die sich wegducken und nichts wissen wollen, um später sagen zu können: „Wir haben ja nichts gewusst“. Werden die Oligarchen unruhig und lassen beseitigen, wer ihre Geschäfte stört? Wird die Gesellschaft doch noch einen Georg Elser oder Stauffenberg hervorbringen? Was sollen, was dürfen wir hoffen? – Ernest Hess-Lüttich

Ich bin Ihnen zutiefst dankbar für den Artikel über die russischen Märtyrer. Hoffentlich lesen ihn möglichst viele hier. Die halbe Welt wird regiert von blutrünstigen, machtgierigen Despoten. Die Moslem-Staaten, China, Myanmar, Nordkorea und dieses „Heilige“ Russland, das ausgerechnet zu Europa zählen möchte. Aber: 50% Sklaven, total unterdrückt; 40% sadistische Folterer und widerwärtige bestialische Mörder, Vergewaltiger und Kriegsverbrecher, die dafür mit Orden belohnt werden, Lügner und Betrüger – und 10% entsetzlich gefolterte Märtyrer in den Russen-KZs.

Aber die famose Realpolitik und die multipolitische Akzeptanz dank florierender Wirtschaftsbe-ziehungen, siehe z.B. Iran, wollen uns den unglaublichen Horror als Kollateralschaden hinstellen.

Viele hier von eher ganz links, sowie ganz rechts, scharren doch schon mit den Hufen, mit dem „guten“ Präsidenten Putin wieder Geschäfte machen zu können. Die Märtyrer, wie Alexej Nawalny sind doch dafür nur Störfaktoren. – Irmgard Fähnrich

Vielen Dank liebe ZEIT-Redaktion für das Dossier, die Recherche und das Engagement! Ich halte es für überaus wichtig, dass die dortigen Schicksale nicht in Vergessenheit geraten und die Berichterstattung uns den Blick auf den grausamen Zustand von Teilen der Welt öffnet. Während wir uns hier im Westen politisch wegen Kellerapparaturen zerfetzen und mit Bahn-Bashing jeder Smalltalk-Einstieg in ein Gespräch gelingt, werden in der mittlerweile größten Diktatur dieser Welt Menschen ins Gefängnis gesteckt, die lediglich das universal geltende Menschenrecht auf Meinungs-freiheit für sich beanspruchen und eines der wichtigsten Werte menschlichen Zusammenlebens hochhalten: Die Wahrheit! Für dieses Ideal sind sie bereit, langjährig ins Gefängnis zu gehen und möglicherweise – unter Berücksichtigung der Bedingungen und ihres Gesundheitszustands – zu sterben. Was für eine Größe! Die wenigsten von Ihnen werden so bekannt wie ein Nawalny oder gehen in die Geschichte ein wie Nelson Mandela und daher bedarf es einer Öffentlichkeit, um den Mut und die Opferbereitschaft zu dokumentieren. Gleichzeitig sollte uns der Leidensweg der Menschen vor Augen führen, wie zerbrechlich eine Demokratie ist. Putin ist das beste Beispiel dafür, wie aus einem vermeintlich „lupenreinen Demokraten“ ein despotischer Diktator wurde, in dem er schleichend die absolute Macht an sich zog. Es brauchte dazu keinen Reichstagsbrand sondern nur die sukzessive Aushöhlung demokratischer Strukturen wie Presse- und Meinungsfreiheit, Gewaltenteilung und freie Wahlen. Was würden die derzeit in Russland einsitzenden politisch Verfolgten zum Deutschland der heutigen Zeit sagen? In der die AfD in einigen Bundesländern als zeitweilig stärkste Partei in Umfragen gesehen wird?  Wenn Sie Zitate von Björn Höcke lesen, wie „Wenn einmal die Wendezeit gekommen ist, dann machen wir Deutschen keine halben Sachen…“ Sie würden sagen…Nein. Laut schreien: Wehret den Anfängen! – Uwe Rieken

Beim Lesen Ihres sehr guten Artikels fielen mir die Worte der Schriftstellerin Marie Luise Kaschnitz ein, die uns und alle Helden im Ungewissen lassen: „Ob wir davonkommen, ohne gefoltert zu werden, ob wir eines natürlichen Todes sterben, ob wir nicht wieder hungern, die Abfalleimer nach Kartoffelschalen durchsuchen, ob wir getrieben werden in Rudeln – wir haben es gesehen. Ob wir nicht noch die Zellenklopfsprache lernen, den Nächsten belauern, vom Nächsten belauert werden. Ob wir nicht beim Wort Freiheit weinen müssen und uns fortstehlen rechtzeitig auf ein weißes Bett oder zugrunde gehen am hundertfachen Atom- Blitz, ob wir es fertigbringen mit einer Hoffnung zu sterben …steht noch dahin, steht alles noch dahin.“ – Winfried Kretschmer

Vielen Dank für dieses Dossier. Mir war nicht klar, mit welch brutaler Gewalt der russische Staat seine wichtigsten und aufrechtesten Patrioten bekämpft. Diese mutigen Bürger haben meinen höchsten Respekt. Die Gefahr, die von ihnen ausgeht, muss für das Regime extrem bedrohlich sein. Ein Eingeständnis enormer Schwäche der Regierenden. Gleichzeitig wird mir vor Augen geführt, wie bedeutsam die demokratischen und rechtsstaatlichen Errungenschaften in unserem Land sind, dass diese keineswegs selbstverständlich sind und wir sie jeden Tag aufs Neue schätzen und verteidigen müssen. Wie schwierig das ist, erleben wir gerade im eigenen Staat, denn zuzuhören, eine andere Meinung zu achten und zu darüber offen zu diskutieren ist inzwischen auch hierzulande manch einem (zu vielen!) zu mühselig. Das muss uns aufrütteln! – Marie Bock

Der Artikel mit und über die letzten Worte russischer Oppositioneller in der neuesten Ausgabe hat mich sehr bewegt, vielen Dank dafür. Gibt es eine Möglichkeit, mit den Gefangenen Kontakt aufzunehmen, um sie zu unterstützen? Ich würde gerne etwas tun für sie, vielleicht ist es möglich, ihnen zu schreiben? Oder gibt es eine Organisation, die sie unterstützt, der ich spenden könnte?

Vielen Dank für Ihre Hinweise! – Johanna Breidenbach

Vielen Dank für diese eindrückliche Dokumentation der russischen Lebensrealität, die für uns als freiheitsgewohnte Bürger nur schwer vorstellbar ist. All jene, die in demokratischen Freiheiten Schwäche und Dekadenz zu erkennen glauben und mit „gewissen Vorteilen“ eines autoritären Regierens liebäugeln, mögen hier besonders aufmerksam lesen. Ich hadere jedoch mit der Heldenzuschreibung. Erstens wird der Heldenmythos wesentlich zur Konstitution von autoritären Regimen eingesetzt. Zweitens, und das ist in diesem Fall wichtiger, schafft die Heldenzuschreibung eine unnötige Distanz zu jenen Mitmenschen, die hier angeklagt und abgeurteilt werden. Ein Held ist übernormal, quasi halbgöttlich und weit getrennt von ihm schauen wir demütig zu ihm auf.

 In totalitären Staaten gibt es, grob gesagt, die Gruppe der Herrschenden, die der Wiederständigen und die große breite Mehrheit der Duldsamen, jene, die sich arrangieren, also die Masse der Mitläufer. Genau diese große Gruppe könnten durch die Mitbürger im Käfig, an ihre Wesensanteile der Unbeugsamkeit und der Aufrichtigkeit, die jeder Mensch in sich trägt, erinnert werden. An einen Charakterzug, den sie in der in der alltäglichen Repression nicht leben können und dürfen. Kann es sein, dass eine Distanz zwischen dem Helden dort, und dem Ich hier, diesem kleinen Licht, die erlernte Hilflosigkeit der „normalen“ Duldsamen noch weiter festigt und die Repression damit sogar stabilisiert? Für die Dokumentation der russischen Lebensrealität noch ein Extra-Dankeschön an Michael Thumann für sein Buch „Revanche“. – Jürgen Pilz

Besser kann man dem Leser das System PUTIN nicht vor Augen führen. Ich bewundere und habe alle Hochachtung vor den Menschen, die trotz massiver Staatsgewalt und hoher Strafen ihre Meinung im „Letzten Wort“ zum Ausdruck bringen. Dieses Dossiers sollte Pflichtlektüre im Geschichts- und Sozialkundeunterricht werden. Jedem AfD-Abgeordneten*innen müsste man es in sein Büro legen. Auch einem Teil der Linkenabgeordneten*innen könnte man damit die Augen für das System Putin öffnen. – Albrecht Aurand

Eine aufrüttelnde Sammlung „letzter Worte“, gesprochen von mutigen russischen Frauen und Männern, die in ihrer Heimat geblieben, ja sogar aus dem Ausland dorthin zurückgekehrt sind, um ihre Stimme zu erheben für freie Meinungsäußerung und gegen den brutalen Krieg in der Ukraine. Obwohl ihnen bewusst war, dass sie damit lange Lagerhaft riskieren! Wie einfältig und engstirnig wirken dagegen Proteste und Demonstrationen in unserer Demokratie, bei denen es weniger um Freiheit, sondern mehr um lautstarke Durchsetzung bestimmter Ideologien geht. Bei denen häufig Kollateralschäden auftreten, von denen allerdings höchstens schwere Körperverletzung und grober Vandalismus vergleichsweise milde geahndet werden, selbstverständlich nach einem juristisch korrekten Verfahren!

Hoffentlich wird die freie Stimme Russlands, bevor sie für Jahre verstummt, in allen totalitären Staaten gehört! Sie soll den dortigen Freiheitskämpfern Mut machen, nicht aufzugeben! Diktaturen stehen immer auf tönernen Füßen und brechen, eher früher als später, in sich zusammen. Dann sollten die befreiten politischen Inhaftierten, nach dem Vorbild Nelson Mandelas, ihren langjährigen Unterdrückern großherzig die Hand zur Versöhnung reichen, um einen drohenden Bürgerkrieg zu verhindern, unter dem am meisten die einfachen Menschen leiden! Wären doch nirgendwo auf unserer Erde „letzte Worte“ mehr nötig! – Ulrich Pietsch

Leserbriefe zu „Alarmstufe Heiß“ von Stefan Schmitt

 

Es ist heiß in Europa, sehr heiß, nur nicht in Mittel- und Nordeuropa. Anstatt stündlicher Wasserstandsmeldungen von ARD und ZDF zur Klimakrise hätte man gern mehr darüber erfahren. Umso mehr tragen die Sendeanstalten den grünen Missionsgedanken bis zum Überdruss penetrant in jede Stube. Die mahnenden Bilder von Rhodos verschweigen, dass wie auch in Griechenland überwiegend Brandstiftung verantwortlich ist. Und auch der Gardasee ist nicht von Austrocknung bedroht, wie ich bestätigen kann. Das will aber nicht in das gängige Narrativ von der Erderwärmung passen. Haltungsjournalismus überzeugt nicht, er erreicht das Gegenteil. – Christoph Schönberger

Was in der Klimadebatte fehlt, ist eine positive Vision der Zukunft, eine Vision, für die es sich zu kämpfen lohnt. Im deutschsprachigen Raum gibt es keine Person, die eine solche Vision verkörpert. Einen Martin Luther King der Klimabewegung, der die Menschen mit einem “I have a dream“-Moment vereint und inspiriert. Von einer gerechteren Welt, einer friedlicheren, einer gesünderen Welt, einer sinnvolleren Welt – denn das alles wäre eine Welt, in der unsere Energieversorgung dezentraler ist, wir nicht mehr von Öl und Gas abhängig sind und diese verfeuern, wir weniger konsumieren und weniger arbeiten müssen. All das ist schon sehr anschaulich in Naomi Kleins Buch von 2014 beschrieben – This changes everything. – Jakob Villioth

 

Alles gut und richtig, aber dann kommt – wie immer in der Klimadebatte: Ein Verzicht auf fossile Energien werde uns eine kühlere Zukunft bescheren. – Irrtum! Euer Ehren. Die Katastrophe kommt nicht mehr auf uns zu. Sie ist schon da. Mit Dämmen, Ausbau der Erneuerbaren, Sparen können wir nur noch ihre weitere Verschärfung mildern. Wir können sie nicht mehr verhindern. Die Atmosphäre ist vergiftet. Punkt. Der logisch richtige Weg heißt: Entgiftung oder Minus-Emission. Bäume wollen das für uns tun, kostenlos und mit uralter, erprobter Technik. Wir lassen sie nur nicht. Alles Holz, das wir ernten, landet nach kurz oder lang im Kamin. Der Kohlenstoff kehrt als CO2 zurück in die Atmosphäre, aus der er herausgefiltert wurde. – Drei Gebote können das verwundete Klima heilen, wenn sie konsequent und möglichst weltweit befolgt werden: 1. Du sollst so viel Lebendholz (Bäume, Büsche Pflanzen) wie möglich ent- und bestehen lassen. 2. Du darfst und sollst Totholz so lange wie möglich als Werkstoff nutzen. 3. Du sollst Totholz, das du nicht mehr nutzen kannst, auf keinen Fall verbrennen, sondern für immer in der Erde entsorgen. – Welch wunderbare Aufgabe für den Braunkohle-Tagebau! Er arbeitet weiter, aber nun im Rückwärtsgang. Der Klima-Killer wird zum Retter. – Ulrich Harbecke

Der Erde könnte doch gar nichts Besseres passieren, als dass der Mensch seine Lebensgrundlagen zerstört und der Planet weitgehend von der Menschenplage befreit wird. Mit einer Warmzeit wird die Erde gut zurechtkommen, wie sie schon einmal bewiesen hat. Was hat Einstein gesagt? „Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“ – Gerhard Kleimeyer

 

Wieso soll ich einen Artikel lesen, dessen Inhalt ich kenne, bevor ich ihn lese? Genau: Ein Wort oder ein Satz, der meine Aufmerksamkeit erregt. In diesem Falle war es die Aussage „es gibt nur einen Weg“. Sorry, ich habe den Artikel mehrfach gelesen, doch ich habe den einen Weg nicht entdeckt. Oder war es die Aussage, dass die Befreiung von fossilen Energien eine kühlere Zukunft verspricht? Diese Aussage ist genauso ein No-Brainer wie die, dass regelmäßiges Gießen dem Dürretod von Zimmerpflanzen vorbeugt. Es geht in beiden Fällen, dem Klima und den Zimmerpflanzen, darum, dass etwas getan wird (und das sehr schnell), nicht nur darum, jahrzehntelang die immer gleichen Argumente zu diskutieren und Hunderte von Leitplanken einzuziehen, wonach Klimaschutz sozial verträglich sein muss, er keine Zumutung für die Menschen in D bedeuten darf, dass die Wirtschaft florieren muss etc. Dem Klima sind unsere Befindlichkeiten vollkommen egal; entweder sehen wir ein, was absolute Priorität haben muss oder der Homo Sapiens wird eine kurzzeitige Episode in der Evolution darstellen. – Erich Würth

 

Ja, die Bilder der Brände auf Rhodos und Korfu sind dramatisch. Ja, es ist schlimm, dass der ,,Rückflug [der Betroffenen Reisenden] offen‘‘ ist. Und bestimmt ist der Anblick des ,,Waldes hinter dem Hotel in Flammen‘‘ für die Tourist*innen traumatisch. Aber sind es tatsächlich die Reisenden, die unter den Bränden am meisten zu leiden haben? Denen dieser Artikel gewidmet sein sollte? Es ist kaum auszudenken, wie es denjenigen geht, die die Insel nicht verlassen können oder möchten, die dort nicht zu Gast sind, sondern dort leben, arbeiten, Familie haben. Mit keinem Wort steht in Ihrem Artikel etwas zu den Menschen, die soeben ihre Lebensgrundlage, ihr Zuhause oder einen geliebten Menschen verloren haben. Das ist meiner Meinung nach der falsche Fokus. – Lotte Lowitz

Zwischen den beiden Leitartikeln, links und rechts, fehlt ein dritter, der die beiden verbindet: Menschen wählen rechtsradikal und tun nichts gegen den Klimawandel, weil sie Angst haben. Sie haben Angst, das — vermeintlich — Gegebene zu verlieren. Sie wollen sich die bekannte Welt erhalten, die ethnisch und moralisch ’sauber‘ war, eine Welt, in der Wissensmenschen nicht immer wieder Neues entdecken und an ihrem Verständnis der Welt und ihren Überzeugungen nagen. Gleichzeitig sehnen sie sich nach einem Sommer, „wie er früher einmal war“, in dem man in die Sonne geflogen ist, mit dem Freizeitmotorrad frei durch die Landschaft kurvte, man über das gute, alte Wetter schimpfte aber sich ihres sicher war. In der rosaroten Vergangenheit waren die Preise stabil, man konnte eine überschaubare Lebensplanung verfolgen, man war sich des Status Quo halbwegs sicher. Und nun kommen gewaltige Fluten der Veränderung, die es gilt wie König Knut aufzuhalten: Migration, rasend schnelle technische Entwicklung, Kurzlebigkeit und Unbeständigkeit. Das Altbekannte ist allenthalben bedroht, Menschen haben Angst, sträuben sich. Das ist alles sehr verständlich und nachvollziehbar. Was hilft, ist eine andere Frage. Kluge Konservative? Appelle, Aufklärung, neue Gesetze? Ich vermute, es hilft nur, wenn es beginnt, richtig weh zu tun.

John Stevens

 

Ständig wird uns weisgemacht, dass es in Deutschland zu einer riesengroßen Hitzewelle kommen könnte; dass wir vielleicht sogar wie die Mücken tot auf der Straße umfallen könnten, aber Genaues drüber weiß nur unser „Hitzepapst“ Karl Lauterbach! Nach der Corona-Pandemie will er nun diese heiße Welle durch unsere Lande rollen lassen; Notfallpläne sollen bereits in sämtlichen Schubladen bereit- und ausliegen! Irgendwie kann ich mich erinnern, dass es schon immer glutheiße Sommer gegeben hat, sogar der österreichische Liedermacher Rainhard Fendrich sang in seinem Song „Oben ohne“ aus dem Jahr 1982 bereits davon: „Die Hitze der Stadt ist im Sommer brutal“, so beginnt sein Lied! Richtig, Rainhard Fendrich singt ja über den Sommer in Österreich, wie konnte ich das nur vergessen! – Ulrike Schwarz

In Ihrem Artikel „Alarmstufe Heiß“ machen Sie „die Petrochemie“ als den wesentlichen Befeuerer der Klimakrise aus. Das klingt mir sehr nach antikapitalistischem Proseminar der FU Berlin. Wann beginnen nicht nur Sie, sondern viele Ihrer Kollegen/-innen bei der Zeit endlich sich selbst und jeden einzelnen Leser als Schuldigen für die Klimakrise zu benennen. Es ist nicht eine irgendwo im Dunkeln heimlich und verschwörerisch wirkende Kohle-, Auto- oder Petrochemie, es sind wir alle mit unserem Lebensstil und Konsumverhalten, die täglich diesen fossilen Ressourcenverbrauch fördern und die Erderwärmung forcieren. So müsste die ehrlich lautende Bestandsaufnahme und kritische Analyse bei Ihnen in der Redaktion lauten. Wäre es da nicht Ihre Aufgabe, der linksliberalen Leserschaft statt „fiktiver Dämonenbeschwörung“ dieses – sicherlich unbequemere – Spiegelbild allwöchentlich vor Augen zu führen? – Bernd Wermelskirchen

Vor den nachfolgenden kritischen und skeptischen Bemerkungen möchte ich folgendes betonen: Obwohl ich weltweit politisch und gesellschaftlich leider nur sehr geringe Chancen für die Erfüllung der — eigentlich nicht übermäßig schweren — Bedingungen einer noch rechtzeitigen Klimarettung erkennen kann, will ich nicht resignieren, sondern weiter dafür kämpfen oder eher arbeiten, denn die Rettung der Zukunft braucht nicht nur Demos, Fordern, Schimpfen, kritisieren, „Ideen“, Beschlüsse, „politischen Willen“, sondern vor allem auch viel Geld und viel Arbeit, oder eben teils Verzicht auf konkurrierende Früchte dieser Arbeit und dieses Geldes. Trotz der Widerstände und Hindernisse lohnt sich diese Arbeit aber angesichts des so ungeheuren Wertes des menschlichen Lebens und seiner Zukunft und Qualität, jedenfalls in seinen liebenswürdigen Ausprägungen von Freundschaft, Lebensfreude, guten Menschen und besonders unserer Kinder und Enkel, die hoffentlich auch wieder einmal Kinder und Enkel haben werden, wenn wir es nicht für allzu viele behindern oder verhindern. Dafür haben wir alle Verantwortung, wenngleich unterschiedlich große.

Im Buch „Vom Ende der Klimakrise“ von Luisa Neubauer und Alexander Repenning lehnen die Autoren es ab zwischen Optimismus oder Pessimismus hinsichtlich der Zukunft der Klimakrise zu wählen. Sie erklären sich als „Possibilist*Innen“. Ob sie optimistisch in die Zukunft blicken, beantworten sie mit „ja und nein“, ob die – noch vorhandenen – Chancen und Möglichkeiten verwirklicht werden „hängt von jedem von uns ab“, wie sie sagen. Im Folgenden habe ich es künstlerisch mit einer Passage meines Gedichtes „Traum oder Zukunft — wir Menschen entscheiden es“ ausgedrückt:

„Doch kann ich, dürfen alle nicht aufgeben, / die auch voraussehn künftiges Erleben, /

nicht „Greta“ und die vielen im Stich lassen, /nichts tun, als ob wir ihre Zukunft hassen:

die jetzt und künftig leben, sind betroffen, / selbst handeln und auf Fairness, Hilfe hoffen,

dass wir doch noch die Chance halten offen, / nicht länger weitermachen wie besoffen,

doch noch die Kurve zu guter Zukunft kriegen / System und inn‘re Schweinehunde, Ignoranz besiegen

Nur Tropfen scheint‘s auf heißen, großen Stein, / was jeder uns’rer Zukunft tun und antun kann,/

doch lasst sie achten, nicht gleichgültig sein, /denn viele Tropfen geben einen Ozean!

Traum oder Zukunft? Freud‘ oder Leiden? /Wir, tun und lassen, solln‘s entscheiden;

Abwarten, Grübeln werden‘s nicht ergründen / das schafft nur unser Tun, in global‘n Bünden.“

In dem Seite-1-Artikel „Alarmstufe Heiß“ treffen Sie viele Fakten, Probleme und Befunde auf den Punkt. Sie haben auch Recht damit, dass einseitig hoffnungsloser Zynismus zwar nahe liegt, oder immer näher liegt, aber — noch — nicht vergessen machen darf, dass die sich (schon) abzeichnende Menschheitstragödie nicht unabänderlich ist — noch nicht, allerdings fraglich, wie lange noch nicht. Einem kann ich allerdings leider nicht zustimmen: dass es noch „völlig offen“ sei, wozu das Jahr 2023 künftig rückblickend gezählt werden wird, zum Beginn (der Beschleunigung) des Immer-heißer-Trends oder zu „Ausreißern“ vor dem Gelingen, das schlimmste noch abzuwenden. Rein physikalisch, organisatorisch, biologisch und technisch wäre die Wahrscheinlichkeit viel größer, dass die Wende noch gelingt, aber die nötige — globale — Größe der Änderung der politischen, gesellschaftlichen und psychologischen Bereitschaften, die nötigen Anstrengungen, Arbeitsmengen, Zahlungen und Verzichte auf andere Früchte dieser Bemühungen zu leisten oder zu akzeptieren, scheint mir doch leider inzwischen deutlich unwahrscheinlich zu sein. Es ist wahr: Die Befreiung von fossilen Energien würde eine kühlere Zukunft ermöglichen, eher nicht im Vergleich zu den bisherigen 20er Jahren, sehr wohl aber im Vergleich zur sonst drohenden Zukunft.

Die Frage ist nur: Wieviel % der Menschheit wollen überhaupt von den fossilen Energien „befreit“ werden? Und noch entscheidender: Wieviele % sind bereit den Preis dafür zu zahlen, nicht nur den in Geld, sondern in Anstrengungen, „Verzichten“, Verhaltensänderungen und Lernen von bisher ungewohntem, teilweise nicht nur für die eigenen Klimabeiträge, sondern für Motivationen und Hilfen für andere, die es ganz allein nicht schaffen? Und wie viele vertrauen — oder hoffen auch nur — noch darauf, dass all die anderen sich — abgesehen von Lippenbekenntnissen — genauso anstrengen, so dass die eigenen Mühen und „Opfer“ nicht völlig vergeblich sind, angesichts der bisherigen Erfahrungen mit dem Pariser Abkommen? Wie viele sind bereit das alles großenteils für andere, den globalen Süden und die junge und kindliche Generation auf sich zu nehmen oder gar positiv zu sehen statt vorrangig Angst vor und Ablehnung gegen die Kosten und Mühen eines ausreichenden Klimaschutzes zu zeigen und empfinden, die eben sehr viel schneller und direkter spürbar sind als die Früchte einer Rettung des Klimas? Die zahlreichen Ausreden, Scheinargumente, „Unnötigkeiten“ und Nachteile jeder konkreten einzelnen möglichen Maßnahme des Klimaschutzes werden leicht greifbar in allen Medien und Stammtischen präsentiert, während Ihre Dringlichkeiten und Notwendigkeiten komplizierter und selbst von vielen Experten nicht eingesehen sind,  und vor allem wird ausgeblendet, dass alle scheinbar bequemeren günstigeren Alternativ-Vorschläge mindestens genauso große Nachteile und Risiken haben, sei es nur die zu lange Dauer bis zur inzwischen notfallmäßig dringenden Wirksamkeit.

Zu dieser Skepsis tragen auch die meisten der auf S. 11 wiedergegebenen Wissenschaftler*Innen mit ihren Aussagen bei, die auf mich eher verharmlosend wirken, teils offensichtlich motiviert durch die Sorge, andernfalls Resignation, „Lähmung und Stillstand“ zu provozieren, wie Frau Boetius formulierte oder aber so etwas wie Dantes Horrorbild „lasst alle Hoffnung fahren“, wie Herr Marotzke aus dem Begriff der klimatischen Hölle ableitet oder abzuleiten glaubt. Noch weit schlimmer ist es beim ehemaligen Wissenschafts-Sekretär und Physiker Herrn Koonin, dessen Formulierungen wirken wie von einer fossilen Lobby bestellt und bezahlt, wie die früheren von der Ölindustrie bestellten „Wissenschaftler“. Einige Sätze seiner Stellungnahme sind auch einfach nicht wahr oder stark einseitig: So hören die jungen Menschen nicht „fast jeden Tag“, dass wir das Klima „schon ruiniert“ hätten, jedenfalls nicht schon vollständig, wie es bei seiner übertriebenen Darstellung erscheint, sondern bisher allenfalls teilweise; sie hören allerdings, dass wir laufend dabei sind, es — weiter und weiter — zu ruinieren, falls wir nicht energisch bis drastisch umsteuern. Auch sein „Eingeständnis“, dass die Menschheit „eine“ Rolle spiele beim Klimawandel, gaukelt vor als gebe es noch eine Reihe von gleich wichtigen anderen Rollen oder Ursachen. Dabei denkt er sicher nicht an die inzwischen begonnenen selbstverstärkenden Prozesse, deren Rolle immer weiter zunimmt, bis sie irgendwann stärker werden als die menschlichen Beiträge, so dass dann selbst eine klimaneutrale Menschheit den Wandel nicht mehr aufhalten könnte. Seine Argumentation, wie gut es der Menschheit bisher mit den bisherigen 1,3 Grad Erwärmung gegangen sei, was er offensichtlich auf die nächsten 1,3 Grad übertragen zu können glaubt, ist pure Scheinlogik oder „Milchmädchen-Rechnung“: Sie verkennt völlig die Natur von nicht linearen Prozessen, von Kippunkten und selbstverstärkenden Prozessen, die eine exponentielle Entwicklung zumindest bedeuten können. Lt. Herrn Koonin ziehe der IPCC die „Schlussfolgerung“, dass die nächsten 1,3 Grad und sogar „hypothetische“ Kippunkte das künftige Wohlergehen der Menschheit nur mit „unwesentlichem Schaden“ oder mit „minimalen Auswirkungen“ bedrohen. Das kann ich nicht mit den mir bekannten Äußerungen und Befunden des IPCC vereinbaren, schon gar nicht mit den Äußerungen anderer Wissenschaftler wie auf dieser Seite Friederike Otto oder dem hier leider nicht zu Wort gekommenen Mojib Latif. Auch dass „wichtige Aspekte der Klimawissenschaft noch immer ungeklärt“ seien, klingt hochverdächtig nach den langjährigen durch die fossile Industrie gesäten und bezahlten Zweifeln an den Warnungen. Wersei aber die persönlich mit „Verlusten“ verbundene Klimarettung nicht will, wird seine Aussagen begierig aufsaugen und zitieren.

Seit Jahren sind die Vorhersagen der Wissenschaft immer wieder von den Realitäten und Messwerten überholt und hinsichtlich Tempo und Dramatik übertroffen worden. Dennoch scheinen die allermeisten Menschen nicht durch „Panik“, Resignation oder Hoffnungslosigkeit gelähmt zu sein, sondern weit mehr durch Tunnelblicke, andere Prioritäten und mangelndes ernst nehmen der Entwicklungen. Diese Sorge sollten alle verantwortlichen, Wissenschaftler und Journalisten vorrangig angehen, und nicht die angebliche Gefahr der „Panik, Hoffnungslosigkeit, Resignation oder Stillstand“. Greta Thunberg sagte schon vor ein paar Jahren — mit Recht — sinngemäß: „Handelt so, als ob euer Haus in Flammen steht, denn das tut es!“. Die Frage ist weniger „Wird es gut gehen oder nicht?“, sondern „Was und wieviel davon müssen wir tun, und wie schnell müssen wir es tun, damit es — noch — gut geht?“ Greta Thunberg sagte als Antwort auf die Frage, was sich denn ändern müsse: „Alles muss sich ändern“. Auch Journalisten sollten die Experten nicht aus Wunschdenken oder, weil es die Leser/Hörer so lesen/hören möchten, fragen oder gar bitten: „Können sie uns noch Hoffnung machen?“, sondern „Was muss geschehen, damit Hoffnung noch gerechtfertigt ist? Was müssen die Regierungen und was müssen wir alle tun dafür?“ Greta Thunberg hat auch die Forderung nach Hoffnung machen abgelehnt, wenn oder solange die Bedingungen dafür — die nötigen Taten oder Unterlassungen und Bereitschaften — nicht vorhanden sind. Die Hoffnung muss erarbeitet werden und nicht nur herbeigeredet oder herbei gefordert oder „erkämpft“. – Peter Selmke

In der Titelzeile heißt es: es gibt nur einen Weg. Aber dann steht am Ende nur der eine dürre Satz: die Befreiung von fossilen Energien. Nichts davon, dass die Bürger durch eigenes verantwortungsvolles Handeln viel beitragen können. Wahrscheinlich gibt es nicht viele Menschen in Deutschland, die keine Angst vor der Klimakrise haben und dringendes Handeln für notwendig halten. Aber ich kenne nur sehr wenige, die daraus die Konsequenzen ziehen, die z.B. weniger Fliegen und Autofahren (besonders die Alten, die sind schon genug gereist), weniger Fleisch essen, weniger Klamotten kaufen, Wasser und Heizung sparen (18 Grad genügen – man gewöhnt sich dran!) usw. Es wird immer vom mündigen Bürger gesprochen, aber wo ist er?

Ganz einfach macht man es sich, wenn man darauf hofft, dass es neue Erfindungen geben wird, die alles zum Guten ändern. Siehe FDP.Es wird uns viel zu leicht gemacht, die Schuld auf andere zu schieben. Etwa auf die Regierung, die macht zu viel Druck, die schreibt uns was vor, spricht Verbote aus, das lehnen wir ab und deshalb haben die selber Schuld, wenn wir nichts machen.

Oder man denkt: das kleine Deutschland ist sowieso unwichtig. Sollen doch China und Indien erstmal was machen. Wobei sie verkennen, dass beim CO2 – Ausstoß nach den USA und China nicht Deutschland, aber Deutschland mit der EU an dritter Stelle liegt und dass beim Pro-Kopf-Ausstoß jeder Deutsche doppelt so viel CO2 in die Luft pustet wie der weltweite Durchschnitt. Wir Deutschen können also sehr wohl viel bewirken. Aber es ist schon richtig, die Regierung muss klarer erklären, warum sie was macht und was das für positive Erfolge hätte. Mehr Psychologie wäre schon wichtig.

Es würde für die Bürger schon Einschränkung, Verzicht, Zurückschrauben bedeuten. Ich erlebe stattdessen die Grundeinstellung hier, sowohl beim Einzelnen als auch bei der Politik: das Wichtigste ist, den Wohlstand zu erhalten, man will es schließlich guthaben.

Ich verstehe die Menschen einfach nicht. Wie kann man es gut finden, wenn es uns persönlich noch 10 Jahre gut geht (nachdem es uns schon 70 Jahre gut gegangen ist, solange wie keiner Generation vor uns!), dafür unsere Kinder und Enkel dann aber hungern, an Wassermangel leiden, den Hitzetod sterben oder elend verkommen. Kann es das wert sein? Wir meinen nach dieser langen Phase des Gutgehens, dass wir ein Recht auf das Gutgehen haben. Aber indem es uns gut geht, nehmen wir anderen etwas weg. Was ist das nur für eine jämmerliche, selbstgerechte, egoistische, unverantwortliche und (Entschuldigung) dumme Haltung. Und dann tut man so, als ob Verzicht etwas ganz Schreckliches und Unzumutbares ist. Nein, ist es nicht. Wenn man für das große Ganze verzichtet, kann das sehr zufriedenstellend sein. Und dazu noch wirkungsvoll. Jeder Einzelne kann dazu beitragen. – Adelheid Becker

Zweifellos braucht niemand ein solches Urlaubserlebnis! Letztlich sind doch aber alle Urlauber, wenn auch auf Umwegen, wieder gesund in ihr geschütztes Zuhause zurückgekehrt. Daraus ein Albtraumszenario zu stilisieren und gleichzeitig kein Wort für Tausende Einheimischer zu finden, die ihre komplette Lebensgrundlage verloren haben, lässt leider jegliche Empathie vermissen!

 – Klaus Kroek

Alarmstufe Heiß – betrifft mich nicht. Was tun angesichts brennender Wälder, zu warmer Meere und dramatischer Hitzewellen? Es gibt nur einen Weg- rein in den Flieger und ab nach Rhodos! Während die Insel brennt und viele Menschen alles verloren haben, während viele freiwillige Helfer ihr Leben riskieren, fliegen trotzdem Touristen in ein Katastrophengebiet. Man hat gebucht, bezahlt und den Urlaub hat man sich schließlich auch wirklich verdient. Die CO2 Emissionen werden im nächsten Jahr die Situation sehr wahrscheinlich weiter verschärfen, aber man muss schließlich auch an die Menschen denken, die vom Tourismus leben. Also alles richtig gemacht. Kein Raubtier beraubt sich seiner eigenen Existenzgrundlage. Die Menschheit jedoch schon. – Andreas Löbbers

In Ihrer Berichterstattung zur Klimakriese und deren Ursachen, scheint mir Ihre Betrachtungsweise sehr stark auf Kohlenstoffemissionen und die Verwendung fossiler Energieträger gerichtet zu sein (siehe „Alarmstufe Heiß“, Die ZEIT vom 27.07.2023: „Es gibt nur einen Weg“). An dem Ansatz, dass wir die Verwendung der fossilen Energieträger radikal kürzen müssen, ist absolut nichts auszusetzen. Jedoch greift diese Strategie, welche lediglich das Einsparen von CO2 mit technischen Mitteln berücksichtigt, bei einer so umfassenden und existenziellen Krise, viel zu kurz. Wir müssen endlich mit einbeziehen, dass mit unserer Wirtschaftsweise eines grenzenlosen Wachstums, ein Raubbau an unserer Erde vollzogen wird und wir in gravierendem Maße in die Ökosysteme unserer Erde eingreifen. Beispielsweise sind natürliche Wasserkreisläufe u.a. durch Begradigung und Stauung von Flüssen gestört, Urwälder werden für den Anbau von Futterpflanzen abgeholzt, Böden werden für Monokulturen ausgelaugt und mit chemischen Düngern und Pflanzenschutzmitteln in tote Wüsten verwandelt.

Die Ökosysteme unserer Erde sind die lebendigen Organe, welche das Klima unserer Erde ausgewogen halten und unsere Mutter Erde bewohnbar machen. Daher muss der Ansatz zum Überwinden der Klimakrise ganzheitlicher Natur sein. Neben den CO2-Einsparungen muss zwingend auch die Landwirtschaft in den Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit rücken. Mit den Methoden der Regenerativen Landwirtschaft wird der Humus-Anteil im Boden wieder nachhaltig erhöht. Das dient nicht nur der Kohlenstoffspeicherung, sondern macht die Verwendung von chemischen Düngemitteln etc. überflüssig. Nachhaltige Forstwirtschaftsmethoden und ein gesunder Boden helfen mehr Wasser zu speichern und lassen längst versiegte Quellen wieder sprudeln. Das sind keine Märchen. – Das ist unsere Zukunft, wie sie in kleinen Oasen bereits Wirklichkeit wird (siehe „Rebellen der Erde“, Benedikt Bösel, Scorpio 2023). CO2 ist am Ende nur eine Möglichkeit des Messbarmachens und Monetarisierens der Klimakriese. Unser Herz sagt uns aber, das kann nicht die ganze Wahrheit sein!

Peter Irmler

Vielen Dank für Ihren Artikel Alarmstufe Heiß. Auch dieser Artikel wird, wie leider so viele davor und danach, nicht den Effekt haben, den Sie sich vielleicht erhoffen. Noch wird er, wie ich fürchte, bei Ihren Leser*innen oder gar Entscheider*innen einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Ihre Klimakatastrophenberichterstattung weist liebevollste Details auf und spart nicht mit Alarmismus und Katastrophenszenarien. Aber noch immer weigert sich Ihr führendes meinungsbildendes Medienunternehmen öffentlich zu bekennen: „Die Klimakatastrophe ist so ernst, dass wir uns selbst als Redaktion und Verlag sofort maximal dafür einsetzen, so klimaneutral wie möglich zu werden. Wir verwenden deshalb ab sofort nur noch klimaneutralen Strom, achten bei unseren Recherchen, Prozessen und selbst bei den Arbeitswegen und Dienstreisen unserer Mitarbeiter auf maximale Klimaneutralität. Auch werden wir fortan darauf verzichten, Anzeigen abzudrucken, die klimaschädlichen Luxus anpreisen, wie z.B. SUVs, Fernreisen, Supersize-Möbel, Billigfleisch, etc., denn ähnlich schädliche wie der Tabakkonsum ist unser aller luxuriöser klimaschädlicher Konsum, wenn nicht sogar noch viel schädlicher! Wir können nicht warten, bis es ein gesetzliches Verbot für klimaschädliche Werbung gibt, deshalb handeln wir schon jetzt! „

Schließlich ist es doch so, dass so lange die Zeit Werbung für SUVs, Kreuzfahrten, Fernreisen und ähnlich klimaschädlichen Luxus macht, lockt sie mit Ihren Katastrophen Artikeln Käufer und Klicks um durch eine noch höhere Auflage von Ihren Anzeigenkunden noch höher Preise für das Abbilden der geschalteten klimaschädlichen Werbung verlangen zu können.

Wenn Sie den Inhalt Ihres Artikels selbst irgendwie als Verlag und Redaktion ernst nehmen, dann müssten Sie schnellstens uns allen ein meinungsbildendes Vorbild sein. So wie Sie als Journalisten bei anderen Unrecht und die unlautere Verknüpfung von Interessen anprangern, so müssten Sie doch auch diskutieren und zuzugeben, dass Sie als „Gesamtproduktion“ sowohl den Biedermann als auch den Brandstifter der Klimakatastrophe spielen. Ihre Artikel berichten neutral, aber die damit dargereichte Werbung appelliert, emotionalst SUVs, Flugreisen, Kreuzfahrten usw. zu kaufen. Ja, Ihr Verlag selbst ist Veranstalter der Zeit Leserreisen mit dem luxuriösesten und klimaschädlichsten Angebot an Reisen. Sie suggerieren journalistisch Neutralität, aber Ihr Geschäftsgebaren als Verlag signalisiert: „Komm, kauf das SUV, dass unser Anzeigenkunde gerade anbietet, dann können wir nächstes mal mehr für den Anzeigenplatz verlangen, beeil dich, buch bei uns noch schnell deine letzte (Ant-)Arktis-Kreuzfahrt, denn unser Wissenschaftsredaktion sagt, dass es den Eisbären und Pinguinen dort schon bald an den Kragen geht!“ Ach so, Sie denken, erst muss die Politik es für alle gleich machen und Sie zwingen, was fürs Klima zu tun, bzw. Sie finden noch immer, dass doch bitte erst die Menschen in China oder Indien sich einschränken sollen. Sie wollen also sich so unpolitisch wie möglich verhalten und dadurch höchst politisch sein ohne es zu wollen, denn mit dieser bisher von den Medien eingenommen Haltung signalisieren Sie fortlaufend an alle anderen: „Wir müssen uns nicht bewegen,  Sie  also auch nicht, wir machen alle weiter wie bisher und warten ab bis die Politik und die Menschen in China und Indien die Klimakatastrophe für uns lösen. So lange genießen wir weiter aufs vollste unsere Möglichkeiten und Privilegien!“ Und wenn dann die Politik von uns Einschnitte verlangt, dann heulen Sie mit den Populisten Aiwanger, AFD und FDP um die Wette, wie undurchdacht und ungerecht das alles ist?

Der Stern hatte mit seinem Titel: “Wir haben abgetrieben“ großen Einfluss auf §218. Der Spiegel legte sich mit seinem Titel „Bedingt abwehrbereit“ bewusst mit der Executive an. Wo bleibt der entsprechende Einfluss der 4. Gewalt, wenn es ums Klima geht? Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie einmal, ähnlich wie der Stern oder der Spiegel eine Ausgabe über den folgenden Zwiespalt der Medien machen:

Medien verdienen an der geschalteten Werbung für klimaschädliche SUVs, Fernreisen, usw. und wenn dann der dadurch gestiegene Konsum Klimakatastrophen verursacht, dann verdienen Sie nochmal an den höheren Klick- und Verkaufszahlen durch die Katastrophen Schlagzeilen. Der Teufelskreis ist dann für sie perfekt, denn die Reichweite der klimaschädlichen Werbung nimmt zu und Sie können dadurch wiederum höhere Preise für die geschalteten Anzeigen verlangen. Machen Sie dies zu einem Sonderheft, das selbst maximal klimaneutral ist. Ähnlich wie Sie in den 90er Jahren ein ZEITmagazin mit dem Blut vergewaltigter Frauen aus dem Jugoslawienkrieges gedruckt haben. Das war eine Weltpremiere und hat Ihre Reputation als meinungsführendes humanistisches Blatt gefestigt. Worauf warten Sie? Oder wollen Sie sich auf ewig AFD, FW und FDP-mäßig wegducken? – Klaus Siersch

Leserbriefe zu „Die jetzige Regierung, die jetzige Gesellschaft, (ist) die letzte, die noch eine Chance hat, den Kurs in eine Klimahölle mit Milliarden Todesopfern zu verhindern.«

Streit, verschiedene Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen

Steven Koonin steht am Ufer eines Teiches, dessen vor 29 Tagen eingepflanzte Seerosen sich jeden Tag um das Doppelte vermehren und bereits den halben Teich bedecken und am 30sten Tag den ganzen Teich, und verkündet: „Seht doch wie schön das bisher war, und warum sollte es auch morgen nicht genau so herrlich sein? “ Weil das Wachstum exponentiell ist und der Teich in nur noch einem Tag komplett überwuchert sein wird, Mister Koonin. Und das gilt auch analog für die exponentielle CO2-Zunahme in der Atmosphäre.

Ginge die exponentielle Zunahme der CO2-Konzentration ungebremst weiter, so hätten wir in 120 Jahren einen Anteil von rund 580 ppm. Das entspricht in etwa der geschätzten Konzentration vor rund 50 bis 250 Millionen Jahren. Die Durchschnittstemperatur war um 5 bis 8 Grad angestiegen und etwa 90 % aller damaligen Lebewesen starben aus. Unserem Wohlergehen droht aber nach Ihrer Schlussfolgerung nur „…ein unwesentlicher Schaden“, selbst wenn Kipppunkte eintreten würden.

Mister Koonin, ab in die Uni und Seminare zur Regelungstechnik belegen. Ach, es reicht schon eine Auffrischung zu Exponentialfunktionen an der Highschool. Und noch eins: Verwechseln Sie bitte nicht Szenarien (wie vom IPCC aufgestellt) mit Voraussagen, wie Sie es nennen. Dieser Fehler wurde schon seinerzeit beim Club of Rome gemacht. – Reinhold Knapp

„Wissenschaftlich lässt sich die Vorhersage von einer Eisberg-Kollision, die zum Untergang der Titanic führt, nicht bestätigen.“ Liebe ZEIT, das hat damals, wissenschaftlich gesehen, sicherlich gestimmt. Es kommt immer auf die Fragestellung an. „Milliarden Todesopfer“ – an diese Schätzung der Letzten Generation wollten Sie sich also klammern, um von WissenschaftlerInnen doch noch einmal versichert zu bekommen, dass alles nicht so schlimm ist?

Und tatsächlich: Die Schäden werden, wissenschaftlich gesehen, weniger als Milliarden Menschen betreffen. Vor allem, wenn es keinen Nuklearkrieg geben wird. Es werden nur viele Millionen Menschen ihre Heimat verlieren, das Artensterben wird verheerend sein. Und so weiter. Die von Ihnen befragten WissenschaftlerInnen haben gewissenhaft auf Ihre Frage geantwortet. Trotzdem sind die Folgen der Klimakatastrophe aus ihren Antworten zu entnehmen. Wenn man sie sucht. Wer möchte, kann aber jetzt fröhlich verkünden: „Die Letzte Generation lügt!“ Wollten Sie das erreichen?

Claudia Stursberg

Wenn man davon ausgeht, dass eine Generation etwa 25 Jahre dauert, darüber hinaus das Jahr 2021, den Beginn der Aktionen der letzten Generation, als Startpunkt nimmt, landet man im Jahr 2046. Da bis zum Jahr 2046 alle wesentlichen Kipppunkte für eine Chance zur Rettung des Weltklimas überschritten worden sind und eine Umkehrung nicht mehr möglich sein wird, hat die letzte Generation mit Ihrem Zitat voll ins Schwarze getroffen. Es werden Millionen Menschen bis 2046 durch den Klimawandel sterben und danach Milliarden in der Klimahölle. Allein eine fortwährende Diskussion über dieses Thema dient der Infragestellung der Notwendigkeit des jetzigen Handelns. – Herbert Büttner

Danke immer wieder für eure Rubrik „Streit“ (ja, wir brauchen verschiedene Stimmen & Einschätzungen), danke diesmal für die 4 Stimmen der Forschenden zum Letzte-Generation-Zitat (spannend, die verschiedenen Perspektiven), danke generell für eure immer wieder fundierte Berichterstattung über Klimathemen & die Rubrik Green – davon lese ich alles!! Ach ja, und danke für den Gedanken von der Titelseite: „Das erfolgreichste Mittel gegen extreme Demokratieverächter sind selbstbewusste und kluge Konservative.“ – Anja Schäfer

Was die meisten Menschen nicht bedenken, dass die Klimaprognosen auf Modellierungen beruhen, also Hochrechnungen am Computer sind, die aber in der Regel, neben anderem, nicht das menschliche Verhalten berücksichtigen, weil es so schlecht in Zahlen auszudrücken ist. Natürlich gibt es Krisen, die eine Katastrophe sind (Ukraine), doch in der Regel kann man Krisen auch als Herausforderung ansehen. Das gilt vor allem unseren jungen Menschen: Je besser sie ausgebildet sind und je mehr sie in die Hände spucken, desto eher werden sie kreative Lösungen finden. – Ursula Augener

„Die letzte Generation“ fordert dazu auf, „den Kurs in die Klimahölle zu verhindern“ – und was ant-wortet die Elite der Klimawissenschaften? Sie antwortet mit Phrasen, ohne Inhalte – eine Auswahl: Demnach geht es um „… Hoffnung auf eine gute, kluge Politik…,“,“… es gilt Entscheidungen mit An-passungen zu verbinden, um aufzurütteln, den richtigen Pfad zu finden für global abgestimmte politische Maßnahmen…“, „… nur Regierungen haben die Macht, Milliarden Klimatote zu verhindern …“, „…eine kluge Klimapolitik muss abwägen zwischen der Wirksamkeit verschiedener Reaktionen…“.

Hohle Worte, der Kern wird nicht angesprochen: „unser“ energiegestütztes globales Wachstums-modell bestimmt seit etwa 1850 unsere Zivilisation – was ist der Preis? Eine globale Sackgasse: fossile Energien befeuern das Klima der Erde. Kein Wort wird darüber verloren, dass der gerade eingeschla-gene Weg in eine elektromagnetisch getragene Zukunft keine Zukunft haben darf: Wir brauchen Wachstum ohne Energieabhängigkeit – wie es uns die Natur vormacht. Nur dann werden wir (wieder) ein befriedetes Verhältnis zur Natur, zum Klima bekommen. – Otto Ulrich

Diese Recherche bringt etwas Licht in die verschiedenen Beschwörungen und Fantasien. Das weitere Wachstum der Wirtschaft,der Bevölkerung und des Ressourcenverbrauchs findet jedoch keine Beachtung. Die Folgen der weiter ansteigenden Emission klimaschädlicher Gase in China und in Entwicklungsländern hat immer noch niemand in seine Betrachtungen einbezogen. Sie scheinen geradezu ein Tabu zu sein. – R. Reiger

„Ist das wahr?“ Nein, ist es nicht! Es sind nicht nur die apokalyptischen Zukunftsvisionen der hirnverbrannten Klima-Kleber sondern auch die Hiobsbotschaften von Politikern, die der gewaltigen Komplexität des Themas trotzen und mit wissenschaftlich nicht belegbaren Zahlen über Millionen Todesopfer Angst verbreiten. Hatten wir das nicht schon bei den Themen Stickoxid, Feinstaub, Ozon usw.? Dabei überrascht immer wieder, mit welch einer Präzision Zeitpunkte bis zum Erreichen der „Dekarbonisierung“ oder der „Kipppunkte“ quasi amtlich festgelegt werden, so, als ließe sich die Temperatur der Erderwärmung am Thermostaten per Regierungsbeschluss einstellen. Das Ganze unter dem Aspekt, dass Treibhausgase ca. 9 bis zu 150 Jahre in der Atmosphäre verweilen! Für den Abdruck der Einschätzungen von vier renommierten Wissenschaftlern zum Thema „Klimahölle mit Milliarden Todesopfern“ gebührt der ZEIT mein ehrlicher Dank. Es überrascht nicht, dass die Meinungen der vier Personen durchaus in Teilen divergieren, denn es zeigt sich deutlich, wie sehr die Menschheit mit dieser Materie überfordert ist. Erfreulich ist zumindest, dass ein Weltuntergang auch nach dem Verfehlen politischer Klimaziele nicht wahrscheinlich ist.

Ich denke, dass sowohl ein Aufhalten oder gar ein Zurückfahren der Erderwärmung aus ganz plausiblen Gründen scheitern wird: Erstens ist es die unfassbare Bevölkerungsexplosion mit einem Anstieg von 350 Millionen auf 8 Milliarden Menschen in nur 2.000 Jahren. Dies ist die (unlösbare) Hauptursache aller gegenwärtigen und zukünftigen Probleme auf diesem Planeten. Zweitens ist die von den Wissenschaftlern geforderte konzertierte globale Aktion, die Energieerzeugung durch Verbrennen fossiler Energieträger zu stoppen, aussichtslos, da sie an nationalen Einzelinteressen scheitert. Allein China, die USA, Indien und Russland zusammen emittieren etwa 2/3 des von Menschen verursachten globalen CO2- Ausstoßes. Selbst innerhalb der EU- Länder gibt es durchaus unterschiedliche, egoistische Auffassungen zur Frage der Klimapolitik. Drittens: Selbst, wenn alle Länder dieser Welt sich dazu entschlössen, auf saubere alternative Energien umzustellen, wären unvorstellbar gigantische Massen an konventionellen Materialien wie Eisen, Stahl, Aluminium, Kupfer notwendig (Windkraftanlagen fallen nicht vom Himmel). Dazu ist die Nutzung fossiler Energieträger unumgänglich. Derzeit befinden sich global über 1.300 Kohlekraftwerke in der Planung und im Bau!

Mein Fazit: Der unbestrittene Klimawandel infolge der Erderwärmung ist nicht aufzuhalten. Aufgehetzte Klimaaktivisten sollten ihre sinnlosen, gesetzwidrigen Aktionen einstellen und Politiker sollten ihr Schaulaufen auf Klimakongressen beenden, denn sie belügen sich selbst und ihre Mitmenschen. Selbstverständlich bleibt es Aufgabe jeder verantwortungsvollen Gesellschaft, eine Wende zur sauberen Energieerzeugung zu realisieren, dies aber mit vertretbaren Mitteln und ohne Selbstbetrug hinsichtlich des Klimawandels. Zukünftige Schwerpunkte politischer Planung werden geeignete Maßnahmen zum Schutz der Menschen vor den Folgen des Klimawandels sein, z.B. der Erhöhung von Schutzdeichen in hochwassergefährdeten Gebieten, städtische Schutzzentren und der Ausbau von Rettungs- Infrastruktur. – Michael Deil

Sie stellen eine Frage: Ist das wahr? Die Antworten der vier Protagonisten können nicht befriedigend ausfallen, da schon die Fragestellung unvollständig ist: “ Die jetzige Regierung, die jetzige Gesellschaft, (ist) die letzte, die noch eine Chance hat, den Kurs in eine Klimahölle mit Milliarden Todesopfern zu verhindern.“ Warum stimmt diese Aussage nicht? Sie ist einfach äußerst unpräzise: In welchem Zeitraum z.B. können diese Milliarden Todesopfer auftreten? Ab wann von heute aus gerechnet? Die „Milliarden Todesopfer“ treten langsam und schleichend ein. Z.B. sind vor zwei Jahren in Deutschland bereits mehr als 180 Menschen ums Leben gekommen – Resultat einer Klimafolge, Extremwetter Starkregenereignis. Ein Anfang sicherlich. Und so geht es nun weiter: In Griechenland kommen Menschen bei ausgedehnten Waldbränden um, in Italien durch Überschwemmungen und Brände, in Afrika durch Dürren und Hungersnöte usw.

Die Milliarden Todesopfer treten also nach und nach, schleichend ein. Genug Gelegenheit für die Klimawandelleugner jedes einzelne Ereignis anzuzweifeln: War das jetzt eine Folge des (nicht vorhandenen) Klimawandels oder einfach die ganz normale, übliche Katastrophe? Allerdings sehe ich die Gefahr durchaus, dass der Klimawandel zwar nicht unmittelbar aber eben mittelbar Milliarden Todesopfer fordern könnte: Die Konflikte um immer knapper werdende Ressourcen, z.B. sauberes Trinkwasser und Nahrungsmittel, nehmen weltweit zu. Die Gefahr ist m. E. sehr real, dass diese Konflikte eines Tages, in naher oder ferner Zukunft in einen großen Krieg ausarten. Bei Einsatz des nuklearen Arsenals der Atommächte können so ziemlich sicher mehrere Milliarden Todesopfer verursacht werden – eine mittelbare Folge des Klimawandels. Diese Gefahr ist m.E. sehr real! Auch deswegen ist es für die Menschheit überlebenswichtig, alles dafür zu tun, eine weitere Erwärmung der Atmosphäre zu verhindern – und zwar sofort! – U. Chilian

Um die Frage im Titel des Artikels zu beantworten, muss geklärt werden, wer mit «die jetzige Regierung, die jetzige Gesellschaft» gemeint ist. Außerdem wer alles für den «Kurs» verantwortlich ist. Es geht um eine Aufgabe, die nicht von einer einzelnen Regierung gelöst werden kann. Und eine Weltregierung gibt’s ja nicht. Die Aufgabe kann nur gemeinsam gelöst werden von allen, die das Klima beeinflussen. Und dazu müssen zunächst die Grundlagen benannt werden, muss die Frage beantwortet werden, warum wir in die Situation gekommen sind und warum wir nicht früher richtig reagiert haben. Dies ist auch nötig, um die Verantwortung erfolgversprechend verteilen zu können. Die wichtigste Ursache für Versäumnisse liegt an einer perfiden Eigenschaft des exponentiellen Wachstums. Vor der letzten Verdoppelung ist anscheinend alles OK, danach ist Sense. Steven Koonin (Wissenschafts-Staatsekretär der Obama-Regierung, Physiker und Autor von «Unsettled: What Climate Science Tells Us, What It Doesn’t and Why It Matters») beschreibt das exponentielle Wachstum so: Seit 1900 hat sich die Weltbevölkerung verfünffacht und die Wirtschaftsleistung pro Kopf versiebenfacht. Einer Radiosendung im Juli 2023 zum gleichen Thema war zu entnehmen, dass sich die Weltbevölkerung in den letzten 50 Jahren verdoppelt und die Wirtschaftsleistung vervierfacht hat.

Die Klima-Krise zeigt, dass das exponentielle Wachstum nicht weiter gehen kann und daher auch nicht weiter gehen wird. Offen ist nur, ob die Landung weich oder brutal hart ist. Für die Menschheit ist die Entwicklung, die zur Klima-Krise geführt hat, anscheinend ebenso überraschend wie für ein Schulkind die richtige Antwort auf die folgende Frage: Eine Seerose verdoppelt ihre Fläche pro Jahr. Nach 10 Jahren ist der halbe See bedeckt. Wie lange dauert es, bis der ganze See bedeckt ist? Es dauert eben nicht 10 nicht 5 und auch nicht 2 Jahre, sondern genau 1 Jahr. Die Menschheit ist zwar nicht so homogen wie eine Seerosenart, aber genau das ist das zusätzliche Problem, das eine Lösung erschwert. Läge die Geburtenrate weltweit wie in Korea unter 1, wäre das Problem lösbar (Halbieren der Kopfzahl pro Generation), bei einer weltweiten Geburtenrate über 5 wie in Nigeria sicher nicht. Natürlich, in Korea ist der Fußabdruck weit höher als in Nigeria, aber das ließe sich technisch kurzfristig reduzieren. Hingegen was etwa Nigeria betrifft, ist die weithin akzeptierte Überlegung die, dass die Geburtenrate schon mal sinken wird, wenn die Wirtschaftsleistung pro Kopf sich nur ausreichend in Richtung der Wirtschaftsleistung von Korea bewegt. Wie das mit dem Lösen der Klima-Krise vereinbar ist, bleibt offen, ebenso wie die Frage, wie die Geburtenrate Nigerias aussehen wird, wenn die Weltbevölkerung bei 10 Milliarden ist. Vielleicht gibt es ja Überlegungen dazu, was dann in Nigeria eine nachhaltige Geburtenrate bewirken kann. Doch wenn dem so ist, stellt sich die Frage, warum diese Überlegungen nicht schon heute genutzt werden. Der Vergleich mit Korea und Nigeria wurde hier genutzt, um die ökonomischen und demographischen Gräben innerhalb der Menschheit zu illustrieren. Diese Gräben dürfen nicht als Anlass zu gegenseitigen, unproduktiven Schulzuweisungen genutzt werden. Das Wachstum von Kopfzahl und Konsum muss beides gebremst werden. Beides Wachstum ist miteinander verknüpft auch insofern als beides durch den technischen Fortschritt ermöglicht wurde. Notwendig ist, dass Perspektiven genutzt werden, die nicht mit Wachstum verbunden sind. Zusätzlich zur technischen Kreativität müssen andere Kreativitäts-Potentiale genutzt werden. Vergleiche dazu das Buch «Die Technik reicht nicht. Was ist nötig damit die Menschheit noch lange gut fortbestehen kann.» BoD 2016. – Gernot Gwehenberger

Nennen Sie das eine sachliche Diskussion? In der Streit-Rubrik zur Frage, ob wir die letzte Generation sind, die den Kurs in eine Klimahölle verhindern kann, fassen Sie die vier Beiträge wie folgt zusammen: Die angefragten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler „kommen zu unterschiedlichen Einschätzungen der Risiken des Klimawandels“ und „wissenschaftlich lässt sich die Vorhersage von Milliarden Todesopfern nicht bestätigen“. Damit ist die Argumentation der „Letzten Generation“ wohl ausgehebelt. Wie kommen Sie zu diesem Schluss?

Frau Boetius und Frau Otto sprechen von mehreren Millionen Menschen, die wegen des Klimawan-dels sterben werden. Ist das weniger schlimm? Allein Herr Koonin sieht keine Dringlichkeit für sofortigen Klimaschutz und spricht davon, dass bei doppelter Erderwärmung (über 2,5 °C) „der Menschheit durch den Klimawandel nur ein unwesentlicher Schaden droht“ und „hypothetische Kipppunkte […] nur minimale Auswirkungen auf die globale Wirtschaftsleistung [hätten]“. Dies soll als Schlussfolgerung im IPPC-Bericht stehen? Wo doch Frau Otto und Herr Marotzke als leitende Mitarbeiter des IPPC-Berichts auf die Dringlichkeit von mehr Klimaschutz hinweisen.

Damit geben Sie all denen eine „wissenschaftliche“ Stimme, die die Gefahren des Klimawandels nicht sehen wollen und lieber weiter machen wie bisher. Das ist nicht der aktuelle Stand der Klimaschutz-Diskussionen und hemmt alle ehrlichen und sachlichen Bemühungen von Menschen, die auf die Notwendigkeit von mehr Klimaschutz in Politik und Gesellschaft hinweisen – und macht deutlich, warum sich einige Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten auf die Straße kleben. – Martina Skatulla

Das Spektrum der Antworten auf die Frage, wie sie die apokalyptischen Visionen der „Letzten Generation“ einschätzen, ist überraschend breit. Am einen Ende Frau Otto, die sagt. Ja, wir haben die Klimahölle bereits, allerdings sieht sie anders aus, als die, welche die Klima-Aktivisten an die Wand malen. Und am anderen Ende Herr Koonin, der sagt: „Alles nicht so schlimm, der Klimawandel kann ja sogar in manchen Fällen Vorteile haben“. Wenn ich das lese, fühle ich mich versucht, den Skeptikern einer engagierten Klimapolitik Recht zu geben, die argumentieren: „Die Wissenschaftler sind sich doch selber nicht einig“. Aber nein, das wäre nicht die richtige Reaktion, denn genau genommen besteht in den Einschätzungen von drei der vier Experten ziemliche Einigkeit. Nur die Position von Herrn Koonin weicht deutlich davon ab – vielleicht, weil er im Grunde nicht als Wissenschaftler, sondern als Politiker spricht? – Dirk Kerber

Ich mach’s einigermaßen kurz, ich bin jahrelange Abonnentin und lese Ihre Zeitung wirklich gern.

Aber gerade bin ich ziemlich schockiert und enttäuscht. In dem Artikel zum Zitat der Letzten Generation vom 27.8. lassen Sie Steven Koonin zu Wort kommen? Einen Wissenschaftler, der selbst nicht aus der Klimaforschung stammt, aber dafür bekannt ist – und zurecht von allen Seiten kritisiert wird – den menschlichen Einfluss auf das Klima kleinzureden sowie den wissenschaftlichen Konsens bezüglich entsprechender Zukunftsszenarien zu leugnen? Eine kurze Recherche genügt, um festzustellen, dass Koonin ein No-Go in diesem Kontext ist. Als Beispiel reicht allein schon sein Wikipedia-Artikel. Oder gerne etwas fundierter in dieser Rezension mit dem Titel „A New Book Manages to Get Climate Science Badly Wrong“. Er darf eine Einordnung darüber abgeben, ob das Zitat zu unserem zukünftigen Klima angemessen ist? Vielleicht dürfen als nächstes Manfred von der Tankstelle oder Shell und BP eine wissenschaftliche Einschätzung geben? Drollig. Wurde hier schlecht recherchiert oder gar absichtlich eine solche Meinung eingestreut? In jedem Fall inakzeptabel und gesellschaftlich fahrlässig. Ich hoffe, dass in Zukunft nicht häufiger solche Leute meinungsbildend eingesetzt werden, sonst bin ich als Abonnentin nicht mehr nur enttäuscht, sondern direkt weg. – Teresa Sophie Rath

Leserbriefe zu „»Vielleicht werden die Pippi-Bücher irgendwann nicht mehr gelesen«“. Gespräch mit Annika Lindgren geführt von Katrin Hörnlein

Ich habe ein Enkelkind und ein zweites ist unterwegs. Auf den Tag, an dem ich mit ihnen Astrid Lindgren – in den Ausgaben aus der Kindheit ihrer Mütter – lesen kann, freue ich mich schon jetzt. Wir werden uns gemeinsam auf die Suche nach der Bedeutung des Rosinenschrumplers machen, vielleicht auch einfach bloß fantasieren. Und wir werden darüber sprechen, warum man nicht mehr Neger sagt, warum überhaupt Menschen sich überlegen fühlen wollen, ob sie selber solche Situationen kennen (als „Täter“ oder „Opfer“), woher Vorurteile kommen, welchen vermeintlichen Benefit sie dem menschlichen Psycho-Haushalt bieten können … Das alles ist nicht möglich, wenn man Texte „säubert“. Das Wort Sensitivity-Reader jagt mir kalte Schauer über den Rücken. Und vor allem stellt sich mir die Frage: Wo ist die Grenze? – Ute Mank

Mit welchem Recht erlaubt sich die Enkelin von Astrid Lindgren, die Bücher ihrer Großmutter zu „modernisieren“? Für mich grenzen diese „Eingriffe“ an Zensur. Würde man nach derselben Logik auch einen Picasso übermalen oder eine Bach-Kantate umschreiben? Ist ja nicht mehr zeitgemäß und wird vielleicht heutzutage nicht mehr verstanden. Was wäre aus Homers Odyssee oder Goethes Faust geworden, wenn sich nachfolgende Generationen erdreistet hätten, ganze Passagen aus ideologischen oder moralischen Gründen umzuschreiben oder ganz zu entfernen? Begründet werden diese Maßnahmen dann ganz selbstherrlich mit dem „Gefühl das Richtige zu tun“. So wurden einst auch Bücherverbrennungen oder Verbannung von Lektüren auf den Index der verbotenen Bücher gerechtfertigt. Wo bleibt der Respekt vor den Autoren und ihren Werken, wenn jede Generation sich autorisiert fühlt, in den Texten herumzupfuschen? Die sog. Sensivity-Reader sollten sich lieber mal um gewaltverherrlichende Computerspiele kümmern. – Mia Herber

In meiner Kindheit (Jg. 1964) war ein Neger (vom lateinischen „niger“ = schwarz) ein Mensch mit dunkler Hautfarbe, der oder dessen Vorfahren aus dem Teil Afrikas kamen, den man damals Schwarz-Afrika nannte. Rassistisch konnotiert war hier null Komma null. Doch es scheint ein gutes Gefühl zu machen, vergangene Generationen pauschal des Rassismus zu bezichtigen. Die immer neuen Empörungen über den Gebrauch des „N-Worts“ zeugen abgesehen vom hohen Aufregungspotenzial allerdings vor allem von hoher sprachgeschichtlicher Ignoranz der Empörten. – Christian Schwarz

Die Bearbeitungs- und Übersetzungsgeschichte der Werke Astrid Lindgrens muss als ruinös bezeichnet werden. Dem Modernisierungs- und Eliminierungswahn sind schon Handlungsabläufe, Begriffe und Buchkapitel zum Opfer gefallen. Jetzt sollen vielleicht sogar „ganze Bücher“ der Autorin als unpublizierbar zurückgewiesen werden, weil sie nicht dem Zeitgeist entsprechen. Was heute ungebräuchlich, kryptisch oder missliebig erscheint, sollte nicht gestrichen, sondern sorgsam bewahrt werden. Lindgrens Enkelin Annika zerstört das Erbe der Großmutter. Annika ist nicht, wie Hörnlein schreibt, „Wächterin des Werks“, sie ist der Bock als Gärtner. Für die Interviewpartnerinnen ist Verkäuflichkeit anscheinend das maßgebliche Kriterium. Wäre der Redakteurin die Schamlosigkeit ihres Interviews aufgegangen, hätte sie zumindest sprachlich Distanz zu der interviewten Täterin halten können. Stattdessen greift sie selbst ins Begriffsarsenal der „Erweckten“ und verwendet das Zensur-Kürzel „N-Wort“. Damit macht sie sich mit der Zensorin gemein. Zu hoffen bleibt, dass die verhunzten Bücher demnächst tatsächlich „nicht mehr gelesen“ werden. – Walter Oldenbürger

Pippi hat mir mein tristes Kinder-Leben gerettet, denn sie war mein Vorbild. Ja, ich habe sogar wie sie mit den Füßen auf dem Kopfkissen geschlafen und mir ein rohes Ei auf die Haare geklatscht.

Pippi hat mich an der Hand genommen und aus der Stockbetthölle des hässlichen Kinderzimmers, das ich mit meinem kleinen Bruder teilte, in ferne Welten entführt oder einfach nur verrückte Sachen gemacht, die mich begeistert haben. Pippi hat mich meine, oft schlecht gelaunten Eltern, vergessen lassen und den bodenlos hässlichen Fasanenhof dazu. Ein Elendsviertel der Mietskasernen bei Stuttgart für sozial Abgehängte, Kriegsversehrte und deren Familien samt meinem Bruder und mir feindlich gesinnten Kindern. So habe ich das damals mit meinen 6 Jahren empfunden. Zum Glück hatte ich mir das Lesen selbst beigebracht und konnte mit Pippi – jeder Geburtstag ein Buch – diesem Horror entfliehen. Lang lebe Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf! – Karin Dix

Als Sie fragten, wieso AL, die eindeutig und mit allem Zorn gegen Rassismus Position bezieht, den Witz über 5 Schwarze in einer Kammer schreibt, kam mir folgende Überlegung in den Sinn:

Was, wenn dieser Witz nicht rassistisch ist? Wie Witze über Ostfriesen mit deren (vermeintlichen und zugeschriebenen) Wortkargheit spielen, spielt dieser Witz mit einer zugeschriebenen Hautfarbe. Was wenn die Überspitzung nicht die Zuschreibung affirmiert, sondern deren Absurdität vorführt? Was, wenn wir nicht über das Schwarze lachen, sondern die alberne Vorstellung, schwarze Menschen auf einem schwarzen Blatt zu übersehen? Angesichts der ausgewiesen aufklärerischen und emanzipatorischen Haltung von AL, sollte auch Jaqueline Woodson ihre eigene (verständliche) Sensibilität nicht zum Maß aller Menschen machen. Man kann das auch mal so sehen.

Ingo Klamann

Texte sind Dokumente ihrer Zeit und sollten nicht verändert werden. Gesellschaften verändern sich, Wertvorstellungen und Weltanschauungen verändern sich, politische Strömungen befeuern oder bremsen diese Entwicklungen, oft nur kurz, je nach Gesinnungslage oder dem Willen des jeweiligen Volkes. Aber wohin soll das führen, wenn jede Generation oder jeder aktueller und angesagter Mainstream mit „Sensitivity- Readern“ Texte immer und immer wieder verändern kann? Irgendwann werden die ursprünglichen Texte nicht mehr existieren oder zu verstehen sein. Setzt Fußnoten mit den notwendigen Erklärungen hinzu und lasst das Original unverändert. Ich lese aktuell Antonio Pigafettas Reisebericht der Magellanreise und Georg Forsters „Reise um die Welt“. Beide Bücher in der Sprache der Zeit geschrieben, gespickt mit unzähligen Fußnoten. Um die Gegenwart verstehen zu können, muss man die Vergangenheit kennen, so wie sie war. Wenn die Vergangenheit aber immer wieder verändert wird, können wir irgendwann daraus nichts mehr lernen und lehren. – Andreas Löbbers

Die Welt verbrennt auf allen Ebenen und wir beschäftigen uns mehr und mehr mit dem Umschreiben von Büchern, einen Seitenzweig der cancel-culture, die die weltlichen Kulturstaaten im Würgegriff hält.  Astrid Lindgrens Bücher müssen nun überarbeitet werden -modernisiert. Das müsste dann mindestens in jeder Generation so gemacht werden, denn wer weiß, wie man in 30 Jahren über den auf heute angepassten Text denkt.

Kulturen, die solchen Mechanismen Raum geben, haben den Kontakt zur Realität und den Problemen, die im Vordergrund stehen, vollkommen verloren. Oswald Spengler nannte diese Entwicklung den Untergang der Kultur, deren höchste, aber auch zugleich letzte Stufe die Zivilisation ist. Aber mit Sicherheit müsste sein Buch – „Der Untergang des Abendlandes“ auch umgeschrieben werden – sowie die Bibel oder gar der Koran. – Matthias Wohlfahrt

Leserbriefe zu „Das Grundrecht des Stärkeren?“ Streit von Thorsten Frei und Gerald Knaus

Das ist ja nicht auszuhalten, was diese beiden werten Herren da für einen Schmu von sich geben. Menschen in einen sicheren Drittstaat wie Ruanda abschieben? In ein Land, in dem es 1994 noch einen Völkermord gab und die Ärmchen und Beinchen kleiner Kinder von der umherziehenden Soldateska mit Macheten in Salamischeiben geschnitten wurden? Dahin wollen Sie, Herr Frei und Herr Knaus, Menschen hin abschieben? Dann machen Sie dort vielleicht vorher erst einmal selbst Urlaub! Der weiße Europäer leidet definitiv an einem Perspektiv- und Empathiemangel. Und ich dachte, es wäre nur Hybris! Als ob die Menschen in Nordafrika jetzt auf einmal damit aufhören würden, weiter nach Europa zu strömen, nur weil neue Gesetze beschlossen wurden. Da können Sie noch so viele Gesetze machen, wie Sie wollen. Die Menschen werden dennoch kommen. Wer lebt denn schon gerne freiwillig in einem autoritären Staat, wo noch nicht einmal die Existenzbedürfnisse wie sauberes Wasser, Unterkunft und Kleidung gewährleistet sind? Von Meinungsfreiheit mal ganz abgesehen! Man kann diesen Menschen nichts vorwerfen. Nur den wohlstandsverwöhnten Politikern*innen, die vorschlagen, Menschen zu Hunderttausenden vor der europäischen Grenze in fragwürdige Zeltlager unterzubringen. Die CDU ist sowieso nur ein Graus unserer bundesrepublika-nischen, deutschen Politik. Konservativ, wertebasiert, et cetera, et cetera. Ich kann das alles nicht mehr lesen. Dass unser Nachbarland Polen Flüchtlinge sich selbst überlässt, indem es sie in den polnisch-belarussischen Grenzbereich ausharren lässt, und ihnen keine Möglichkeit gibt, in einem Land Fuß zu fassen, spricht doch bereits Bände. – Michael Ayten

Knaus ignoriert, dass das Asylrecht und die dazugehörenden Konventionen nicht in Stein gemeißelt sind. Sie können modifiziert oder sogar ganz zur Disposition gestellt werden. Sollte der innere Frieden an irgendeinem Punkt durch den Zustrom gefährdet sein, wäre das die Ultima Ratio. Wahrscheinlich wird dieser Zeitpunkt (bald) greifbar, sobald die AfD mit der CDU gleichzieht. Dann käme nämlich die bisherige Koalitionsarithmetik ins Wanken und das Land würde nur noch einen Abwehrkampf führen oder doch die Rechten wie in vielen Ländern Europas einbinden. Auch aus dem Grund wären wirklich fundamentale Korrekturen schon prophylaktisch – Christoph Schönberger

Bei der Diskussion dieses Konzeptes sind sich Thorsten Frei und Gerald Knaus einig, dass irreguläre, also außerhalb der Kontingente aus UNHCR-Lagern in einem EU-Land aufgegriffene Einwanderer nicht in unsichere Drittländer abgeschoben werden dürfen (Non-Refoulement-Gebot). Statt nun mühsam wackelige Abkommen mit Staaten wie der Türkei oder jetzt Tunesien auszuhandeln, wäre es doch naheliegender, solche irregulären Einwanderer in eines der zahlreichen sicheren UNHCR-Lager zu bringen, schließlich werden diese durch die in der EU aufgenommenen Kontingente ja andererseits auch deutlich entlastet. Prinzipiell würden sich riskante Seereisen, mit oder ohne Schlepper, dadurch sehr schnell als überflüssig, weil sinnlos, herumsprechen. – Gebhard Boddin

Völkerwanderungen, gastliche Aufnahme und Gastrechts-Missbrauch sind so alt wie die Menschheit. Wir hatten somit genügend Zeit, zu lernen – und verweigern uns ausgerechnet in nie dagewesenem Wohlstand, die Dinge pragmatisch anzugehen. Unter Helmut Schmidt wäre es anders gelaufen!

Andreas Weng

Ja, es ist richtig, wir können nicht alle aufnehmen und diejenigen, die es bis nach Europa schaffen, sind gemessen an den weltweit, laut UNHCR, 108,4 Mio. Flüchtlingen, die Stärkeren. (ca. 35.000.000 davon fliehen ins Ausland). Die ärmeren Länder, die an die Krisen- und Kriegsgebiete angrenzen, nehmen die meisten Flüchtlinge auf. Das Sterben im Mittelmeer ist eine humanitäre Katastrophe und muss gestoppt werden. Die Flüchtlinge, die die Schlepper bezahlen können, sind in der Minderheit und sie wissen, dass die Überfahrt lebensgefährlich ist. Sie begeben sich wissend in diese Gefahr. Wie groß muss also ihre Not sein? Ich finde die Ausführungen sowohl von Herrn Frei als auch die von Herrn Knaus nicht überzeugend und im Kern inhuman. In dem Wissen, dass auch ich keine Lösung für das Flüchtlingsproblem habe und dass es einfacher ist zu kritisieren als Lösungen zu finden, möchte ich trotzdem ein paar Bemerkungen loswerden.

Herr Frei möchte die illegal Eingewanderten in sichere Drittstaaten abschieben, ohne das Recht einen Asylantrag überhaupt stellen zu können. Er möchte das individuelle Asylrecht in Deutschland durch eine Kontingentlösung ersetzen. Würde Herr Frei, der das Asylrecht für ein Grundrecht des Stärkeren hält, in dieses Kontingent denn die ärmeren, schwächeren, älteren und kranken Menschen aufnehmen.? Durch die Abschaffung des individuellen Asylrechts verraten wir unsere Werte, auf die wir doch so stolz sind und die wir anderen Ländern als Werte geleitete Außenpolitik unaufhaltsam unter die Nase reiben.

Die Auslagerung des Menschenwürdeschutzes: Sicherer Drittstaat am Beispiel Ruanda: Ruanda ist ein kleines, sehr armes und dicht besiedeltes Land, 26.338 Quadrat km, 13,3 Mio. Einwohner, Bevölkerungsdichte: 538 Einwohner pro Quadrat km, HDI: 165. Im Vergleich: Deutschland hat eine Bevölkerungsdichte von 236 Einwohner pro Quadrat km und einen HDI von 9. Ruanda wird autoritär regiert. Der hohe Bevölkerungsdruck ist eines der Hauptstrukturprobleme, hinzu kommen die Flüchtlinge aus dem Ostkongo. Ja, in Deutschland fehlen 700.000 Wohnungen und Kitaplätze etc. In Ruanda leben 60% der Menschen unterhalb, und 20% unterhalb der absoluten Armutsgrenze.

Und in dieses Land sollen nun allen Ernstes die Flüchtlinge abgeschoben werden, die wir nicht aufnehmen wollen.  Dort sollen dann, nach Herrn Knaus, mit Hilfe des UNHCR Asylanträge bearbeitet werden. D.h. Ruanda soll das leisten, was die EU nicht zu leisten bereit ist. Wie absurd und zynisch ist das denn. Auch wenn Ruanda autoritär regiert wird, ist die Entwicklung im Vergleich zu anderen afrikanischen Ländern positiv. Umso wichtiger wäre es, dass wir Ruanda in dieser Entwicklung unterstützen und nicht auch noch unsere Flüchtlinge dorthin bringen. Womit wir beim langfristigen Grundproblem wären. Was tut Deutschland wirklich, um die Fluchtursachen zu bekämpfen? Auch wir sind an der Entstehung von Fluchtursachen beteiligt, z.B. Waffenlieferungen, unfaire Handelsbeziehungen Klimawandel.

 Und noch etwas soll, stellvertretend für viel Menschen, nicht unerwähnt bleiben. Politiker und auch einzelne Arbeitgeber reisen für viel Geld in ferne Länder, um Fachkräfte anzuwerben. Und gleichzeitig werden Asylbewerber, so wie aktuell hier in Konstanz, abgeschoben, die gut integriert sind, Deutsch können, im interkulturellen Tanztheater engagiert sind und eine Ausbildung machen.  Sowohl das Theater als auch der Ausbildungsbetrieb möchte, dass diese Person bleiben kann.

 Diese inhumanen Widersprüche versteht doch kein Mensch mehr. – Petra Harink

«Der CDU-Politiker Thorsten Frei will das individuelle Recht auf Asyl abschaffen, weil es gerade den Schwächsten nicht helfe. Der Migrationsexperte entgegnet, Veränderungen seien zwar nötig. Aber Freis Idee hält er für gefährlich.» Tatsächlich sind Veränderungen nötig, denn beim Asylrecht macht sich eine grundlegende Schwachstelle immer mehr bemerkbar. Zu Recht wird gefordert, beim Asylrecht dürfe es keine Obergrenze geben bei der Zahl derjenigen, die eben ein Recht auf Anspruch haben. Sonst hätte das Asylrecht keinen Sinn. Doch da gibt es einen Zielkonflikt in Bezug aufs Realisieren des Asylrechts einerseits und aufs Garantieren des Menschenrechts auf Eigentum andererseits. Da es keine Obergrenze beim Asylrecht gibt, gibt es auch keine Obergrenze beim Ignorieren des Rechts auf Eigentum. Es ist daher absehbar, dass eine Situation eintritt, in der beide Rechte nicht gleichzeitig ausreichend garantiert werden können.

Vor einer ähnlichen Alternative steht man übrigens auch, wenn man das Sterben von Migranten im Mittelmeer oder der Sahara verhindern möchte. Dazu müsste man die Grenzen zu 100 % auf oder zu 100 % zu machen. Auch da würden offene Grenzen bedeuten, dass das Recht auf Eigentum weitgehend ignoriert wird. Es geht um das Recht der Einwohner der Zielländer auf langfristig finanzierbare Sozial-, Medizin- und Verwaltungs-Institutionen, auf Naturschutz, ausreichende Infrastruktur, etc.

Natürlich ist das Reduzieren oder sogar Aufheben eines Menschenrechts eine problematische Sache. Der Grund für die neue Notwendigkeit ist eine perfide Eigenschaft des exponentiellen Wachstums von Kopfzahl und Konsum der Menschheit. Vor der letzten möglichen Verdoppelung beider Größen war alles OK. Das Deklarieren des Asylrechts erschien – angesichts der vorhandenen Ressourcen – ein realisierbares Gebot der Menschlichkeit. Doch nach der vermutlich letzten möglichen Verdoppelung von Kopfzahl und Konsum reichen die Ressourcen nicht für beides, für sämtliche Rechte auf Lebensunterhalt und das Recht auf Eigentum. Wobei zu den ersteren Rechten das Recht auf Asyl gehört und das Recht, die Zahl seiner Nachkommen ohne Rücksicht auf die lokal vorhandenen Ressourcen zu wählen. Das übermäßige Nutzen dieses Recht bewirkt die katastrophalen wirtschaftlichen und politischen Situationen im globalen Süden, die letztlich auch dazu führen, dass das Asylrecht im Übermaß beansprucht wird.

Das Zukunfts-Problem der Menschheit basiert auf einer Art «Tragik der Allmend» Dabei ist die Allmend die Aufnahmekapazität der Erde für Kopfzahl und Konsum. Das Recht auf Eigentum wäre das geeignete Mittel gegen diese Art von «Tragik der Allmend». Da das Recht auf Eigentum nicht ausreichend anwendbar ist auf den Co2 Ausstoß, muss es auf andere Ressourcen angewandt werden. Das Ziel ist die Verantwortung in Bezug auf Kopfzahl und Konsum so zu verteilen, dass eine gute Zukunft für alle möglich ist. Schon seit jeher ist das Recht auf Eigentum der Garant fürs gute Fortbestehen der Menschheit und seit jeher gab es Änderungen, wenn sich die Rahmenbedingungen änderten. Einst galt: Wer etwas im Wert eines Stricks stiehlt, dem droht der Tod durch den Strick. Denn damals war es notwendig, dass die Felder bebaut und Vieh gezüchtet werden konnte, ohne das Risiko, dass der Aufwand umsonst war. Später verloren diese Überlegungen an Bedeutung und das Recht auf Eigentum konnte weniger brutal definiert werden. Heute zeichnet sich ab, dass das exponentielle Wachstum in Bezug auf Kopfzahl und Konsum der Menschheit nicht mehr weiter gehen kann. Das macht eine Erweiterung der Maßnahmen zur notwendigen Verteilung der Verantwortung nötigt. Das Aufheben oder Reduzieren des Asylrechts sieht brutal und egoistisch aus. Doch wir dürfen keine falschen Hoffnungen wecken, keine Verantwortung übernehmen, die wir langfristig nicht tragen können und die uns nicht zusteht. Das Lösen des genannten Zielkonflikts wird immer schwieriger. Daher ist es nötig, bald Lösungen zu suchen. – Gernot Gwehenberger

Zu einem Streit gehören eigentlich Kontrahenten mit deutlich unterschiedlicher Meinung. Doch beim Asyl gibt es anscheinend gar keinen echten Dissens: beide, der CDU-Politiker Frei und der Autor Knaus sind sich einig darin, abgelehnte Asylbewerber in Drittstaaten auszulagern. Was beide dabei vergessen: Ein solches „Outsourcing“ der Integration ist – wenn es gelingen soll – finanziell mindestens ebenso teuer wie die Integration im eigenen Land. Es reicht nicht, dem Drittstaat einfach ein paar Milliarden Euro rüberzuschieben und ihn dann mit den Flüchtlingen allein zu lassen. Es braucht vielmehr gezielte Investitionen, um den Flüchtlingen und auch den Bürgern des Drittstaats eine Zukunftsperspektive zu geben. Dies ist jedoch den Europäern zu teuer, deshalb hat der Türkei-Deal nur so lange funktioniert, wie Erdogan mit dem EU-Geld seine Wirtschaftskrise kaschieren konnte und deshalb werden solche Deals auch in Zukunft nicht funktionieren. Ein Drittstaat, der den Ansprüchen der EU nach einem menschenwürdigen Asylrecht genügt, würde bald selbst zu einem Ziel von Flüchtlingen, genau wie die EU-Staaten. Deshalb darf – aber diese Wahrheit sprechen beide „Kontrahenten“ wohlweislich nicht aus – der Drittstaat es mit den Menschenrechten auch nicht so genau nehmen, wenn der Deal wirklich abschreckende Wirkung haben soll. Es ist traurig, dass bei der Asylpolitik offenbar nur noch ein Meinungsspektrum zwischen offen unmenschlich (Frei, er nennt es „effektiven und robusten Außengrenzschutz“) und versteckt unmenschlich (Knaus, der den Drittländern ein Zertifikat als „sicher“ anheften will und sich dann nicht mehr um das Schicksal der Abgeschobenen scheren möchte) mehrheitsfähig ist. – Dirk Kerber

Leserbriefe zu „Die Leerstelle“ von Carla Neuhaus und Jonas Wagner

Gaaanz kurz gesagt: Wenn der deutsche Staat und seine engagierte, gut studierte Lehrerschaft es nicht wieder schafft, dass 99% der Zweitklässler „sinnerfassend“ lesen können, schauen wir weit ins Leere. – Roa Hachmann

Überraschung!? Ist es wirklich überraschend, dass so viele Lehrstellen unbesetzt bleiben und sich keine geeigneten Auszubildenden finden lassen? Nein, es krankt an allen Ecken und Enden. Hauptschüler haben einen viel zu abstrakten Unterricht auszuhalten, der ihnen den Zugang zu einer zukunftsorientierten Berufswahl verbaut. Die Lehrkräfte werden nicht mehr ausreichend auf diese Klientel vorbereitet. Die Schulbücher sind von Fachleuten geschrieben, die sich nicht mehr in das Sprachverhalten dieser Jugendlichen versetzen können. So werden Mathematikaufgaben viel zu abstrakt formuliert. Vor 50 Jahren waren die Rechenbücher gespickt mit Aufgaben aus dem Handwerk oder aus der Heimatkunde. In der Lehrerausbildung musste jeder Student mindestens 2 Stunden an einem Werkkurs teilnehmen. Dieses gibt es heute nicht mehr! Wie soll ein Schüler erkennen, wo seine handwerklichen Fähigkeiten liegen, wenn das Handwerk im Schulalltag nicht mehr vorhanden ist. Ein oder zwei Betriebspraktika sind schön und gut, aber reichen sie zu einer sinnvollen Berufsorientierung aus? Dank der PISA-Studien hat sich der Unterricht ausschließlich auf eine Erhöhung der Abiturientenzahlen ausgerichtet. Erschwerend kam hinzu, dass bei steigender Geburtenzahl mehr Lehrer benötigt wurden, ganz besonders in den Zeiten, in denen der Ganztagsbetrieb ausgebaut wurde. Was war für die Administration einfacher, als geteilten Unterricht (z.B. Werken/ Nadelarbeit) zur abstrakten Arbeitslehre zusammenzufassen, die mit der ganzen Klasse stattfinden konnte. Schwups, waren 2 Lehrerstunden eingespart! So kann es nicht weitergehen! Zusätzliche Förderstunden sind gut, beheben aber das grundsätzliche Problem nicht. Wann werden in der Kultusbürokratie endlich wieder die Schüler mit Migrationshintergrund und die Hauptschüler in den Fokus ihrer Bemühungen gestellt, um sich dem Postulat einer echten Chancenannäherung zu stellen? – Wolfgang Deppe-Schwittay

Schöner Text, Ergänzungen sind aber angebracht: Der Feinwerkmechaniker hat verschiedene Fachrichtungen, z.B. den Feinmechaniker und den Maschinenbauer. Der eine bewegt seine Bauelemente eher so mit der Pinzette, der andere mit dem Kran. Zwei völlig verschiedene Typen Mensch. Fehlberatung ist so programmiert. Der ehemalige Dreher nennt sich im Handwerk auch Feinwerkmechaniker, in der Industrie aber Zerspanungsmechaniker…

Ein Lösungsansatz findet sich in der Idee des Fortsetzungsberufes. Um am Beispiel zu bleiben: Alle lernen Grundlagen Metall, so wie im Beruf Fachkraft Metalltechnik, machen da eine Prüfung nach 2 Jahren oder sogar früher und haben einen ersten Abschluss, der für die weitere Spezialisierung und als praktische Grundlage für Fachhochschulstudiengänge anerkannt wird. 2 Jahre sind durchhaltbarer als 3,5 Jahre und dann ist vielleicht sichtbar, wo jemand hinpassen kann. – Ulrich Karthäuser

Mit Interesse habe ich ihren oben genannten Artikel gelesen und möchte eine Ergänzung anbringen. Die hohe Quote von ungelernten Ausländern ist auch auf deren Aufenthaltsstatus zurückzuführen. Menschen mit einer Staatsangehörigkeit außerhalb der EU benötigen einen Aufenthaltstitel, der maximal für zwei Jahre vergeben wird. Nun dauert eine Ausbildung mindestens zwei Jahre und keine Firma stellt einen Auszubildenden ein, bei dem nicht sicher ist, ob er die Ausbildung zu Ende machen kann oder danach der Firma zur Verfügung steht. Dazu kommt noch ein zweites Problem. Nach Berichten der Volksstimme1 dauert die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels in Magde-burg bis zur drei Jahren. Während dieser Zeit können sich die Betroffenen nur mit einer Fiktions-bescheinigung ausweisen. Dieser Fetzen Papier ist kein Aufenthaltstitel, er ist ohne Passbild, ohne Meldeanschrift und somit zur Arbeitsaufnahme nicht geeignet. In Halle ist die Situation ähnlich. Die individuelle Betreuung der jungen Menschen ist notwendig. Die Ausbildungsgarantie durch das „Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“ (Bundestagsdrucksache 20/6518) ist ja schön und gut, aber es fehlt eine Änderung des Aufenthaltsgesetzes. Solange die Aufenthaltserlaubnis kürzer als die normale Ausbildungszeit ist, werden ausländische Jugendliche und interessierte Firmen ein Problem haben. – Kurt-Uwe Baldzuhn

Die Frage; Wie kann es sein, dass 20–34-Jährige nicht in Ausbildung sind oder waren, hat für mich auf jeden Fall eine weitere Antwort, die mir in ihrem Artikel fehlt. Es ist meiner Meinung nach in den vergangenen Jahren versäumt oder einfach ignoriert worden, unsere Schulen zu unterstützen und Bildung als etwas sehr Wertvolles anzusehen und sich dafür einzusetzen. Unsere Politik hat Bildung in den vergangenen Jahrzehnten einfach nicht gefördert.

Auswirkungen dieser Politik, sind unter anderem, die sie in ihrem Artikel beschreiben. Der Beruf des Pädagogen ist unattraktiv geworden, weil Rahmenbedingungen schlichtweg eine gute Arbeit verhindern. Ein Lehrer sollte einem Schüler schon einmal seine Grenzen aufzeigen dürfen, ohne dass gleich Mittags das Telefon bei ihm klingelt und Eltern sich beschweren, was dem Lehrer denn einfiele, seinem Kind zu sagen, dass das eine oder andere Verhalten nicht in Ordnung ist? Inhalte müssen wieder im Vordergrund stehen gekoppelt mit einer Werte und gesellschaftlich orientierten Bildung.

Inhalte können mit pädagogisch guter Arbeit umgesetzt werden und Schüler für Wissen und Lernen begeistern. Dafür braucht unser Bildungssystem aber auch Lehrer, die ihren Beruf als Aufgabe für solches sehen und sich ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung bewusst sind. Schule kann Spaß machen für alle. Schüler, Eltern und Lehrer. Damit schaffen sie eine Aussicht auf eine Zukunft mit guter Ausbildung nach Abschluss der Schule und eine Aussicht auf ein selbstständiges, selbstbestimmtes, unabhängiges Leben. Sollte es nicht der Auftrag einer gesamten Gesellschaft und der Politik sein, junge Menschen in ein erfolgreiches, selbstständiges Leben schicken zu können? – Kerstin Settje

Leserbrief zu „»Uns fehlt die Tugend der Demut«“. Gespräch mit Michael Sandel geführt von Elisabeth von Thadden

 

Maxim Biller täte gut daran, diesen Text zu lesen. – Michael Ayten

Dieser Erkenntnis von Michael ist voll zuzustimmen. Leider steht diese erst am Schluss des Interviews. Wichtig ist doch: wer lehrt uns Demut? Sie ist dem Menschen schließlich nicht in die Wiege gelegt. Eltern, Lehrer, Erzieher? Sind diese nicht überfordert mit allen möglichen Aufgaben aus den täglichen Problemen des Grundlagenbedarfs wie Arbeit, Lehrstoffbewältigung, Aufsicht u. ä.? Welche Rolle spielt denn heute ein Religions- oder Ethikunterricht, in dem eine Haltung wie Demut erklärt werden könnte. Diesen Begriff gibt es im heutigen Wortschatz so gut wie nicht mehr. Anlass für die ZEIT für eine ausführlichere Betrachtung dieser „lebensnotwendigen“ menschlichen Haltung?

Hubert Klötzer

Demut ist ein tolles christliches Wort und so dann eben auch eine christliche Tugend. Die Christ_innen haben sich diesen Begriff angeeignet und in ihrem Sinn besetzt. Harsche Kritik vielleicht, doch so sehe ich es eben.  Nicht nur angesichts der polymorphen Übergriffigkeit oft katholischer, gewiss auch protestantischer und anderer monotheistischer Konfessioneller, ‚Geistlicher‘ wie ‚Laien‘ (wohl jedweder Identität), freilich demütigst „Im Auftrag des Herrn“, assoziiere ich seit einigen Jahrzehnten mit dem Wort „Demut“ vor allem eines: Demütigung.  Weshalb ich hier doch anregen möchte, das Wort „Demut“ wie ein N-Wort, nur halt mit „D“, zu behandeln und durch einen Ausdruck zu ersetzen, der von Gläubigen wie Nichtgläubigen im gleichen Maße anhierachisch und unkonfessionell besetzt werden kann: Achtung.  Diese dann im alltäglichen sozialen Leben als Respekt vor der schlichten Existenz des Gegenübers, sei’s Mensch, Tier, unbelebte Natur, sei’s materielle wie ideelle kulturelle Artefakte.  Und in den stillen Stunden der Selbstkritik als Re-Spekt – der sich immer wiederholenden Betrachtung nicht nur der eigenen Welt und ihrer Ungereimtheiten zum Behufe des Finden eines gerechten, also adäquaten, weltlichen‘ Urteils (das im Grunde nur als deskriptive Kritik daherkommen kann, will Selbstachtung gewahrt sein) und den sich daraus ergebenden mögenden individuellen Wandlungen – in Erscheinung tritt und gemeinhin vernehmbar wird.  Ja, der Satz ist kompliziert. Er soll Achtung fordern und fördern, indem er beachtet werden möge. Doch niemand möge demütig vor ihm niederknien. – Volker Homann

Sie haben die Probleme unserer Weltgesellschaft zutreffend analysiert. Unsere westlichen gesellschaftlichen und politischen Eliten wären in der Pflicht die Lösung zu liefern. Als Teil des Problems, des Eigentum besessenen Liberalismus, werden sie es jedoch nicht wollen und auch nicht können. – H. Giller

Man muss Michael Sandels „Gegenmittel zur Rettung der Welt“ wohl als Utopien bezeichnen. Seine Analyse des ihres Zustands und seine Bemerkungen zur „Meritokratischen Ideenwelt“ sind großartig und brillant formuliert. Es war eine große Freude das Gespräch zu lesen. – Sven Herfurth

 

Das ist das Schöne an Eurem Feuilleton: Auf der einen Seite werden Probleme aufgeworfen („Reiche und Arme leben an getrennten Orten voneinander getrennte Leben.“), die beim Umblättern beantwortet werden („Am Ballermann ist egal, wer man ist und woher man kommt.“). Ist Sandel eigentlich bewusst, dass er in einer Blase lebt? Immerhin sprechen andere Philosophen wie Richard Rorty („Pragmatismus als Antiautoritarismus“) offen darüber, dass sie im Elfenbeinturm leben. Aber Rorty weiß immerhin, dass es auch andere „Sprachspiele“ gibt. Es muss ja nicht Ballermann sein. Aber die Gemeinschaft stiftende Kraft von Popkultur ist von Kultursoziologen jenseits der Frankfurter Schule längst erkannt. Vielleicht sollte Herr Sandel einfach mal einen CSD, Wacken oder einen Rosenmontag mitfeiern, um zu neuen Erkenntnissen über die moderne Gesellschaft zu kommen. Gerade Sport und Pop bieten als „Karrierejoker“ „Aufstiegschancen jenseits festgefahrener Privilegien von bestimmten Klassen“ (Beat Wyss). Der von Martina Kix portraitierte Robin Leutner ist dafür das beste Beispiel. – Manfred Mai

Leserbriefe zu „Ein Fensterplatz für Angela“ von Dmitrij Kapitelman im ZEIT Magazin

Da hat aber der Herr Kapitelman eine gehörige Geschichtsfälschung in die Welt gesetzt. Angela Merkel soll so unpolitisch gewesen sein, dass sie nach Kenntnis der fallenden Mauer nichts Besseres zu tun hatte, als in die Sauna zu gehen? (28 Jahre später, am Abend, als die Drecksmauer wieder fiel, ist Angela Merkel erst mal in die (Ost-)Sauna gegangen.) Sie selbst sagte einmal im ARD-Morgenmagazin, nachzulesen auf Süddeutsche Zeitung online, 17.Mai 2010, 20:57: „…sie sei zum Zeitpunkt des Mauerfalls in der Sauna gewesen. Nachdem sie von den Ereignissen gehört habe, sei sie anschließend in Richtung Grenzübergang Bornholmer Straße gegangen. Ein Bäcker habe schon gebacken, man habe noch Verpflegung geholt. Dann ging es los in Richtung Mauer.“ Also: Erst ging Angela Merkel in die Sauna, dann fiel die Mauer. – Klaus Zwingenberger

So super interessant und gut geschrieben Ihr Beitrag über den Bild – Kolumnisten letzte Woche war, so grundlangweilig diesmal ‚Reisen mit Merkel‘. – Reiner Hansen

Ich habe den Artikel mit Interesse gelesen. Allerdings verstehe ich nicht, was das Wort „mutterseelenhässlich“ bedeuten soll. – Ulrich Graf

Offengestanden habe ich bewusst darauf verzichtet, mir den Artikel durchzulesen. So bleibt für mich die Frage offen, ob es dem Autor irgendwie gelungen ist, sich vom billigen Voyeurismus seiner Kolleg:innen von anderen Presseerzeugnissen mit 4 Buchstaben wie Bild oder Gala, abzugrenzen. Die Frage muss ich aber auch nicht beantwortet haben, denn meine Entscheidung fußt auf meiner Überzeugung, dass eine Kanzlerin a.D., die viele Jahre ihres Privatlebens dem Gemeinwohl geopfert hat, ein Recht darauf hat, dass man sich nicht nachträglich daran ergötzt, zu wissen, was sie im Urlaub gegessen, auf welcher Matratze sie geschlafen und auf welchen Berg sie geguckt hat. Und bei aller Phantasie mag es mir zudem nicht gelingen, mir vorzustellen, welche Relevanz es haben könnte, das alles zu wissen. Bei allem Verständnis für die journalistischen Herausforderungen des medialen Sommerlochs – das ist einfach unwürdig. – Wiebke Burrichter-Wulff

Was uns Frau Merkel bezüglich Urlaubmachen gezeigt hat, ist, dass es auch bescheiden geht, sowohl bei der Wahl der Unterkünfte, ihrer Urlaubstätigkeiten und ihrer CO2-Bilanz bezüglich An- und Abreise. Davon können wir noch viel lernen. Auch der Verlag Die Zeit. Denn auf Seite 9 macht dieser dicke Kasse, indem er Werbung für klimaschädliche Langstreckenflüge mit Lufthansa abbildet. „Brian lädt Utahs quere Community zum Gay Rodeo – The World says yes to you – Say yes to the world“ So wirbt Lufthansa, um möglichst viele Menschen zu Langstreckenflügen zu bewegen. Dabei verbraucht ein Passagier bei einem solchen Flug genauso viel Kerosin, was nichts anderes als Heizöl ist, wie eine vierköpfige Familie, die ein ganzes Jahr mit Heizöl heizt. Sagt die Erde nicht schon längst   N E I N   zu solch Klima-Frevel?

Ich finde es sehr schade, dass Sie den CO2-sparenden Aspekt von Frau Merkels Urlaubsreisen mit keinem Wort erwähnen. Gerade wegen der aktuellen Klimakatastrophen und der aggressiven klimaschädlichen Werbung der Lufthansa wäre dies sehr wünschenswert gewesen. Aber vielleicht herrscht ja bei Ihnen im Verlag ein ungeschriebener Grundsatz, den CO2-Ausstoß bezüglich Urlaube nicht anzusprechen, denn der Verlag will ja mit der Lufthansa Werbung und den eigenen Queen Mary II Kreuzfahrten weiterhin Ihr Gehalt bezahlen. – Klaus Siersch

Leserbriefe zu „Wieder mal ziemlich allein“ von Mariam Lau

Merz hat sich ohne Not eine Debatte aufzwingen lassen, bei der er nur verlieren konnte vor dem Hintergrund einer lauernden linksgrünen Medienszene. Vor allem die ÖR haben sich hervorgetan und fast jedem Provinzfürsten ein Mikrofon hingehalten in der Erwartung „linientreuer“ Statements. Ein Profi sollte das einkalkulieren. Wenn Merz scheitert auch wegen mangelnder Solidarität aus den eigenen Reihen folgt Merkel 2. Ein Turbo für die AfD, die es kaum glauben kann.

Christoph Schönberger

Halb Deutschland (halb Deutschland?) steht mal wieder vor einer Gretchenfrage, diesmal nicht wie in Goethes „Faust“ nach der Religion, sondern abgewandelt: „Nun sag‘, wie hast du’s mit der AfD?“ Das alles hatten wir schon einmal durchgespielt mit zunächst wachsenden Linken vor allem in den ostdeutschen Parlamenten. Die Gretchenfrage, „die die Absichten und Gesinnung des Gefragten aufdecken soll“, ist dem Gefragten (laut Wikipedia) „meistens unangenehm, da sie ihn zu einem Bekenntnis bewegen soll, das er bisher nicht abgegeben hat“.

Im Grunde hat Merz ja nur beschrieben, was längst basis-politische Praxis ist, nämlich für eine richtige und wichtige kommunalpolitische Angelegenheit zu stimmen unabhängig vom Verhalten einer ansonsten politisch gemiedenen Partei (war auch mit der Linken so), die aber demokratisch gewählt und legitimiert ist, also nicht verboten. Das Dumme ist nur, dass Merz diese parlamentarische Praxis gegen einen political-correctness-mainstream in seiner und den anderen Parteien verteidigen musste und dabei nicht mehr klar erkennen ließ, wo denn die dabei so oft beschworene „Brandmauer“ genau liegen soll. Und dass bei einem Politiker, dessen Credo bei seiner Bewerbung für den CDU-Vorsitz war, die AfD halbieren zu wollen. Sie hat sich mittlerweile verdoppelt. Das seitdem für ihn unglücklichen ZDF-Interview einsetzende Mediengewitter könnte für Merz und seine bundespo-litischen Ambitionen bis hin zur Kanzler-Kandidatur gefährlich werden, denn Schlagzeilen wie „Kann Merz Kanzler?“ oder „Friedrich der Falsche“ und „Wie der CDU-Chef scheitert“ können in einer „Mediendemokratie“ das politische Aus bedeuten, noch ehe das Rennen für ihn begonnen hat (innerparteiliche Konkurrenten scharren mit den Hufen und warten jetzt einfach nur ab). Denn bei Wahlen setzt die Mehrheit ungern auf einen potenziellen Verlierer, auch wenn sie dann keineswegs eine bessere Alternative gewählt hat. – Wilfried Mommert

Die AfD ist für den Verfassungsschutz ein begründeter Verdachtsfall. Das hat der aktuelle Parteitag in Magdeburg hinreichend bestätigt. Die Debatte um die „Brandmauer“ ist ein Brandbeschleuniger und eine kostenlose Schützenhilfe für die AfD. Die Parteien des Bundes und der Länder haben immer noch nicht begriffen, dass sie die AfD- Wähler anders abholen müssen. Demokratische Wahlergebnisse können nicht länger ignoriert werden. Welche Antworten wollen die übrigen Parteien geben, wenn die AfD in den Ländern die stärkste Kraft geworden ist? Millionen von Wählern können nicht als demokratiefeindliche Genossen abgetan werden, nur weil die eigenen Antworten auf die dringenden Fragen beim Wähler nicht ankommen, nicht verstanden werden oder mit den wirklichkeitsnahen Alltagssorgen der Bürger nicht im Einklang stehen. Nur die richtigen Antworten und bürgernahes Verständnis können die AfD schwächen. Davon sind die restlichen Parteien jedoch weit entfernt. Wie soll ein Kreistag mit einem gewählten Landrat der AfD funktionieren, wenn die richtigen, pragma-tischen und lebensnahen Entscheidungen oder Vorschläge abgelehnt werden, nur weil diese von einem demokratisch gewählten Mitglied der AfD stammen? Das wird zu einem weiteren Zulauf für die AfD führen, weit weg von demokratischem Willen. – Andreas Löbbers

Sollte man F. Merz die Kanzlerfrage stellen, und er sie mit „ja“ beantworten und sollte er wirklich Kanzler werden, dann brauchen wir eine ausgesprochen starke zweite Reihe, die uns erklärt, was der Kanzler meint und außenpolitisch die hoffentlich nicht allzu großen Scherbenhaufen zusammenkehrt.

Also bleibt uns eigentlich nur zu hoffen, dass er die „K-Frage“ mit ja beantwortet und es im Nachhinein doch nicht so gemeint hat. – P. Dietrich-Klett

Leserbriefe zu „Ein Staatsfonds für Deutschland“ von Veronika Grimm et al

Auch nach dreimaliger Lektüre des Artikels „Ein Staatsfonds für Deutschland“ blieben mir die Aussagen in dem Artikel weitgehend verschlossen. Viele Aspekte wurden angerissen, die weiterer Erläuterungen bedurften. Für mich war der Artikel unverständlich. Es ist sicherlich dem Respekt der Redaktion den Autorinnen und dem Autor gegenüber geschuldet, dass die Redaktion hier nicht mehr beratend tätig geworden ist. Ein Gastbeitrag ist eben ein Gastbeitrag. Es wäre sehr hilfreich gewesen, wenn das sehr wichtige Thema des Artikels verständlicher dargestellt worden wäre. – Ulrich Hellfritz

Die vier Mitglieder des Sachverständigenrates beklagen den demografisch bedingten finanziellen Druck, unter dem die gesetzliche Rentenversicherung in den nächsten 40 Jahren stehe. Sie weisen auch auf eine ihrer Meinung nach zu erwartende Klage der Versicherten über zu hohe Beiträge bei gleichzeitig sinkenden Renten hin. Deshalb plädieren sie für ergänzende Maßnahmen der Altersvorsorge und eine verbesserte kapitalgedeckte Rente. Erstaunlich an der Argumentation dieser „Sachverständigen“ ist erstens, dass sie auf zu hohe Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung hinweisen, zugleich aber Lösungen vorschlagen, die ebenfalls Beiträge der Versicherten erfordern. Dann sind höhere Beiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung auch zweckmäßig, die ein auskömmliches Rentenniveau sichern können.

Zweitens wird bei den vermeintlich zu hohen Beiträgen für die gesetzliche Rentenversicherung vernachlässigt, dass parallel dazu auch das Realeinkommen steigt, das aus den Produktivitäts-steigerungen resultiert, die beispielsweise einer dieser Sachverständigen in seinen Simulationen der wirtschaftlichen Entwicklung bis 1980 unterstellt. Selbst eine moderate Produktivitätssteigerung ermöglicht eine Realeinkommenssteigerung, die die Wirkung steigender Beiträge deutlich überkompensiert und deshalb für die Versicherten tragbar ist. Zu beachten ist bei den steigenden Beiträgen auch, dass die Belastung nicht mit einer Steuerbelastung vergleichbar ist, weil sie einen eigentumsähnlichen Leistungsanspruch erzeugen.

Drittens fällt auf, dass das Problem der falschen Finanzierung versicherungsfremder Leistungen aus Beiträgen der Versicherten nicht angesprochen wird. Die sich aus der erforderlichen Steuerfinanzierung ergebende Entlastung der Beiträge beliefe sich auf die beachtliche Größenordnung von 3 %-Punkten.

Viertens wird die neue Analyse der Rentenversicherung vom Mai d. J. nicht beachtet, die zu dem Ergebnis kommt, dass der Altenquotient im Jahre 2060 nicht bei den bisher gesehenen 55 % liegt, sondern voraussichtlich bei deutlich geringeren 45 % liegen wird.

Ergänzende Alterssicherungsmaßnahmen zu einer den Lebensstandard sichernden gesetzlichen Rentenversicherung sind durchaus zweckmäßig. Die Basisabsicherung aber, die zudem nicht mit finanziellen Marktrisiken behaftet ist, kann und sollte die den Lebensstandard sichernde gesetzliche Rente sein. Schon aus Anlass der problematischen Riester-Rentenreform hat der langjährige Vorsitzende des Sozialbeirats der Bundesregierung, der Bremer Ökonom Winfried Schmähl, zu Recht festgestellt, „dass der Dreh- und Angelpunkt der neuen deutschen Alterssicherungspolitik – der Abbau des Leistungsniveaus der GRV und der Ersatz durch kapitalmarktabhängige Altersabsicherung – nicht etwa die Lösung des Problems unzureichender Alterseinkommen, sondern selbst dessen Ursache“ sei.

 – Ernst Niemeier

Wenn das schwedische Rentensystem mit dem deutschen verglichen wird bzw. dessen Vorzüge dargestellt werden, sollte auch klar benannt werden, dass in Schweden auch Selbständige und Beamte ins Rentensystem einzahlen. Wenn schon Äpfel mit Birnen verglichen werden, sollte das klar benannt werden. So viel Wissenschaft muss sein, geehrte Sachverständige. Also vordringlich in Deutschland die Bedingungen schaffen, dass alle ins Rentensystem einzahlen (wie in Schweden oder den USA) dann kann man ergänzende Altersvorsorge angehen. Das dt. Rentensystem mit seinen unterschiedlichen Klassen ist einfach überholt. – W. Michel

Eine auskömmliche Rente ist für viele Menschen nicht gesichert. Deshalb fordern vier Sachverständige mehr ergänzende Altersvorsorge und eine staatliche Konkurrenz zu privaten Fondsanbietern, einen Staatsfond für Deutschland. Die Riesterrente gilt als gescheitert. Ein Altersvorsorgedepot soll künftig eine Rolle spielen, z. B. Börsen gehandelt und natürlich an die persönliche Risikobereitschaft gekoppelt. So soll den an Jahren reifen und wichtigen Mitgliedern unserer Gesellschaft, den grauen Sternen, geholfen werden.  So weit so gut!  Was nicht gut ist, das ist der Tunnelblick auf die Rente. Solange die Altersversorgung nicht ganzheitlich betrachtet wird, also die Altersversorgung aller Bürger*innen, inkl. Beamtenpensionen und Pensionen für Wahlbeamte (MdB, MdL, Kommunale Wahlbeamte) nicht in die Zukunftsperspektive mit einbezogen wird, werden wir keine gerechte Verteilung bei Altersvorsorge gestalten können. Der Tunnelblick der Sachverständigen ist behandlungsbedürftig. Die umfassende Problematik der Grauen Stars bleibt letztlich doch im toten Winkel.

Ein Staatsfond für Deutschland braucht eine andere Perspektive. Öffnet man die Perspektive und gönnt sich ein Weitwinkelobjektiv oder einen gesamtgesellschaftlichen Panoramamodus, dann lohnt sich ein Blick auf die Pensionär*innen. Rentner*innen beziehen – wenn man mit den Zahlen von Merkur 2.2.2023 spielt – ein Drittel bis 50 % weniger Rente als Pensionär*innen Pension erhalten. Sie müssen daher, wenn sie es sich leisten können, zusätzlich in private Altersvorsorge investieren, wenn sie es sich leisten können. Geht man mal davon aus, dass Beamte nicht zu viel, sondern Rentner*innen zu wenig bekommen, dann muss man das gesamte System der Altersvorsorge in den Blick nehmen. Betrachtet man die gegenwärtig rund 70 Milliarden € Steuergelder für ca. 1,5 Millionen Pensionär*innen auf Bund/Länder-Ebene (ohne Kommunalbeamte) im Verhältnis zu 100 Milliarden Bundeszuschuss für 21 Millionen Rentner*innen, dann fällt das soziale Missverhältnis bei der Altersversorgung schmerzhaft auf. Schärft man den Blick weiter, dann darf auch nicht übersehen werden, dass vermutlich in den nächsten 40 Jahren über 2 Billionen Euro zu sichern sind für Pensionsverpflichtungen. Solange Beamte nicht auf angemessene Weise an der Finanzierung ihrer Altersvorsorge beteiligt werden, werden die öffentlichen Haushalte erhebliche Engpässe bekommen. Diese Engpässe sollten nicht alleine von den Rentner*innen über private Altersvorsorgemodelle abgefedert werden. Hierzu gehört eine Reform der Beamtenpensionen. Ein schneller Einstieg, ohne langwierige Grundgesetzdebatte über das Beamtentum, wäre die verpflichtende Abgabe bei Wahlbeamten für ihre Altersversorgung (MdB, LdB, kommunale Wahl-Beamte). Dies würde aber eine sozialpolitische Reife bei den Abgeordneten voraussetzen, die momentan nicht erkennbar ist. Vermutlich haben die meisten einen grauen Star. – Helmut Schwehm

Schon vergessen? Die Shareholder-Value-Bewegung wurde in den 1990ern von CalPERS, dem California Public Employees Retirement System, vorangetrieben. Für die aktiv Beschäftigten macht es vielleicht gar keinen so großen Unterschied, ob Sie über Beiträge oder Kapitalmarktanforderungen auskömmliche Altersrenten finanzieren sollen. Nur: Beitragspflichten haben eine wesentlich breitere Basis als z.B. Börsennotierungen. Auch das gehört zu einem Gesamtbild. – Martin Hommel

Leserbriefe zu „Jüngers Rache“ von Maxim. Biller

 

Im vergangenen Jahr haben wir in unserem Lesezirkel Annie Ernaux, James Baldwin UND (!) Philip Roth gelesen. Alle mit gleichem Interesse und Vergnügen, was gemäß Maxim Biller gar nicht möglich ist, weil er nicht außerhalb seiner GUT/BOESE-Kategorien zu denken vermag. Dazu widmeten wir uns auch noch begeistert Ann Petry, die Biller zum Glück nicht kennt oder zumindest nicht auch noch in seinen Abfallkübel schmeißt. Das Perfide an diesem Erguss (Essay wäre ein Euphemismus) ist, dass Biller suggeriert, wer Ernaux und Baldwin lese, müsse ein Jünger- und George-Apologet sein. Nein, wir haben im Lesezirkel weder Jünger noch George gelesen und werden es auch nie tun. Dafür – um Himmels willen! – Joan Didion (weder eine Postlinke noch eine Spießerin). Wer bei Didions Reportagen einschläft, an dem ist die Aufklärung resp die Fähigkeit zu differenziertem Denken und Beobachten schon sehr früh vorbeigerauscht. Langweilig und penibel sind hingegen die degoutanten, nie begründeten Diffamierungen von Annie Ernaux. Die angebliche Streitlust Billers ist letztlich einfach nur enervierende Selbstgerechtigkeit. Ja – das musste jetzt wirklich einfach mal raus.

Felix Morgenthaler

Habe mich schon öfter gefragt, wieso ich eigentlich Ihre Kolumnen lese. Dieser Artikel gab gestern Abend eine eindeutige Antwort. Herzlichen Dank für die darin enthaltenen Anregungen!

Joachim Heitsch

Maxim, Chapeau! Ihre Hybris kann doch noch ohne provokant-zynischen Sarkasmus.

In Zeiten sich selbst überholender Dogmen-Prediger, einer sich überschlagenden Umbruch-Radikalisierung scheinheiliger Revolutionäre, denen es offensichtlich an Erwachsenwerdens-Initiation mangelt, ist den Berauschten alles suspekt, was nach Pragmatismus und Realitäts-Ernüchterung riecht.

Frieden schaffen mit Waffen und von Nerds befeuertes, schmalspurdenkendes „über Bord werfen“ wirkt wie eine Dornenkrone, aufs Haupt vieltausendjähriger, bewährter Erfahrung gepresst. Wir laufen Gefahr, dass der Motor explodiert, weil (A)Moralisten die Motorbremse lahmlegten. Führen doch dann Herdentrieb und Schwarmintelligenz ins Verderben (die untertänige Gefolgschaft unserer Eltern und Großeltern und ihre Folgen war uns, den vor 1960 Geborenen eine heilsame Lehre), wenn besonnene Zweifler und Mahner zu Gegenwartsfeinden erklärt werden. – Andreas Weng

Leserbriefe zu „Das Krankenhaus schließt. Ist das so schlimm?“ von Hanna Grabbe

 

„Herzinfarkt“: das richtige Beispiel, verwendet als Falsches Argument! – niemals sollte ein Herzinfarkt ohne RTW transportiert werden! Darauf wird von Ihnen nicht einmal hingewiesen!

 – wie beim Schlaganfall („time is brain“) geht es auch beim Herzinfarkt um „time is muscle“. Gäbe es also das Rodinger Krankenhaus noch und hätte man es, statt es zu schließen, besser ausgestattet, wäre der Infarktpatient richtig behandelt worden. Jetzt kann er nicht mal zum 2. Krh. (Cham) fahren, sondern muss 45 Min nach Regensburg fahren. Falls er dort überhaupt lebend ankommt (bösartige Rhythmusstörungen töten einen Großteil dieser Pat bevor sie ein Krh erreichen) ist der infarzierte Bereich inzwischen so groß, dass eine bleibende Herzschwäche sehr wahrscheinliche Folge ist. Zumindest wäre vielleicht an dem Rodinger Krh ein Rettungsmittel stationiert, das den Weiter-transport und die medizinische Überwachung leitliniengerecht ggf übernehmen könnte.

Aber das völlig unterbelichtete Problem des schon aktuell nicht im notwendigen Maß vorhandenen Rettungsdienstes, was durch die Reform aggraviert wird, weil es dafür Voraussetzung ist genügend Rettungs- und Transportmittel mit entsprechend kompetentem Personal zu haben, wird in ihrem Artikel gar nicht angesprochen. Herr Direktor Winkelmann jedenfalls, scheint seine Frau nicht besonders zu lieben! Ich bin erst beim ersten Absatz! Ich muss mich aus zeitlichen Gründen kurzfassen, also nur noch etwas zu 3Absätzen:

„So weitergehen kann es jedenfalls nicht. In Deutschland liegen die Menschen zu oft und in zu vielen Krankenhäusern, und es fehlt an Geld und Personal, um dieses verschwenderische System am Laufen zu halten. Lauterbachs Reformrezept lautet deshalb: mehr Zentralisierung, mehr Spezialisierung – und weniger Krankenhäuser.“ Hatten wir nicht (mit Stolz) eines der beste Gesundheitssysteme der Welt?

In vielen Krankenhäusern konnte vieles Angeboten werden, ein in die Breite gestreutes Wissen, was jetzt konzentriert wird an wenigen Krankenhäuser, die quantitativ völlig überfordert werden. Wäre nicht eine Stabilisierung durch Revolutionierung der Ausbildungssysteme und Vorhaltepauschalen im bestehenden System die bessere Variante gewesen. Wo ist die Diskussion und Umsetzung einer schnelleren und intensiveren Ausbildung. Das Personal fehlt auch für die Lauterbachreform. Das Personal aus geschlossenen Kliniken wird nur zu einem geringen Teil in die verbleibenden Kliniken wechseln. Die Rechnung wird nicht aufgehen. Haben Sie recherchiert wo „das Geld“ bleibt, verbleibt, verbraucht wird? Warum sind Zentralisierungen und Spezialisierung kein Irrweg? Gibt es Beispiele?

„Nach einer ersten Modellrechnung des Gesundheitsministeriums könnten von den derzeit gut 1700 Kliniken im Land nur noch rund 1000 übrigbleiben. Sie wären weiterhin das, was die meisten unter einem Krankenhaus verstehen: der Ort, zu dem der Rettungswagen fährt.“

Haben Sie die Validität dieser Modelrechnung überprüft oder auch nur in Frage gestellt? Wir werden eine weitere Pandemie mit 1000 Krankenhäusern und einigen Gesundheitscampi nicht bewältigen. Welcher Rettungswagen fährt zu welchen Krankenhäusern. Es gibt schon jetzt nicht genügend Rettungswagen noch Rettungspersonal, noch finden die Rettungsdienstler sofort ein Krankenhaus, das ihnen ihre Patienten abnimmt. Es vergehen wertvolle, ungenutzte und auch tödliche Stunden. Die Vorstellung in der Bevölkerung vom Krankenhaus ist nicht so naiv, wie Sie es schildern!

„Es hat sich auch in Roding herumgesprochen, was Studien vielfach belegen: Die beste medizinische Versorgung gibt es nicht unbedingt im nächsten Krankenhaus, sondern dort, wo Ärztinnen und Ärzte sich spezialisieren können, weil sie sehr viele Menschen mit ähnlichen Krankheitsbildern behandeln. Zwar hat auch Cham Spezialisten und sogar ein Herzkatheter-Labor, nur ist das nicht zu jeder Uhrzeit besetzt. Werden in Cham gut hundert Herzinfarkte im Jahr behandelt, sind es an der Regensburger Uni-Klinik rund viermal so viele.“ Gibt es diese Studien wirklich? Haben Sie nachgeforscht? Die Mindestmengendiskussion ist uralt! Auch was unmittelbar evident erscheint ist deswegen noch lange nicht belegt! Woher kommen denn die Ärzte, die z. B. die Herzkatheter aufgebaut und betrieben haben. Es sind meist hochspezialisierte Ärzte, diejenigen, die die Herzkatheterlabore der großen Kliniken geleitet haben und dann in kleineren Kliniken gegangen sind, um dort aufzubauen und das Wissen in die Fläche zu tragen. Eine Umwertung der Werte findet statt, zu Lasten der Versorgung, zur erklärten Bewahrung der eingesetzten Geldmenge und deren Verteilung! Die nächste Pandemie wird in Deutschland eine Katastrophe. Ich hätte der ZEIT mehr journalistischen Mut zur differenzierten und tiefgründigen Darstellung zugetraut! Ich wünsche mir einen weiteren Artikel oder Sondereinlage in diesem Sinn. – C. Hehlert-Friedrich

Vielen Dank für Ihren interessanten Artikel über die notwendige Klinikreform in der Oberpfalz. Als Verwaltungsleiter a.D. von 3 Kreiskliniken in Tauberfranken kann ich nur bestätigen, dass die Konzentration und Spezialisierung der Leistungsangebote der Krankenhäuser unumgänglich ist.

In unserem Landkreis (120 km Längsausdehnung, 132.000 Einwohner) haben wir es bereits in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts ohne größere Probleme geschafft, von ursprünglich 8 (vorwiegend kleineren) Krankenhäusern nun 3 leistungsfähige und räumlich gut verteilte Krankenhäuser mit speziellen Leistungsangeboten vorzuhalten. Nicht zuletzt auch durch die sich weiter verschärfenden Personalengpässe ist man gezwungen, größere Krankenhäuser zur Versorgung der Bevölkerung zu betreiben (man denke nur an die Rund-um-die Uhr Versorgung und die Vorhaltung von vielen Bereitschaftsdiensten an 365 Tagen im Jahr, die sehr viel Personalkapazität binden). – Melchior Döhner

Von 1700 Kliniken könnten also nur noch rund 1000 übrigbleiben. Die Notwendigkeit, Klinikbetten abzubauen und Krankenhäuser zu schließen wurde schon zu Zeiten vor der Pandemie diskutiert. Mit Covid aber änderte sich plötzlich der Tonfall: 2 Jahre lang hörten wir fast permanent, wie überfordert unseres Gesundheitssystems sei, immer wieder fiel der Begriff Triage. Ausgerechnet der Pandemie-Oberwarner Lauterbach aber kann auf einmal verantworten, dass wir mit einer deutlich reduzierten Klinik- und Klinikbettenzahl in die nächste Pandemie gehen? Wie passt das zusammen? Entlarvend vor 2 Jahren die Aussage – in dieser Zeitung – von Herrn Karagainnidis, nur 70 % der deutschen Krankenhäuser hätten überhaupt Covid-Patienten behandelt. – Matthias Staiger

„Vor die Therapie haben die Götter die Diagnose gesetzt“ lernen Medizinstudierende. Wenn man die Berichterstattung über die desolate finanzielle Situation der Krankenhäuser in Deutschland liest, die den Anstoß zur aktuellen Krankenhausreform gab, wird meist wie selbstverständlich erwähnt, dass die Länder ja ihrer Verpflichtung nicht nachkämen, die Investitionskosten der Krankenhäuser zu tragen und die Krankenhäuser diese „also“ aus den Erlösen für die Behandlung „erwirtschaften“ müssten. Laut Deutscher Krankenhausgesellschaft stammten 2021 nur noch 47 % der Investitionskosten der Krankenhäuser aus öffentlichen Fördermitteln. Wenn weiterhin Erlöse, die so berechnet wurden, dass sie die Behandlungskosten decken, entgegen ihrer Bestimmung auch zur Deckung von etwa der Hälfte der Investitionskosten verwendet werden, wird keine noch so sinnvolle Strukturreform die Situation im Krankenhaus und die Belastung der im Krankenhaus Arbeitenden ausreichend verbessern: Das Geld, das für Investitionen abgezwackt wird, fehlt bei der Bezahlung der Mitarbeitenden. Warum können sich die Bundesländer ihrer Verpflichtung entziehen? Warum können die von Insolvenz bedrohten Häuser die Investitionskosten nicht vom jeweiligen Bundesland einklagen?

Elisabeth Nüchtern

Leserbriefe zu „Hinterm Horizont geht’s weiter“ von Mark Schieritz

 

Die neue Devise von Herrn Scholz, dass jede gesetzliche Regelung zum Klimaschutz „auch bei einer Volksabstimmung eine Mehrheit finden müsse“, hat meine ohnehin schon geringe Meinung zu unserem derzeitigen Kanzler ins Bodenlose stürzen lassen. Welch eine feige und hinterhältige Handlung, um einen unliebsamen Koalitions“partner“ zu schwächen. Denn zum einen gilt diese Aussage nur für die Klimapolitik und nicht z.B. für die Steuerpolitik, bei der eine Mehrheit der Bevölkerung durchaus höhere Steuern und Abgaben für Reiche befürworten würde, oder für das Thema Kindergrundsicherung. Und sie gilt auch nicht für die Klimapolitik, oder wenn, dann nur mit dem Zusatz, dass außerdem auch eine Mehrheit der FDP zustimmen muss. Oder was hält ihn sonst davon ab ein Tempolimit anzugehen, das von der Mehrheit der Bevölkerung befürwortet wird? Das einzige für mich erkennbare Ziel der Kanzlerschaft des Herrn Scholz ist sein Machterhalt und die einzige für mich bisher erkennbare Überzeugung ist die, dass er der Klügste und Beste ist. Vielleicht wird irgendwann einmal klar, welche anderen Überzeugungen er hat – bei Frau Merkel dauerte das ja auch einige Jahre. Ich bin von dieser Regierung zutiefst enttäuscht und wünsche mir so langsam, Bündnis 90/Die Grünen würden die Koalition verlassen, in der sie nur noch zum Machterhalt der Selbstdarstellung der anderen Parteien geduldet werden. – Sabine Möhler

Jede gesetzliche Regelung zum Klimaschutz müsse also laut Scholz „auch bei einer Volksabstimmung eine Mehrheit finden“. Damit wäre der Klimaschutz tot. Zwar will ihn angeblich die Mehrheit, doch darf er nichts kosten. Wer traut sich noch zu sagen, dass wirksamer Klimaschutz nicht umsonst, sondern teuer ist? Und wer will ihn da gar noch durchsetzen? – Herbert Grösch

1972 hat ein gewisser David Meadows ein Buch geschrieben mit dem Titel:“ Die Grenzen des Wachstums“. 2023 hat der Souverän einen Kanzlergewählt, der seine Inthronisierung mit der Zumutung begleitete: „Die Wirtschaft muss wachsen!“. Ich habe immer Schwierigkeiten meinen Söhnen diese 50 Jahre geistigen Stillstands zu erklären. Jetzt kann ich einfach auf Mark Schieritz Artikel verweisen. Bevor die Wirtschafts- und Wachstumskirchen nicht Austrittsquoten ähnlich denen der katholischen Kirche erreichen, wird auch in den nächsten 50 Jahren nichts bewegt- so wir sie denn erleben, die 50 Jahre! – G.Hofhaus

Leserbriefe zu „Geld wächst nicht auf Bäumen“ von Tin Fischer und Farai Shawn Matiashe

Offenbar doch! Einfach so, eine wundersame Geldvermehrung ist dieser Zertifikate-Handel. Da kaufen sich Kunden ein reines CO2 Gewissen bei Firmen, die glauben machen wollen, dass mit der angeblichen Kompensation von klimaschädlichen Abgasen alles schon irgendwie gut wird und reich werden dabei (wieder einmal) windige Geschäftsleute in Afrika und der Schweiz. Scheinbar völlig unkontrolliert werden hier die Millionen lustig hin und her geschoben, während vor Ort, an die, die ihre Lebensgrundlagen verlieren und potentiell zum weltweiten Flüchtlingsstrom beitragen, lächerliches Saatgut und Almosen für ein paar Schulen und Krankenhäuser verteilt werden. Verlogener geht es wohl nicht! Solange es genauso abläuft, braucht sich Niemand zu wundern, dass zwar alle die Folgen des Klimawandels spüren, aber wenn es konkret wird, macht man einfach so weiter wie bisher, eine Kompensationszahlung hier, eine kleine Spende da, sollte es doch wohl richten. Mitnichten. Im Gegenteil, ihr Artikel bringt es auf den Punkt, selbst die ominöse Waldrettung trägt nur dazu bei, dass ein paar mehr Luxusreisende sich weiter der Illusion hingeben können, die Welt ist doch ganz in Ordnung, so wie sie ist. – Thomas Harnisch

Vielen Dank für den Blick hinter die Kulissen von South Pole. Es ist ernüchternd, wie wenig letztlich die Menschen an der Basis Nutzen aus einem solchen Projekt ziehen, die zudem, gerade in Simbabwe, noch mehr als wir vom Klimawandel betroffen sind. Sie sind offensichtlich nicht der Frage nachgegangen, inwieweit tatsächlich durch den Waldschutz CO2 eingespart wurde. Aber irgendwie muss South Pole den großen Firmen, die Sie beispielhaft genannt haben, ja eine glaubhafte Kompensation in Aussicht stellen, oder interessiert es diese Firmen dann gar nicht wirklich, wie viel CO2 eingespart wurde? – Thomas Schwedersky

Vielen Dank für Ihren Artikel. Aber ohne Bäume wird unser Geld wertlos!

Putin greift die Demokratie an und die Mehrheit der Deutsche ist für ein Tempolimit. Es hätte uns sofort unabhängiger vom russischen Öl gemacht, aber der Verkehrsminister sagt, es gäbe nicht genug Schilder, um es einzuführen! FDP, hart und radikal.

Herr Söder macht Propaganda fürs Schnitzel, aber ein jede*r weiß, dass wir damit das Blut unschuldiger Männer, Frauen und Kinder auf unserem Teller haben. Diese sterben entweder durch Vertreibung aus ihren angestammten Lebensräumen, nämlich den Urwäldern, die für den Anbau von Futtermitteln gerodet werden, durch die giftigen Spritzmittel die dabei eingesetzt werden oder durch die Klimakatastrophen welche durch die Klimagase der Agrarindustrie verursacht werden! CDU/CSU, hart und radikal.

Die Menschen im globalen Süden spüren durch unseren luxuriösen Lebensstil mit SUV-Fahren, Fernreisen und überbordenden Konsum, immer drastischer die Folgen der Klimakatastrophe. Ihnen bricht dadurch jegliche Sicherheit und Lebensgrundlage weg aber uns versprechen Medien und Politiker noch immer: „Wir müssen uns nicht einschränken, wir kriegen das alles mit immer mehr Technik und Konsum hin, keine*r muss verzichten und gegen Migration sind wir auch bzw. nehmen lieber dazu keine Stellung!“ Unsere Härte und Radikalität.

Dabei vergrault die gefühlte Unsicherheit aufgrund der ständigen Klima-Katastrophen-Nachrichten auch uns schon längst die Lust auf die Zukunft. Für Kinder, Alte, Kranke und Hilfsbedürftige wird immer schlechter gesorgt. Uns fehlen schlicht die Menschen, die „Sorgearbeit“ machen wollen. Der globale Süden sucht Arbeit, ein zukunftsfähiges Klima und politischer Stabilität. Wegen uns werden die dortigen Lebensumstände immer erbärmlicher und die politischen Verhältnisse immer gewaltsamer. Jeder von uns spürt doch schon längst diese Zusammenhänge, aber Werbung und Politiker versprechen uns immer noch, dass uns das alles nicht zu kümmern hat, sondern wir nur immerfort an unseren eigenen Egoismus und Konsum denken müssen!

Ja, die AFD ist radikal, indem sie an Unwahrheiten festhält und unerfüllbare Versprechungen macht. Bei einem Wahlerfolg sprengt sie ähnlich wie es die radikal rechten Parteien anderswo tun unsere funktionierende Zivilgesellschaft. Aber den Sprengstoff dafür liefern nicht die sich zerlegenden bürgerlichen Parteien, sondern die Medien. Denn unablässig stellen sie immer noch klimaschädliche Sachen positiv dar, bzw. rühren immerfort mit den gezeigten Anzeigen und Reklamen die Werbetrommel für genau die Dinge, die gerade bei Herstellung und Betrieb besonders klimaschädlich sind, z.B. SUVs, Kreuzfahrten, Fernreisen, etc. Damit wird die Nachfrage nach solchen klimaschädlichen Produkten angeheizt und als akzeptierter und notwendiger Konsum aufgewertet und somit „normalisiert“. Das Verlangen danach wird beim Publikum verfestigt und es wird damit „betont“, dass auch öffentliche Leitmedien (also auch die Politik und die anderen hochrangige gesellschaftliche Vertreter, die bei ARD und ZDF im Rundfunkrat sitzen), nichts Anrüchiges daran finden, dass so viele Menschen wie möglich SUVs fahren und Kreuzfahrten buchen. Damit bedienen die Medien genau den Erwartungshorizont, der dem Wahlprogramm der AFD am nächsten kommt: „Du musst dich nicht ändern, mach so weiter wie bisher, kümmere dich nur um deinen eigenen egoistischen Konsum, denn erst kommen wir und der Rest kann uns gestohlen bleiben!“

Es ist unmöglich, gegen eine solche Propaganda eine realistische und verantwortungsvolle Politik zu machen. Denn das immerwährende Werbegewitter nötigt die Menschen zum unablässigen Vergleichen: „Wenn Du es nicht tust, werden es die anderen tun, gönne es Dir, dann wird es Dir besser gehen, kauf dieses, dann wirst Du sofort glücklicher, denn andere haben es doch auch schon gekauft, denk erst an Dich denn nur dann geht es Dir gut!“ Altruismus, Eigentum verpflichtet, dem Gemeinwohl zuliebe verzichten, seine Bedürfnisse zugunsten der Allgemeinheit zurückstellen oder sich gar für andere einsetzen? Fehlanzeige! Das ist doch nur etwas für die Gutmenschen und die Schwächlichen, die in der harten Wirtschaft nicht zurechtkommen und im sozialen Sektor mit niedrigem Lohn Unterschlupf suchen müssen. Die Medien verbreiten somit sowohl unterschwellig als auch ganz offen und aggressiv genau die gleichen Unwahrheiten und unerfüllbaren Versprechungen wie die AFD und damit das Wasser auf deren Mühlen. Die Redaktion und der Verlag „Die Zeit“ stehen dabei leider mit in der ersten Reihe!

Dabei fordert die „Klimakrise“, die größte menschengemachte Katastrophe aller Zeiten, ein viel radikaleres Umdenken als je zuvor. Sommerhitze, Dürren, Überschwemmungen brennen uns unablässig ein, dass wir uns schnell und radikal ändern müssen. Tun wir aber nicht, denn das andauernde Werbe-Gewitter der Medien stiftet uns immerfort an mehr, schneller, öfter und luxuriöser zu konsumieren. Wir kaufen lieber noch ein SUV, buchen noch eine Kreuzfahrt mit Zeit-Leserreisen auf der Queen Mary II oder bestellen anderen klimaschädlichen Luxus, als dass wir persönlich ernsthaft etwas gegen die Klimakatastrophe tun. Schade, dass Sie dies in Ihrem Artikel unerwähnt lassen. Eines ist sicher: Wenn Politiker immer nur auf die Befindlichkeiten ihrer Wähler achten, aber selbst keine Verantwortung übernehmen, dann stehen sie am Ende allein da und profitieren davon nur die Populisten. – Klaus Siersch

Wenn das nicht Neokolonialismus in Reinform ist. Pflichtlektüre für alle, die diesem Begriff seine Berechtigung absprechen. – Lea Elsholz

Leserbriefe zu „Sommerpreisrätsel“ im ZEIT Magazin

 

Vor vielen Jahren wurde das zuvor aufwändigere Sommerpreisrätsel der ZEIT auf das zehnwöchige Um-die-Ecke-gedacht-Format reduziert. Als Freund des Kalauers habe ich mich damit angefreundet, die Teilnahme ist mir längst zur sommerlichen Gewohnheit geworden. In diesem Jahr sind es urplötzlich nur noch vier Wochen, sollte es eine Ankündigung gegeben haben, habe ich sie überlesen. Doch selbst wenn, nachvollziehen kann ich die Entscheidung nicht. Der Kostendruck, dem Printmedien ausgesetzt sind, ist mir nicht verborgen geblieben. Mit weniger teuren (Haupt-)Gewinnen hätte die alte Tradition bestehen bleiben können und damit auch mein zehnwöchiger Rätselspaß. Bitte kehren Sie im nächsten Jahr zur alten Form zurück.

 Michael Jänecke

Welch schlimmer Moment letzten Donnerstag: ich schlage das ZEITmagazin auf, und nach nur vier Wochen ist der Sommer schon vorbei. Hat das Wetter leider auch gemerkt. Liegt’s am neuen Eckstein? Der hat es doch aber letztes Jahr auch gemeistert. Oder werden die Preise zu teuer? Dann lobt doch einfach eine Flasche Wein aus, abzuholen in der Redaktion. Ich würde den auch spenden, aber bitte zehn Flaschen, nicht vier. – Franz-Manfred Schüngel

 

Als langjährige Leserin der ZEIT freue ich mich wöchentlich insbesondere auch auf die Lektüre des Magazin- Heftes. Und das Lösen des Preisrätsels in den Sommermonaten ist mir eine ganz besondere Freude. Um so größer sind die Verwunderung und Enttäuschung, dass es in diesem Jahr plötzlich und unangekündigt nur vier Sommerpreisrätsel zu geben scheint. Ich hoffe sehr, dass Sie diese merk-würdige Sparpolitik noch einmal überdenken werden. Es würde mich und sicherlich sehr viele treue Leser freuen. – Waltraud Brückner

Seit Jahrzehnten löse ich im Sommer mit Leidenschaft – vor allem im Urlaub im August – das Sommerpreisrätsel. Falls ihr jetzt allen Ernstes nur mehr 4 Folgen im Juli herausgebt, verliert ihr einen Kunden aus Wien, der jeden Samstag die Zeit kauft. – Alexander Schukoff

Leserbriefe zu „Ufer, Wellen, Sehnsucht“ von Rieke Havertz et al

Eine vorzügliche Berichterstattung, wie ich doch finde. Ich las diesen aufschlussreichen Beitrag mit aufrichtiger Lust. Weil mir Natur und Umwelt am Herzen liegen, ich gleichwohl aber auch ein Fan vom amerikanischen Bundesstaat Utah bin. Let’s go Utah! ♬ (Im Chor der Basketballfans)

Da wollte ich schon immer mal hin. Vielleicht schaffe ich es ja eines Tages in den Arches National Park. Dann würde ich mich unter dem berühmten, roten Felsenbogen von einem Fotografen ablichten lassen. Das wäre ein echter Meilenstein in meinem Renegaten-Dasein. Außerdem erinnert mich der Standort stets an Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels. Die Anfangsszene spielte sich hier ab. Vermutlich diente diese Kulisse auch dem ein oder anderen American Western. Da bin ich mir fast sicher. Übrigens, ich liebe Western. All die Geschichten um Wyatt Earp und seinen Brüdern, Waffengefährte Doc Holiday natürlich mit eingeschlossen. Doch ich komme vom Wege ab. Genug darum an dieser Stelle mit den schwelgerischen Ergüssen.

Zu den Seen, nun gut. Was ist da zu sagen? Betrachten wir es mal so. Wie man in den Wald ruft, so schallt es auch wieder aus ihm hinaus. Der homo oeconomicus hat es letztendlich nicht anders verdient, wenn die Natur ihm jetzt einen Strich durch die Rechnung macht. Wir Menschen waren und sind noch immer zu gefräßig. Und dafür gibt’s nun die Retourkutsche.

Solche Berichte zeigen ja auf, wie verkehrt wir unsere Welt handhaben. Vielleicht wäre es nicht so weit gekommen, wenn es eine Betriebsanleitung gegeben hätte. Bitte kein Plastik oder anderweitige Abfälle in der Natur entsorgen. Schon gar nicht in Flüsse, Seen oder Ozeane. Doch leider gab’s keine Betriebsanleitung. Die Welt war einfach da. Und die Menschen lebten drauf los. Die Klientel des Ralph Brinkhaus isst weiter Nackensteak und fährt nachmittags dann zur Verdauung Quadbike. Die apokalyptischen Reiter könnten über die Welt herfallen. Doch die Grillmeister auf ihren Balkonen würden der Gefahr entschlossen und vehement entgegentreten, sich zusammentun und den Gleichgesinnten zurufen: Los, jeder isst noch, so viel er kann! Und die Lehre von der Geschicht‘:

Dem Tode ausgeliefert, doch zumindest mit einem letzten Mundvoll Schwenkbraten.

Dann stünden die gefallenen Seelen an der Himmelspforte und Petrus würde fragen: „Parole?“ Und die Seelen würden die Arme verschränken und antworten: „Müssen wir jetzt ernsthaft zu Fuß gehen?“

Michael Ayten

Beim Lesen des Abschnitts über das Tote Meer habe ich mich gefragt, warum man nicht einen Kanal oder größere Pipeline vom Mittelmeer zum Toten Meer bauen/verlegen könnte. Damit würde der Wasserspiegel wieder steigen und, wegen der Höhendifferenz, mit einem kleinen Kraftwerk Strom erzeugen. So erhielte man kombiniert zwei positive Ergebnisse! – Eberhard Grunow

Die Autoren über das ständige Sinken von Wasserständen großer Binnenseen und der damit zusammenhängenden Folgen. Ich bin kein Fachmann auf dem Gebiet der Wissenschaften, die sich mit dem Phänomen beschäftigen. Es drängt aber doch eine einfache Frage auf: Die fallenden Wasserstände betreffen u. a. Salzwasserseen. In einer Welt, wo doch so viel Geld (z. B. für Kriege) verschwendet wird müsste es doch möglich sein, Pipelines von Ozeanen ins Innere der Kontinente zu legen und so dem Wasserschwund durch Verdunstung entgegenzuwirken. Ein solches Vorgehen hätte den Nebeneffekt, dass Regionen und Länder, die vom stetig steigenden Meerwasserpegel gefährdet sind, möglicherweise auch profitieren könnten. Für austrocknende Seen mit Süßwasserseen könnten Entsalzungsanlagen zwischengeschaltet werden. Der Gedanke hört sich groß und fantastisch an, aber wenn die Menschheit will…, ggf. über die UN. – Hans-Peter Mecklenburg

Leserbriefe zu „Die Soldaten gehorchen nicht mehr“ von Jan Ross

 

Sofern ein nicht gewähltes Gericht jede Mehrheitsentscheidung des Parlaments anhand des denkbar unbestimmten Kriteriums der Angemessenheit verwerfen könnte, wäre dies eher ein Zeichen der Willkür, denn ein Erkennungsmerkmal der Rechtsstaatlichkeit. Unsere BVerfG muss sich immerhin am GG mit seinen vielfältigen Artikeln orientieren, die bis auf wenige Ausnahmen mit 2/3 Mehrheit geändert werden dürfen. Leider erfährt der Leser nichts über den Inhalt der geplanten Beschränkungen des höchsten Gerichts, noch erfährt er etwas über dessen Prüfschema und seine bisherigen Entscheidungen. Bitte mehr Inhalt und weniger Kolorit. – Christopher Woitkewitsch

Die Sorge um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Israel wirkt scheinheilig. Alle großen Menschen-rechtsorganisationen kommen zu dem Urteil, dass Israel ein Apartheidstaat ist. Ein solcher Staat kann kein Rechtsstaat sein, denn das Recht gilt nicht für alle. Mit oder ohne Justizreform – unter der übrigens vor allem die Palästinenser leiden. Das wüsste man, hätte man unter den befragten Soldat*innen auch jemanden der NGO „Breaking the Silence“ zu Wort kommen lassen, die von den unmenschlichen Einsätzen in den besetzten Gebieten berichtet. – Fabian Lang

Der Artikel sieht in der derzeitigen Justizreform in Israel eine „Entmachtung der Justiz“ sowie eine „Justizunterwerfung“ zugunsten von Parlament und Regierung. Hierzu eine Anmerkung: Israel hat weder eine Verfassung noch ein spezielles Verfassungsgericht. Die bisher von der Knesset beschlossenen Gesetze zu Verfassungsthemen (Grundrechte, Staatsorganisation) können von dieser mit einfacher Mehrheit geändert werden. Immer schon. Die Richter auch des „Obersten Gerichts“, das sich u.a. um die obigen Fragen kümmert, werden von einem Wahlausschuss gewählt, der aus Richtern dieses Gerichts, Vertretern der Anwaltskammern und einigen Prominenten besteht; immer schon. Die israelische Regierung strebt nun eine stärkere Beteiligung des Parlaments an der Richterwahl an. In Deutschland wählen Bundestag und Bundesrat je zur Hälfte die Bundesverfassungsrichter. Die Knesset hat nunmehr aus dem Gesetz über das Verfassungsgericht gestrichen, dass „unangemessene Entscheidungen“ der Regierung vom Gericht kassiert werden können. In Deutschland sind rein politische Entscheidungen von der gerichtlichen Überprüfung grundsätzlich ausgeschlossen. Immer schon.

Weder also lässt sich – rechtlich! – im derzeitigen Vorgehen der Regierung Netanjahu eine Umwälzung von Demokratie und Rechtsstaat erkennen, noch sollten offenbar gerade wir Deutschen uns allzu laut und vernehmlich dazu äußern. Dass wir mit den politischen Ansichten von Herrn Netanjahu nicht einverstanden sind, steht auf einem ganz anderen Blatt. – Andreas Käde

Leserbriefe zu „Prügelbad oder Paradies?“ von Güner Balci

 

Schade, dass in dem Artikel das „barbusige“ Baden so undifferenziert dargestellt wird. Denn es ist nicht so, dass nur Frauen, die nicht „von hier“ sind, oben ohne baden würden. Im Gegenteil; in meinem Berliner Freund*innenkreis ist das barbusige Dasein im Columbiabad begeistert angenommen worden und mitunter hat man auf der Badewiese den Eindruck, dass sehr viele Menschen nur darauf gewartet haben, das Bikinioberteil auszuziehen. Von „Tabu“ kann nicht mehr die Rede sein. Im Übrigen wurde von uns noch keine doof angemacht. Das wäre mal ein cooler Aufhänger, um das Aufbrechen von patriarchalen Strukturen und die Sexualisierung von Frauen zu thematisieren. Aufbruchstimmung bei den Barbusigen! – Yonca Erdoğan

 

Vielleicht stehe ich gerade auf dem Schlauch, aber mir kommt es so vor, als ob sich der zweite und der dritte Satz im letzten Absatz, was Adems Schülerausweis angeht, widersprechen. Einerseits hatte er ihn nicht dabei, andererseits reichte er nicht aus, um ins Bad gelassen zu werden, was ja bedeuten würde, dass er ihn doch dabeihatte. Lässt sich das so erklären, dass es im zweiten Satz eigentlich PERSONALausweis hätte heißen müssen? – Thomas Manthey

 

Der Artikel hat mich fasziniert und auch mir viele Antworten auf die Fragen der Ursachen und Lösungsstrategien dieser Probleme oder eher Übergriffe gegeben: Es trägt zum Gemeinschaftsgefühl, zur Integration von beiden Seiten und zur Prävention  und notfalls Bestrafung solcher Straftaten bei, wenn auch Menschen mit Migrationshintergrund solche Beispiele schlechten Benehmens, von Missbrauch der „Freiheit“, von Selbstjustiz und Recht des stärkeren oder der stärkeren Gruppe kritisieren und verurteilen. Es ist eben nicht das Problem von „die aus dem Land XY“, „die mit der u. der Religion“,  „die Deutschen“, sondern  der Gegensatz, der zählt ist“ die gesetzestreuen“ oder „die friedlichen und toleranten“, „die mit Respekt vor der Menschenwürde“ gegen die Grobiane, die Gewalttäter, Verächter der gewaltfreien, die mit dem vermeintlichen „Recht des/der stärkeren“, egal von welcher Nationalität, Herkunft oder Religion. Auch vermeintliche oder auch wirkliche Benachteiligungen sind keine Entschuldigung und schon gar keine Rechtfertigung für egoistische oder gar gewalttätige grobe Regelverletzungen. Das beweisen täglich die unzähligen, die auch benachteiligt sind oder waren ohne deshalb sich eine vermeintlich zustehende Wiedergutmachung in Selbstjustiz zu rauben.

Die Trennung welcher Gruppe auch immer mag als Angebot in Sonderfällen sinnvoll sein, aber ein zwangsweiser Entzug der Vielfalt legaler Existenz- und Lebensweisen wäre eine Kapitulation gegenüber Gewalt und Regelbrüchen.  Gleichwohl gibt es manche Dinge bzw. Verhaltensweisen, die zwar legal, aber nicht unbedingt taktvoll oder rücksichtsvoll gegenüber den Gefühlen oder auch Selbstbeherrschungsfähigkeiten anderer Menschen sind. man muss nicht alles maximal ausreizen, was man theoretisch darf, wenn es Gefühle anderer unnötig oder sogar mutwillig verletzt! Aber natürlich wäre auch das keine Rechtfertigung für Gewalt oder andere Straftaten.

Der Satz aber „Straftaten müssen bestraft werden, egal, woher sie kommen, und zwar rasch“  ist zwar völlig richtig, geht aber leider am springenden Punkt des „WIE“ vorbei und an den dafür inzwischen angehäuften massiven Hindernissen wie Überlastung, Fachkräftemängel und Verbote vieler Mittel der Aufklärung  auch in Polizei und Justiz, eine Art „Beißhemnmung“ vieler Richter, die allzu oft als manipulative Verteidigung genutzte  Rassismus-Keule gegen jede Kritik  oder Verfolgung straftätiger  Migranten. Die geforderte „offene Diskussion“, warum Jugendliche Konflikte mit Gewalt lösen, ist zwar auch richtig, darf aber nicht die einzige Antwort sein, und darf nicht übersehen lassen, dass eine Ursache auch die schlichte Einschätzung oder Erfahrung sein kann damit durchzukommen  oder den Rechtsstaat als schwach und unendlich geduldig zu sehen, was zur Not durch Verweis auf eine irgendwie schwere Kindheit oder erlebte oder behauptete Chancenlosigkeit erreicht werden kann.

Ja, oft sind Hilfen oder Therapie das richtige und auch ausbaubedürftige, sei es allein oder neben der Strafe. Aber diese Angebote müssen auch angenommen und genutzt werden, und zwar diejenigen, die real vorhanden sind, und nicht die ideal gewünschten oder angenehmen, und solche Chancen dürfen nicht mehrmals von Gerichten gegeben werden, wenn Staat und Justiz sich nicht lächerlich machen sollen. Und solche Angebote müssen uns Bürgern auch etwas wert sein, denn der Staat braucht dafür Steuergelder und Fachleute. Die Akzeptanz dafür steigt nicht gerade, wenn nicht genutzte Chancen mehrmals hintereinander kostenträchtig gegeben werden. Ein Baustein des Umgangs mit den geschilderten Problemen kann sicherlich auch eine „bunte Polizei“ und schließlich „bunte Justiz“ sein mit migrantischen aber gut integrierten und auch innerlich dem Rechtsstaat und seinen Freiheiten und Freiheitsgrenzen verpflichteten Fachkräften. Und auch bei dieser Konflikt-Thematik könnte ein „bunter“ Bürgerrat oder „Gesellschaftsrat“ hilfreich sein, der repräsentativ auch mit Menschen mit Migrationshintergrund besetzt ist und möglichst im Konsens Lösungsstrategien erarbeitet, um den Verdacht befangener oder Vorurteilsbehafteter oder „rassistischer“ Stellungnahmen auszuräumen, ohne zu tolerant der Intoleranz gegenüber zu sein. – Peter Selmke

Leserbriefe zu „Glauben Sie an Autos“ von Tin Fischer

Es ist alles eine Frage der Zeit. In 50 Jahren wird der ADAC vermutlich weniger Mitglieder haben als der ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad Club). Und das Automobil wird zwangsläufig der Katholischen Kirche in die Bedeutungslosigkeit folgen. Schließlich leiden Katholiken und Autofahrer unter identischen Krisen: Kriminelle Machenschaften und Fehler in der Führung, der Zeitgeist ist gegen sie und es gibt jede Menge Ersatz-Religionen. Am Ende werden Auto-Museen unter kundiger Führung von staunenden Zeitgenossen bewundert werden, wie heute Barockkirchen in Oberschwaben.

Vielen Dank für Ihren unterhaltsamen und aufschschlussreichen Beitrag. Und für eine „ZEIT“, die mehr als lesenswert ist. – Thomas Meichle

Der schwäbische Volksmund fasst das Problem so zusammen: “ heilig’s Blechle “ – Renate Borris

Heilig’s Blechle, der ADAC hat mittlerweile die katholische Kirche bei den Mitgliederzahlen überholt?! Zur äußerlichen Reinigung geht es in eine Art Tempel und zur Letzten Ölung in die Werkstatt, bevor das Auto irgendwann abgewrackt wird. Die Gelben (zwischenzeitlich gefallenen) Engel bieten mit ihren Straßenkarten ebenfalls Orientierung im Leben, vielleicht sogar die bessere. Wenn die Kirche nicht ganz den Anschluss verlieren möchte, sollte sie vielleicht wieder das Paternoster beten. Dort kommt ja eine Automarke vor: „Fiat voluntas tua.“ Dass der ADAC nicht ideologisch unterwegs ist, wie die Pressesprecherin behauptet, würde ich allerdings bestreiten. Aus genau diesem Grund bin ich dort kein Mitglied. (Und abgesehen davon fahre ich schon seit Längerem kein Auto mehr.) – Thomas Manthey

Leserbriefe zu „»Wir haben alle vom billigen Gas profitiert«“. Gespräch mit Jürgen Hambrecht geführt von Marc Widmann

 

Herzlichen Dank für Ihr hochkarätiges Interview! – Michael Scheppler

Man kann sich auch freiwillig ständig in die eigenen Knie schießen, braucht sich jedoch nicht zu wundern, wenn das Gehen immer schwerer fallen könnte! Alle Sanktionen, die in Richtung Russland losgeschickt werden, die kommen in Windeseile, wie ein Boomerang, wieder zurück nach Deutsch-land, schlagen auf deutschem Boden ein und richten hier schwerste Schäden an! – Klaus P. Jaworek

Aus verschiedenen Ecken und Strömungen ist zu vernehmen, dass man der armen Industrie den Strom billiger anbieten soll. Frage warum?

Eine Subventionierung haben doch die Stromverbraucher verdient, die z. B. auf Elektroheizungen umgestellt haben. 1975 wurde mir beim Bau meines Einfamilienhauses untersagt mit Öl zu heizten. Alternative war Gastank oder Elektroheizung. Also habe ich mich für E-Heizung entschieden. Argument: Die professionellen Stromerzeuger werden(sollten) alles dafür tun, um sauberen Strom zu erzeugen. Einbau von Filtern und optimierte Verbrennungsprozesse. Das habe ich mir so vorgestellt.

Strom gilt für mich heute noch als SAUBERSTE Heiz-Energie. Strom allgemein ist eine „saubere“ Energie. Viele Stromabnehmer denken sicher ähnlich. Jetzt werden die Vorhausdenker, -planer bestraft dafür, dass sie schon seit Jahren „schadstoffarm“ im Vergleich zu Standardölheizungen oder gar Kohlenheizungen, gehandelt haben. Volkswirtschaftlich kann die Senkung der Elektro-Energie für Haushalte auch dafür sorgen, dass mehr Geld für Konsum ausgegeben werden kann. Mehr Konsum kommt doch wohl zuerst der Industrie zugute- auch wenn wir mal Exportweltmeister waren.

Theo Koch

Leserbriefe zur Infografik „Ohne Scham“ von Tomke Berning (Infografik) und Ruth Eisenreich (Recherche)

die Infografik: Klitoris mit der Recherche von Ruth Eisenreich ist, auch in der Größenordnung und Deutlichkeit fantastisch. vielen Dank dafür. es ist ein Schritt, der längst überfällig war.

Anja Hofmann

Ich lese in regelmäßigen Abständen sehr gern „Die Zeit“, da zu vielen interessanten Themen berichtet wird. In Ihrer letzten Ausgabe ist mir aufgefallen, dass unmittelbar nach der Seite 37 „Zeit Leo“, welche gerne für Kinder ausgeschnitten werden soll, auf der Seite 38 eine Infografik und ein Textbeitrag „Ohne Scham“ erschienen ist. Ich halte es ehrlich gesagt für sehr ungünstig, eine Kinderausschneideseite auf der Rückseite mit einem umfassenden Beitrag zur weiblichen Klitoris zu versehen. Es ist schon davon auszugehen, dass die Kinder sich auch die Rückseite ihres „kunterbunten Ferienspaßes“ ansehen, das wird dann für die Eltern richtig kunterbunt… Vielleicht sollte man zukünftig bei der Druckanordnung darauf achten, welche Texte auf der unmittelbar folgenden Seite erscheinen. – Hanka Schneider

Was habt ihr euch eigentlich dabei gedacht, eine Seite Zeit Leo, andere Seite „Ohne Scham“, einfach unmöglich, die Enkelkinder lesen Leo, blättern um und dann sowas, was sind das für Redakteure. Ganz, ganz traurig. Ich habe dafür kein Verständnis. – D.Ahrens

Leserbriefe zu „Schiffsreisen“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Harald Martenstein versucht das neue Selbstbestimmungsgesetz ad absurdum zu führen, indem er, wie immer mit Augenzwinkern – muss ja alles nicht so ernst genommen werden, nicht wahr? – anführt, Männer könnten sich bei einem Schiffsuntergang durch eine Geschlechtsänderung Vorrecht auf einen Platz im Rettungsboot verschaffen, gemäß “Frauen und Kinder zuerst”. Diese Allegorie ist nicht nur billig, sondern verletzt die Gefühle all jener, die sich durch das Selbstbestimmungsgesetz endlich in ihren Bedürfnissen und Rechten ernst genommen fühlen. Die Argumentationsstruktur ist bekannt:  Gute Ideen und Gesetze werden grundsätzlich in Frage gestellt, weil irgendwelche Leute sie ausnutzen könnten. – Folgt man dieser Argumentationsstruktur müsste man wohl auch alle Tafeln schließen, weil sich irgendjemand dort unberechtigterweise Essen erschleichen könnte. Womöglich meint Martenstein das alles gar nicht ernst – er hat sich aber bewusst entschieden den Gedanken in den Raum zu stellen und versteckt sich wie immer bequem hinter seiner scherzhaften Attitüde, um sich im Zweifelsfall davon distanzieren zu können. So oder so zieht er die Bedeutung des Selbstbestimmungsgesetzes ins Lächerliche. Ich verstehe nicht, warum die ZEIT immer noch mit Martenstein zusammenarbeitet, der scheinbar für alles, was mit Feminismus und Rechten für die LGBTQIA-Community zu tun hat, nur Spott übrighat. – Larissa Blanchard

Nicht nur „Frauen und Kinder zuerst“, sondern auch der Ruf „Mann über Bord“ gehört heutzutage auf den Prüfstand. – Vera Wattig

Schiffsreisen sind nichts für Sie! Sie haben mehr Angst vorm Schiffs- als Freude am Sonnenunter-gang! Und falls Ihre Aida doch einmal Schiffbruch erleiden sollte, können Sie schwerlich eine kurzfristige Geschlechtswandlung erklären, die zur bevorzugten Aufnahme in ein Rettungsboot berechtigen könnte: Sie sind zu bekannt durch Ihre Kolumnen und Ihren ironischen Blick aufs Gendern! Machen Sie lieber eine ausgedehnte Bahnreise! Gemütlich, ohne Eile können Sie sie beginnen, denn die Züge fahren immer mit reichlich Verspätung ab und erreichen ihren Zielort mit einer doppelten Portion davon! Um Ihr Gleichgewichtsorgan durch die rasante Fahrt nicht zu überfordern, legt die Deutsche Bahn als retardierendes Moment immer ein paar kürzere oder längere Pausen ein. Sie können dann in Ruhe Ihren Blick über Stoppelfelder, Industriebrachen und die entspannten Gesichter Ihrer Mitfahrenden schweifen lassen! Auch kann ein Zug nicht untergehen, allenfalls mit einem Gegenzug kollidieren. Sie brauchen dann nicht mit kreischenden Fahrgästen und brüllender Besatzung um einen Platz im Rettungsboot kämpfen, sondern werden von den Schutzengeln des Roten Kreuzes in einen Rettungswagen getragen, der Sie bequem in ein nahegelegenes Krankenhaus bringt, das es unweit einer Bahnlinie sicher noch gibt! Nach mehreren operativen Rekonstruktionen und Erholung vom begleitenden Schädel-Hirn-Trauma können Sie dann zwischen leisen stöhnenden und sanft schnarchenden ehemaligen Mitreisenden an einer neuen Bahnkolumne arbeiten! Vielleicht doch lieber Pferdekutsche? – Ulrich Pietsch

Leserbriefe zu „Gute Frage“ „Sollen Schulnoten abgeschafft werden?“ von Yannick Ramsel

Die Überschrift ist hier wirklich sehr passend, die Frage, die sich mir stellte, ist allerdings die, wie es kommt, dass die Antworten für „gesamt“ identisch zu denen für „Westen“ sind, obwohl „Osten“ deutlich abweichend gestimmt hat? Ist es a) weil der Autor selbst seine Mathenote abgewählt hat um das Abitur zu schaffen, b) weil sich niemand die Texte vor dem Druck ansieht, oder c) weil der Osten statistisch zu vernachlässigen ist? – Frank Scholze

Entweder verstehe ich Ihre Grafik nicht oder es hat sich ein Fehler eingeschlichen. Die Prozentzahlen für Gesamt- und Westdeutschland sind gleich, obwohl die Zahlen im Osten Deutschlands deutlich anders aussehen als im Westen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass im Osten Deutschlands so wenige Leute wohnen, dass sie keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis haben. – Frank Klawonn

Leserbriefe zu „»Die Klientel, das bin ich, das sind wir, die deutschen Juden oder die Juden in Deutschland«“ von Dmitrij Belkin

Wie schön wäre es, wenn sich die Wirklichkeit so darstellen würde, wie von Ihnen erträumt.

Leider wird der Zentralrat der Juden in seiner tatsächlichen Außenwirkung immer mehr als reaktionäres, politisches Instrument wahrgenommen. Der von ihm ausgehende Druck auf die deutsche Politik (siehe u.a. Claudia Roth/Schuster – „Jewrovision“) ist allmählich unsäglich, tatsächlich in seiner Übersättigung für alle Adressaten nur noch demotivierend. Wenn zudem ein bekannter deutscher Rabbi eine Demo (ging durch die Medien, Name mir leider nicht mehr präsent), anlässlich derer Plakate gegen die real durch die Netanjahu-Regierungen vorhandene Unterdrückung und Vertreibung der Palästinenser und deren Enteignungen durch die extremistischen, ebenso übel mordende Siedler hochgehalten wurden, als Anlass nahm, sich mediengerecht über diesen angeblichen Demo-Antisemitismus und deren BDS-Nähe, mit Nachhall aus dem Zentralrat, öffentlich aufzuregen, dann ist ja klar, WIE exzentrisch der politische Einfluss Jerusalems in Deutschland weht.

Dem besser recherchierten, vorangegangenen Artikel der offensichtlich über den Dingen stehenden Artikelverfasserin Eva Menasse (Ausgabe 31) kann ich im Nachgang nur meinen Respekt zollen.

Albrecht Seidel

 

Sorry, aber die dünne Replik Belkins auf Eva Menasses großartigen Artikel in der ZEIT der Vorwoche sieht eher aus, wie die pflichtgemäße Erledigung eines Auftrags Josef Schusters an seinen Vorstands-kollegen, weil er sich selbst nicht traut, Eva Menasse zu erwidern, bzw. nicht weiß, wie er das machen soll… Belkins „Argumente“ sind schwächer als schwach und können Eva Menasses Feststellung nicht entkräften, dass der Zentralrat „der Juden in Deutschland“ (nicht etwa der „Deutschen Juden“, was wesentlich überzeugender und glaubwürdiger wäre!) keine moralische, sondern eine rein politische Institution ist, die sich leider nur allzu oft als Sprachrohr der rechtsradikalen Regierung Israels versteht. – Björn Luley

 

Leserbriefe zu „PROMINENT IGNORIERT. Treffsicher“ von Ulrich Stock

Selten so einen dämlichen Kommentar gelesen. Da gilt das alte Credo:“ erst Kopf einschalten, dann Klappe aufreißen!“ – Catrin Palte

 

Sie schreiben: „wie sich der Osten Mal und Mal auf Bewährtes besinnt!“ Was soll das? Wer oder was ist hier Osten? Sind das mal wieder die Anderen, die von gestern, die Abnormen, die nicht wirklich zu uns (dem Westen) dazugehören? Sprache verrät die Haltung. Oschmann hat recht: „der Osten“ ist eine

Erfindung des Westens. Das Problem sind nicht die Menschen im Osten, sondern die Anderen, die sich selbst dazu machen. – Mario Lucchesi

Leserbrief zu „Schwere Geburt“ von Florian Eichel

 

Dem Autor Florian Eichel ist zuzustimmen, dass der unbekannte Bildhauer Fritz During von der über ihn hereinbrechenden Sympathiewelle angesichts der an seiner Figur „Primavera“ von 1956 aktuell praktizierten cancel culture profitiert. Widersprechen möchte ich der Deutung, die Figur mute „wie eine zusammengestauchte Figur Modiglianis“ an. Es ist die ständige Crux unserer Kunstkritik und der von ihr erzeugten Urteilsbildung, dass nicht genau hingeschaut wird. Diese Figur hat nichts Gestauchtes. Vielmehr ist sie gelängt. Ihre gewisse Eleganz beruht allerdings auf Vorbildern der Moderne, die bei den „Demoiselles d’Avignon“ Picassos wurzeln, wie schon der spitzwinklig über den Kopf erhobene Arm zeigt. Weitere kantige Zuschärfungen gehen ebenso auf eine Rezeption des Kubismus zurück. During hat keine besonderen Verdienste. Im Stil seiner Zeit hat er ein von schwerer Bedeutung entlastetes Designobjekt als Figur geschaffen, das jetzt tüchtig angefeindet – und ebenso tüchtig verteidigt wird. Wir sollten es als ein Zeugnis der Schönheit begreifen, derer wir gerade im öffentlichen Raum und als gegenwärtig geschaffene bedürfen. – Thomas Gädeke

Leserbrief zu „Klopf, klopf und runter damit“ von Martina Kix

Mallorca oder Malle: Rallig, Proll oder Pralle?! Vollsuff, besoffen oder nur angesoffen – die zwischenmenschlichen Spielregeln des jeweiligen (dementsprechenden) Zusammenseins sind grundsätzlich einzuhalten: Und besonders zum Sex-Zeitvertreib gilt absolut die gegenseitige (beidseitige) Freiwilligkeit zu den kunterbunten Momenten der verführerischen Lust und Laune! „Fick mich“ – steht nirgendwo von vorneherein auf leichten Klamotten und viel nackter Haut geschrieben…

Vor ca. vier Wochen haben meine Lebensbegleitung und ich, ihr Lebensbegleiter: für 10 Tage auf Mallorca geurlaubt – der Ort des kleinen Hotels: Colònia de Sant Jordi (nahest Es Trenc) an der unteren südlichen Westküste der Insel. Von dort aus machten wir auf Kultur mit einem gemieteten 500er „Fiat – Dolce vita“ – fuhren die Insel kreuz und quer und der Länge nach, ab: waren u.a. in Palma, Valldemossa (Chopin und George Sand), in den Coves del Drac (Drachenhöhlen), Porto Christo, Andratx, Alcudia, Inca, Santany, in den arabischen Gärten von Alfabia, in Sóller (im Picasso und Miro-Museum) usw.: around the Island und nix Vamos a la Playa… Dabei genau insgesamt berechnete 2 1⁄2 Stunden am Strand von Es Trenc – und hiervon etwa eine Stunde im mitgebrachten Popup-Zeltchen: dennoch aber den ungewollt heftigen Sonnenbrand auf der gemeinsam empfindsamen Haut… Soweit jedoch das Auge reichte am Strand von Es Trenc – in langen mehrfachen Reihen die fast nackt bis knappest textilierten Sonnenverknallten Touristen und Touristinnen, die sich braten ließen und wahrlich wohl jeden Tag ihres zeitknappen Insel-Aufenthaltes: stundenlang in der heißen Sonne Mallorcas rumliegen ohne Rücksichten auf (körperliche) oder kulturelle Verluste! Und auch aus „unserem“ Hotelchen waren etliche Übernachtende zumeist auch „nur“ Sonnengäste am Strand – somit wir uns also nicht trauten zu erzählen, was wir alles an Kulturellem auf der Insel jeweils erlebt haben… Nein, strandwärts beleidigend wollten wir nicht sein – indem dann herausinterpretiert hätte werden können, dass man nicht (nur) nach Mallorca fliegt, um am sonnigen Meeresstrand herumzuhängen und sich die Haut (der Zukunft) zu malträtieren… Letztlich aber doch alles nur deren Entspannung von der jährlichen Arbeits- Anspannung und nun im Urlaub hin und her(gedreht) wie die Hühnchen und Hähnchen auf dem Grill – skeptisch darüber gackern kann der/die Andersdenkende dennoch insular ohne Spielverderber sein zu dürfen… Wir saßen also an manchem Abend bei Sangria und Geplauder beisammen: dabei, wie schon erwähnt – ohne wohlweislich die eigenerlebten Kulturbesichtigungen der Insel anzupreisen…. Schließlich und endlich hätte dies vielleicht und sicherlich deren Sonne-Strand-Meer-Urlaubs-contenance aus der touristischen Balance gebracht (?) bzw. eventuell zur bedenklicheren zeiteinteilenderen Nachdenklichkeit verpflichten können – und das stand uns (dort wohlbemerkt) nicht zu! Und wie sagte schon der Kyniker und Philosoph Diogenes von Sinope zu dem meist besoffenen „Welteroberer“ Alexander: „Geh ́ mir aus der Sonne!“ – als der ihm einen Wunsch erfüllen wollte… Mallorca hat eben viel Sonne anzubieten! Und Malle in Echtzeit ist zumeist nur einmal im Jahr!

Zurück in die insulare Wirklichkeit! So viel Zeit bei all den Erlebnissen blieb dennoch, um sich auf Mallorca DIE ZEIT (wie wöchentlich gewohnt) reinzuziehen – dieses deutsche Geistesblatt gab es auf der Insel vorzufinden, sicherlich nicht in einer Insel-Auflage von über 2,4 Millionen Exemplaren: das wäre in etwa die jährliche deutsche Touristenüberströmung auf dieser besonderen Balearen-Insel. Aber kommen wir nun zurück in Deutschland auf das Feuilleton der DIE ZEIT Nr. 32 mit der Titelüberschrift „Klopf, klopf und runter damit“ – die Geschichte über Robin Leutner alias DJ Robin und seinem Hit „Layla“, der ihn nun seither überall auf Malle oder wo Malle stellvertretend befeiert wird, nicht mehr loslassen kann… Damit wird nun heftig seinerseits Kohle verdient, auch zu einem hinzugekommenen ähnlichen schunkeligen Ohrwurm mit oder ohne (zuvoriger) Strandaufheizung. Der RvM-Leserbriefschreiber hatte zuvor (bis zu dieser ZEIT Nr. 32 Ausgabe) noch nie etwas von DJ Robin und/oder dem Song „Layla“ gehört noch darüber gelesen – und hier nun eine komplette Seite im ZEIT-Feuilleton vom 27. Juli 2023. Das erstaunte doch sehr und klopf, klopf – textlich besehen zu dem Artikel dann erkennbarer: diese ganze ZEIT-Seite mit Berechtigung dargereicht, sicherlich nicht werbewirksam (zum Proll-Konvertieren) keinem wirklich dementsprechenden ZEIT-Publikum zubedacht? Dennoch – lässt sich an der Wirklichkeit nicht vorbeimallen – diese Spezies Menschen brauchen das, und wahrlich: es ist die Mehrheit des demoskopischen (und hoffentlich demokrati-sierten) Volkes…

Wir wollen aber keinesfalls überheblich sein und so tun als sei die eigene Birne weniger unaufgefüllt – in einer Demokratie wählt nämlich die massenhafte Majorität des Volkes in dieser demokratischen Bestimmung die Parteien ihrer Wahl und die Minderheit der unausweichlichen Minorität hat das zu ak(t)zeptieren: diese Überstimmungen (und nicht Übereinstimmungen) finden somit in der Bundestagswahl alle vier Jahre statt: die Masse in der Mehrheit des Volkes ist das eingestimmte „Stimmvieh“. Von dergestalteten Manipulationen will man da überhaupt nicht reden – nennen wir es höflich die umwerbende begierige Bewerbung der positionierten Parteigrößen gegenüber den Massen: und nur diese optischen Medienbildhaften sind vordergründig und vorrangig zur Verführbarkeit des Volkes augenscheinlich vorangestellt, buhlen um das deutsche „Stimmvieh“ aus den verschiedenen Ställen der Sozialisationen. Und nun vergleicht der RvM-Leserbriefschreiber dies alles unisono mit dem Tralala auf Malle (nicht grundsätzlich Mallorca) rund um den Ballermann herum, sowie hingewendet zur sog. Schinkenstraße und deren touristischen Angrenzungen ohne Ausgrenzungen… Der RvM hat sich den Song Layla einmal (!) angehört auf Video – besah sich all das kunterbunte Treiben hierzu an: und erkannte sofort, dass dahinter mehr steckt als nur ein Mitträllern von letztlichem Nullniveau – dortselbst tief innerlich im Mitdabeisein unterbewusst erkannt wird: wie knapp an Zeit das Leben einem davoneilt und wie wenig Zeitanteiligkeit zum Feiern verbleibt bei all der Maloche (wie auch immer) fast das ganze Jahr über im tristen Lebensalltag… Da muss dann heftig rausgeknallt werden, wollen die Ballermann-Hits (und anderes Gedöns) gemeinsam rausgebrüllt werden – nicht nur mit „Layla“ oder dem Nachfolgehit „Heute sind wir wieder bumsbar/ Geile Mädels, geile Jungs da/ Wir feiern heut` die ganze Nacht zusammen/ Bis die Sonne wieder lacht und dann…“ Jawoll, so läuft der Laden – ob auf Malle oder zeitanteilig auf dem deutschen Festland: es geht ums Saufen, Bumsen, die Sau auslassen, irgendwie Mitdabeisein! Memento mori! Verdammt knapp die Zeit! Und somit auch proll und prall beiderlei Geschlechts: Carpe diem!

Diese jeweiligen Wiederholungen sind hoffentlich auf keinen Fall langweilig und Männlein wie Weiblein kommen jeweils zur Sache… Also was soll da ein geistreiches Gedicht oder ein hingebungsvolles nachdenkliches Liedgut, ein komplizierter Theater-Opernbesuch, eine Museumsexpedition, ein kluges Buch, eine Ballettaufführung oder sonstige Kopfbelastungen – nein: es muss knallen und wallen und prallen sowie prollen: und der Alkohol soll fließen mitten hinein in den Proll wie toll. Die Wahrheit ist doch: wir (fast alle) sind bebumsbar und bumsfidel! Auf das laufen doch all die hierzu verschiedensten (scheinbar auch hochgeistigen/kultivierteren) Anstrengungen hinaus – die Belohnung all dieser Vorspiele ist doch das (kaum) zu erwartende Bumsen – egal mit welchen Voraussetzungen da prollprall oder scheinbar kultivierter rangegangen wird: es läuft auf das selbe hinaus: wir sind Bumsbar und wir wollen Bumsen! Machen wir uns doch nichts vor in den höheren Etagen mit scheinbar kultiviertem Gehabe, mit Champagner und ausgeklügelten Gesprächen, mit diamantenem Fingerspreizen und reicherem Sichaufspielen – das Endergebnis wird immer auch in der (jeweiligen) Vitalität: der Orgasmus sein wollen, ganz egal wie zuvor der geistige Orgasmus sich zur gegenseitigen Antäuschung vorgetäuscht hatte… Endziel bleibt – der sexuelle intimste Kontakt: der Koitus!

Der Leserbriefschreiber war etwa eine Stunde am Ballermann – bereits Nachmittags angetrunkene oder betrunkene Leute zu besichtigen, da und dort massive Männergruppierungen, Frauengruppierungen aller Art von Erwartungsangeboten, der Alkohol fließt, die Stimmung ist ausgelassen – alles Weitere wird sich ergeben: die zumeist eine Woche auf Malle macht uns Alle alle… Drunter wäre es vielleicht langweilig gewesen – doch auch dort gilt es, auf sich aufmerksam zu machen, sich einzubringen und irgendwie dennoch aufzufallen in der Masse der Menschenangebote mit Drang zum Gleichklang (und dabei helfen die Ballermann-Songs zum Mitgrölen eben prall mit): alles ist letztlich nur ein Mitdabeisein auf dem Fleischmarkt der jeweiligen körperlichen Anreize, Aufreizungen und machbaren Eitelkeiten… Das Leben ist kurz und die Zeit ist knapp – die Zukunft ist doch sowieso nur eine geheuchelte Propaganda des Systems (für die Sklaven der Moderne) zur letztlich wahrhaften Aussichtslosigkeit und Sinnlosigkeit des knappen Daseins. Und das kapieren (unterbewusst) die in der Masse der Anonymität lebenden Nummerierungen, wollen einen Draufmachen bevor der Alltagstrott sie wieder in die Zwänge nimmt, die doch zu funktionieren haben und gleichgeschaltet werden sollen für die sogenannte Gesellschaft der illusionslosen Austauschbarkeiten…

Robin Leutner (und sein Hit-Kumpel „Schürze“) sagt von/über sich von Mallorca: „Ich liebe das Lebensgefühl, den Strand, die Bars. Wir sind alle eine große Familie. Mallorca bedeutet auch: Man ist irgendwie im Ausland, aber fühlt sich wie im Partykeller der Nachbarn. Hier ist egal, wer man ist, woher man kommt, wie viel Geld man hat!“ Im Jahr 2019 war Robin Leutner alias DJ Robin 18-mal nach Malle geflogen! (Einfach so? – wie er dies so beschreibt…) – immerhin bekommt er seit dem Hit „Layla“ pro Auftritt ca. 7000 Euro und hatte im letzten Jahr 192 Engagements… Kluge Entertainer wie Jürgen Drews (als Emeritus-Vorbild dieser Zunft) benutzen den Ballermann und die (deutsche Festlands-) Peripherie dazu, um die Massen mit allerlei Stimmungshits anzuheizen und dabei ihre heiße Kohle zu machen – warum auch nicht: ist doch legitim und hilft dem System: dass möglichst kaum jemand dahinterschaut, wie gleichklangig willig dadurch wieder zur Maloche übergewechselt werden kann… Doch immer Party ist auch langweilig – der zeitliche Abstand bringt die Laune auf den nächsten Auftrieb im kommenden Jahr auf Malle, und zuvor eben in Deutschland anteilig vorgefeiert und mitgefeiert! Leute: haltet durch – es kommt immer auf den Moment im Leben an! Alles hat seine Zeit – deswegen: bloß nicht Trübsal blasen! Memento mori! Was soll ́s – Prost: hau weg den Scheiß! Wer den Durchblick hat: ist auch nicht besser dran! Wer die Texte dieser „Layla“ oder „Bumsbar“ mit der Lupe der sogenannten Wohlanständigkeit durchleuchten will, sollte sich selbst beobachten, wenn er/sie an den Speck will mit welchen durchdachteren Mitteln auch immer: Wir alle sind innerlich „Malle“ – und wollen liebend gerne bumsen und sind somit bebumsbar – zuvor an der Bar oder mit einem Milchshake! Alles ist letztlich doch nur Rock  ́n`Roll – mit welchen Noten und Benotungen auch immer! Somit im übertragenen leichtsinnigen Sinne (abseits von „Cythera“): Ab nach Malle – auf die Insel für uns (fast) alle… – Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

Leserbrief zu „Totalitäres Biedermeier“ von Ijoma Mangold

 

Man möchte der Philosophin zurufen: Wer mit zwanzig kein Sozialist ist, hat kein Herz; wer mit vierzig noch Sozialist ist, hat keinen Verstand! „Ein Hauch von totalitärem Biedermeier“ – wieder einmal sehr schön, wie Ijoma Mangold die Gesinnung der wenigen lautstarken Woke-Apologeten auf den Punkt bringt – wieder einmal geht es um Macht über Menschen und auch im Kulturkrieg stirbt die Wahrheit zuerst.

Allerdings sind die neuen Gouvernanten nicht ehrlich zu sich selbst: „Für das Leben“ sind sie eben nicht; sie haben sich vielmehr „gegen den Verstand verschworen, das heißt: gegen das Leben und den Menschen“. Sie vertreten in Wahrheit den „Moralkodex des Todes“. Ayn Rand hat dieses Phänomen in Atlas Shrugged von 1957 so eindrücklich beschrieben, wie es dieser Tage nicht mehr vorkommt. Sie enttarnt das geistlose Schwadronieren vom „Gemeinwohl“ als Vehikel zur Zerstörung von vernünftigem Denken, produktiver Leistung, verdientem Eigentum und individueller Freiheit in Verantwortung, die so schwierig zu definieren in Wirklichkeit nicht ist: „Die modernen Mystiker der Muskeln, die euch arglistig ‚Menschenrechte‘ als Ersatz für ‚Eigentumsrechte‘ anbieten, als könnten die einen ohne die anderen existieren, unternehmen damit einen letzten grotesken Versuch, die Lehre von der Trennung zwischen Leib und Seele wieder einzuführen. Nur ein Gespenst kann ohne materielles Eigentum existieren, nur ein Sklave kann ohne Anrecht auf das Produkt seiner (geistigen) Bemühungen arbeiten“ (1145). Liberale Verstandesmenschen lesen ihre Hanna Arendt aufrichtiger als Eva von Redecker. – Andre Hempel

Leserbrief zu „Können wir künstlicher Intelligenz vertrauen, Frau Zweig?“. Gespräch mit Rudi Novotny und Stefan Schmitt

Können wir Künstlicher Intelligenz vertrauen? wird Frau Zweig gefragt und antwortet mit einer eigenen kleinen Studie, die so hanebüchen ist, dass man sich die Augen reibt. Wer acht Texte selbst kodiert und weitere acht von einer KI vorhersagen lässt, und sich dann wundert, dass die Textlänge die Bewertungen (noh dazu einigermaßen gut) vorhersagt, der hat nicht viel verstanden. Wir lassen in unseren Studien mehrere Hundert Texte von Experten einschätzen, trainieren die KI damit und erhalten bei der Bewertung weiterer hunderter Texte ziemlich gute Anpassungen an menschliche Bewertungen. Dass dabei die Textlänge kontrolliert werden muss, ist eigentlich trivial – sie hängt tatsächlich fast immer eng mit der Bewertung auch durch Menschen zusammen. Aus der eigenen unzulänglichen Mini-Untersuchung zu schließen, dass KI bei der Bewertung von Texten nicht hilft, ist ein echter Kurzschluss! Ähnlich wie bei menschlichen Texten muss man auch bei künstlichen Texten einfach genug von der Sache verstehen, um sie einschätzen zu können. – Jens Möller

Leserbrief zu „Schaut auf diese Stadt“ von Katja Nicodemus

 

Ich möchte Katja Nicodemus für ihre Reportage über das junge Hongkong-Kino danken. In den letzten Jahren habe ich das beklemmende Gefühl bekommen, die Zerstörung der Freiheit Hongkongs, dieser einzigartigen Stadt der Geflüchteten, sei hierzulande in Vergessenheit geraten; nach Beginn der Pandemie wurde kaum noch darüber berichtet. Ich hoffe, Sie begleiten weiterhin den Widerstand der Bewohnerinnen und Bewohner. Es ist wahnsinnig deprimierend, zu sehen, wie sich einstige Humanisten wie Chen Kaige, Tsui Hark oder Wong Kar-Wai der KP-Propaganda haben einverleiben lassen (Jackie Chan war eh lange verloren); aber wenn das junge Kino weiterkämpft, gibt es vielleicht noch Hoffnung. Bleiben Sie dran! – Thomas Empl

Leserbrief zu „Parsival“ von Christine Lemke-Matwey

welche Gemeinheit, nur ein Drittel des zahlenden Publikums in den Genuss der digitalen Neuerung mittels 3D-Brille kommen zu lassen! Welches Glück – offensichtlich – für die von diesem vermeintlichen Zugewinn ausgeschlossene Mehrheit! Wagner-Opern als Gesamtkunstwerk: ja, aber nicht auf Kosten der Musik! Jeder Ton, der von virtuellem optischem Schnickschnack in seiner Präsenz geschmälert oder zurückgedrängt wird, ist ein zu beklagendes Opfer solchen falsch verstandenen Fortschritts. – Ludwig Engstler-Barocco

Leserbriefe zu „OHNE STROM. FANTASIE- WÜRFEL“ von Mirko Borsche im ZEIT Magazin

Mirko Borsche, der die zweifelhafte Ehre hat, jede Woche im ZEIT-Magazin (etwas verschämt hinten, kurz vor den Kontaktanzeigen) das Trüffelschwein im Konsumsektor zu vertreten und sich zu Nützlichem zu verhalten wie die Computer-Tastatur für den Linkshänder zu einer Computertastatur oder wie der von Ferry Porsche (Colani wäre wahrscheinlich zu prollmäßig) in den 1930-er Jahren speziell für die Rundungen der guten Sieglinde designten und von Finessi neu aufgelegten Allwetter-Kartoffelschäler mit Notbeleuchtung und ausklappbarem Fartenschreiber zu einem simplen Wald- und Wiesen-Kartoffelschäler, hat diese Woche mit den Phantasiewürfeln wieder eine Probe seines Könnens abgeliefert, aber vor allem die Woche zuvor mit dem Hocker „KLEINER BRUDER“ von AUERBERG wieder einmal nicht die Kosten noch die Lächerlichkeit gescheut, die mit seinem Tun gewöhnlich verbunden ist: da hat er sich selbst übertroffen.

Wenn man ihn sich vorstellt, wie er auf dem Klo sitzt, unter den Füßen den aus Eiche! In Oberbayern! gefertigten „Maybach unter den Hockern“, hat man diese Leistung vor jenem Auge, das man zwar als geistig bezeichnet, aber auch als solches – Achtung, Stilblüte – nicht trocken bleibt. Um Längen besser jedenfalls als dieser Witz, den sich früher die Deutschen boshafterweise über die ersten türkischen Gastarbeiter erzählten, dass „die“ sich nämlich auf die Klobrille stellten, um dann in die Hocke zu gehen. Wo es sich bei jenen um ein (wenn auch etwas schwer nachvollziehbares) interkulturelles Missverständnis gehandelt haben mag, handelt es sich bei der Sache mit dem Hocker nun um eine weitere Abart der Möglichkeit, sich ein Loch ins Knie zu bohren (Mirko bräuchte dafür bestimmt aber noch das Stehleiterchen von Fitzliputzli, Schweizer Patent, mit den feuerverzinkten Zargen) und Marmelade reinzuschmieren, und man wird immerhin zugegeben müssen, dass die Südländer (bevor sie den Ansprüchen der Touristen aus nördlicheren Regionen Europas oder den USA stärker Rechnung trugen) Toiletteneinrichtungen hatten, die den Eigenheiten der menschlichen Anatomie adäquater waren – wenn nur nicht so oft danebengetroffen worden wäre.

Auch Mirko scheint etwas danebenzuliegen, wenn er meint, es sei irgend so ein Muskel, der den aufrechten ZEIT-Lesern der Darmentleerung im Wege ist, denn soweit ich weiß, hat das Ganze eher etwas mit der Konstruktion unseres Beckenknochens zu tun. Egal jedoch, ob Muskel oder Loch im Beckenboden, richtig ist schon, dass die Hockstellung dem ganzen Geschäft etwas förderlicher ist und es dabei auf das richtige Verhältnis von Entspannung und Anspannung ankommt. Die Idee allerdings, dass es auch ohne Hocker ginge, es auf der uns gewohnten Installation ausreichen könnte, die Oberschenkel etwas zu spreizen und die Ellbogen auf die Knie zu stützen, um die entsprechende Haltung einzunehmen, kommt Mirko nicht, das ist viel zu kostenneutral, zu simpel, zu wenig anspruchsvoll, mit viel zu wenig Aura oder Chic oder Flair oder Glamour oder Image oder was weiß ich sonst noch verbunden.

Die einfachsten Dinge des Lebens sind zu einfach, um sie einfach einfach zu erledigen, wenn man sich zum A… machen und Bedürfnisse befriedigen kann, die man sonst nicht hat. Es übertrifft bei weitem jene Rentnerinnen und Rentner, denen man eingeredet hat, dass sie in der Freizeit nicht auf zwei Beinen gehen können, ohne diese albernen abgewandelten Skistöcke zu schwingen (und dann natürlich nicht die aus dem Kaufhof, sondern die von, na, Sie wissen schon) oder jene etwas dicklichen Männer, die sich Sonntagmorgens im knallbunten und eng anliegenden Trikot auf ihre sündhaft teuren „Rennmaschinen“ schwingen, nicht ohne sich zuvor die Beine rasiert zu haben: man zeigt, was man hat, oder besser, dass man’s hat. Der Inhalt, das Eigentliche ist egal, Hauptsache, der Rahmen stimmt.

Man könnte meinen, das alles geht in dieselbe Richtung wie der Manufactum-Katalog. Hat ein wenig was für sich, aber man sollte sich nicht irren. Jener hat sehr viel für das Bewusstsein für Sprach- und Konsumqualität getan; es wäre zwar denkbar, dass auch dort der bewusste Hocker angeboten würde, aber sicher nicht mit ähnlichen Spekulationen über seine Verwendung wie bei Mirko.

Man mag außerdem vielleicht der Meinung sein, dass Phantasie etwas mit Würfeln, einem in seinen möglichen Ereignissen zuvor genau festgelegten Zufallsexperiment, zu tun hat, und vielleicht mag es mal nett sein, wenn die Kinder Sonne, Fisch und Eisenbahn usw. würfeln und die Oma oder wer auch immer dazu eine Geschichte erfinden und erzählen muss, aber man wird sich doch fragen müssen, ob man hier nicht Zufall mit Kreativität verwechselt oder letztlich den Fehler vieler Eltern begeht, die alle möglichen positiven Eigenschaften ihrer Kindern fördern wollen und dazu die Kinderzimmer mit allerlei Zeug vollstopfen, bis sich die Kinderchen darin nicht mehr rühren können. Und wo bleibt die Geschichte vom Schneemann, der das Piratenschiff versenkt und dann mit den traurigen Piraten am Nordpol einen Zubehörhandel für Christbaumschmuck gegründet hat, wenn vielleicht zwar der Schneemann, aber weder Piratenschiff noch Nordpol usw. auf den Bilderwürfeln vorkommen? Oder, anders gefragt, könnte das Ganze nicht auch funktionieren, wie es schon immer funktioniert hat, dass nämlich Kinder oder das Kind ein paar Dinge nennen bzw. nennt, die in der Geschichte vorkommen sollen, die jemand dann erzählt? Wäre es nicht viel phantasiereicher, auf die Phantasiewürfel überhaupt zu verzichten?

Ob Mirko nun völlig abgehoben, jenseits dessen, was einen sonst so bewegen müsste, über Phantasiewürfel, Holzhocker oder (wie in der Woche zuvor) über den HYDRA BSC von VIVO-BAREFOOT mit durchstichfester Sohle berichtet (das Ideale für den mit allem verwöhnten Flüchtling: „Null Problemo, Ali komme wie Eins über stacheligste Stacheldraht an Gränzä!“, von der gleich daneben angepriesenen Badekappe – „Eleganz im Wasser“ – von, na, Sie wissen schon, ganz zu schweigen) oder ob er irgendwann mal „über die Geheimnisse von feinem Kaffee“ schwadroniert und dann doch nicht an die laut Olli, dem „hauseigenen“ Barista des ZEIT-Magazins, mit 1200 Euro „recht günstige“ Maschine darf, stets hat er sein Ohr am Puls einer Schickeria, die alles hat, aber über sonst nichts nachdenkt als darüber, ob es nicht doch noch etwas gäbe, was man (noch) haben könnte, Preise sind egal, und wenn doch jemand was will, zur Not hat man ja sein Patenkind in Ghana  oder sonstwo in der Dritten Welt zum Vorzeigen.

Und dass er was testet, vielleicht sogar auf sowas wie Alltagstauglichkeit überprüft, geschenkt. Zwar stellt er beispielsweise fest, dass der Bartschneider „Carrera Nr. 6…“, äh, …, Entschuldigung, „No. 623“, über dessen Preis er „nostalgisch“ hinwegsieht, weil er mal eine Carrera-Bahn besessen hat, zwar „okay“ aussieht und leise surrt, aber doch nicht zu ihm passt, weil sein Dreitagebart eine Länge von 3 mm hat, die Klinge aber nur 2 mm schafft oder alles über 4 mm, aber seit der Lachnummer mit dem automatischen Sonnenschutz von Lamondo oder so ähnlich für seinen VW Up glaubt ihm das keiner mehr. Besagten Sonnenschutz (an dem man „übrigens“ auch sein Handy aufladen kann) bringt man mit einem Saugnapf in zusammengefaltetem Zustand auf dem Dach an und er entfaltet sich auf Knopfdruck zu einem Rechteck von entsprechender Breite und über 2 m Länge. Zwar meinte Mirko, sein VW sähe damit aus wie ein Raumschiff, das jeden Moment davonfliegen könne, aber er dachte es wie gewöhnlich nicht zu Ende, kam nicht auf die relativ naheliegende Idee, dass zumindest der Sonnenschutz (wenn nicht mitsamt dem VW-chen) beim kleinsten Gewitterstürmchen (zumal die doch seit einigen Jahren so selten geworden sind in unseren Breiten) davonfliegen könnte.

Lechts und Rinks, Schein und Sein lassen sich mühelos velwechsern, und wer sich den Anschein geben will, mehr zu sein oder sein Sein ohnehin nur im Schein sieht, ist an der richtigen Adresse. Nicht das Sein bestimmt das Dings, sondern der Schein, und „Bewusstschein“ deutet längst nicht mehr auf einen Sprachfehler, sondern darauf hin, dass man realisiert hat, dass „Hast du was, bist du was“ eine zu primitive, zu undifferenzierte und längst überholte Maxime aus der guten alten Wirtschaftswunderzeit ist. Es kommt eben nicht nur darauf an zu haben, man muss das Richtige haben, und dafür hat man Mirko. Aber man muss dann aufpassen, dass man nicht so wie er – das Schemelchen unter den Füßen – auf dem Klo erwischt wird, dabei vielleicht noch mit Nordic-Walking-Stöcken oder die Phantasiewürfelchen würfelnd. – B. S. Orthau

Leserbrief zum Wochenmarkt „Eistee“ von Ilka Piepgras im ZEIT Magazin

Da ist Ihnen für uns Basler eine ‚schwergewichtige’ Fehlinformation unterlaufen, geehrte Frau Piepgras Frau Grandits ist Chefin des legendären Restaurant Stucki in BASEL und keine Zürcherin!! Basel erhofft für die erfolgsgekrönte + hochgelobte Köchin den 3ten Stern … hoffentlich klappt es im 2023. Sonst schätze ich Ihre Marktkolumne + setze vieles auch gleich in meiner Küche um.

Hans-Peter Plücker

Leserbriefe zu „Prüfers Töchter“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

Das sagt Lotta, die voll in den Vorbereitungen für eine große Reise steckt. Es geht nach Paraguay wegen Sozialdienst leisten. Da war doch schon mal was bei Prüfer vor ein oder zwei Monaten? „Ich bin dann mal in Paraguay“ sagte eine seiner Töchter. Die war da aber noch minderjährig. Eine Frage Lotta, waren Sie das? Und nun schon wieder, aber volljährig. Oder war das eine Ihrer Schwestern?  Ich wiederhole mich ungern, aber wer auch immer aus dem Töchterkreis es war. NEIN. Sozialdienstet hier im Lande, es gibt Probleme genug. Sie, Lotta, haben auch gerade ihr Abitur gemacht. Andere junge Leute wollen nach dem Abitur erstmal chillen. Wie man heutzutage Herumbummeln, Abhängen und den Tag vertrödeln nennt. Aber nicht nach Paraguay. Ich rate Ihnen, chillen Sie auch. Ihr Vater Lotta, hat den gleichen Wunsch. wie ich lese. – Hans-Emil Schuster

Leserbriefe zu „Heiter bis glücklich“ von Claire Beermann im ZEIT Magazin

Im oben genannten Artikel wird der in Deutschland geborene und in Deutschland aufgewachsene und in Deutschland arbeitende Designer William Fan von Claire Beermann als “chinesischstämmig“ bezeichnet. Können Sie bitte zu diesem Artikel Stellung nehmen und mir mitteilen, ob Die Zeit dies als Fehler anerkennt und verbessern wird oder ob Die Zeit dieser Wortwahl für die Zugehörigkeit und Identitätszuweisung dieses Menschen beisteht. – Melanie Dennig

Leserbrief zu „Putins Ernte“ von Maximilian Sepp

Warum ist es Putins Gipfel, während andere unsägliche Gipfel nie den Namen ihrer Politiker erhalten? Es ist nichts anderes zu erwarten, dass ein Afrika- Gipfel in Regie Russlands nur als Pleite, Abkehr Afrikas von Russland, als Propagandashow oder Beschreibung menschenverachtender russischer Politik von unabhängigen, objektiven Medien an unser Ohr und Auge gelangt. Das sollte größten Teilen der Bevölkerung nicht mehr verborgen bleiben. Oder ist deutsches Volk tatsächlich bereits derart dumm, kritiklos und unwissend gemacht worden, dass es ernsthaft glaubt, der Russe und Putin sei an allem Elend, Hunger, Kriegen dieser westlichen Wertewelt schuld, habe alles das verursacht? Welcher Hass, Hetze und Dreistigkeit, übelste Stimmungsmache ist erforderlich, wenn freie, demokratische Medien, angeblich freier Meinungsbildung und Information nicht müde werden einen solchen Eindruck zu erwecken?

Nun soll Russland nach Info DLF aus Nahostmagazin auch für zunehmende Flucht und Vertreibung, für alle Folgen der Jahrhunderte Kolonialismus verantwortbar sein. Ist das noch seriös? Wie verblödet oder auch gleichgültig, desinteressiert kann ein Volk gemacht werden? Wer ist dafür verantwortlich? Wissen die Baerbock, Göring-Eckardt und Co, wenn sie Russland des Hungers als Waffe anklagen, wirklich nichts davon, was ihre Sanktionen Russland und anderen Völkern antun? Wie egal ist ihnen das? Sie müssen wissen und haben selbst zu verantworten, was ihre Politik in großen Teilen der Welt, Afrikas den Völkern täglich bringt, wo ihre Soldaten stationiert sind, ihre “Hilfe” stattfindet. Warum schweigen sie, empören sich nicht über die eigne Flüchtlingspolitik, sich afrikanische Staaten zu erkaufen, die Asylsuchende fernhalten, tödlichem Schicksal zuführen? Warum kein Wort zum Wort der Völker zur Blockade Cubas? Warum keine objektive Information zum Getreideabkommen, wer was eingehalten hat und wer nicht? Warum kein Wort dazu, wie Getreide der Ukraine, wem und in welchen Mengen direkt den Hunger gelindert hat?

Mit jedem weiteren Tag eines schrecklichen Krieges wird eines immer deutlicher und sichtbarer, wer immer den Krieg wollte, angestrebt hat, Russland in den Krieg treiben wollte und nunmehr Putin und Russland in jedem Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen Menschenrecht als verantwortlich erklären will. Dumm ist nur, immer mehr Völker, gerade Afrikas, Asiens, Lateinamerikas machen sich frei von Abhängigkeiten, die ihnen neokoloniale westliche Politik mit Armut, Hunger, Elend, Rückständigkeit und endlosen Kriegen bis heute gebracht hat.

Von christlichen PolitikerInnen, die neben Politik christliche hohe Funktionen ausüben erfahren wir wie oft und viel sie sich in ihrem Glauben und Bibel den Rat holen. Welche Bibel und Glaube ist der ihre? Es kann nicht der der vielen, vielen ehrlichen Gläubigen auch hier im Lande sein, die mir bekannt sind, mit denen ich respektvoll und vielfach meinungsübereinstimmend Umgang habe. – Roland Winkler

Leserbrief zu „Bitter aber nötig“ von Kolja Rudzio

 

Ich habe gleich mehrere Bedenken gegen die Politik des knappen Geldes. Grundsätzlich gibt es in einem funktionierenden Markt zwei Möglichkeiten: Angebot erhöhen – oder Nachfrage senken – z.B. durch Geldmengen-Verknappung Das „einfachste“ wäre, sich um die Märkte zu kümmern, die die Inflation auslösen. Hier gibt es vor allem den Energiesektor, ein Sektor, der vom Ausland bestimmt ist. Hier mit Geldverknappung zu reagieren, bedeutet u.a., andere Märkte abzuwürgen (damit Porsche-Fahrer unverändert mit 200 km/h über die Autobahn brettern können). Es wird von Überhitzung der Wirtschaft als Verursacher der Inflation gesprochen, dabei ist es vor allem die Verknappung der Ölmengen durch die OPEC. Hierfür mit einem Abwürgen der übrigen Wirtschaft zu reagieren, ist im Ergebnis möglich, aber die zu erwarteten Kollateralschäden sind größer, wie der Effekt.  Man kann versuchen, direkt den Verbrauch zu steuern, dafür hat die EZB keine Instrumente, wohl aber der Staat, wie geschehen. Andere Möglichkeit sind die alternativen zum Öl zu fördern. Das erfordert Investitionen, die aber werden gerade durch Zinserhöhungen verhindert.  Inflationen sind Durchschnittswerte. Wenn ich den Lebensmittelmarkt betrachte, wird nicht die günstigste Einkaufsquelle herangezogen, sondern ein Durchschnitt. Man kann die persönliche Inflation entgegen, indem man günstigere Quellen ausfindig macht. Durchschnittswerte sind auch für den Einzelnen verschieden. Nimmt man die Wohnkosten im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen, liegen sie bei durchschnittlich 25 %. Für die Einzelperson oder Alleinerziehende können es dann 50 % werden. Die Folge der Zinserhöhungen in diesem Bereich, der Wohnungsbau wird abgewürgt, die Kapazitäten reduziert. Sie lassen sich nicht einfach wieder hochfahren, wenn es der EZB gefällt. Das Wohnungsangebot bleibt also auf lange Zeit zu knapp und damit inflationstreibend. Es trifft vor allem die Menschen, deren Wohnkostenanteil am Einkommen weit über dem Durchschnitt liegen! Wer wird dann durch die EZB begünstigt und wer geschädigt?  Es lohnt sich, das Thema weiter zu betrachten.

Johannes Barth