Wer ein Kind bekommt, muss deshalb noch lange nicht heiraten – der Ansicht sind in Ostdeutschland offenbar immer noch viel mehr Menschen als in Westdeutschland. Mehr als die Hälfte aller Neugeborenen im Osten haben unverheiratete Eltern. Im Westen sind es nicht einmal halb so viele.
Die Überraschung ist: Mit der DDR und ihrem staatlich verordneten Atheismus hat das nichts zu tun.
Zu dem Schluss kommt zumindest Sebastian Klüsener vom Max-Planck-Institut für Demographie in Rostock. Er hat die Geburtenstatistiken für Deutschlands Regionen über mehrere Hundert Jahre zurück betrachtet und sagt: Schon lange bevor es die DDR gab, wurden im Osten Deutschlands mehr Kinder außerhalb der Ehe geboren als im Westen.
Woran lag’s? Möglicherweise an den unterschiedlichen Strukturen in der Landwirtschaft. Im Osten gab es große Gutshöfe, auf den Feldern arbeiteten Tagelöhner, die selbst kein Land besaßen. Im Westen hingegen dominierten Familienbetriebe. Nichtehelich geborene Kinder konnten hier eher zu Erbstreitigkeiten führen, vermutet Klüsener. Außerdem räumte die Rechtsprechung im Osten ledigen Müttern lange Zeit mehr Rechte ein als im Westen.
Heute sind die Gesetze in Ost und West gleich, und nicht ehelich geborene Kinder sind im vereinten Deutschland rechtlich nicht mehr so stark benachteiligt wie früher. Die Konsequenz: Auch im Westen steigt die Quote der Kinder, die außerhalb der Ehe geboren werden. Dennoch sind sie immer noch deutlich niedriger als im Rest Europas. Das wird auch in Zukunft so bleiben, schätzt Demograf Klüsener. Zumindest so lange, wie „die Ehe als Strategie zur materiellen Absicherung für Frauen wichtig bleibt.“
Mehr Infos zu Klüseners Studie gibt es hier.