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Zuviel des Guten

 

Ich habe keine Zeit dazu, aber trotzdem sollte man Folgendes andenken:

1. Man müsste einen Verein gründen – zur Wiedereinführung des runden Tellers in der Spitzengastronomie.

2. Beginne ich an mir etwas zu zweifeln. Bin ich völlig stur und altbacken, dass mir Vieles der modernen, momentan angesagten Küche nicht richtig schmeckt? Kürzlich war ich in einem Sternerestaurant und konnte nur unter “kombinierten Gerichten” wählen. Unter anderem nenne ich jetzt mal eine beispielhafte Komposition:

Am Grund des Tellers war Kartoffelpüree, darin ein Loch freigeschoben und mit Kalbskopfragout gefüllt. Das Ragout war dann mit einer Scheibe kross gebratenem Loup de mer zugedeckt und so das Türmchen schön und fotogen gebaut. Wohlgemerkt, alles war sehr gut gekocht und mir ist auch bewusst, dass im Magen sowieso alles wieder zusammen kommt.

Ich möchte so etwas nicht kritisieren, alles ist erlaubt, allerdings auch meine eigene Sichtweise. Es war mir nicht möglich die Einzelteile wirklich separat und korrespondierend zu essen. Ruckzuck war alles vermengt. Es kam zu dem, was ich Durcheinander nenne und andere für einen Akkord halten. Kurzum, ich komme da einfach nicht mehr mit, kann keinen kulinarischen Sinn erkennen, außer dass ein Kritiker von Innovation und neuer Kreation spricht.

Nun ja, die Wielandshöhe ist bis an die Belastungsgrenze gut besucht. Es sieht aus, als würde das so bleiben. Es gibt genügend Leute die wie ich denken. Rotbarbe, Zander, Loup, sollen nach dem schmecken, was sie sind und am Geschmack der Natur wird nichts verändert. Auch wenn es kreativ sein mag das Fischfilet mit getrocknetem Rote-Bete-Pulver zu panieren, es wird klasse aussehen, aber nicht schmecken. Denken wir an die grauenhaft dominanten Panaden mit Sesam. Sieht klasse aus und ist kreativ, aber egal was damit paniert wird, es wird nach Sesam schmecken und nicht nach Fisch, Geflügel oder Fleisch.
Sollte ich wegen veralteter Küche mal meinen Stern verlieren, werden mir meine Gäste sicher die Treue halten. Es gibt allerdings unter diesen Kunden auch genügend, die sagen: “Kalbshirn, Kalbherz-Salat, Kalbsbrustspitz, Kuttelwurst, Dinkelsalat mit Krebsen u.s.w., das sind die wirklich exotischen Gerichte, weil sie kaum mehr gekocht werden, es sie nirgends mehr gibt.” Kurzum, vieles ist möglich und es ist auch wichtig, dass junge Köche etwas Anderes kochen, dass Neues ausprobiert wird. Blöd ist nur, dass Sterneküche ein prätentiöses Grundrauschen hat. Ob die Michelintester wirklich so eingleisig denken, weiß allerdings niemand. Es könnte auch von Gourmets und Köchen eine selbstgemachte Zwangsjacke sein.