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Wein sonst Beule

 

Kam ein Weißwein ins Haus. Eine einzige Flasche. Preis 95,– Euro.
Dachte ich mir: „Madonna Mia, der Winzer hat aber ein enormes Selbstbewusstsein.“
Ich mache die Flasche auf und der Wein war kräftig, nicht an Alkohol, sondern an Aromen. Ein bisschen viel Säure und daneben etwas zu süß. Nicht ganz harmonisch. Genau das, was ich nicht leiden kann.
Zum Sommelier sage ich: „Weg damit! Schmeckt mir nicht!“
Das war am Samstagabend. Dienstags bringt mir der Sommelier ein Glas Weißwein und ich bin völlig aus dem Häuschen. „Ein großer Burgunder? Oder etwas Großes aus dem Loiretal?“
Ich bin kein doller Blindverkoster. Keine Ahnung. Jedenfalls, eines war mir klar: der Wein im Glas hatte Weltniveau.


Es war der Wein vom Samstag, ein G-Max vom Weingut Keller in Flörsheim-Dalsheim. Der Sommelier hatte ihm nicht den Sauerstoff entzogen, sondern ihn nur mit dem Korken verschlossen und wieder kühl gestellt. Gestern bekam ich noch einmal einen kleinen Schluck. Jetzt war der Wein noch besser. Unglaublich.
Nun lese ich, dass der Winzer empfiehlt, den Wein zwölf Stunden vor Genuss zu öffnen.
Aha! Es gibt tatsächlich Weine, da benötigt man eine Gebrauchsanweisung.

Manch einer wird jetzt sagen: “So etwas kann ich mir nicht leisten. Eine Flasche Wein für 95.– Euro.“
Leute, ich sage euch, es gibt jede Menge Argumente für mich, zu sagen, dass ich mir das nicht leisten kann. Dringend sollte nämlich mal die rostende Delle meines Autos ausgebeult werden.
Mit einem Schluck von diesem Wein hatte ich aber ein Erlebnis, das ich nie mehr vergessen werden. Ich habe damit den Glückszustand meines Inneren, diesem mir wichtigsten Konto, schwer was auf die Habenseite gegeben. Sicher, nicht jeder empfindet so, oder hat überhaupt die Zunge dazu. Mit dem verbeulten Auto kann ich gut leben und mit der Erinnerung an den Schluck Wein noch besser.

Halt, jetzt muss ich noch kurz erwähnen, wem ich den Hinweis auf dieses Weingut verdanke. Wir Schwaben haben ja, was den Wein angeht, einen echten Superdünkel, trinken unser Zeugs selbst und halten die Weine der restlichen Welt gerne für zweitklassig. Na ja, Bordeaux und Burgund, das lassen wir schon noch gelten Aber sonst? Rheinhessen? Meine Güte, Liebfrauenmilch u.s.w., wer will sich schon damit fertigmachen.
Kurzum, weit gefehlt, was sich in Rheinhessen abspielt, da haut’s einem , wie man bei uns sagt, „da haut’s einem das Blech weg!“
Ach ja, nach Flörsheim-Dalsheim kam ich, weil dort mein Freund Jens meine Moto-Guzzi-Renner frisiert. www.dynotec.de