Wenn Sie sich eine Küchenbrigade als Band vorstellen, ist die Rollenverteilung so: Der Saucier ist der Sänger und kriegt mit seinem Fleisch die großen Auftritte und die BHs der Groupies. Patissier, Poissonnier und der Gardemanger teilen sich die Gitarren und den Bass und haben mit den Desserts, Fischen und kalten Vorspeisen auch schöne Solo-Acts. Hinten aber schuftet der Schlagzeuger, gibt den Rhythmus vor, schwitzt am meisten und kriegt am wenigsten Applaus – das ist der Entremetier. Ist ja nur der Beilagenkoch, hieß es lange, der gart Möhren, macht zwei, drei Klöße, versieht also die Mitte des Tellers (das Fleisch, den Fisch) mit der Garnitur. Zum Glück ist Gemüse heute aber nicht mehr nur Beilage, sondern kann sogar Hauptgericht sein. Und es hilft, das Ziel feiner Küche zu erreichen: Der Gast soll nach drei bis fünf Gängen zwar gesättigt vom Tisch aufstehen, aber nicht über Leibesschwere klagen. In meinem Restaurant ersetze ich oft schwere Fleischsaucen durch leichtere Risottos oder Pürees – ein nussig schmeckendes Feldsalat-Püree beispielsweise veredelt jeden Fisch. Die Vielseitigkeit ist das Tolle an diesem Posten: Aus Kartoffeln können Sie Knödel, Kroketten, Püree, Suppen machen, man kann sie braten, dämpfen, stampfen – ich mach sogar Ravioli daraus. Die Crux: Es gibt verschiedenste Gemüse – mit unterschiedlichsten Garzeiten. Das führt dazu, dass der Entremetier immer in Betrieb ist: Da was schnippeln, hier etwas ansetzen, da noch schnell etwas garen – man muss belastbar sein und sehr viel wissen. In meiner Küche ist der Entremetier so wichtig wie der Saucier, der Schlagzeuger steht als vorn auf der Bühne. Vielleicht gibt´s ja auch mal einen BH.
(Auszug aus einem Interview, geführt durch Stephan Draf)