Mit meinem Kumpel und Partner Stefan Manier verabredete ich mich in Barcelona zu unserem Jahresmeeting, fernab vom Gewusel im sanierten Gasthaus Stromberg.
Wir haben das Geschäftliche mit dem Nützlichen verbunden und uns richtig durch die Stadt „gefressen“ (entschuldigen Sie den Ausdruck, aber das drückt es am treffendsten aus).
Ein Zeitraum von 1,5 Tagen ist allerdings definitiv nicht genug, um sich an der Stadt satt zu essen. Dennoch, es war ein sensationeller Tapetenwechsel. Wichtig für den Geist, aber leider auch gewichtig für den Leib.
Wir folgten zunächst den Empfehlungen des Magazins „Der Feinschmecker“ und übernachteten im „Banys Orientals„.
Sehr freundlicher Empfang, sehr schöne, mit liebe eingerichtete Designzimmer. Vor den Zimmern ein Kühlschrank mit ausreichend Mineralwasser „kostenlos“. Allein dafür schloss ich das Hotel gleich in mein Herz. Warum muss man seinen Gästen, noch dazu bei dem meist sehr überteuerten, nächtlichen Schluck Lebenselexier Schweißperlen auf die Stirn versetzen?
Klar, wer macht sich schon die Mühe und zieht sich noch einmal an, um sich am Kiosk ein Wasser zu kaufen. Soviel zu den Kleinigkeiten, mit denen man einfach pure Freude erzeugt und Fans gewinnt. Das Restaurant in diesem Hotel haben wir nicht ausprobiert, es war allerdings sehr schön eingerichtet und sehr gut frequentiert.
Wir schmissen unsere Taschen auf die Zimmer und zogen los auf den Markt „La Rambla„. Wer sich als Koch dort nicht sofort einen Herd und einen Küchentisch herbei wünscht, für den ist sein Beruf eben nur ein Beruf und keine Berufung!
Stefan und ich wünschten und wünschten…
Wir haben es keine 30 Minuten ausgehalten und hielten für die erste Mahlzeit um 11 Uhr direkt auf dem Markt bei „El Quim de la Boqueria„.
Wahnsinn ! 4 Köche auf geschätzten 5 qm parlierten mit den Gästen, kochten, wuselten, rempelten sich ständig an und waren dennoch unglaublich freundlich. Das Essen eine Sensation. Stefan und ich sagten zeitgleich: „So einfach kann Kochen sein!“
Das Beste war ein Spiegelei mit Chipirones, winzig kleinen Tintenfischchen.
Ich war so heiß (gierig) auf dieses Gericht, dass ich erst daran dachte, ein Foto zu machen, als mir dieses Gericht ein Glücksgefühl schenkte, dass ich am liebsten mit der ganzen Welt geteilt hätte. Das allein war schon die Reise wert.
Wir probierten weitere Tapas wie z.B. Ochsenschwanzragout, frittierte Artischocken, Stabmuscheln und waren angekommen.
Eine weitere Station war das INOPIA. Eine Tapas-Bar des Bruders von Ferran Adrià. Sehr junges Publikum und auch einen Besuch wert. Keine Angst, die Einflüsse Ferran Adriàs sind sehr verhalten… 🙂
Der Schinken im Kartoffelnest im INOPIA war allerdings eher enttäuschend.
Durch Zufall endeckten wir eine wunderschöne, moderne Patisserie Namens „bubo„. Jede Praline kann man einzeln für ca. 1 Euro direkt vernaschen oder die Köstlichkeiten sehr stylish verpackt zum mitnehmen erstehen. Leider habe ich durch die vielen Eindrücke auch dort vergessen einige Bilder zu machen.
Dann besuchten wir noch unzählige „Tapasbuden“ und wir drohten zu platzen !
Wir wollten aber natürlich auch einmal „schick“ essen gehen und probieren, was denn die jungen Spanischen Kollegen so kochen. Also ab ins comerc24 zu Carles Abellan.
Wir haben uns für eins der beiden Menüs entschieden. Die Argumente, ein Menü zu wählen, waren allerdings auch anhand der a la carte Preise unschlagbar! Brot, Salz und Öl, sprich das couvert, wurde mit 5 Euro berechnet.
Eine in Deutschland fast undenkbare Sache, das Brot vorweg zu berechnen. Warum eigentlich ? Wenn ich beim Klempner ein WC erneuern lasse, schenkt er mir die Brille auch nicht als freudebringende Nettigkeit seines Unternehmens!
Als Amuse bouche gab es kleine Knabbereien wie hausgefüllte Oliven, „goldene Macadamia Nüsse“ (absoluter Quatsch), Cracker vom Schwein und Strudelteig mit Parmaschinken (warum denn nur Parma in Spanien, Carles?)
Das Menü: Marinierte Sardine mit Blutorange und Wasabi, Thunfisch Tatar, Consommé mit Trüffel, Parmesan (warum nicht Manchego oder einen der zig tollen spanischen Käsesorten?) und Eigelb, roh marinierter Kabeljau mit Artischockeneiscreme (das Eis war leider versalzen),
Riesentintenfisch mit schwarzem Reis,
Wolfsbarsch mit Knoblauch und Rosmarin-Vinaigrette, Landhuhn mit Riesengarnele.
Und als Dessert (die Patisserie war die stärkste Fraktion an unserem Abend) eine handwerklich perfekte Variation aus:
Brot-Schokolade mit Olivenöl und Salz, ein Joghurt-Espuma mit Müsli und Passionsfrucht, einer mit Nougat gefüllten Hippe mit Schokolade und Kaffee, einem Oreo (Amerikanischer Schokokeks) mit schwarzem Sesam und Vanille sowie einen Sablé (ein Mürbteiggebäck) mit Ananas und Baiser.
Fazit: wer einen romantischen Abend in einem modernen Restaurant mit Anspruch verbringen möchte, ist hier nicht verkehrt. Für uns zwei Köche allerdings gab es wenig kulinarische Überraschungen.
Weiter ging es am nächsten Tag in der Kulttapasbude „Bar Mundial“. Legendär, sehr freundliche Bedienung und leckere Tapas. Das war und ist ein Pflichtbesuch!
…und weiter zum Kultrestaurant „Los Caracoles„. Kult pur! Da muss man mal gewesen sein, vergessen Sie Venedig!
Bevor man das Restaurant betritt, geht man am eingemauerten Grill (in der Hauswand) vorbei und weiß, „ich esse Hühnchen“. Denn diese brutzeln dort vor sich hin und sehen so unverschämt gut aus, dass man gar nicht anders kann. Eingetreten erwartete uns eine kleine Bar. Alles, denken wir? Denkste!
Dann ab durch die „Küche“ (spätestens an dem Punkt ist man kein Gast mehr, sondern ein Fan!!!), in der ein alter, 3m langer, eiserner, glühender Herd steht, etwa 50°C herrschen und die Köche kurz auf die Seite treten. Wir kommen an unseren Tisch und den dazugehörenden, authentischen Kellner.
„Olá“ begrüßt er uns und wir wissen, hier sind wir goldrichtig ! Alles kitschig, urtypisch und….. granatenvoll die Bude, denken wir! Denn der Raum, in dem wir sitzen, ist einer der vordersten von gaaannnz vielen Räumen.
Der lange, labyrinthartige Weg zum WC lässt keine Zweifel offen: dies ist eine Goldgrube! Und mit Recht, wir bestellten natürlich „Schnecken“, der Laden heißt ja schließlich so, und Hühnchen, als Dessert noch eine Crema Catalana dazu ’ne Flasche Vina27 vom Weingut Raimat und die Welt war schön.
Unser Fazit: Einfacher und besser kann man es nicht machen.
Danach ging´s für mich zum Flughafen. Glücklich, aber mit Übergepäck – am Leib.
Übrigens, unser Meeting haben wir auch gehalten. 5 Stunden lang auf der Straße in der Sonne. Barcelona ich komme wieder.