Anna Lena ist nun seit drei Wochen auf dem Saucierposten. Es heißt immer der Beruf sei für Frauen zu anstrengend. Man könnte getrost das Gegenteil behaupten. Letzte Woche zog sie einem Hirschkalb das Fell ab, eine Wildsau war schon dran und Rehe, jede Menge. Die Tiere zerlegen, die Keulen in Portionsteile schneiden, für Anna Lena kein Problem.
Erstaunt hat mich dann ihr Wunsch, sie wolle beim Metzger Reinold in Rechberg gerne mal montags beim Schlachten dabei sein. Das hat mich dann buchstäblich umgehauen, denn die Frau ist schöngeistig veranlagt und ganz und gar kein Kraftweib. Also fuhren wir zusammen auf die Ostalb und Hans der Metzger staunte nicht schlecht: als wir unsere Bestellung beisammen hatten schnappte
Anna Lena so flink die Fleischkisten bis zu 30 Kilo und wuchtete sie in den Wagen. Die Metzger standen da mit offenem Maul. Hans der Metzger dann: „Wir fangen morgens um fünf an, es genügt, wenn sie später kommen, dann sind die Schweine schon tot.“ Anna Lena bestand darauf von Anfang an dabei zu sein.
Es ist auch meine Meinung, wer Fleisch isst und damit kocht, muss sich mit der sterbenden Kreatur beschäftigen. Das Kochen wird weniger gedankenlos, wird intensiver, wenn nicht gar von rituellen Anflügen getragen. All die Tierskandale kommen doch hauptsächlich davon, dass der Verbraucher systematisch von der Wirklichkeit und dem direkten Bezug zum Tier ferngehalten wird. Dazu könnte man noch viel sagen…