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„A guads Restaurant is a volles Lokal“

 

Mit der Küche der feinen Restaurants ist es ähnlich wie mit der Formel 1. Fast alle sind gleich gut, die Unterschiede sind gering, vieles ähnelt sich.
In einem Interview, das ich heute der Zeit gab, sprach ich von “Kulinarischem Karaoke” und meinte, dass fast alle dieselbe Lounge-Music spielen. Das heißt überhaupt nicht, dass schlecht gekocht wird, nur dass es, in übertragenem Sinn, auf dem Gipfel hoher Berge eng ist.

Früher hatten kulinarische Weltmeister noch Küchengeheimnisse. Den “Loup en Croût” aß man bei Bocuse und das “Saumon Soufflee” bei Haeberlin. Letzteres Gericht esse ich über die Jahre hinweg immer wieder und war stets beglückt. Sollte ich mal wieder zu Bocuse fahren esse ich den Loup. Ganz klar, und Risotto esse ich bei Marchesi und nicht bei einem kulinarischen Jungfilmer.

Warum kochen junge Chefs nicht eine kleine Palette, die sie wirklich finanzieren und bewältigen können? Ich weiß von einem Gasthaus östlich von München, da gibt es nur Schweinshaxen. Schweinshaxen, sonst nichts. Einen Platz bekommt man dort nicht, “Tout Munich” haben den Betrieb total verstopft. Freilich, Michelinstern will die Wirtin keinen. An sowas hat die Frau nie gedacht, sondern nur an ihre erlesene Klientel.

Mir sagte mein damaliger Küchenchef im Münchner Humplmayr: “Was, a guats Restaurant willst mal aufmachen. Arschloch (er nannte mich immer so). Soll i dir sogn was a guads Restaurant is?” Er schnaufte schwer: “A guads Restaurant is a volles Lokal wo guate Leut drin hockn und zwar viele und koine Arschlöcher!” Und dann kam wieder das unvermeidliche Zauberwort, das mir stets ein Antrieb war: “Du Arschloch”.

Moderne Gastronomie will alles bieten. Vielfalt heißt die Devise. Da kocht man vorsichtshalber gleich Crossover. Dann wird womöglich damit angegeben, dass man tausend Weinsorten im Keller hat. Unter uns gesagt, das ist reine Sommelier-Onanie und die zieht eine bestimmte Klientel hinterher. Da gibt es dann die kleinen Dramen. Gäste hängen ihr Wissen raus, um den Whisky einer entlegenen Hebrideninsel einzufordern. Da gibt es komische Kunden, die kriegen einen Kurzzschluss im Herzschrittmacher, weil kein Sambuca im Haus ist, oder weil der hoffnungslos überbewerte Luxusgrappa fehlt oder der Rothschild leergetrunken ist.

Diese Kundschaft habe ich schon lange nicht mehr. Mit frohen Gästen, die wir haben, diniert man zwangsläufig in froher Stimmung. Ein Restaurant ist doch keine Kirche. Doch Kürzlich wurde der “Regional-Vincent” gescholten, weil er keinen schwäbischen Sekt auf der Karte hätte. Ich habe es den Leuten nett und knapp erklärt. “Ganz einfach, mir ist Champagner lieber und was mir lieb ist muss meinen Gästen auch lieb sein.” Manchmal ist auf den Patrioten gepfiffen.

Zurück zu den Küchengeheimnissen. Es schön, dass es keine Küchengeheimnisse mehr gibt. Hobbyköche kommen heutzutage an Informationen, da konnten Berufsköche früher nur davon träumen. Bei dem Wort “Küchengeheimnis” fällt mir gerade mein Lehrmeister Katzenberger ein. Damals der Supercrack im Badischen, ein Gigant. Toller Koch, der aber auch seine betriebswirtschaftlichen Schwächen hatte. Sein Lieblingsgericht auf der Karte nannte sich Die bedeckte Schüssel wirbt um Ihr Vertrauen. Da kam all das rein was übrig war. Manchmal hatte der Gast Glück und die letzte Taube wurde zu einem Schnäppchenpreis in diese Wundertüte gepackt. Manchmal war aber gar nichts Rechtes mehr im Kühlhaus zu finden. Dann haben wir – bildlich gesprochen- die Bude zusammengekehrt und daraus etwas gezaubert. Manchen Küchengeheimnissen muss man nicht nachtrauern.