Foodwatch ist eine wirklich sehr empfehlenswerte Institution, schrieb mir letzte Woche:
Warum die Lebensmittelhersteller auf der Grünen Woche rot sehen
Lieber Herr Klink,
es ist mal wieder so weit: Die Internationale Grüne Woche, nach eigenen Angaben „weltgrößte Verbraucherschau“, hat heute in Berlin ihre Pforten geöffnet. Manchem Besucher mag es allerdings so vorkommen, als habe er sich auf eine Fitness- und Gesundheitsmesse verirrt. Der Gemeinschaftsstand der Ernährungsindustrie steht unter dem Motto „Power fürs Leben – Essen und Bewegen“.
Ist Fitness jetzt die neue Kernkompetenz von Unilever, Nestlé & Co.? Wohl eher eine gewinnträchtige Masche: Wohlfühlbotschaften aus der Traumfabrik, Wellness und Gesundheit durch Kaufen und Essen – die schlanke Linie für dicke Profite.
Da passt es, dass sich ausgerechnet Süßwaren-Fabrikant Mars auf der Grünen Woche mit seiner Buchreihe „Clever naschen Action Kids“ als Ratgeber für die „aktive Familienfreizeit“ aufdrängt. Oder dass Ferrero auf einer mobilen Sport- und Laufspielanlage „Schüler aller Altersklassen“ zum Training motivieren will – „powered by nutella“!
Zur Erinnerung: Auf 70 Milliarden Euro werden die Krankheitsfolgekosten durch Übergewicht allein in Deutschland geschätzt. Eine Folge von zu viel Fett und Zucker, sozusagen auch „powered by nutella“? Natürlich hat die Industrie darauf die passende Antwort: Nicht ihre falsch zusammengerührten Produkte, nicht ihr permanenter Etikettenschwindel sind Schuld an überschüssigen Pfunden, sondern jedermanns Bewegungsmangel. Totale Ablenkung statt des klitzekleinsten Bekenntnisses zur eigenen Verantwortung. „Essen und Bewegen“ – die Konsumenten also sollen ihre Kilos einfach abtrainieren. Und dann fleißig weiter futtern. Diagnose: Grob unsportliches Verhalten der Konzerne.
Tatsächlich müssen die Verbraucher lange joggen, um die tägliche Dosis überzuckerter und fettiger Lebensmittel wieder wett zu machen. Ein Beispiel: Eine Dreiviertelstunde Dauerlauf ist erforderlich, bis ein zehnjähriges Kind eine kleine, aber süße Frühstücksportion Nestlé-„Fitness(!) Fruits“ mit Magermilch abtrainiert hat.
foodwatch meint: Bewegung hat vor allem die Ernährungsindustrie selbst dringend nötig. Wenn es um ehrliche Etiketten geht. Oder die Nährwertkennzeichnung in Ampelfarben. Rot, gelb und grün weisen auf den Gehalt an Fett, Zucker und Salz hin. Damit die Verbraucher auf einen Blick sehen, was Sache ist. Bisher sieht die Industrie bei dem Thema so rot wie ein infarktgefährdeter Patient. Denn die Branche hat die Grenzen des Wachstums erreicht, sie hängt am Tropf von Produktneuheiten, die den Verbrauchern zur Rechtfertigung höherer Preise immer großartigere Zusatznutzen vorgaukeln – in Wahrheit aber oft eher fett statt fit machen.
So kommen Produkte wie Actimel von Danone auf den Markt, das Alt wie Jung gesund durch den Winter bringen soll. Bloß, dass ein herkömmlicher Naturjoghurt die Abwehrkräfte praktisch genauso aktiviert, aber nur ein Drittel kostet und zudem keine Zuckerbombe ist wie Actimel.
Eine klare Kennzeichnung würde das entlarven – deshalb stört die Gewinnhoffnungen der Branche kaum etwas so sehr wie die Nährwertampel. Die Grüne Woche nutzt sie für massive Lobbyarbeit gegen die Ampel. Unterstützen Sie daher jetzt unsere Forderung nach einer eindeutigen Nährwertkennzeichnung und schreiben Sie an Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner – ganz einfach und direkt hier bei unserer Mitmach-Aktion.
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