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Netzfilm der Woche: „Crowded Healing“

 

Die philippinische Hauptstadt Manila und ihre Metropolregion zählen zu den am dichtesten besiedelten Orten der Erde. Bis zu 43.000 Menschen teilen sich hier einen Quadratkilometer Stadtgebiet. Das führt dazu, dass selbst auf Friedhöfen neue Armensiedlungen entstehen. Nun haben die Behörden darauf reagiert: Nach dem jüngsten Anstieg der Kriminalität wurden viele Familien von den Friedhöfen vertrieben.

Der Fotograf Manuel Domes, der zurzeit für eine NGO auf den Philippinen arbeitet, hat Menschen besucht, die ihr „Zuhause“ auf dem Friedhof verloren haben. Sie schlagen sich in Aushilfsjobs oder auf Müllhalden durch, wo der stechende Geruch und Rauch die Lungen schädigt. Da sie sich keine medizinische Hilfe leisten können, legen sie ihr Schicksal in die Hände sogenannter Geisterheiler.

An drei verschiedenen Schauplätzen in der Stadt, die doch alle miteinander verbunden sind, blickt Domes auf die enge Verbindung von Armut und Spiritualität. Crowded Healing ist das Abschlussprojekt seines Fotojournalismus-Studiums an der Ateneo de Manila University.

ZEIT ONLINE: Wie sind Sie mit den Personen im Film in Kontakt getreten?

Manuel Domes: Mehrere NGOs vor Ort haben mir bei der Recherche und Vermittlung sehr geholfen. Auf die Familie in Makati bin ich zufällig gestoßen, als ich dort in der Nähe des Friedhofs unterwegs war und mit einigen Leuten auf der Straße gesprochen habe.

ZEIT ONLINE: Sie ließen sich einfach filmen?

Domes: Generell haben die Leute hier wenige Berührungsängste gegenüber Fremden mit Kameras. Allerdings ist es in einigen Gegenden aus Sicherheitsgründen wichtig, vorher vertrauenswürdige Kontakte herzustellen.

ZEIT ONLINE: Im Film heißt es, dass die Familien auf dem Friedhof im Vergleich zum Leben „draußen“ relativ glücklich waren. Was hat sich für sie geändert nach der Räumung?

Domes: Auf dem Friedhof konnten die Familien recht einfach kostenlos Wasser und Strom beziehen, was „draußen“ schwierig oder zu teuer ist. Auch die Übernachtungsmöglichkeiten sind auf den Gräbern des Friedhofs besser und sicherer als auf der Straße. Die meisten Familien hatten ihre Einkommensmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe des Friedhofs, sodass sie nach der Räumung nun für den Weg zu ihrer Arbeit bezahlen müssen. Dies können sich die meisten kaum leisten und schlafen deshalb häufig in der Nähe des Friedhofs auf der Straße.

ZEIT ONLINE: Sie lassen die Beteiligten im Film ohne Autor-Kommentar und Einschätzung erzählen, selbst bei Themen, die uns Europäern wohl als „spirituell“ vorkommen. Wieso haben Sie sich für diesen Ansatz entschieden?

Domes: Die Idee des Films war, eine Art Panorama verschiedener Gesichter und Geschichten von Überbevölkerung, öffentlicher Gesundheit und Spiritualität zu entwerfen. Ich wollte eher Fragen aufwerfen und Diskussionen anregen, statt zu versuchen, Antworten und Definitionen zu liefern. Deshalb habe ich mich dafür entschieden auf eine Kommentierung der Geschichten zu verzichten. Die Personengruppen, die ich im Film zeige, kommen im öffentlichen Diskurs in den Philippinen kaum zur Sprache. Oder sie werden von Interessengruppen und Politikern vereinnahmt, die behaupten, in ihrem Namen zu sprechen. Hierzu wollte ich einen Kontrapunkt setzen.

ZEIT ONLINE: Haben Sie weiterhin Kontakt zu den Personen und verfolgen ihren Weg?

Domes: Ich stehe weiterhin in Kontakt zu den vermittelnden NGOs und zu einigen der Personen im Film. Im Laufe der kommenden Wochen möchte ich allen Beteiligten eine Kopie des Films zeigen oder zukommen lassen. Ich habe auch noch mehrere Stunden ungenutzter Interviewmaterialien, die ich langfristig gerne als Basis für einen längeren Film verwenden möchte.