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Kurzdoku: „Act of Terror“

Die Britin Gemma Atkinson (nicht das Bikini-Model) hat Polizisten immer geschätzt und geachtet – bis ihr Freund eines Tages in der Londoner U-Bahn von Polizisten festgehalten und durchsucht wurde. Atkinson fand die Begründung der Beamten unrechtmäßig und begann, die Aktion mit ihrem Handy zu filmen. Das gefiel den Polizisten wiederum gar nicht. Sie beriefen sich auf ein Gesetz, dass im Rahmen der Terrorbekämpfung erlassen wurde, wonach Polizisten/innen nicht gefilmt werden dürfen, wenn die Aufnahmen terroristisch nutzbar sind – was auch immer das bedeutet. Nachdem Atkinson sich weigerte, ihr Handy herauszugeben, wurde sie 25 Minuten lang in Handschellen festgehalten, bevor die Polizisten sie gehen ließen.

Atkinson, die Dokumentarfilmerin ist, wehrte sich gerichtlich gegen die Aktion – und bekam im Jahr 2010 schließlich Recht. Das Geld, dass sie aus den Anwalts- und Verfahrenskosten bekam, steckte sie in den Film Act of Terror, der ihre Geschichte erzählt und das Problem anspricht, wie willkürlich offenbar die Anti-Terror-Maßnahmen eingesetzt werden – und wie schwer es ist, sich selbst als Unschuldige/r dagegen zu wehren.

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YouTube startet Bezahlkanäle

© Eric Piermont/AFP/Getty Images
© Eric Piermont/AFP/Getty Images

Update vom 9.5.: Die Informationen waren korrekt. Die Preise fangen bei 0,99 US-Dollar an und gehen bis zu 7,99 Dollar hoch. Für Interessenten gibt es jeweils ein zweiwöchiges Probeabo. Zu den künftig zahlungspflichtigen Kanälen zählen unter anderem der Sesame Workshop, in dem es ganze Episoden der beliebten Kinderserie zu sehen wird. Die Bezahlkanäle sind offenbar nicht von Deutschland aus abonnierbar.

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Spekulationen darüber gab es schon länger, jetzt ist es offenbar sicher: Noch diese Woche könnte YouTube bezahlte Spartenkanäle einführen. Das berichtet die Financial Times. Von der Umstellung sollen rund 50 Kanäle betroffen sein. YouTube hat noch keine offizielle Stellungnahme abgegeben.

Foglich ist auch nicht bekannt, um welche Programme es sich handelt. Sie dürften aber mit ziemlicher Sicherheit zu den sogenannten Original- oder Premiumkanälen der Plattform gehören. Diese finanziert YouTube mit einem Vorschuss, den die jeweiligen Macher dann anteilig über Werbeeinnahmen an das Unternehmen zurückzahlen. Nicht alle dieser Kanäle sind erfolgreich. Google hatte vergangenen Herbst bereits nach einem Jahr die Verträge mit einigen Kanälen nicht verlängert.

Das neue Bezahlmodell wäre neben den Werbeeinnahmen eine zusätzliche Einnahmequelle für die Plattform. Es erinnert an das von klassischen Pay-TV-Sendern, mit dem Unterschied, dass einzelne Kanäle individuell abonniert werden, und nicht wie etwa bei Sky mehrere Programme in einem Abo verfügbar sind. Die Preise sollen bei 1,99 US-Dollar pro Monat liegen.

Sollte es soweit kommen, wäre es ein Indiz dafür, dass YouTube sich weiterhin um neue und vor allem unterschiedliche Erwerbsmodelle bemüht. Denn auch wenn die Werbeeinahmen auf der Plattform nach Angaben der Financial Times in diesem Jahr bei bis zu zwei Milliarden US-Dollar liegen könnten, ist das Modell nicht unumstritten – auch bei den Produzenten. So wird gemutmaßt, dass einige bekannte Namen einen höheren Prozentsatz der Werbeeinnahmen behalten dürfen als andere. Ein Bezahlmodell könnte die Einnahmen ergänzen, AdAge erwähnte im Januar einen möglichen 45-55 Prozent Split zwischen YouTube und den Machern. Entscheidend ist, ob denn die Fans auch bereit sind, künftig für die Inhalte zu bezahlen – eine der der wohl wichtigsten Fragen im Webvideo-Geschäft.

Interessant ist auch die Frage, was denn die Kanalbetreiber von dem Schritt halten, künftig nicht mehr für alle im Netz, sondern nur für einen kleinen Teil Inhalte zu produzieren. Also eigentlich genau das Gegenteil von dem, wofür YouTube steht. Ein Sprecher sagte Mashable im Januar, dass unterschiedliche Inhalte auch unterschiedliche Bezahlmodelle erforderten und dass einige Produzenten glaubten, sie könnten von bezahlten Abonnements profitieren.

Pläne für ein Pay-per-View Option für einzelne Filme, wie sie etwa Vimeo vor kurzem einführte, gibt es auf YouTube zurzeit nur für US-Bürger in einer Betaphase.

 

Auf dem Eisbrecher durch die Antarktis

Als Kind hatte ich ein Legoschiff. Eigentlich war es ein Polizeiboot, aber in meiner Fantasie war es meistens ein Eisbrecher. Ich war fasziniert von der Idee, dass ein Schiff sich einfach durchs Eis bohrt und dabei nicht kaputt geht. Vielleicht freue ich mich deshalb über folgendes Video der Meeresbiologin Cassandra Brooks, die gerade auf einer Expedition in der Antarktis ist.

Brooks hat nämlich zwei Monate lang den Weg des Eisbrechers Nathaniel B. Palmer gefilmt und die Reise in knapp unter fünf Minuten geschnitten. Dazu erzählt sie mit Begeisterung, welche unterschiedlichen Arten von Eis es gibt (jede Menge) und wie man jeweils am besten durchkommt (zur Not durch mehrmaliges Rammen). Hilfreich für alle, die sich mit dem heimischen Eisbrecher mal in die Antarktis verirren sollten. Mehr Geschichten von Cassandra Brooks gibt es auf National Geographic.

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Netzfilm der Woche: „Euphonia“

euphonia_poster_small Listen. Im Fall von Euphonia sagt das Filmplakat schon alles: Listen, hör zu. Nicht etwa auf den Dialog, denn es wird wenig gesprochen in dem 53-minütigen Film. In Euphonia dreht sich alles um den Sound: Um knarzende Schritte im Kies, das Rattern von Einkaufswagen, statisches Rauschen im Radio und die Klänge sanfter Musik. Diese Geräusche bestimmen das Leben des jugendlichen Schülers, der eines Tages ein Aufnahmegerät entdeckt und fortan jeden Moment seines Lebens aufnimmt.

Das allgegenwärtige Aufnahmegerät spielt die Hauptrolle, sämtliche Aufnahmen während der Dreharbeiten wurden direkt mitgeschnitten. Kratzen, Übersteuerungen und Schläge gegen das Mikrofon inklusive, was zur Immersion der Zuschauer beiträgt.

Der 25-jährige Regissuer Danny Madden hat im vergangenen Jahr mit (Notes) on Biology bereits einen erfolgreichen Kurzfilm veröffentlicht. Euphonia entstand direkt im Anschluss, benötigte in der Entstehung aber fast ein ganzes Jahr länger, denn ein Budget gab es nicht. Alle an dem Film Beteiligten sind Freunde und Bekannte von Madden, sein jüngerer Bruder Will übernahm die männliche Hauptrolle. Insgesamt habe der Film nur 1.000 Dollar und „zahlreiche Erdnussbuttersandwiches aus der Küche der Eltern“ gekostet, sagt Madden.

Euphonia ist nicht bloß ein experimenteller Film mit exzellentem Sounddesign. Er ist auch ein Stück Technologiekritik. Der Protagonist wird im Laufe der Handlung immer abhängiger von seinem Gerät, Realität und Aufnahmen vermischen sich so sehr, dass sogar die aufkeimende Beziehung mit einer Klassenkameradin zu scheitern droht.

Madden, der selbst um einen moderaten Gebrauch von Computern und Smartphones bemüht ist, hat in der Vorbereitung auf den Film erfahren, wie ein Aufnahmegerät zwar seine Sinne für die Geräusche um ihn herum schärfte, er sich aber bald gezwungen fühlte, alles aufnehmen zu müssen. Genau um diese Übertreibung geht es in Euphonia.

Apropos übertreiben: Mit einer Laufzeit von über 50 Minuten ist Euphonia lang, bisweilen zu lang. Und läuft Gefahr, ein Opfer seiner eigenen Idee zu werden. Gleichzeitig aber tut Madden gut daran, sich dem Trend zu kürzeren Online-Produktionen zu widersetzen. Denn erst nach einer gewissen Zeit stellt sich das Bedürfnis ein, wirklich richtig hinzuhören.

 

Vice auf HBO: Vom Netz auf die Mattscheibe

„Ich möchte das nächste CNN erschaffen.“ Worte wie diese erinnern aus den Mündern der meisten Journalisten wohl sofort an Größenwahn. Bei Shane Smith klingen sie dagegen geradezu normal. Der gebürtige Kanadier war noch nie ein Leisetreter. Weder 1994, als er das kostenlose Jugendmagazin Vice in Montreal ins Leben rief. Und schon gar nicht heute, da Vice längst zu einem internationalen Medienunternehmen mit 35 Büros weltweit gewachsen ist. Das ist zwar noch nicht ganz die Größe von CNN, aber immerhin.

Viel wurde über Smith und sein Unternehmen in den vergangenen Wochen geschrieben. Der New Yorker hatte ein langes Porträt veröffentlicht, der Guardian ebenfalls und auch die Print-Ausgabe der ZEIT nahm sich den „Journalisten-Hipstern“ an. Der Grund: Eine neue Kooperation mit dem US-Bezahlsender HBO. Wöchentlich läuft nun eine Nachrichtensendung, in der Vice-Reporter über abseitige Themen berichten. Nicht allzu lang, eine halbe Stunde bloß und zunächst für zehn Episoden. Und doch ist es ein Zeichen dafür, dass Web-Inhalte immer wichtiger für die klassischen TV-Sender sind.

Dass Vice für eine eigene Form des Journalismus zwischen Gonzo und Selbstdarstellung steht, ist schon länger bekannt. Vice-Geschichten sind mitunter brillant investigativ, bisweilen sensationsheischend und stets provokativ. Coups wie der Zutritt ins verbarrikadierte Nordkorea mit Basketballer Dennis Rodman oder das (am Ende unglücklich verlaufene) Treffen mit dem flüchtigen Software-Unternehmer John McAfee haben dem Titel in den vergangenen Monaten noch einmal erhöhte Aufmerksamkeit beschert. Längst verfolgen bekannte Publikationen die Arbeit der New Yorker. Meistens noch immer mit argwöhnischer Distanz, aber mit steigendem Interesse.

Der wichtigste Schritt in der Geschichte von Vice aber liegt nicht bloß in einer eigenen Vision von Journalismus: Er liegt im konsequenten Übergang von Print zu Video, den Vice seit Jahren betreibt. Zwar gibt es auch noch das Magazin, längst aber ist Vice vor allem für seine Videoproduktionen bekannt. Ganz egal ob es sich nun um abseitige Reiseführer, Reportagen aus Krisengebieten oder Katzencontent handelt: Wenn es ein Publikum gibt, ist Vice vor Ort. Schon 2007, als weitaus größere Medienhäuser noch zaghaft mit eigenen Bewegtbildern experimentierten, drehte Vice mit seinem Videoportal vbs.tv die Dokumentation Heavy Metal in Baghdad, die es unter anderem auch auf die Berlinale schaffte.

Seitdem hat Vice sein Publikum gefunden – vor allem im Netz. Wie kaum eine andere Marke hat Vice es geschafft, die sogenannte Generation Y, die Digital Natives, an sich zu binden. Allein der YouTube-Kanal verbucht inzwischen über 1 Million Abonnenten. Mehr als 80 Prozent seines Umsatzes erzielt Vice inzwischen online dank eines cleveren Geflechts aus Branded Content, Kooperationen und klassischer Werbung. Vor allem junge Männer, eine für Werbekunden schwierige Zielgruppe, stehen auf die Vice-Inhalte, auf die Mischung aus Gefahr und Abenteuer, aus Hipstertum und Humor.

Auch deshalb wurde HBO auf das Programm von Vice aufmerksam: Es sind gerade die jungen Zuschauer, die für Pay-TV-Sender wichtig sind. Deshalb zeigt sich eine neue Entwicklung. Waren es lange Zeit die Sender wie HBO, die sich mit neuen Serien und Formaten vom traditionellen Programm absetzten, schafft mit Vice nun ein alternatives Angebot aus dem Netz den Weg in die Beletage des US-Fernsehens. „Die Vermittlung von Nachrichten muss mit der Generation wachsen, die ihre Informationen nicht mehr so eng verpackt haben möchte“, sagt Michael Lombardo von HBO zur Entscheidung, die Sendung ins Programm aufzunehmen. Und es wird nicht die letzte sein, die diesen Sprung schafft. Die Kooperation mag ein Erfolg für Vice sein. In jedem Fall ist sie ein Erfolg für die Generation YouTube.

 

Alte Interviews neu entdeckt: „Blank on Blank“

Die Macher von Blank on Blank suchen alte Interviews mit Künstlern und bereiten sie neu auf. Schicke Idee, dachten auch die Verantwortlichen vom US-Sender PBS. Und so gibt es jetzt ausgewählte Interviews des Projekts nicht nur als Audio, sondern auch in reduzierter schwarz-weiß Animation auf YouTube. Hier die neuste Folge mit den Beastie Boys aus dem Jahr 1985, davor erzählt Jim Morrison noch etwas über die Vorzüge von Übergewicht.

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Webvideopreis 2013: Die Nominierten

Der Deutsche Webvideopreis 2013 geht in die entscheidende Phase. Noch bis zum 23. Mai kann für die Nominierten abgestimmt werden. Zur Auswahl gibt es jeweils sechs Videos in insgesamt elf Kategorien, in denen sowohl Zuschauer als auch die Jury gleichberechtigt abstimmen und zwei zusätzliche Kategorien, die allein der Jury vorbehalten sind. Gezählt werden Verlinkungen, Shares, Likes und Tweets zu den Videos.

Mit dabei sind erwartungsgemäß einige bekannte deutsche Webvideostars wie der Gamer Gronkh, die durch ihre Popsong-Parodien bekannten Brüder Die Lochis und das YouTube-Allstar-Projekt Krieg Spielen! der Space Frogs.

Es geht aber nicht immer nur um Spaß: In der Kategorie FYI sind etwa auch die Reise des Münchner Kammerorchesters nach Nordkorea sowie eine 30-minütige Syrien-Dokumentation nominiert. Und auch die Webserie Shore, Stein, Papier, die wir hier kürzlich präsentierten, hat es in die Endrunde geschafft.

Auch schön: In der Kategorie Fail (aka der „Silberne Sellerie“) findet sich mit Edeka, McDonalds und den „Movie Stars“ der Sparda Bank ein Best-of peinlicher Imagefilme aus dem vergangenen Jahr.

Die Preisverleihung findet am 25. Mai in Düsseldorf statt und wird live im Netz gestreamt.

 

Bewegte Atome oder der kleinste Film der Welt

Den Weltrekordtitel für den „kleinsten Stop-Motion-Film der Welt“ dürften die Wissenschaftler von IBM noch einige Zeit innehaben. Für A Boy and His Atom haben die Nanophysiker nämlich eizelne Atome bewegt und diese dann 100 Millionenfach vergrößert und abgelichtet. Aus 242 Einzelaufnahmen ist am Ende rund eine Minute Film dabei herausgekommen. Den Plot kann man getrost vergessen, aber als technische Demonstration ist das auf jeden Fall beeindruckend.

Hier noch ein Making-of: