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„The Final Fax“ – wie die WM nach Deutschland kam

Fifa-Präsident Sepp Blatter ist dieser Tage, wieder einmal, in den Schlagzeilen. Es geht, wieder einmal, um Korruption in „seinem“ Verband; Schmiergelder in Millionenhöhe sollen geflossen sein. Nur Blatter möchte davon natürlich nichts gewusst haben und wehrt sich u.a. gegen die Rücktrittsforderungen von DFB-Seite: Die WM 2006 in Deutschland sei gekauft gewesen, polterte er. Dabei weiß doch jeder, wie die WM nach Deutschland kam. Eine Kuckucksuhr war Schuld!

Wer die Geschichte nicht kennt: Im Jahr 2000, kurz vor der Abstimmung über die Austragung der WM 2006, hat der damalige Titanic-Chefredakteur Martin Sonneborn den Fifa-Exekutivmitgliedern ein Fax geschickt, in dem er ihnen „eine Schwarzwälder Kuckucksuhr und ein Fresskorb mit Bierkrug“ in Aussicht stellte – sollten sie für Deutschland stimmen. Der Neuseeländer Charles Dempsey enthielt sich daraufhin entgegen früherer Absprachen und Deutschland gewann mit 12:11 Stimmen – zum Unmut Blatters, der schon damals Südafrika favorisierte. Später sagte Dempsey: „The final fax broke my neck“.

Nico Raschicks Kurzfilm The Final Fax (2010), den Schauspieler Jan Dose dankenswerter Weise vor einiger Zeit auf Vimeo gepackt hat, erzählt diese Geschichte. Sehr ironisch und überspitzt natürlich, aber was anderes wäre der Absurdität des Themas auch nicht angemessen. Und die Sache ist auch nach Jahren noch sehr sehr witzig. Vielleicht kann ihn ja Sepp Blatter dieser Tage auch nochmal schauen. Viel zu lachen hat er ja nicht.

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Feuerspucken in Zeitlupe

Damals, als ich zwar nicht gläubiger als heute, aber jedenfalls noch amtlich evangelisch war, hatten wir einen Pfarrer, der auf Dorffesten gerne mal den Feuerspucker gab. Er war nicht besonders gut. Ganz anders diese Herren hier, deren Hobby in der Super-Zeitlupe erst so richtig zur Geltung kommt.

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Der Duft des Westens

In den Jahren 1949 bis zur Wende 1989 verließen rund drei Millionen Menschen die DDR und die sowjetische Besatzungszone. Nicht alle davon legal: Mit der Errichtung der innerdeutschen Grenze im Jahr 1961 wurde auch die sogenannte Republikflucht unter Strafe gestellt. 1.135 Menschen starben durch „Grenzzwischenfälle“.

Der Animationsfilm Der Duft Des Westens, eine Bachelorarbeit an der FH Hannover, beschreibt die Geschichte einer dieser Fluchten. Es ist die von Reinhold Huff, Vater des Mediengestalters Mark Huff, der den Film gemeinsam mit seinem Studienkollegen Arne Breusing realisiert hat.

Nicht nur die Geschichte basiert auf wahren Begebenheiten. Auch die Textelemente stammen allesamt aus Original-Druckerzeugnissen der damaligen Zeit, aus Briefen, Zeitungen und Comics, die per Computer auf die zuvor gebastelten Figuren gelegt wurden. Eine „real existierende Papierwelt“ nennen die Macher ihre Technik. Sie gibt dem Duft des Westens eine detailverliebte Optik, die belegt, wie man Inhalt und Umsetzung sinnvoll verbinden kann. Wir sprachen mit Mark Huff über die Entstehung.

ZEIT ONLINE: Der Duft des Westens basiert auf der wahren Flucht Ihres Vaters aus der DDR – wie wichtig war es Ihnen, möglichst originalgetreu die Flucht zu schildern?

Mark Huff: Mein Studienkollege Arne Breusing und ich haben die geschriebene Geschichte von meinem Vater bekommen. Ich bin mit ihr groß geworden, er hat mir schon früh davon erzählt. Da es ein Kurzfilm ist, konnten wir nicht diese neun Stunden der Flucht in fünf Minuten quetschen und mussten manche Handlungsstränge weglassen und zusammenfügen. Wir erzählen das Wichtigste der Geschichte ohne etwas Fiktives hinzu zu schreiben oder die Geschichte zu verfälschen. Uns war wichtig, die Story richtig rüberzubringen. So ist es wirklich passiert.

ZEIT ONLINE: Und Ihr Vater konnte sich an alles genau erinnern?

Huff: Er hat einige Jahre gebraucht, um alles so detailliert aufzuschreiben. Das hat auch etwas damit zu tun, dass er die Zeit brauchte, es für sich zu verarbeiten. In den ersten Jahren träumte er sehr oft davon. So ein prägendes, einschneidendes und gefährliches Erlebnis vergisst man nie richtig, denke ich.

ZEIT ONLINE: Sie verwenden für Hintergründe und Figuren Textelemente aus Papier. Wie kamen Sie auf diese Idee?

Beim Texturing wurden Original-Druckerzeugnisse auf die Figuren gelegt (©: Ruff-Huff Productions)

Huff: Vor einem Jahr habe ich in Bremen einen kleinen Laden entdeckt, der ausschließlich Dinge aus Papier verkauft. Ich erstand einen kanadischen Jäger und konnte mir genau vorstellen, wie dieses Modell in 3D funktionieren würde. Von da an wollte ich einen Film im Papierlook machen. Außerdem schufen wir durch die verschiedenen Bedruckungen der Modelle eine Metaebene. Die Oberfläche meines Vaters besteht etwa aus Comics, Musikalben und Filmen die ihn geprägt haben. Die Stasizelle ist mit Verhörprotokollen bedruckt, der VW-Käfer mit Zeitschriften von 1973.

ZEIT ONLINE: Wie sind Sie an das Originalmaterial gekommen?

Huff: Der größte Teil kam von meinem Vater: Fotos, seine alten „Mosaik“-Comics, Kinoprogramme und Briefe der Staatssicherheit an meinen Opa. Wir haben uns auch Bücher aus der Bibliothek besorgt, eine alte DDR Zeitung bei eBay ersteigert und in Internetforen gesucht.

ZEIT ONLINE: Wo lagen die größten Schwierigkeiten bei der Produktion?

Huff: Darin, unseren Bachelorfilm in dem vorgegebenem halben Jahr pünktlich fertigzustellen. Ein stereoskopischer 3D-Film bedeutet sehr viel Arbeit, vor allem wenn man nur zu zweit ist und alles zu Hause macht. Arne und ich mussten uns während der Produktion neue Programme und Tools beibringen und darauf achten, dass der Film von Zuschauern, die die Geschichte gar nicht kennen, verstanden wird.

ZEIT ONLINE: Sehen Sie das Ergebnis eher als Kunstprojekt oder als persönlichen Dokumentarfilm?

Huff: Sowohl als auch. Das Projekt war Arnes und mein Abschluss in einem Designstudiengang. Natürlich wollten wir einen kunstvollen und ästhetischen Look kreieren. Gleichzeitig haben wir den Film allerdings auch gemacht, um eine Geschichte zu erzählen, die erzählt und gehört werden sollte. Es ist noch gar nicht so lange her, dass mitten durch unser Land eine todbringende Grenze verlief, an der Menschen erschossen wurden, die einfach nur in Freiheit leben wollten. Mein Vater hat manchmal noch mit seiner Zeit in der DDR und seiner Flucht zu kämpfen. Ich hoffe, er kann jetzt ein Stück mehr damit abschließen.

 

Nelson Mandelas Leben im Facebookstream

Eine ähnliche Idee hatte ich mit Earthbook schon einmal an dieser Stelle vorgestellt, und auch das folgende Projekt nutzt eine fiktive Social-Media-Timeline, um eine Frage zu illustrieren: Was wäre passiert, wenn Nelson Mandela mit Facebook, Twitter und anderen Diensten aufgewachsen wäre? Das hier gezeigte Ergebnis, nämlich dass Mandela unter weltweitem Protest früher aus dem Gefängnis entlassen wäre, ist vielleicht etwas optimistisch – zu viele aktuelle Beispiele gibt es (wie etwa Kony 2012), die zeigen, dass Social Media sicherlich kein Allheilmittel ist. Als Gedankenexperiment ist es trotzdem eine nette Idee.

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Ein Fahrrad aus Pappe. Es fährt.

Aus Papier und Pappe kann man ja so einiges basteln. Etwa schöne Origami-Figuren, Möbel, diverse Haushaltsgegenstände und – Fahrräder. Klingt erstmal komisch, aber der folgende Herr hat das tatsächlich getan. Und es ist nicht nur stabil, es fährt sogar.

 

Eine Webserie von Tom Hanks: „Electric City“

Cleveland Carr, grummeliger Protagonist (Bild: Yahoo!)

Nun macht also auch Tom Hanks den Sprung von der Kinoleinwand ins Netz. Jedenfalls als Produzent: Seine mehrfach angekündigte und ebenso oft aufgeschobene Webserie Electric City ist exklusiv auf der Website von Yahoo zu sehen. Insgesamt sollen 20 Episoden mit je fünf bis sieben Minuten Länge veröffentlicht werden.

Von einem „Online-Blockbuster“ spricht die Yahoo-Videochefin Erin McPherson, was die hohen Erwartungen zeigt. Die Webserie ist der nächste Versuch des kriselnden Konzerns, eigene Programme und Kanäle zu starten. Wie auch bei der Konkurrenz von Google und YouTube, die zu Beginn des Jahres rund 200 Millionen US-Dollar in das Marketing ihrer Partnerkanäle investierten, ist Original Programming das Stichwort: Exklusive Serien und Inhalte sollen neue Zuschauer, also Besucher, locken.

Exklusiv ist Electric City auch in dem Sinne, dass es die erste eigene Comicserie des Portals ist. In einer postapokalyptischen, aber zunächst nicht näher beschriebenen Welt angesetzt, erzählt sie die Geschichte der Stadt Electric City und ihrer Bürger. Cleveland Carr, Geheimagent und Protagonist (und von Hanks gesprochen), arbeitet für einen mysteriösen Rat älterer Damen, die allesamt zu den „Überlebenden“ zählen und die Ordnung aufrechterhalten. Das ist auch nötig, denn die Stadt hält einige Geheimnisse parat: „Auf der Oberfläche ist Electric City eine Utopie“, sagt McPherson, „aber tatsächlich ist es voller Geheimnisse und strikter Kontrolle.“

Einen „quasi-Steampunk, quasi-Comic, quasi-Thriller“ Mix nennt die New York Times diese Geschichte und legt damit gleichzeitig deren Problem offen: Für ein Format, das auf kurzen Episoden basiert und das man nebenbei konsumiert, will sie möglicherweise zu viel. Bereits in den ersten Episoden etwa entfalten sich mehrere Handlungsstränge: In Rückblicken erfährt man von der Vergangenheit der Figuren, bekommt Hinweise auf eine Klimakatastrophe und sieht Anzeichen von Überwachungsmechanismen und Korruption. Schon in den ersten zwei Folgen wird ein gutes Dutzend Figuren eingeführt, die wenigsten werden weiter beschrieben. Viele Fragen bleiben – jedenfalls nach der Hälfte – unbeantwortet.

Darüber kann man hinwegsehen, wenn man sich auf die Erzählung einlässt. Denn Electric City ist durchaus unterhaltsam und interessant, mit guter Atmosphäre, vielen kleinen Details und exzellenten Sprechern ausgestattet. Was es leider auch ist: Ein Versuch, klassische TV- und Filmstrukturen in ein Webvideoformat zu bringen.

Zwar versuchen die Macher, mit Puzzlespielen, 3D-Karten und parallel zur Serie laufenden Charakterinformationen eine zusätzliche Ebene einzuführen. Zu nebensächlich aber gerät die Einbindung dieser Elemente. Offenbar war auch den Machern nicht immer bewusst, welche zusätzlichen Möglichkeiten ihnen das Netz bietet. „Unser Ziel war es eigentlich, die Sache online zu stellen und eine zusammenhängende Story zu liefern“, sagt Hanks. Das jedenfalls ist ihm gelungen.

Alle Episoden von Electric City sind ab sofort bei Yahoo auf Englisch zu sehen oder bei Yahoo Deutschland mit deutschen Untertiteln. Hier die erste Folge:

 

 

Robots can dance, too

Heute ist offenbar Robotertag hier im Blog. Nach Robbie kommt dieser ungleich muntere Bursche hier, der sich einmal durch die Musikgeschichte tanzt.

 

Robbie, seit 6.000 Jahren im Weltall

Roboter in Filmen lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Da wären die guten und herzlichen Blechbüchsen wie etwa Wall-E, R2D2 oder Marvin, der paranoide Androide aus Per Anhalter durch die Galaxis. Auf der dunklen Seite der Leinwand stehen die fiesen Gesellen: Die HAL9000s, die Terminators und die Roboterarmeen aus The Matrix, die nur eines im Sinn haben: Ihre Schöpfer, also die Menschen, zu zerstören.

Das würde Robbie niemals in den Sinn kommen. Denn Robbie ist ein durch und durch guter Roboter, ein fleißiger Arbeiter und prima Kerl. Seit er im Jahr 2032 ein Upgrade erfahren hat, kann er eigenständig denken, fühlen und in die Kirche gehen. Und auch sein größter Traum hat sich schließlich erfüllt: Robbie durfte ins Weltall fliegen.

Das vor rund 6.000 Jahren. Seitdem fliegt, oder sagen wir besser irrt, Robbie durch den Weltraum. Den Kontakt zur Erde hat er längst verloren und damit auch das Wissen, was aus seiner Heimat geworden ist. Um sich zu unterhalten, hat Robbie eine Fantasiewelt erschaffen, in der hilfsbereite Roboter durch die Galaxis reisen. Nun aber ist Robbies Akku leer und damit seine Lebenszeit zu Ende. Und Robbie tut das, was ein guter Roboter tun würde: Er erzählt seine Geschichte, in der Hoffnung, dass man ihn wieder findet und auf die Erde zurückholt.

Neil Harveys Robbie ist ein ungewöhnlicher Kurzfilm. Nicht nur, weil er die Geschichte des gleichnamigen Roboters quasi rückwärts erzählt, sondern auch, weil er ausschließlich aus Archivaufnahmen der Nasa besteht. Rund zehn Stunden Material hat Harvey für den achtminütigen Film zusammengeschnitten, um daraus die Geschichte des einsamen Roboters zu bebildern. Gemeinsam mit dem Monolog des Protagonisten ist Robbie ein gelungenes Porträt aus einer ungewohnten Erzählperspektive heraus – und eine nette Abwechslung zu den Produktionen mit effektheischender Computergrafik.