Karte der Zwischenlager an AKW und der dezentralen Lager (blau).
„Völlig unabhängig von der Frage der Laufzeitverlängerung“ sei die Endlagerfrage, sagte am Sonntag Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) im Fernsehsender ARD.
Schlicht eine Falschaussage, gibt es doch einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Verlängerung der Betriebsdauer von Atomkraftwerken und der Menge des Atommülls, die gelagert werden muss.
Die Bundesregierung hat unlängst entschieden, die AKWs acht bis vierzehn Jahren länger laufen zu lassen. Pro Jahr Laufzeit, so das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), fallen durch die 17 Atommeiler in Deutschland im Schnitt 370 Tonnen hochradioaktiver Müll an – in der Amtsprache verniedlichend als „wärmeentwickelnder Abfall“ bezeichnet. Dieses strahlende Schwermetall wird in den Zwischenlagern in Castor-Behältern zum Abkühlen gelagert, die jeweils zehn Tonnen davon fassen (Castor: cask for storage and transport of radioactive material).
Im Zusammenhang mit Atommüll kann keine Rede von OpenData sein, also maschinenlesbarem Zugriff auf aktuelle Informationen und Zahlen zum Thema. Immerhin liefert das BfS eine Tabellen über die Zwischenlagerkapazitäten, allerdings als Grafik, so dass sie händisch in eine eigene Tabelle übertragen werden muss.
Nun ist es schwer exakt zu berechnen, wieviel mehr an strahlenden Schwermetall die Laufzeitverlängerung bedeutet, da die älteren Kraftwerke früher abgeschaltet werden und Laufzeiten auf Reaktoren neueren Baujahrs übertragen werden können. Wird eine durchschnittliche Laufzeitverlängerung von zehn Jahren als Grundlage angenommen, werden laut BfS 370 mehr Castoren benötigt. Greenpeace dagegen geht von 600 zusätzlichen Behältern aus.
Von den knapp 2400 bundesweit vorhandenen Castor-Stellplätze sind derzeit etwa 15 Prozent belegt, wie in der Zeit kürzlich aus einer Infografik zu erfahren (pdf) war. Durch die Laufzeitverlängerung könnten diese Kapazitäten knapp werden. Denn die Castoren sollen mehrere Jahrzehnte abkühlen.
Reichlich Platz ist zum Beispiel noch im Zwischenlager Ahaus. Dort, so schreibt die Firma der Kraftwerksbetreiber Gesellschaft für Nuklearservice (GNS), seien bislang nur sechs Castoren eingelagert. Platz sei aber für 370. Die würden bislang nicht benötigt und derzeit für leichtradioaktiven Atommüll zwischengenutzt, so GNS. Denn „weitere Einlagerungen von Leichtwasserreaktor-Brennelementen sind wegen der Inbetriebnahme von Standortzwischenlagern an den Kernkraftwerken nicht zu erwarten“. Diese Einschätzung könnte sich als falsch erweisen und in den kommenden Jahrzehnten zahlreiche Transporte in die westfälische Kleinstadt nötig werden.
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Eine Menge Material und Zahlen rund um Laufzeiten der Atomkraftwerke findet sich auf contratom.de