Der britische Ökonom Rufus Pollock hat die OpenKnowledge Foundation mit aufgebaut. Zusammen mit Tim Berners-Lee („Erfinder“ des WWW), Nigel Shadbolt (Informatikprofessor) und Tom Steinberg (mySociety.org) sitzt er im Public Sector Transparency Advisory Board der britischen Regierung. Im Interview spricht Pollock über die Motivation der Regierung, ihre Daten zu öffnen und die Arbeit in dem Rat.
Herr Pollock, welchen Einfluss hat das „Advisory Board“ auf die Arbeit der Regierung?
Rufus Pollock: In der OpenKnowlege Foundation arbeiten wir seit 2004 zu OpenData, der Rat selbst wurde vor vier Monaten eingerichtet. Aber ehrlicherweise muss man sagen: Ideen sind billig – die Umsetzung kostet Geld. Und wie viele Ideen gibt es in dem Bereich von OpenData á la „wäre es nicht gut…“?
Vor wem ich also wirklich Respekt habe, ist Francis Maude. Der Minister für Kabinettsangelegenheiten, der den Rat einberufen hat, ist derjenige, der seine Kollegen bearbeiten muss. Es war sicher nicht einfach, die davon zu überzeugen, die Ausgaben aller Ministerien regelmäßig zu veröffentlichen. Wir haben ihn beraten, aber letztendlich muss er diese Ratschläge dann zu etwas formen, das tatsächlich passiert. Und im Hintergrund arbeiten zahlreiche wahrhaftige Staatsdiener, die Datenverzeichnisse wie data.gov.uk mit viel Engagement möglich machen.
Warum ist die Regierung so interessiert an dem Thema?
Pollock: Francis Maude ist persönlich davon überzeugt, dass OpenData eine gute Idee ist. Aber im Großen und Ganzen geht es nicht um Transparenz: Bei OpenData geht es vor allem um wirtschaftliche und soziale Wertschöpfung. Drei Kilometer von hier ist die „City of London“, das Finanzzentrum. Dort dreht sich alles um den Austausch von Daten, den Austausch von Informationen. Und das wird die Zukunft eines großen Teils unser Gesellschaft sein. Google, eines der größten Unternehmen der Welt, arbeitet letztlich nur mit Informationen. Offensichtlich ist die Regierung „pro business“. Und sie hat erkannt, dass es hier einen Sektor gibt, der unterentwickelt ist. Warum ist das Silicon Valley nicht hier in Großbritannien, warum können wir kein Silicion London werden? In diesem Sinne sieht die Regierung OpenData auch als eine Möglichkeit, die britische und europäische Industrie zu stimulieren.
Hat die britische Regierung aus Konservativen und Liberalen es dabei leichter als ihre Vorgänger?
Pollock: Ja, sie sind die neue Regierung. Das Defizit hat die vorherige Regierungen zu verantworten. Transparenz hilft ihnen zu erkennen, wo sie kürzen können. Die Regierung kürzt ja bereits, warum sollte nicht die Öffentlichkeit mit einbezogen werden? Warum soll die Regierung sich nicht in die Bücher schauen und dabei helfen lassen? Es ist eine kostenlose Beratung, eine kostenlose Analyse ihrer Daten.
Wenn beispielsweise die deutsche Regierung einen Vertrag mit einem großen IT-Dienstleiser aushandelt, könnte sie ebenso auf eine solche Analyse der bisherigen Ausgaben zurückgreifen. So ließen sich Zusammenhänge klären und auf dieser Grundlage könnte dann auch einfacher verhandelt werden.
Wie eng sollte die sogenannte OpenData-Bewegung mit Regierungen zusammen arbeiten?
Pollock: Nicht zu eng, denke ich. Klar, ich persönliche sitze in diesem Rat. Dort bin ich aber mehr, weil ich Wirtschaftswissenschaflter bin. Als Bewegung geht es uns auch weniger um Aktivismus und Lobbyismus. Wir verbreiten die Idee von OpenData. In diesem Sinne ermutigen wir Regierungen. Doch wir sollten nicht Teil von ihnen werden. Wir sollten eine angebrachte kritische Distanz halten.
Wie bewerten Sie das OpenGovernmentData Camp, das Ende vergangener Woche in London stattfand?
Pollock: Es hat meine Erwartungen übertroffen. 200 Teilnehmer aus 30 Ländern sind gekommen. Die Beschleunigung, mit der das Thema OpenData an Fahrt gewonnen hat, war noch vor sechs Monaten nicht absehbar.