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Briten testen zentrales Bürgerportal

 

screenshot neue britische regierungswebsite
Die britische Regierung experimentiert mit alpha.gov.uk

Die britische Regierung arbeitet am Nachfolger eines schon länger existierenden zentralen Bürgerportals in Deutschland bleibt bei Fragen zur Verwaltung nur der Weg über die Suchmaschine.

Noch bis Ende Juni experimentiert die britische Regierung mit einem zentralen Bürgerportal. Die Seite alpha.gov.uk ist ein Prototyp und offen für Kritik. Ihre Idee: Bürger sollen dort einen zentralen Einstiegspunkt finden, um Antworten auf alle möglichen Fragen zu erhalten, vom Urlaubsgeld über den Kindergartenplatz bis hin zum Führerscheintest oder dem verlorenen Reisepass.

Bereits seit 2004 gibt es das ähnliche Angebot direct.gov.uk. Jedoch ist die Seite überladen und wirkt mittlerweile altertümlich. Außerdem gab es von Anfang an Kritik an ihr; Aktivisten bauten schnell eine Alternative dazu auf, directionslessgov.com stellte die Ergebnisse des offiziellen Angebots den Ergebnissen der Suchmaschine Google gegenüber, um die Unübersichtlichkeit von direct.gov.uk zu demonstrieren.

Nun also ein neuer Versuch. Zwei Elemente sind an alpha.gov.uk vor allem neu. Erstens kann ein Nutzer der Website etwa per Postleitzahl seine Position mitteilen. Er erhält dann Hinweise auf Ämter oder Angebote in seiner Nähe. Zweitens findet er verschiedene Werkzeuge, um beispielsweise die Höhe des Urlaubsgeldes zu berechnen oder einen Pass zu beantragen.

Daneben werden die bestehenden Internetinhalte der einzelnen Ministerien in einem einheitlichen Look neu aufbereitet. Schnell lassen sich beispielsweise die Reden des Innnenmisters Damian Green finden. Überhaupt wurde die Seite offensichtlich optimiert, damit Suchmaschinen sie besser lesen können.

Bei der Überarbeitung ging es nicht nur um mehr Service für die Bürger, auch der Staat hat viel davon. Wenn jeder Brite seine durchschnittlich vier bis fünf Besuche auf Ämtern im Jahr online abwickeln würde, ließen sich jährlich eine Milliarde Pfund einsparen. So heißt es zumindest in einer Studie, die die Leiterin der „Digital Public Services Unit“ des britischen Ministeriums für Kabinettsangelegenheiten, Martha Lane Fox, in Auftrag gegeben hatte. Die Entwicklungskosten von 250.000 Pfund für alpha.gov.uk sind im Vergleich dazu wenig. Nach Auswertung des Feedbacks und der Zugriffszahlen soll in den kommenden Monaten entschieden werden, wie es mit der Seite weitergeht. Es gelte, erklärte Fox, ein Internetangebot zu entwickeln, dass es so einfach wie möglich macht, notwenige Auskünfte zu erhalten.

Wie sieht nun die Lage in Deutschland aus? Die Zahl der Websites von Bundesregierung und Bundesverwaltung ist hoch: Das Anschriftenverzeichnis des Bundes (pdf) ist 90 Seiten lang, auf denen hunderte Dienststellen und Ämter aufgelistet sind, jede und jedes mit eigener Website.

Zwar versucht die zentrale Website bund.de, einen Einstieg zu geben. Doch interessiert sich jemand für Dinge, die nicht nur mit Stellenangeboten, Immobilien und Ausschreibungen des Bundes zu tun haben, ist er auf bund.de falsch. Fragen zum Kindergeld, zum Reisepass oder zur Steuererklärung werden dort nicht beantwortet, das machen die einzelnen Ministerien. Eine zentrale Website für Bürgeranliegen, die sich an den Bedürfnissen der Nutzer orientiert, gibt es in Deutschland nicht. Dabei will bund.de genau das sein, steht in der Selbstbeschreibung doch, die Seite sei „der zentrale Zugang zu den elektronischen Informationsangeboten und Leistungen der Verwaltung“.

Am Interesse der Bürger kann es nicht liegen. Zeigt doch beispielsweise der Dienst Google Insights, dass gerade Begriffe wie Steuererklärung, Kindergeld und Reisepass rege gesucht werden.

Beispiel Steuererklärung. Der Begriff wird häufig gegoogelt. Doch erst auf Platz sechs der Suchergebnisse findet sich das Bundesfinanzministerium mit einem kurzen glossarhaften Eintrag zum Thema. Tipps, Leitfäden oder gar Onlinewerkzeuge sind nicht zu sehen, nur ein Verweis auf Formulare findet sich noch. Beim Kindergeld sieht es etwas besser aus, finden sich dazu doch gleich Angebote der Bundesagentur für Arbeit mit diversen Auskünften. Das zuständige Bundesfamilienministerium taucht bei Google erst auf Platz acht auf und dann lediglich mit einem wenig auskunftsfreudigen Artikel. Das erste Angebot des Bundes zum Thema Reisepass findet sich auf Platz vier in den Suchergebnissen. Es ist ein Werbevideo zum sogenannten ePass. Was er kostet, wie und wo er zu beantragen ist, wird nicht mitgeteilt.

Wirklich klar ist nicht, warum deutsche Bürger auf Google angewiesen sind, wenn sie wissen wollen, wie wichtige Belange geregelt werden. Es muss ja nicht gleich eine „alpha“-Version her wie in Großbritannien, doch ab und zu sollten sich Regierung und Verwaltung trauen, zumindest „beta“ zu sein.