Ende Juli soll in Großbritannien ein neues Bürgeportal starten. FixMyTransport will helfen, Schäden und Probleme im öffentlichen Nahverkehr unkompliziert an die richtigen Adressaten zu senden, daher direkt an das zuständige Verkehrsunternehmen.
Die Idee dazu stammt von dem gemeinnützigen Unternehmen mySociety aus Großbritannien. Das steckt hinter zahlreichen Bürgerbeteiligungsprojekten, die längst ähnlichen Vorhaben in anderen Ländern als Vorbild dienen. Getrost kann mySociety daher als eine der Triebfedern im Bereich Open Government gelten.
So inspirierte das mySociety-Projekt FixMyStreet beispielsweise den Maerker Brandenburg oder auch die Seite SeeClickFix in den USA. Sämtlich Angebote, die es Bürgern erlauben, ihrer zuständigen Verwaltung Mängel im öffentlichen Raum zu melden, seien es nun kaputte Parkbänke oder gefährliche Straßenschäden. Für Behörden sind solche Seiten ein Kanal, über den sie gelöste Probleme an die Bürger zurückmelden können.
Transparenz herstellen und Beteiligung möglich machen – das sind die Grundsätze von mySociety. Dabei wollen die Initiatoren auch vor sich selbst nicht halt machen. Gerade erschienen zwei Studien über das Projekt. Fast ein Jahr lang wurden tausende von Nutzern befragt. Es gehe darum, eine Skala zu entwickeln, um Einfluss und Auswirkungen aller mySociety-Angebote miteinander vergleichen zu können, sagte Tobias Escher, Kommunikationswissenschaftler und Doktorand in Oxford.
Zum einem wurde in der Studie WriteToThem betrachtet. Briten können darüber den jeweils für sie zuständigen Abgeordneten finden und anschreiben, sei es auf lokaler oder auf EU-Ebene. Bis zu 50.000 Besucher kommen monatlich auf die Website. Allein im Jahr 2009 wurden über sie 230.000 Anfragen an Politiker gesendet.
Zum anderen untersuchte Escher TheyWorkForYou. Das Projekt sei das „Flaggschiff“ von mySociety, sagt Escher. 200.000 bis 300.000 Nutzer kämen pro Monat auf die Seite, je nach politischer Lage. Vor Wahlen beispielsweise seien es deutlich mehr.
Die Studie nun belegte, dass beide Projekte dem Anspruch von mySociety gerecht werden: Bürgern werde es dank der Seiten einfacher gemacht, sich zu informieren und mit Politikern Kontakt aufzunehmen. Die jedoch wichtigste Erkenntnis lautet, dass ein deutlicher Teil der Nutzer sich bis dahin nicht aktiv um Politik kümmerte.
Wenig überraschend, aber nicht befriedigend für ein Beteiligungsprojekt, sind die demographischen Daten: Die Projekte werden hauptsächlich von älteren Männern (über 45 Jahre) mit gutem Einkommen und hohem Bildungsgrad genutzt.
Escher, der derzeit über Internet-Beteiligungsprojekte promoviert, hält das deutsche Abgeordnetenwatch für vergleichbar mit den britischen Angeboten. Es sei eine Mischung der beiden, aber mit einem wichtigen Unterschied: Öffentlichkeit. Während bei Abgeordnetenwatch Fragen und Antworten für jeden zu sehen sind, ist bei WriteToThem alles privat. Das dürfte den Charakter der Kommunikation zwischen Bürger und Politiker deutlich beeinflussen, nimmt Escher an.
Bleibt die Frage, ob die Nutzung solcher Angebote schon als politisches Engagement zählen kann. „Ich denke, sie zählen dazu“, sagt Escher. Wenn auch nicht unbedingt „im Verständnis der Leute, die daran teilnehmen“. Abgeordnete hätten dadurch jedoch die Chance, sich ein Bild über die Lage der Menschen zu machen. und letztlich auch darüber nachzudenken, „wo Politik verändert werden muss“.