Was ist Datenjournalismus, warum sollten Journalisten Daten nutzen und wenn sie es denn wollen, wie geht das überhaupt? Diese und viele weitere Fragen will das erste Datenjournalismus-Handbuch beantworten. Das gibt es natürlich im Netz und demnächst auch als gedruckte Version.
Das Buch soll einen Überblick über das Thema geben, nicht eine dezidierte Anleitung sein, wie man Datenjournalist wird. Zu Letzterem, heißt es im Vorwort, bräuchte es sehr viel mehr Wissen und Instrumente. Glücklicherweise existiere aber eine ganze Bibliothek mit den Dingen, die ein Datenjournalist brauche: „Luckily this library exists and it is called the internet.“
Ein Überblick also. Der erste Teil beschäftigt sich ganz allgemein mit dem Thema und stellt mehrere erfolgreiche Projekte vor. In kurzen Texten beschreiben Datenjournalisten von der BBC, der Chicago Tribune, vom Guardian und von anderen Medien, warum sie mit Daten arbeiten und was sie davon haben. Anschließend werden einzelne Projekte genauer beleuchtet.
Interessanter wird es im nächsten Teil. Dort geht es darum, wie man überhaupt an Daten gelangt. Beispielsweise durch „wobbing“, also durch Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz. Die sind mühsam, aber lohnend. Genauso wie jene Daten, die längst zugänglich sind und nur noch über entsprechende Schnittstellen (API) ausgelesen werden müssen.
Ich hatte hier vor einiger Zeit die These vertreten, dass APIs für Journalisten bald einer der wichtigsten Wege sein werden, um an spannende Geschichten zu kommen. Der Abschnitt des Buches bestätigt mich in dem Glauben.
Tipps aus der Praxis
Beschrieben wird aber auch das „scraping“, also das „Herunterkratzen“ von Daten von einer Website mithilfe spezieller Software. Das folgt der Idee, dass man ja nichts per Hand abschreiben muss, was schon digital vorliegt. Ganz so trivial ist es aber nicht. Scraping braucht ein paar Kenntnisse über die Struktur von Websites. Friedrich Lindenberg von der Open Knowledge Foundation gibt hilfreiche Beispiele und Links. Allerdings ist scraping nicht immer legal, worauf in dem Kapitel leider nur kurz eingegangen wird.
„Crowdsourcing“ wird selbstverständlich ebenfalls behandelt – also die Bitte an Leser und Nutzer, Daten zu sammeln. Dazu gibt es Tipps, wie solche Vorhaben gelingen. Ein Zitat dazu vom Guardian: „If I were to give advice to aspiring data journalists who want to use crowdsourcing to collecting data, I would encourage them do this on something that people really care about, and will continue to care about when it stops making front page headlines.“
Die letzten beiden Kapitel beschäftigen sich schließlich damit, die gefundenen Daten zu verstehen und sie dann so aufzubereiten, dass auch andere sie verstehen.
Grundsätzlich gibt es viele praktische Hinweise von denen, die es bereits ausprobiert haben. Insofern ist das Handbuch auch eine Art Zwischenbericht zum Zustand des Datenjournalismus in Europa und Nordamerika. Und das Beste daran: Es kostet nichts.
Entstanden ist das Buch bei einem Workshop im November 2011 beim Mozilla Festival in London. Die Idee dazu hatten das European Journalism Centre und die Open Knowledge Foundation.
Disclaimer: ZEIT ONLINE hat an dem Handbuch mitgearbeitet und stellt darin einige eigene Projekte vor. Und da wir gerade bei der Eigenwerbung sind: Alle datenjournalistischen Projekte von ZEIT ONLINE finden sich hier gesammelt.